Mit dem Line 6 Helix Stadium XL erhält die Helix-Familie des amerikanischen Herstellers, der seit 2014 Teil des japanischen Yamaha-Konzerns ist, ein neues Flaggschiff im Großformat. Fast zehn Jahre nach der ersten Helix-Ausgabe kommt nun mit dem Stadium XL die nächste Generation mit grundlegenden Verbesserungen in puncto Sound, Spielgefühl und Bedienkonzept. Schon auf den ersten Blick lässt das 8“-große Display auf tiefe Einblicke hoffen. Was es sonst noch alles zu bewundern gibt und wie die neue Agoura Amp Modeling Technologie klingt, erfahrt ihr im Test.

- 8“ Touch-Display & Scribble-Strips
- solide Verarbeitung, gute Bauteile, roadtauglich
- ausgezeichnetes Bedienkonzept
- Editieren über Focus View
- Showcase Audio-Player
- Soundqualität der neuen Agoura Amp-Modelle
- riesiges Angebot an Amp-Modellen und Effekten
- variable Signalführung inkl. dualer Signalkette (Vox & Gitarre separat)
- Mic-Eingang
- Anschlussmöglichkeiten
- kurze Stille beim Umschalten der Presets

Teuer, aber gerechtfertigt? Das leistet das Helix Stadium XL
Eins gleich vorweg: Der Preis des Helix Stadium XL ist eine echte Ansage, denn mit zurzeit knapp 2300 Euro ist er doppelt so hoch wie der aktuelle Preis des Vorgängers im Floorboard-Design. Und auch der bietet schon 12 Fußtaster mit Scribble-Strip-Anzeige und ein Expression-Pedal. Bei unserem Testkandidaten sorgt dagegen das bereits erwähnte 8“-Touch-Display für einen positiven Eindruck. Und das nicht nur beim Editieren, sondern auch als sehr großes Tuner-Display auf der Bühne. Statt sechs stehen hier acht Regler unter dem Display zum schnellen Editieren der angezeigten Parameter bereit. Die Anschlüsse sind identisch, zeigten sich aber auch beim „alten“ Helix mit unter anderem vier Send/Return-Anschlüssen für externe Effekte recht üppig. Neu ist das Herzstück des neuen Helix Stadium XL: In seinem Inneren verrichtet ein neu entwickelter und leistungsstarker Prozessor seine Arbeit.
Die Zahlen: Über 130 Amp-Modelle und mehr als 250 unterschiedliche Effektmodelle
Bei den Amp-Modellen gibt es drei unterschiedliche Kategorien: Agoura, HX und Legacy. Der Grund ist, dass das Line 6 Helix Stadium XL auch in der Lage ist, ältere Helix-Presets mit den HX und Legacy Amp-Modellen zu laden. Insofern ist das Amp-Lager bei unserem Testgerät mit 110 Gitarrenverstärkern und 23 Bass-Amps sehr voluminös ausgestattet. Im Detail sieht es folgendermaßen aus:
- 19 Agoura Guitar Amp-Modelle
- 71 HX Guitar Amp-Modelle
- 23 Legacy Guitar Amp-Modelle
- 6 Agoura Bass Amp-Modelle
- 11 HX Bass Amp-Modelle
- 6 Legacy Bass Amp-Modelle
Auch bei den Effekten ist das Angebot opulent …
…und wie gewohnt übersichtlich in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Innerhalb dieser Gruppen folgt dann die Trennung zwischen Mono, Stereo und Legacy, wobei Mono- und Stereo-Modelle mehr oder weniger identisch sind. Allerdings sind hier meines Wissens bisher keine neuen Effekte im Vergleich zur letzten Helix-Version hinzugekommen.
- Distortion: 44 Mono – 44 Stereo – 17 Legacy-Modelle
- Delay: 23 Mono – 27 Stereo – 17 Legacy-Modelle
- Reverb: 13 Mono – 13 Stereo – 12 Legacy-Modelle
- Modulation: 24 Mono – 29 Stereo – 26 Legacy-Modelle
- Dynamics: 12 Mono – 11 Stereo – 7 Legacy
- EQ: 5 Mono – 5 Stereo-Modelle
- Pitch/Synth: 11 Mono – 8 Stereo – 17 Legacy-Modelle
- Wah/Filter: 15 Mono – 15 Stereo – 11 Legacy-Modelle
- Volume/Pan: 2 Mono – 5 Stereo-Modelle
Laut Papierform bietet die Signalkette mit bis zu 48 gleichzeitig nutzbaren Effektmodulen ebenfalls mehr als ausreichend Kapazität. Allerdings hängt das Ganze bekanntermaßen auch davon ab, wie stark die Amp-Modelle oder Effekte den Prozessor beanspruchen. Dual-Amping ist ebenfalls möglich, allerdings kann die Auswahl sehr eingeschränkt sein, wenn man zum Beispiel zwei Agoura Amp-Modelle inklusive Cabs einsetzt.
Touch-Display, acht Encoder und schnelles Einstellen der Amp-Modelle und Effekte mit der Focus-View
Allzu eilig sollte man es nicht haben, denn das Line 6 Helix Stadium XL benötigt beim Booten ca. eine Minute, bis es spielbereit ist. Aus meiner Sicht ist das allerdings kein Drama, denn ein Röhrenamp beansprucht bekanntlich auch eine gewisse Aufwärmzeit.
Im Mittelpunkt der Bedienoberfläche lacht uns das Display-Prachtstück in voller Farbe entgegen: Das 8“-LCD-Touch-Display ist einerseits als Anzeige beim Bühneneinsatz erstklassig, aber auch das Editieren am Gerät gestaltet sich sehr komfortabel, übersichtlich und intuitiv. Man tippt auf ein Modul in der Signalkette und kann es mit den acht Parameterreglern für Amps/Cabs und Effekte sehr genau einstellen. Neben dem Justieren einzelner Parameter über die acht Encoder gibt es auch das Editieren per Focus-View: Man tippt auf das Focus-View-Icon in der unteren Leiste und ändert mehrere Parameter für Amp-, Preamp- und die meisten Effektmodelle mit einem runden Cursor auf dem XY-Touchscreen gleichzeitig. Dabei handelt es sich um eine ausgezeichnete Art des schnellen Editierens, vor allem für diejenigen, die nicht sehr oft bestimmte Effekte bearbeiten. Für Funktionen wie Save oder zur direkten Anwahl von Amp-Einstellungen warten rechts neben dem Display spezielle Tasten.

Das Bedienkonzept zum Einstellen der Sounds ist perfekt …
… und auch ohne Editorprogramm ist man schnell am Ziel. In der unteren Reihe finden sich 12 Fußtaster mit Touch-Funktion, LED-Kranz und die davor liegenden Scribble-Strips, in denen die Funktion des Tasters dargestellt wird. Eine clevere Hilfe, wenn sich die Parameter eines Tasters je nach Preset ändern können. So behält man auch dann den kompletten Überblick, wenn man zum Beispiel einen neuen Effekt in ein Modul lädt. Sofern noch ein Fußtaster frei ist, wird der Effekt diesem sofort zugewiesen. Auch das spart Zeit beim Programmieren. Ganz rechts befindet sich ein solides Expression-Pedal, das zwei Funktionen steuern kann. Ab Werk ist es als Volume-Pedal vorprogrammiert. Drückt man es etwas fester in die Toe-Position, wird die zweite Funktion aktiviert, zum Beispiel ein Wah-Effekt.
Welche Anschlussmöglichkeiten bietet das Line 6 Helix Stadium XL?
An der Rückseite sind sämtliche Anschlüsse aufgereiht. Links geht es los mit zwei TRS-Buchsen für zusätzliche Expression-Pedale oder Fußtaster. Es folgen zwei Instrumententeingänge (Klinke) und der XLR-Anschluss für ein Mikrofon. Das Helix Stadium ist in der Lage, zwei separate Signalwege zu verwalten. Wer zum Beispiel allein mit Stimme und Gitarre unterwegs ist, kann seine kompletten Sounds im Helix Stadium vorbereiten. Daneben warten die TRS-Anschlüsse der vier Effektloops auf externe Effektpedale oder die bekannte Vier-Kabel-Methode in Verbindung mit einem Gitarrenamp.

Die nächste Sektion beheimatet die Ausgänge in Form von zweimal Klinke, zweimal XLR und einem 6,3-mm-Klinke-Kopfhöreranschluss. Ganz rechts findet man einen Netzwerk-Anschluss für Variax-Gitarren, MIDI In & Out (5-Pol), S/PDIF In & Out sowie zweimal USB (A & C) zur Verbindung mit einem Computer. Einen SD-Card-Slot gibt es auch, bei dem die eingelegten Speichermedien für Audiodateien benutzt werden können, denn mit der gerade veröffentlichten OS-Version 1.2 ist der Showcase-Player am Start.
Was kann der Showcase Player des Helix Stadium?
Wer auf der Bühne mit Backing-Tracks arbeitet, kann sich nun einen separaten Player sparen, denn das Helix Stadium kann diesen Part übernehmen. Der Showcase Player kann pro Song mit bis zu 8 Stereospuren beladen und das Signal an einen separaten Ausgang geroutet werden. Bei Bedarf lässt sich sogar der Drummer mit einem separaten Clicktrack über den Phones-Out einbinden. Mit einer großen SD-Karte ist man für einen langen Gig auf jeden Fall gewappnet. Die Spuren werden über die HX Stadium App an das Helix Stadium XL übertragen und sind dann am Gerät abspielbar. Dabei können die wichtigsten Funktionen für die Backing-Tracks vorgenommen werden: Volume der einzelnen Tracks, Solo, Mute, Marker setzen, Loop setzen und auch Songlisten können angelegt werden. Über die Transport-Funktion lässt sich der Showcase-Player dann mit den Fußschaltern bedienen (Start, Stop, Loop etc.).
WLAN und HX Stadium App
Das Helix Stadium XL ist WLAN-fähig, was die USB-Verkabelung mit einem Computer erspart. Befinden sich Computer und Helix Stadium XL im selben Netzwerk, kann sich die HX Stadium App über WLAN mit dem Gerät verbinden und das Editieren geschieht über den Computer. Eine feine Sache, die bei mir am Mac problemlos und ohne Treiberinstallation oder Ähnliches funktioniert. Natürlich muss die kostenlose HX Stadium-App vorher von der Line 6 Website heruntergeladen und installiert werden.
Ein weiterer Vorteil der Verbindung des Helix Stadium XL per WLAN mit einem Router und dadurch auch mit dem Internet ist der, dass man Software-Updates direkt auf das Gerät herunterladen und installieren kann. Auch das spart Zeit und manchmal auch Stress. Das Editieren selbst gestaltet sich mit der HX Stadium App wie gewohnt sehr übersichtlich, wobei die Darstellung der Parameter wahlweise als Balken oder Regler gewählt werden kann.




























