Anzeige

Kunst & Musik. Die Ibanez RGHRG1-BKF Test

Na das ist ja mal ein Name! Wo die Amerikaner ihre Instrumente liebevoll Telecaster, Les Paul, Firebird oder Jaguar nennen, sind die Japaner doch sehr dem Abkürzungswahn verfallen. Kein Zweifel, es klingt auf jeden Fall besser, wenn man den Kollegen erzählen kann, dass man sich endlich eine(n) Jaguar leisten konnte…So gesehen kann man mit der Ibanez RGHRG1-BKF leider nicht protzen, denn noch nicht einmal ausgesprochen klingt diese Aneinanderreihung von Konsonanten cool. Aber was haben wir in der Schule gelernt? Genau, man sollte alles erst einmal völlig wertfrei betrachten und auch das Kleingedruckte nicht vergessen. Denn in der Buchstabenkombination HRG – nach den beiden Buchstaben RG für die Serienkennung – verbirgt sich der Name HR Giger. Und dann sieht die Sache mit der großen Investition zum Angeben komplett anders aus, denn wir haben es hier mit Kunst-Design zu tun!

Aber wer ist dieser HR Giger? Hansruedi Giger ist ein Schweizer Künstler, der zum einen durch seine surrealistischen Gemälde (Öl und Airbrush), vor allem aber durch sein Design für Science Fiction Filme bekannt wurde. 1980 bekam er einen Oscar für die Mitarbeit an Ridley Scott´s Film „Alien“ in der Kategorie “Best Achievement for Visual Effects”. Für die Musikbrache war er auch tätig, seit 1969 hat er immer mal wieder Plattencover entworfen, von denen die für Debbie Harry´s LP “Koo Koo” und für Emerson, Lake and Palmer´s “Brain Salad Surgery” vom Rolling Stone Magazin unter die 100 besten der Musikgeschichte gewählt wurden. Giger hat auch den Mikrofonständer für den Korn-Sänger Jonathan Davis entworfen. Logisch, dass es schließlich an der Zeit war, sich ans Design von ”richtigen“ Musikinstrumenten, also Gitarren, zu wagen. Gesagt, getan. Der japanische Hersteller Ibanez erteilte den Auftrag, HR Giger ließ sich von den Musen küssen, und jetzt liegt dieses Gitarrenkunstwerk vor mir. Und es scheint mir ganz deutlich sagen zu wollen, dass es sehnsüchtig darauf wartet, endlich gespielt und nicht immer nur wegen seines außergewöhnlichen Äußeren bestaunt zu werden…

Anzeige

KORPUS
Das Instrument ist schwarz – und zwar komplett bis auf Bundstäbchen und Griffbrett!
Bei Ibanez wird die Lackierung Black Flat genannt. Wer jetzt ein großes Airbrush Fantasy-Kunstwerk mit Drachen oder ähnlichen Figuren auf dem Korpus erwartet, der wird leider enttäuscht. Giger hat den kompletten Body mit einer Art futuristischer Laser-Gravur versehen, die extrem zeitgemäß aussieht und eigentlich nur bei näherer Betrachtung wirklich intensiver ins  Auge fällt. Nicht protzig, sondern edles Understatement – gefällt mir persönlich sehr gut! 

Der aus Linde (Basswood) gefertigte Body ist in der RG Serie beheimatet, die mit einer Art Strat-Shaping und weit ausgeschnittenen Cutaways auch in den hohen Lagen noch ordentliches Fiedeln zulässt. Die Gitarre kommt mit einem frei schwebenden Ibanez Edge III Tremolo mit Finetuner am Steg und einem Klemmsattel, ähnlich dem Original Floyd Rose System, damit nach oben und unten tremoliert werden kann. Es gibt zwei Ibanez Humbucker, die mit einem Volume- und einem Tone-Regler eingestellt werden können. Zwar haben die Potiknöpfe die Form von Totenköpfen, aber der 5-Weg Pickup-Wahlschalter kommt in völlig normalem Design.

PICKUPS
Die Gitarre ist mit zwei Humbuckern vom Typ IBZ INF1 (Halsposition) und IBZ INF2 (Stegposition) bestückt die in schwarzen Rahmen Platz genommen haben. Passend zum Allgemeinzustand der Gitarre sind auch die von Giger designten Metallkappen der Tonabnehmer schwarz.

Mit dem 5-Wege-Schalter lassen sich folgende Kombinationsmöglichkeiten anwählen – Spulen-Anordnung vom Spieler aus gesehen:
Hals-Pickup (Humbucker)
Hals-Pickup (gesplittet, rechte Spule)
Hals&Steg Pickup (gesplittet, Hals:Rechte Spule, Steg: Linke Spule)
Steg-Pickup (gesplittet, linke Spule)
Steg-Pickup (Humbucker)

Die Tonabnehmer liefern einen ordentlichen Ausgangspegel, der annähernd an den einer Les Paul herankommt – amtliche Heavy Sounds sollten also kein Problem sein.

Hals
Der Hals besteht aus Ahorn und ist hinten matt lackiert. Sein Shaping bezeichnet Ibanez als „Wizard II“. Es handelt sich hierbei um eine sehr gut in der Hand liegende D-Form. Die Halsdicke nimmt in den höheren Lagen nicht sonderlich zu, so dass die Gitarre (nicht zuletzt auch dank der großen Cutaways) bis in den 24. Bund hervorragend zu bespielen ist. Das Palisander-Griffbrett wurde mit Jumbo Bünden beschlagen, die sehr gut poliert sind und eine optimale Bespielbarkeit und Bendings in perfekter Intonation ermöglichen.. Auch am Design des Halses war Giger beteiligt, und zwar in Form von „Mirror Inlays“, die sich über das ganze Griffbrett verteilen. Sieht wirklich gut aus, dient aber meines Erachtens nicht unbedingt einer besseren Orientierung – in dieser Hinsicht sind die einfachen, weißen Dots auf der Kante des Griffbretts wesentlich hilfreicher.

Um der Verstimmung bei extremem Tremolo-Einsatz vorzubeugen, werden die Saiten am Sattel mit  Inbusschrauben  paarweise festgeklemmt und weiter zu den Mechaniken geführt. Die sechs auf der Oberseite der Kopfplatte untergebrachten Stimm-Mechaniken stammen ebenfalls aus dem Hause Ibanez und sind in matt-schwarz gehalten. Die Kopfplatte selbst trägt das gelaserte Ibanez-Logo und den Namen HR Giger. Auch die Abdeckung für den Hals-Einstellstab ziert die Unterschrift des Künstlers.

Anzeige

PRAXIS/SOUND
Die Ibanez RGHRG1 wird in einem stabilen Rechteck-Koffer inklusive Kabel, Tremolohebel, Inbus-Schlüssel und einem kleinen Handbuch geliefert. Das Instrument liegt gut in der Hand und gibt schon trocken angespielt einen satten Pegel von sich. Als erstes wollen wir den Charakter des Instrumentes anhand seiner Cleansounds erforschen. Auffällig ist, dass die fünf Tonabnehmer-Kombinationen erhebliche Pegelsprünge aufweisen. Auch frequenzmäßig fallen einige Settings doch ganz erheblich aus dem Rahmen und klingen mitunter recht dünn. Splittet man beispielsweise einen Humbucker, (Postion 2 und 4), so reduziert sich  der Pegel um fast 5 dB. Klar, ein Single-Coil hat natürlich weniger Ausgangsleistung als ein Humbucker mit zwei Spulen, aber für mich als rein praktisch denkender (und spielender) Gitarrist fällt der Unterschied ein wenig zu krass aus. Ihr hört jetzt alle fünf Pickup-Kombinationen direkt nacheinander, beginnend mit dem Hals-Tonabnehmer.

Audio Samples
0:00
Clean, alle Pickups Funky Jazz Groove

Die bereits erwähnte leistungsschwächere Split-Position des Hals-Pickups eignet sich sehr gut für Funky-Sounds – und gerade weil er so dünn klingt, setzt er sich im Clean Bereich ziemlich gut durch. Hier ist es auf jeden Fall empfehlenswert, den Gain Regler oder das Master-Volume am Amp etwas weiter aufzudrehen, oder auch einen kleinen Booster zwischen Gitarre und Verstärker zu schalten, um den Pegelverlust gegenüber den anderen Kombinationen auszugleichen. Was modern und stylish daherkommt, muss nicht immer praktisch sein. Das fällt mir besonders bei den Griffbrett-Inlays auf, die zwar wirklich top aussehen (vor allem bei Bühnenlicht-Bestrahlung), aber nicht unbedingt zu einer besseren Orientierung beitragen. Schnelle Wechsel vom dritten in den fünfzehnten Bund zum Beispiel könnten etwas kritisch werden, wenn man dabei auf das Griffbrett schauen muss. Ein weiteres (kleines) praktisches Problem sind die Totenkopf-Regler. Die Bedienung fühlt sich etwas komisch an, gerade wenn man gewohnt ist, mal eben schnell die Lautstärke mit dem kleinen Finger der rechten Hand zurückzudrehen. Wer wenig mit den Reglern veranstaltet, dem kann das selbstverständlich egal sein und der kann sich ganz ungezwungen am coolen Aussehen der Knöpfe erfreuen. Allerdings macht es auch bei diesem Instrument  durchaus Sinn, mit den Reglern der Gitarre zu arbeiten. Dreht man zum Beispiel das Tone Poti, das den Frequenzbereich ab 1,2 kHz weit absenkt, fast komplett zu, so erhält man mit dem angewählten Hals-Pickup einen sehr weichen Ton, der sich gut für Akkordbegleitungen aller Art eignet (“Jazz Groove”).

Der Steg-Pickup geht selbstverständlich genau in die andere Richtung. Er hat ordentlich Output und bringt den Clean eingestellten Amp schon ganz schön zum Schwitzen. Bei hartem Anschlag beginnt der Verstärker bereits leicht zu zerren, wobei die Anschlagsdynamik sehr gut umgesetzt wird. Allerdings sollte man bei seiner Arbeit etwas Vorsichtig walten lassen, da das frei schwebende Tremolosystem bei zu hartem Strumming in die Knie geht und der Ton zu Eiern anfängt.

Audio Samples
0:00
Bridge Crunch Crunch Attack

Im Overdrive-Kanal mit Gain-Einstellung auf neun Uhr liefert der Steg-Tonabnehmer schon ordentlich Verzerrung. Das Ergebnis ist ein sehr guter Crunch-Sound mit schönen klaren Höhen und dynamischer Verzerrung (“Crunch”). Der Pegelunterschied bei den Split-Positionen fällt im verzerrten Betrieb wesentlich moderater aus, als bei den Clean-Sounds. Da hier lediglich die Verzerrung etwas reduziert wird, die eigentliche Lautstärke aber nur unwesentlich absinkt, lassen sich die einzelnen Kombinationen sehr gut nutzen. Wir hören die gleiche Amp-Einstellung wie beim vorherigen Hörbeispiel, aber jetzt Pickup-Kombination 2, den gesplitteten Hals-Tonabnehmer (“Crunch Attack”).

Die Verzerrung ist weicher und wärmer und auch die Übertragung der Anschlagsdynamik funktioniert sehr gut. Bei leichtem Anschlag klingt der Ton weich und clean, und bei härterer Bearbeitung der Saiten wird auch der Sound aggressiver und der Amp wird zum Zerren angeregt. Dreht man den Gain-Regler weiter  auf, kommen wir in das Spezialgebiet dieser Gitarre: verzerrte Rhythm- und Hi-Gain Leadsounds (“Powerchords”).

Audio Samples
0:00
Powerchords Whammy Lead

Hier gibt es nichts zu meckern – das kommt absolut amtlich rüber. Die RG bietet knackige Bässe, die genügend Raum für den Bassisten lassen. Auf der anderen Seite ist der Klang recht höhenbetont, wirkt dabei aber zu keinem Zeitpunkt schrill. Bei Leadsounds lässt sich selbstverständlich auch das  Edge III Tremolosystem hervorragend in Front bringen. Mit seiner Unterstützung geht es auf der G-Saite bis zu einer großen Terz nach oben. Nach unten lässt sich der Ton bis zur Unkenntlichkeit verändern. Ein Paradies für Freunde extremem Whammy-Bar Einsatzes. Das Tremolo arbeitet auch bei heftigerem Einsatz verstimmungsfrei – auch in dieser Hinsicht gibt es nichts zu bemängeln.  Als nächstes hören wir uns das Instrument im Bandkontext an – ebenfalls mit Leadsound und Tremolo-Bearbeitung (“Lead”).

Sehr gut! Die Bespielbarkeit ist erstklassig, die Gitarre ist ab Werk sehr gut eingestellt. Auch ultraschnelle Licks gehen richtig locker von der Hand. Der Klang setzt sich ausgezeichnet durch, mit dem Stegpickup wird bei Leadsounds genau der Frequenzbereich abgedeckt, der aus Bass und Rhythmusgitarre herausragt. Auf diese Weise muss die Gitarre im Mix (oder auch auf der Bühne) nicht krampfhaft lauter gedreht werden und man kann richtig entspannt solieren.

Jetzt drehen wir den Verstärker voll auf und  nehmen die Transparenz und Dynamik der Gitarre noch einmal genauer unter die Lupe. Ich habe die Akkorde E, G, D, A nacheinander angeschlagen, und sie sollten auch bei voller Verzerrung noch als solche zu erkennen sein.

Audio Samples
0:00
Chords Dyna Pick Dyna Poti

Jetzt drehen wir den Verstärker voll auf und  nehmen die Transparenz und Dynamik der Gitarre noch einmal genauer unter die Lupe. Ich habe die Akkorde E, G, D, A nacheinander angeschlagen, und sie sollten auch bei voller Verzerrung noch als solche zu erkennen sein (“Chords”).

Alles klar zu hören! Der Sound ist, trotz hoher Verzerrung, nach wie vor sehr durchsichtig und klar. Weiter geht es mit der dynamischen Übertragung des Anschlags. Ich schlage zuerst leicht mit den Fingern und dann hart mit dem Pick an. Die klanglichen Unterschiede sollten von Gitarre und Tonabnehmern deutlich übertragen werden. Auch hier gibt es nichts zu beanstanden. Der „Finger“ Sound klingt weich und wesentlich weniger verzerrt. Ein gutes Zeichen, denn die Tonabnehmer geben nicht einfach nur vollen Pegel, sondern decken einen weiten Dynamik-Bereich ab, der auch bei hoher Verzerrung tadellos funktioniert. Zum Schluss testen wir noch den Wirkungsbereich des Volume-Potis, zuerst weit zurückgedreht, dann voll auf.

Da tut sich Einiges! Mit zurückgenommenem Regler ist der Klang fast clean, wird er aufgedreht, befinden wir uns im Distortion-Heaven. Ausgezeichnet!

Anzeige

FAZIT
Die Ibanez RGHRG1 macht optisch einiges her. Die Gravur auf Korpus und Kopfplatte sieht extrem elegant aus und lässt auch schon erahnen, welches die stilistischen Vorlieben dieses Instruments sind. Nämlich eher die härteren Töne. Nix für Vintage Freaks oder Blueser. Die Verarbeitung der Gitarre ist exzellent und die Bespielbarkeit des schmalen D-förmigen Halses erstklassig.  Auch der Ton der RG trägt zum entspannten Solieren bei, denn die Pickups haben ordentlich Output und sorgen für einen singenden Distortion-Ton, der sich ohne Mühe im Bandkontext durchzusetzen weiß. Wer also für Speed-Licks und Power Metal eine klanglich und optisch ansprechende Gitarre zu einem guten Preis sucht, der sollte sich die RGHRG1-BKF von Ibanez auf jeden Fall einmal zur Brust nehmen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Optik
  • Tremolo System
  • Pickup Output
  • Distortion Sounds
Contra
  • Pegelunterschied der einzelnen Pickup-Kombinationen
Artikelbild
Kunst & Musik. Die Ibanez RGHRG1-BKF Test
Für 1.111,00€ bei
ibanez_giger_potis2_FIN_01-1031767 Bild
TECHNISCHE DATEN
  • Hersteller: Ibanez
  • Model: RGHRG1
  • Finish: Black Flat
  • Korpus: Linde (Basswood)
  • Hals: Ahorn
  • Profil: D
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbr.Sattel: 43 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 52 mm
  • Halsdicke 5. Bund: 21 mm
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: Jumbo (24)
  • Mechaniken: Ibanez
  • Pickups: Ibanez INF1 und INF2
  • Regler: Volume, Tone
  • Brücke: Ibanez Edge III Tremolo System
  • UVP: 1519,- Euro
Hot or Not
?
Ibanez_giger_korpus2_FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von Jens

Jens sagt:

#1 - 03.01.2012 um 02:48 Uhr

0

Die Giger RGHRG1BKF ist echt eine super Gitarre, man kann mit Glück noch ein Expemplar kaufen. Sie scheint kaum noch erhältlich zu sein. Klanglich auch ein Meisterstück, ich habe sie kürzlich spielen können.
Das ist Metal!

Profilbild von Gigerfan

Gigerfan sagt:

#2 - 17.01.2012 um 02:21 Uhr

0

Hello, this is really a beautiful Guitar, especially for Giger Fans! I love this one because it's finish is much better than the other ones. This is a real grip!
The sound is awesome, so check it out and don't miss to play one if you have the chance! I don't wanna miss it again.
Best
Tommi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Subtle Compressor Tones with the Wampler Mini Ego 76 Compressor!
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?