Lewitt Pure Tube Test

Lewitt Audio ist ein wirklich umtriebiger Hersteller. Alleine unter den Großmembranern gibt es eine beachtliche Auswahl. Und nun ist mit dem Lewitt Pure Tube ein Großmembran-Mikrofon dazugekommen. Der Name ist mehr als treffend: „Pure“ passt dazu, dass jegliche Schaltfunktionen durch Abwesenheit glänzen, „Tube“ dazu, dass es sich um ein Röhrenmikrofon handelt. 

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Lewitt Komplettmikrofon

Quick Facts zum Lewitt Pure Tube

  • Großmembran-Röhrenmikrofon
  • festes Nierenpattern
  • vor allem als Vocal-Mikrofon gedacht
  • kommt mit elastischer Halterung und Poppfilter

Lewitt-Mikro natürlich im Lewitt-Design

Die komplette Produktpalette ist so komplett durchdesignt, dass ich gerne mal bei Lewitt in Wien die Büros, Toiletten und die Teeküche in Augenschein nehmen würde. Ob da auch alles diesem Design folgt? Auch das Pure Tube folgt im Aussehen der Unternehmenslinie. Die kantige Brikettform, das Schwarz, Hexagongitter, die elastische Halterung im Futurismus-Look und eine offensiv zur Schau gestellte und per LED beleuchtete Röhre sind sehr auffällige Merkmale, die ich nicht unbedingt erneut öffentlich in einem Lewitt-Testbericht mit meinem persönlichen Ästhetikempfinden abgleichen muss. Also Haken dran. 

Die Triode wird per LED hintergrundbeleuchtet.

Lewittt Pure Tube: Nierenkapsel

Mit der 12AU7-Röhre konkurriert die in Neongrün eingefasste Großmembrankapsel. Es handelt sich um eine Doppelmembrankapsel, von der nur die vordere Membran kontaktiert ist, und zwar in der Mitte. Die Rückseite dient dazu, das Nierenpattern zu erzeugen. Das Membranmaterial PE ist 3 Mikrometer dünn und wurde mit einer feinen Goldschicht überzogen. 

Die mittenkontaktierte Kapsel besitzt die Richtcharakteristik Niere.

Sehr geringes Eigenrauschen

Bis hier sind eigentlich keine Besonderheiten zu erkennen. Diese folgen aber: Das Eigenrauschen ist mit 7 dB(A) angegeben. Das ist ein hervorragender Wert, für den vor einem Vierteljahrhundert das Neumann TLM 103 gefeiert wurde – wohlgemerkt ein per se rauschärmeres Transistormikrofon. Der maximale Schalldruckpegel ist (ohne die dann herrschende Verzerrung) mit 132 dB SPL angegeben. 

Kaum Höhenabfall

Das Frequenzdiagramm offenbart, dass die Übertragung ab 50 Hz linear ist, wenn der Besprechungsabstand 25 Zentimeter beträgt. Ist der Abstand einen Meter groß, gilt dies etwa ab 200 Hz. Eine Überraschung ist, dass der typische Höhenabfall zu 20 kHz hin so gut wie nicht stattfindet, zwischen 3 und 12 kHz sind Erhöhungen festzustellen, die den Schärfebereich der Stimme jedoch aussparen. Im Polardiagramm sind die typischen Abweichungen der Niere zu erkennen. Die Annäherung an eine Kugel in den Tiefen erscheint üblich, die Bündelung zu den Höhen jedoch sehr kräftig. Es ist also spannend für den Praxisteil des Tests, wie sich das auswirkt. 

Neben dem Pure Tube auch im Case: Spinne, Poppschutz, Netzteil 

Zu einem Röhrenmikrofon gehört selbstredend ein Netzteil. Die Phantomspeisung reicht nicht aus, um die Heizung einer Röhre vernünftig zu betreiben. Wie zu erwarten, fällt die besagte Power Supply reichlich simpel aus: Per Kleingeräte-Buchse wird die kleine schwarze Kiste mit Strom versorgt, ein Schalter fehlt auch nicht. Per Siebenpinkabel wird das Lewitt Pure Tube angeschlossen, hinaus geht es dann per XLRm an einen Preamp. Zum Komplettpaket gehört die schon angesprochene elastische Halterung, die per Klemmverschluss das eigentliche Mikro aufnimmt und welche magnetisch den Metall-Poppschutz halten kann. Verstaut und transportiert werden kann das gesamte Set samt Kabelage in einem luftdichten Hartplastikkoffer, der wohl auch einen Fall vom Prater-Riesenrad in Wien überleben würde. Wer auf Koffer, Poppschutz und Spinne verzichten will, zahlt weniger: Statt Lewitt Pure Tube Studio Set nennt sich die Chose dann Pure Tube Studio Essential Set. Die Entwicklung des Pure Tube erfolgt bei Lewitt in Österreich, gefertigt wird in China. 

Case
Fotostrecke: 6 Bilder In diesem Koffer kommt das Studio-Set.

Verarbeitung gut, Koffer praktisch

An der Verarbeitung des Lewitt Pure Tube gibt es nichts zu kiritteln. Auch das Handling ist gut (wenn man nicht gerade mit einer unachtsamen Bewegung den Poppschutz gen Boden befördert. Ich bin kein ausgewiesener Freund von Metall-Poppschutz, sondern sehe das Ideal als Schaumstoff in größerer Entfernung und auf einem separaten Stativ an. Dennoch verrichtet der mitgelieferte seinen Job ordentlich. Praktisch ist es, dass sich Mikro, Spinne, Poppschutz, Power Supply und Kabel des Pure Tube Studio Sets in dem stabilen Koffer unterbringen lässt. Das ist im Recording-Alltag sinnvoll.

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Lewitt-Schriftzug
Detailansicht des Mikrofonfußes

Schnell klar: Es geht dem Lewitt Pure Tube um Vocals.

Es ist nach kurzem Studium der Informationen mehr als deutlich: Das Lewitt Pure Tube ist ein Mikrofon für die Gesangsstimme. Das fängt bei der Ausstattung an, wenngleich ein Hochpassfilter sehr früh im Signalweg kein Fehler ist. Die Abwesenheit eines Pads macht das Pure Tube eventuell nicht gerade zum geeignetsten Mikrofon für die Bassdrum auf der Resonanzfellseite oder Blechbläser. Sei’s drum, hier werden sowieso üblicherweise andere Mikrofontypen eingesetzt. Neben technischen Daten und Ausstattung gibt es aber etwas anderes, das das Leib- und Magen-Signal unmissverständlich klar macht: den Klangcharakter!

Das Pure Tube ist farbenfroh, treibt es aber nie zu bunt

Das Signal bekommt deutliche Harmonische mit auf den Weg. Diese zusätzlichen Obertöne wirken nicht aufgesetzt, sondern als ein integraler Bestandteil des Signals, welcher ich dynamisch verhält wie die Stimme selbst. Die Dynamik selbst ist nicht so zackig wie mit manchen anderen Mikrofonen, sondern drückt bei hohen Pegeln der Stimme ein wenig entgegen. Das geschieht in einem Maße, dass es in den wenigsten Fällen nicht in genau die gleiche Kerbe schlägt, in die mit einem Kompressor später sowieso geschlagen wird. Ich staune tatsächlich über die gelungene Gratwanderung: Das Signal ist ordentlich gefärbt, aber es ist nie aufdringlich oder störend. Kurze Signalspitzen von schnellen Konsonanten werden nicht extrem verbreitert, besitzen aber auch nicht die trockenen, analytischen Aspekte manch anderen Kondensatormikrofons von hoher Qualität.

Kurzum: Das Lewitt Pure Tube lässt sich ohne EQ, De-Esser und Kompressor in die meisten Mixes setzen, gefällt und passt schon mal grob. Natürlich: Das Gefell UM 92.1S drückt sich deutlicher durch die Instrumente, klingt dabei ein wenig natürlicher – kostet aber auch das Dreifache. Das Lewitt kann durch die für einen Großmembraner enorm kräftigen Luftband-Höhen verblüffen – allerdings wird hier in vielen Mixes wieder zurückgefahren werden. Allerdings ist es beim Tracking toll, wenn die Person vor dem Mikrofon sich „frei“ und transparent hört und der Techniker Probleme wie Mundknackser, nervige Reflexionen und dergleichen gut ausmachen kann. 

Audio Samples
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Lewitt Pure Tube, 10 cm Lewitt Pure Tube, 30 cm Lewitt Pure Tube, 70 cm Microtech Gefell UM 92.1S, 10 cm Microtech Gefell UM 92.1S, 30 cm

Wer viel Air Band will, sollte still stehen

Woran man sich gewöhnen muss, ist das Trade-Off für den hohen Pegel im Air-Band. Aufgrund der Membrangröße ist das Pattern tatsächlich recht eng dort. Schon ein beschwingtes 0 GradSingen mit Winkeländerung von +/- 15 Grad vor dem Mikrofon kann deutliche Klangfarbenänderungen zur Folge haben. Wichtig in diesem Zusammenhang ist aber, dass die Übergänge bei verschiedenen Winkeln recht sanft sind. Damit fallen sie nicht so auf wie wenn sie abrupt wären. 

Audio Samples
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Lewitt Pure Tube, 0 Grad Lewitt Pure Tube, 45 Grad Lewitt Pure Tube, 90 Grad

Das Lewitt Pure Tube ist optimiert für geringe Abstände

Schlechte Raumakustik? Kein Problem: Man kann wirklich nah dran ans Pure Tube. Die Gefahr des Verbassens ist trotz kräftig und fleischig wirkenden Grundtons gering, daher ist das Fehlen des Hochpassfilters zu verschmerzen. Gut: Will man etwas höheren Abstand wählen, was sich bei zu heftigen Atem- oder Mundgeräuschen oftmals anbietet, wird es dennoch nicht zu dünn. 

Insgesamt verträgt das Lewitt den Einsatz eines Equalizers sehr gut. Ich kenne Großmembraner dieser Preisklasse, bei denen das auch so ist, aber das sind dann keine Röhremikros. Einen EQ oder De-Esser benötigt man nicht zwangsweise, das Pure Tube hat dort quasi ausreichend vorgesorgt. Ansonsten gilt auch hier: Eingriffe verträgt das Mikrofon ziemlich gut. 

Lewitt-Logo
Lewitt-Logo auf der Rückseite des Lewitt Pure Tube

Alternativen zum Lewitt Pure Tube

Lewitt LCT 440 PureAustrian Audio OC18Warm Audio WA-47Microtech Gefell M1030
sehr preiswertes Transistormikrofon des gleichen Herstellers, weit weniger stark färbend, bessere Allrounder-EignungTransistormikrofon Made in Austria, weniger stark färbend, bessere Allrounder-Eignungdem Neumann-Klassiker U 47 nachempfundenes Röhrenmikrofon, ähnlicher Preissehr hochwertiges Transistormikrofon Made in Germany mit deutlicher Vocal-Färbung

Test des Lewitt Audio Pure Tube: Fazit

Lewitt ist mit dem Pure Tube ein stimmiges Mikrofon gelungen. Diejenigen, die selten etwas anderes aufnehmen als Gesang und das Signal schon durch das Mikrofon leicht aufhübschen wollen, sollten das Lewitt Pure Tube in Betracht ziehen. Die Gratwanderung zwischen deutlichem Charakter und Formbarkeit ist gelungen. Allerdings sollte man bedenken, dass das Röhrenmikrofon wirklich ein Vollblut-Studio-Gesangsmikrofon ist und weniger ein Allrounder. 

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Naked Mike
  • Großmembran-Röhrenmikrofon
  • Nierencharakteristik
  • Eigenrauschen: 7 dB(A)
  • max. Schalldruckpegel: 132 dB(SPL)
  • hergestellt in: China
  • Webseite: lewitt-audio.com
  • Preis Studio Set: € 979,– (Straßenpreis am 15.8.2023)
  • Preis Essential Set (ohne Spinne, Poppschutz, Koffer): € 1249,– (Straßenpreis am 15.8.2023)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • charaktervoller, aber dennoch formbarer Grundklang
  • auf Singstimmen optimiert
  • komplettes Set mit Spinne, Filter und Koffer
Contra
  • -
Artikelbild
Lewitt Pure Tube Test
Für 1.249,00€ bei
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Lewitt Komplettmikrofon

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