Lewitt MTP W950 Test

Lewitt MTP W950: Das Mikrofon in diesem Test ist das neue Top-of-the-Line-Mikrofon des Unternehmens aus dem pittoresken Donaustädtchen Wien. Die Firma bietet ein breites Spektrum an Produkten vom gehobenen Budget-Bereich bis hin zu solide bepreisten Gerätschaften. Dazu zählt Beispielsweise das LCT 1040 aber auch das MTP W950 in diesem Test. Das Handheld-Mikrofon ist teurer als das Earthworks SR314 aus US-Produktion, als sämtliche Sennheiser- und Neumann-Handmikros und scheint in Konkurrenz zu den dänischen DPA d:facto treten zu wollen. Mir fallen spontan nur die Schoeps-Handmikrofone CMH ein (Ja, die gibt es!), die preislich noch deutlich darüber liegen. 

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Neues Doppelmembran-Livemikrofon

Das Lewitt MTP W950 muss sich also beweisen, vielleicht sogar rechtfertigen. Dabei hat es gar nicht einmal schlechte Karten: Es gibt einige Eigenschaften und Ausstattungsmerkmale, die aufhorchen lassen. Im Endeffekt zählt ber, wie sich das Mikrofonsignal am XLR-Kabel darstellt und ob das MTP W950 als Handschmeichler oder als eher unhandlich entpuppt. 

Quick Facts zum Lewitt MTP W950

  • 1“-Doppelmembrankapsel
  • Niere oder Superniere
  • Kopf statt mit XLR-Handteil auch mit Funkadaptern nutzbar

Überraschung: Kapsel des Lewitt MTP W950

Ok, die „Quick Facts“ haben schon gepetzt, auch die abschließende Bewertung raubt mir etwas Spannung im Text. Aber wir können ja alle so tun, als stünde da nichts. Erste „Überraschung“: Im Mikrofon kommt eine extern polarisierte) Großmembrankapsel zum Einsatz. Üblicherweise verbauen Mikrofonhersteller Kapseln mit maximal einem halben Zoll Durchmesser, im Lewitt besitzt sie ein volles Zoll. Das lässt eine Membran von deutlich über einem Dreiviertel Zoll Durchmesser zu, also der Größe, die etwa die Kapsel K89 des Neumann TLM 170R oder U 89 besitzt. Spannend ist aber: Es ist eine Doppelmembrankapsel. Zwar gibt es viele nicht umschaltbare Doppelkapselsysteme mit passiver Membran alsLaufzeitglied, um eine Nierencharakteristik zu erzielen, doch ist die zweite Membran im W950 kontaktiert. Wozu? Nun, wenn das Signal polaritätsinvertiert leicht zugemischt wird, ergibt sich eine Superniere. Und diese Funktion ist schaltbar, wenn an den Mikrofonkorb abschraubt. Dort findet man weiters ein einpoliges Hochpassfilter mit 120 Hz Grenzfrequenz und eine Vordämpfung um 12 dB. 

Korbgitter
Fotostrecke: 4 Bilder Drahtgeflechtkorp

Ups – Kopf ab!

Es kann passieren, dass man aus Versehen statt des Korbes den gesamten Kopf des Lewitts abschraubt. Das ist dann kein erzeugter Defekt, sondern das Auftun eines weiteren Features: Der Kopf, einzeln Lewitt W9 genannt, kann nämlich statt mit dem analogen, phantomgespeisten XLR-Handteil auch wireless genutzt werden. Folgende Kompatibilitäten gibt Lewitt an:

Übersicht: Kompatibilität Lewitt W9 / MTP950

Wireless-SystemLewitt W9 / MTP W950 kompatibel?
Shurealle außer GLX-D und BLX
Sonyalle
Mipro ACTalle mit austauschbaren Köpfen
Line6XD-V55 und XD-V75
Lectrosonicsalle
Sennheisermit Adapter Ambient HHA
Tabelle Kompatibilitäten Lewitt W9-Kapsel mit Funkmikrofon-Systemen

Studiomikrofon-Daten

Die technischen Daten lesen sich hervorragend. Mit einem Ersatzgeräuschpegel von 21 dB (A-bewertet) und einem maximalen Schalldruckpegel von 140 dB SPL (unbewertet, für 0,5% THD+N) zeigt das MTP W950 Studiomikrofon-Eigenschaften. 8,1 mV/Pa, 217 Ohm Impedanz, Phantomspeisung mit 7,5 mA Stromaufnahme bedeuten, dass man das Lewitt an prinzipiell jedem nicht-antiken Preamp oder Pult betreiben kann. 

Lewitt MTP W950 kommt mit Softcase

Zum Mikrofon (beziehungsweise: seinen beiden Teilen Kopf und Handteil) gehört ein Schaumstoffüberzug zur Vermeidung von Strömungsgeräuschen sowie eine gepolsterte Softcase-Tasche mit Schaumstoff-Formteilen für den sicheren Transport und die nicht weniger sichere Aufbewahrung. Und trotz „Wien“ und und „Österreich“: Die Produktion des Mikrofons erfolgt wie bei allen Lewitts in China. 

Softcase
Fotostrecke: 3 Bilder Softcase zum Lewitt MTP W950

MTP W950: „Studiosound“?

Lewitts Claim lautet, dass das MTP W950 den Studiosound auf die Bühne bringen könne. Na, das wollen wir doch mal sehen! Ich mach’s kurz: Wenn man unter „Studiosound“ versteht, dass ein Mikrofon hoch auflöst, sehr breitbandig ist und die Dynamik nicht merklich einengt. 

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Schritzug Lewitt auf Kapsel
Das Mikrofon kostet nicht wenig und wird selbstbewusst dargestellt – das Konzept geht aber auf.

W950 bringt das Signal nach vorne

Ich will es kurz machen: Das Lewitt MTP W950 klingt hervorragend. Zunächst ist da der Frequenzgang, der auch tiefe Brustraumresonanzen nicht abschneidet und das Luftband unter 20 kHz offen lässt. Ja, das Mikrofon ist unter Studiokonditionen genause geeignet wie auf der Bühne. Linear ist es allerdings nicht: Beide Patterns bringen das Signal nach vorne mit unterstützten Präsenzen, nehmen jedoch die Schärfe ausreichend zurück. Es ist allerdings nur eine Hypothese, dass in Österreich entwickelte Mikrofone hier besonders unempfindlich sind, weil Österreichisches Deutsch schlichtweg schärfer artikuliert wird (wie etwa in „Brezn reißn“ oder einfach „Ja sicher.“).

Audio Samples
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Lewitt MTP W950 Niere, 0 cm Lewitt MTP W950 Niere, 20 cm Lewitt MTP W950 Superniere, 0 cm Lewitt MTP W950 Superniere, 20 cm Lewitt MTP W950 Niere, 0 cm, HPF Earthworks SR314, 0 cm Earthworks SR314, 20 cm Beyerdynamic M88, 0 cm Beyerdynamic M88, 20 cm Heil PR20, 0 cm Heil PR20, 20 cm Sennheiser e865, 0 cm Sennheiser e865, 20 cm Sennheiser e835, 0 cm Sennheiser e835, 20 cm

Bassanhebung moderat, Auflösung hoch

Die Bassanhebung durch den Nahbesprechungseffekt ist moderat, auch bei verbreiteter Liveposition mit den Lippen am Grill sind die Tiefen kontrolliert. Umgekehrt dünnt das Mikrofon auch nicht zu sehr aus, wenn der Abstand etwas höher ist. Das nenne ich gut ausbalanciert. Gut, dass sich auch die Poppempfindlichkeit in Grenzen hält. 

Wie es sich für ein hochwertiges Mikrofon gehört, ist die Auflösung hoch. Und das über das gesamte Spektrum. Im Livebetrieb ist nicht immer und bei jeder Stimme und Musikrichtung das letzte Quäntchen Detail nötig, aber bei stärkeren dynamischen oder spektralen Eingriffen und natürlich im Studio wird man sich darüber freuen.

Superniere und Niere

Hervorragendes leistet das Lewitt MTP W950 in Hinblick auf die Richtwirkungen der beiden Patterns. Die Pegelverläufe sind allesamt sanft, sodass sich Klangfarbenänderungen bei nicht eisern axial besprochenem Mikrofon in Grenzen halten. Zudem ist die Dämpfung außerhalb der Front nicht nur hoch, sondern vor allem gleichmäßig. Dies ist eine gute Nachricht, denn Feedbacks bauen sich in den Höhen weniger dort auf, wo Abstände zwischen Monitor und Mikrofon von der Wellenlänge genau passen, sondern in den Frequenzbereichen, die im Polar Pattern an manchen Stellen besonders herausragen. 

Eingeprägte Patterns
Hinweis auf Umschaltbarkeit auf dem Faßring des Korbes.

Die Wahl von Niere oder Superniere erfolgt nicht nur aus klanglichen Gründen, sondern auch aus technischen. Wird ein mittig positionierter Bühnenmonitor benutzt, bietet es sich bei hauptsächlich fixen Mikrofon an, die Off-Axis der Niere darauf zu positionieren – also bei genau 180°. Die Superniere erlaubt zwei Monitore, die dann idealerweise bei 120 und 240° positioniert sind.

Handling gefällt

Das Handling gefällt mir trotz eher kräftiger Hände gut. Das MTP W950 ist nicht zu schwer, der konische Tubus und der aufgesetzte Kopf sind so gestaltet, dass man Cupping (also das Zuhalten der hinteren Schalleintritte und somit das Erzeugen einer Kugel) schon bewusst erzeugen muss. 

Handteil Lewitt MTP 50
Das Handling mit dem zugehörigen XLR-Handteil gefällt.

Fezit zum Test des Lewitt MTP W950

Spektrum, Dynamik, Patternkonstanz: Das Lewitt MTP W950 klingt in vielen Situationen wirklich hervorragend und ist mit Patternumschaltung und der Möglichkeit zum Wireless-Betrieb äußerst flexibel. Dennoch ist es alles andere als ein Schnäppchen. Als persönliches Mikrofon ist es sicher eine Investition, wenn das Handling behagt und das Geld da ist (Allerdings ist man als Sänger auch seltener mit anderen großen Ausgaben konfrontiert, etwa für Gitarrenverstärker oder Verschleißteile wie Sticks, Felle…). Als Verleihmikrofon kann man sich eines wirklich guten, kontrollierten und an die Gegebenheiten anpassbaren Mikrofons sicher sein. In jedem Fall ist dies ein Mikrofon, das sich auf der Bühne wie im Aufnahmeraum wohl fühlt. 

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Schritzug Lewitt auf Kapsel
  • Doppelmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik umschaltbar: Nier/Superniere
  • Hochpassfilter schaltbar (120 Hz)
  • Vordämpfung schaltbar (12 dB)
  • Kopf mit mitgeliefertem Handteil (XLR) nutzbar oder mit diversen Funkmikrofonsystemen
  • Ersatzgeräuschpegel: 21 dB(A) 
  • Schalldruckpegel: 140 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Empfindlichkeit: 8,1 mV/Pa
  • Gewicht: 397 g
  • Webseite: lewitt-audio.com
  • hergestellt in: China
  • Preis Lewitt MTP W950: € 799,– (Straßenpreis am 14.4.2023)
  • Preis Lewitt W9 (Kapsel): € 649,– (Straßenpreis am 14.4.2023)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Kopf auch für Wireless-Systeme nutzbar
  • Patternverstellung
  • starke, recht lineare Off-Axis-Rejection
  • gute technische Werte
  • voller, klarer, gut formbarer Klang
Contra
  • -
Artikelbild
Lewitt MTP W950 Test
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Neues Doppelmembran-Livemikrofon

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