Line 6 Amplifi FX100 Test

Das Line6 Amplifi FX100 im bonedo-Test – Line 6 geht seit geraumer Zeit neue Wege, auch mit dem Amplifi FX100, was die Bedienung der eigenen Gerätschaften anbetrifft. Statt Editieren am Gerät selbst über kleine Displays nutzt man die moderne, drahtlose Bluetooth-Technologie in Verbindung mit iOS-Geräten aus dem Hause Apple, die recht komfortabel über eine Touchscreen bedient werden können. Ein willkommenes Konzept also, denn der Gitarrist muss nicht mehr vor seiner Kiste knien, wenn er gerade mal im Übungsraum etwas an seinen Soundeinstellungen ändern möchte. 

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Die Tatsache, dass nur User der Produkte mit dem Apfel-Logo zur Fernsteuer-Party eingeladen sind, werden wir in diesem Test nicht näher diskutieren, sondern uns mehr der klanglichen und funktionellen Tauglichkeit des Amplifi FX100 widmen. 

Details

Das Gerät kommt in schwarz-roter Optik und wirkt im stabilen Metallgehäuse sehr schlicht und elegant. Auch bei der Anordnung der Bedienelemente auf der Oberseite ist für klare Ordnung gesorgt. In der unteren Reihe findet man fünf Schalter, die jeweils von einem LED-Kranz umrahmt werden, der auch bei heller Sonneneinstrahlung die entsprechend angewählte Programmnummer klar zu erkennen gibt. Auf dunklen Bühnen ist das sowieso kein Problem. Die obere Reihe beherbergt sechs Regler, die einen schnellen Zugriff auf die wesentlichen Soundeinstellungen erlauben, daneben thront unübersehbar der „Big Knob“, der Regler für die Gesamtlautstärke, dessen Einstellung ebenfalls per LED-Kranz angezeigt wird. Die anderen Regler tragen einen gut erkennbaren weißen Markierungsstreifen auf der Oberseite. 

Fotostrecke: 5 Bilder Fünf Schalter auf der unteren Ebene, oben weitere Bedienelemente, rechts das Pedal: Das ist der Amplifi FX100.

Die rechte Seite des Gerätes wird vom Expression-Pedal und seiner komplett gummierten Oberfläche für rutschfreie Bedienung belegt. Mit ihm lassen sich wahlweise die Lautstärke oder der Wah-Effekt steuern. Im Normalzustand arbeitet es als Volume-Pedal, tritt man es etwas weiter durch, schaltet sich der Wah-Effekt ein und den steuert man, wie man es von einem üblichen Wah-Pedal gewohnt ist. Der optischen Kontrolle dient ein kleines Lämpchen links daneben, das den jeweiligen Status anzeigt. Das Amplifi FX100 hat einen internen Speicher von 100 Presets, die in 25 Bänken gesichert sind. Pro Bank können dann mit den Schaltern A, B, C und D vier Soundeinstellungen aufgerufen werden, das Display zeigt die jeweilige Banknummer mit zwei Ziffern an. Über den Tap-Schalter wird das Tempo für alle aktiven Effekte mit Tempo-Synchronisation (Delay oder Modulationseffekte) vorgegeben, bei längerem Drücken des Tasters wird der Tuner aktiviert. Somit sind die Basis-Funktionen recht überschaubar am Gerät per Hand oder Fuß bedienbar, für den Rest ist der Touchscreen zuständig.

Fotostrecke: 4 Bilder Alle Anschlüsse finden sich auf der Rückseite des Effektgeräts.

Die Anschlüsse sind komplett auf der Rückseite. Neben der Netzteil-, der Eingangs- und einer USB-Buchse (ist leider zum Zeitpunkt des Tests noch nicht aktiv) wartet das Amplifi FX100 mit drei unterschiedlichen Output-Konfigurationen auf: Am Main Out liegt das komplette Signal für Fullrange-Systeme an, also das Gitarrensignal mit Amp und Speakermodeling sowie das Audiosignal vom iOS-Gerät, das über Bluetooth empfangen wird. So lässt sich zum Beispiel aus der Songbibliothek des iPhones ein Titel auf das FX100 senden, mit dem man dann jammen kann. Der Mix zwischen Gitarren- und Audiosignal wird in der Remote-App eingestellt. Das Main Out-Signal ist für Mischpult, HiFi-Anlage oder eine aktive Full Range-Box vorgesehen, wer lieber über seinen Gitarrenamp spielen möchte, der schließt diesen an den Amp-Out an. Dort wird nur das Gitarrensignal (mit Effekten und Ampsimulation) übertragen. Sind Main Out und Amp-Out simultan angeschlossen, werden beide Signale getrennt ausgegeben, am Main Out liegen dann nur noch die über Bluetooth empfangenen Audio-Signale an. Wer seine Umwelt nicht stören möchte, kann den Phones-Out nutzen, dessen Pegel für Kopfhörer voreingestellt ist. Hier werden wieder beide Signale übertragen.   

Praxis

Will man das Amplifi FX100 mit dem iOS Gerät verbinden, muss erst einmal die Amplifi Remote-App heruntergeladen und installiert werden. Das geht recht schnell und unkompliziert, die Remote-App gibt es gratis im iTunes Store. Ich habe das Programm auf einem iPhone 4 installiert und zum Start der drahtlosen Kommunikation die Bluetooth-Taste am Amplifi FX100 gedrückt. Das Gerät wird auf dem iPhone angezeigt und beide können miteinander verbunden werden. Beim Starten der Remote-App werde ich darauf hingewiesen, dass das FX100 noch mit einer älteren Firmware bestückt ist und es „… is about to become more awesome“, wenn ich nun die aktuelle Version lade. Ein Klick, und die Installation läuft – hat aber einen Haken, denn die Firmware kann nur über Bluetooth übertragen werden und das dauert seine Zeit, nämlich über 45 Minuten, auch wenn man sich mit dem iPhone/iPad in einem WLAN-Netz mit schneller Internetverbindung befindet. Also gut, was sein muss, muss sein. Nach der Installation ist noch ein kompletter Reset vonnöten und das Expression-Pedal muss geeicht werden. Das sind noch einmal zehn Schritte, durch die man aber von der App geleitet wird. Geschafft! Nach einer guten Stunde ist alles auf dem neuesten Stand, jetzt noch einmal ausschalten und die beiden wieder über Bluetooth verbinden, und es kann endlich losgehen. Denkste! Die App informiert mich, dass ich ja noch eine alte Firmware auf meinem Gerät habe und mit der neuen Firmware ist das Teil „… about to become more awesome“… ihr wisst schon! 

Direkt unbekümmert loslegen? Das war leider nicht drin.
Direkt unbekümmert loslegen? Das war leider nicht drin.

Na ja, vielleicht hatte ich beim Kalibrieren des Expression-Pedals eine Taste zu wenig gedrückt. War aber alles in Ordnung, denn nach einem neuen Versuch und Recherche im Internet wurde empfohlen, die Remote-App nach dem Firmware Update vom iPhone zu entfernen und erneut aufzuspielen. Und das war auch die Lösung und es klappte – endlich! Mittlerweile waren locker zwei Stunden vergangen – DAS NERVT! Bestimmt hätte ein funktionierender USB-Anschluss das Firmware Update schneller übertragen. Auch läuft die Remote App etwas holprig, der User wird als Beta-Tester eingesetzt und zahlt auch noch dafür. Hier sollte man sich bei Line 6 ein paar Gedanken machen und den Entwicklern einige Sonderschichten bezahlen oder mit der Veröffentlichung eines Gerätes und der dazugehörigen Software so lange warten, bis die gröbsten Probleme behoben sind. Mit dem iPad scheint es nicht so kompliziert zu sein, aber wenn man schon ein Geräte in den höchsten Tönen anpreist, dann sollte es auch stressfrei funktionieren.

So, genug gemeckert. Jetzt können wir endlich ans Werk gehen, eine kleine Bestandsaufnahme machen und uns die ersten vier Preset-Sounds anhören.

Audio Samples
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Preset 1A Preset 1B Preset 1C Preset 1D

Der Basissound ist recht dünn und mit der Dynamik ist es auch nicht so gut bestellt. Am Ausgang scheint ein eisenharter Limiter zu hängen, der das Signal deutlich begrenzt, damit die HiFi-Boxen ja keine unerwarteten Pegelspitzen zu befürchten haben. Den Ampsimulationen fehlt es etwas an Druck aus dem Mittenbereich, und wenn man die Klangqualität mit der des POD HD vergleicht, dann gibt es bei unserem Kandidaten noch jede Menge Luft nach oben. Mal sehen was passiert, wenn man selbst Hand anlegt. Das sollte bei der Remote-App sehr gut funktionieren, wenn alles eingerichtet ist. 

Fotostrecke: 2 Bilder Remote auf einem iPad

Die App selbst ist sehr übersichtlich aufgebaut, oben sieht man die Signalkette, alle aktivierten Effekte sind  hell dargestellt. Die Parameter des gerade angewählten Effekts oder der Ampsimulation (eingerahmt) werden in der unteren Hälfte mit Slidern angezeigt. Zum Verändern eines Wertes muss man nur den Slider „anpacken“ und verstellen, was auch auf dem engen Bedienfeld des iPhones sehr gut funktioniert. Die Möglichkeit, in dieser Form einzugreifen, ist natürlich extrem komfortabel. Auch die Organisation der Menge an Effekten und Ampsimulationen (insgesamt über 200) ist gut gelöst. Die Amps zum Beispiel sind in unterschiedlichen Kategorien geordnet (Clean, American, British, High Gain), so dass man vorselektieren kann, will man den gewünschten Sound schneller erstellen. Ähnlich sieht es auch bei den Effekten aus. Als erstes Projekt zum Selbstbau steht ein Cleansound mit Chorus auf dem Programm. Hierfür habe einen Blackface Amp aus der American Abteilung mit dazugehöriger 2×12 Box aufgerufen. Dazu kommt ein Vintage Chorus und eine Prise Hall.

Audio Samples
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Clean Chorus

Der dünne Cleansound ist in Ordnung, an den Effekten gibt es nichts zu bemängeln. Allerdings könnte es auch hier etwas eng werden, wenn man sich im Mix gegen eine komplette Band durchsetzen muss. Zweiter Kandidat ist ein Mid Gain Sound mit britischer Färbung, der in Richtung AC/DC gehen soll. Dafür kommt die Simulation eines Marshall SLP100 zum Einsatz, und außer einem leichten Room-Reverb befindet sich nichts in der Signalkette.

Audio Samples
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Marshall

Hier zeigen sich die Schwächen der Ampsimulation, es sägt in den Höhen und vom druckvollen britischen Sound ist nicht viel vorhanden. Das hat Line 6 bei anderen Geräten schon wesentlich besser gemacht. Auch mit einem nachgeschalteten EQ, der die Höhen etwas zähmt und den Mittenbereich leicht anhebt, ist nicht viel wettzumachen. 

Audio Samples
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Marshall EQ

Ein weiteres klangliches Manko ist die Echtzeitsteuerung des Wah-Effekts mit dem Expression-Pedal. Hier schafft der Prozessor es nicht, die Daten so zu übertragen, dass der Wah-Effekt gleichmäßig läuft. Es gibt immer wieder Sprünge. Eine feinfühlige Steuerung gerade bei langsamen Bewegungen kann nicht optimal umgesetzt werden. Ich weiß, ich bin da etwas pingelig, aber was die Klangqualität betrifft, sind einige Mitbewerber im selben Preissegment doch eine Ecke besser aufgestellt.

Audio Samples
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Wha

Auch wer absolut keine Lust hat, an Sounds herumzuschrauben, wird von Line 6 gut bedient, denn in der Remote-App gibt es eine Tone Matching-Funktion. Man lädt einen Titel aus der Bibliothek des iOS-Gerätes und spielt ihn ab. Nach wenigen Sekunden macht die Remote-App ein paar Vorschläge, die dem im Song benutzten Gitarrensound nahekommen. Ich habe Purple Haze abspielen lassen und dieser Klang wurde vorgeschlagen:

Audio Samples
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Purple Haze

Bei Hey Joe kam dieser Vorschlag:

Audio Samples
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Hey Joe

Allesamt recht gute Treffer. Zumindest passen die Einstellungen und erleichtern dem Gitarristen die Suche nach dem richtigen Sound zum Jammen.

Fazit

Ein Multieffektgerät über Bluetooth mit einem iOS-Gerät zu verbinden und dann per Remote-App alle Einstellungen bequem am iPhone oder iPad zu machen, statt auf dem Boden vor einem kleinen Display zu knien – ausgezeichnet! Das Konzept ist sehr gut, selbst auf dem kleinen iPhone Display lassen sich alle Parameter übersichtlich darstellen und per Slider bestens verstellen. Das Amplifi FX500 ist daher nur mit den nötigsten Reglern und Bedienelementen ausgestattet, die aber immer noch einen schnellen Zugriff auf die wichtigsten Einstellmöglichkeiten bieten. Neben dieser schlichten und übersichtlichen Struktur macht es auch von der Verarbeitung her einen guten Eindruck und wird so manchen Gig oder Jam Session im Proberaum schadenlos überstehen. Falls es dazu kommt, denn mit der Klangqualität der Ampsimulationen sieht es nicht so gut aus. Diese sind recht dünn, es fehlt an Durchsetzungsvermögen, und gerade im Bandbetrieb könnte es kritisch werden, sich gegen Drums und Bass durchzusetzen. Daher würde ich das Amplifi FX100 eher zum gemütlichen Spielen zu Hause empfehlen. Über die Remote-App können wunderbar Audio-Dateien aus der iOS-Bibliothek auf das Gerät übertragen werden, zu denen man dann jammen kann.   
Leider war zum Zeitpunkt des Tests die Software des Amplifi FX100 und der Remote-App noch nicht ausgereift. Der USB-Anschluss funktioniert nicht, sodass ein Firmware Update über Bluetooth in das Gerät transferiert werden muss. Das dauert dann locker 45 Minuten. Zudem gab es nach dem Firmware-Update Probleme mit der Remote-App auf dem iPhone, die App musste entfernt und neu installiert werden. Der User wird im Moment noch als Beta-Tester eingesetzt, das sollte eigentlich nicht passieren. Ich hoffe, dass Line 6 schnell etwas nachbessert und auch die Remote-App endlich den „Nicht-Apple-User“ zugänglich macht. Auch in dieser Hinsicht gibt es noch jede Menge Luft nach oben.

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Bedienkonzept
  • Editieren am IOS-Gerät
  • übersichtliche Struktur der Remote-App
  • Tone Matching Funktion
  • Abspielen von Audio Dateien aus dem iOS-Gerät über das FX100
Contra
  • Klangqualität der Ampsimulationen
  • Parametersteuerung Wah-Pedal
  • Firmware-Update über Bluetooth
  • Probleme bei der Verbindung von iPhone und FX100 nach Firmware-Update
  • USB-Anschluss funktioniert zum Zeitpunkt des Tests nicht
Artikelbild
Line 6 Amplifi FX100 Test
Für 155,00€ bei
Ist noch nicht das perfekte System: Amplifi FX100
Ist noch nicht das perfekte System: Amplifi FX100
Spezifikationen
  • Hersteller: Line6
  • Modell: Amplifi FX100
  • Typ: Multieffekt-Gerät
  • Regler: Drive, Bass, Mid, Treble, FX, Reverb, Blend
  • Schalter: A, B, C, D, Tap
  • Anschlüsse: Guitar In, 2x Main Out, Amp Out, Phones, USB, 9V DC
  • Spannung: 9V (Netzteil)
  • Display: 2 Ziffern LCD
  • Speicher: 100 Presets im Gerät
  • Maße: 450 x 235 x 80 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 3,4 kg
  • Preis: € 269,– (UVP)
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Profilbild von Dieter

Dieter sagt:

#1 - 28.08.2014 um 23:59 Uhr

0

Schade!
1. Ich habe Android-Geräte (Smartphone und Tablet).
2. Die Marshall-Sounds klingen erschreckend schlecht. Das klang selbst mit meinem inzwischen schon in die Jahre gekommenen POD X3 Live deutlich besser.

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