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Hermida Zendrive Test

Hermida Audio ist ein amerikanischer Hersteller, der neben Gitarren- und Bassboxen auch einige Effektpedale im Sortiment hat. Das bekannteste dürfte wohl das Zendrive sein, ein Gerät, das dem legendären Ton der hyperteueren Dumbleamps nahe kommen soll. Einige Legenden berichten inzwischen von den Wunderdingen, die dieses Gerät aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten bieten soll, und auch in Foren wird es von enthusiastisch bis ehrfurchtsvoll diskutiert. Robben Ford und Larry Carlton spielen zwar schon länger Gitarre als das Zendrive auf dem Markt ist, aber was soll’s.

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Die euphorischsten Jünger des Zendrive würden wahrscheinlich sagen, dass die beiden Gitarristen ohne das Pedal längst in der Versenkung verschwunden wären. Aber so einfach ist die Sache bekanntermaßen nicht, denn Effektgeräte, auch wenn es sich um so essenzielle Dinge wie einen Verzerrer handelt, sind immer nur so etwas wie das Gewürz und nicht die Grundsubstanz des Tons. Der Hauptbestandteil wird immer noch mit den Fingern erzeugt – wir sind schließlich Gitarristen und keine Keyboarder! Wer Robben Ford heißt, der wird auch mit einem nullachtfünfzehn Zerrer immer so klingen, wie er nun einmal klingt.

KONZEPT UND AUFBAU

Die Platine des Singlepedals steckt in einem schlichten, kleinen Hammond-Gehäuse mit den bekannten MXR-Maßen. Bis auf die silbermatte Oberseite mit dem Yin Yang Symbol, das die Wechselwirkung des Tone- und Voice-Reglers veranschaulichen soll, ist das Teil schwarz lackiert. Zum Wechseln der Batterie muss die Bodenplatte abgeschraubt werden, die dann den Blick auf die saubere Verarbeitung freigibt, bei der ein satter Klecks Kunstharz die geheimnisvolle Schaltung vor den Blicken fremder Lötkolbenvirtuosen schützen soll. Wer versucht, das Zeug abzukratzen, riskiert jedenfalls die komplette Zerstörung der Schaltung.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Zendrive steckt in einem schlichten, kleinen Gehäuse

Das Gerät hat vier Regler, bestehend aus Volume, Gain und der Klangregelung mit Tone und Voice. Die beiden Klangregler beeinflussen sich gegenseitig in einer Art und Weise, die nur schwer zu beschreiben ist. Tone bringt eher Schärfe und Kontrast in den Klang, während der Voice-Regler im Obertonbereich agiert. Allerdings ist das relativ schwer auszumachen, weil es zu großen Teilen am jeweils verwendeten Gitarrenamp liegt.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Zendrive Pedal gibt sich sehr puristisch

Bleiben noch Ein- und Ausgang und der Anschluss für das 9-Volt-Netzteil, die sich seitlich am Gehäuse befinden.

Fotostrecke: 4 Bilder Auf der rechten Gehäuseseite befinden sich…
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Praxis

Das Rad hat Hermida mit dem Zendrive zwar nicht neu erfunden, die Zerrstruktur und das dynamische Verhalten sind jedoch sehr eigen und homogen. Der Zendrive hat seinen ganz eigenen Sound und fühlt sich am wohlsten vor dem leicht gesättigten cleanen Kanal eines gut abgehangenen Röhrenamps. Man hat hier weder versucht, einen neuen Tube Screamer Clone zu erschaffen, noch den Marshall-Crunch zu imitieren. Der Klang dieses Overdrivepedals ist satt und rund, mit Classicrock-Gainreserven, die nie nach Metall klingen. Ich würde den Sound als eine Mischform von Overdrive mit einem kleinen Anteil Fuzz definieren. Selbst in Minimalgain-Einstellungen färbt das Pedal den Sound und füllt die Mitten etwas mehr aus.

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Soundbeispiel 1 – Gain 8, Tone 14, Voice 14

Dreht man den Gain-Regler etwas weiter auf, bringt das Pedal einen weichen, angezerrten Sound, der homogen mit der Eingangsstufe des Amps zusammenarbeitet. Wichtig ist dabei, dass der Amp weder zu clean noch zu stark angezerrt ist. Auch wenn es noch clean klingt, ist er bereits leicht am Köcheln, und nur so erhält man eine dezente und natürliche Kompression. Auch Cleanfetischisten sollten ihren Amp immer an diese Grenze fahren, um dem Ton mehr Leben einzuhauchen. Mit einem Transistoramp, wie beispielsweise dem Roland Jazzchorus, ist eine solche Interaktion nicht möglich. In allen Audiobeispielen habe ich zuerst ein kurzes Lick ohne Pedal gespielt, damit ihr einen Eindruck bekommt, wie stark ich den Amp in die Sättigung gefahren habe.

Audio Samples
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Soundbeispiel 2 – Gain 11, Tone 14, Voice 12
Der Zendrive liefert einen absolut eigenständigen Sound
Der Zendrive liefert einen absolut eigenständigen Sound

Unser Kandidat reagiert äußerst sensibel auf den Anschlag und die Spielweise. Streichelt man die Saiten nur sanft, kommt der Ton fast schon clean aus den Speakern, während man bei hartem Anschlag eine saftige, aber nie brutale Verzerrung erhält. Der Sound bleibt insgesamt sehr offen, obwohl er in den Mitten näselt. Trotzdem wirkt ein Tubescreamer im direkten Vergleich fast schon wie ein steifes Brett. Ich habe mit der Klangregelung viel herumprobiert und bin immer wieder nahe der 12-Uhr-Stellung beider Regler gelandet.

Audio Samples
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Soundbeispiel 3 – Gain 14, Tone 13, Voice 12

Es macht einfach Spaß, mit dem Teil zu spielen und den sehr kultivierten und lebendigen Ton mit seiner eigenen Note zu erleben. Die Verzerrung hat allerdings nichts mit der eines klassischen Marshallamps zu tun, dazu ist sie einfach zu weich und zu rund. Der Zendrive neigt zwar etwas zur Schönfärberei, ist aber nicht steif oder undynamisch. Man kann den Sound mit seiner eigenen Spielweise sehr gut formen, spielerische Unzulänglichkeiten werden allerdings gnadenlos zutage gefördert. Im letzten Audiobeispiel habe ich den Gainregler auf Maximum gestellt und die Stratocaster gegen eine Les Paul getauscht. Auch hier liefert das Pedal einen wirklich guten Job, ohne jegliche Gleichmacherei.

Audio Samples
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Soundbeispiel 4 – Gain Max, Tone 13, Voice 12
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Fazit

Soundgourmets aufgepasst! Der Zendrive ist ein eigenständiger Verzerrer, der einen weichen Overdrive-Sound erzeugt. Das Klangverhalten ist leicht näselnd und kultiviert- dabei aber nicht besonders fett. Die Gainreserven sorgen für eine mittelstarke Zerre, bei der man (abhängig von der verwendeten Gitarre) nicht weiß, ob die Gitarre schon zerrt oder noch clean ist. Wer einen geschmackvollen Fusion- oder Bluessound erzeugen will, kommt hier schnell zu wirklich guten Ergebnissen. Dabei spielt der verwendete Amp jedoch eine entscheidende Rolle. Zusammenfassend kann ich nur sagen: “Klein und wirklich fein”

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • eigener Sound
  • Fusion geeignet
  • Humbucker und Singlecoil geeignet
Contra
  • nicht sehr vielseitig
  • etwas schönfärbend
Artikelbild
Hermida Zendrive Test
Für 299,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Hermida Audio
  • Typ: Overdrive
  • Regler: Volume, Gain, Tone, Voice
  • Schalter: ON/OFF
  • Anschlüsse: In/Out, 9 Volt DC Netzteilbuchse
  • UVP: 256,00 Euro UVP
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Profilbild von G.S.

G.S. sagt:

#1 - 23.12.2024 um 12:17 Uhr

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Der Test ist nicht gerade repräsentativ, da die Grundeinstellung des Verstärkers ziemlich dumpf ist. Bei mir klingt der Zendrive ganz anders - nämlich viel besser. Man muss sich allerdings sehr mit ihm beschäftigen, denn sowohl der Regler für Gain, Tone und Voice interagieren auf sehr komplexe Weise miteinander. Auch wenn ich Robby Mildenberger für einen sehr guten Gitarristen halte, dessen Spiel mir sehr gut gefällt - aber an einer Stelle plappert er einen totalen Quatsch nach: Die Finger des Gitarristen sind fast ausschließlich nur für seine Spielfähigkeit entscheidend - sobald ein Verzerrer dazukommt, drückt ganz der jeweilige Verzerrer und dessen Einstellungen dem Klang seinen Stempel auf, ganz egal, wer da als Gitarrist davorsitzt. Und ich meine wirklich nur den Klang - nicht die anschlagstechnischen Eigenheiten. Ganz davon abgesehen, dass sowieso nur die wenigsten E-Gitarristen mit den Fingern spielen bei der rechten Hand und somit bei den meisten Gitarristen eher die Härte des Plektrums sowie die Art der Kraftentfaltung des Unterarms eine kleine Rolle spielen beim Klang. Bei Letzterer gibt es aber kaum Unterschiede bei versierten Gitarristen. Aber nichtsdestotrotz, den allergrößten Anteil am Klang hat der Verzerrer - nicht der Spieler, selbst wenn er mit den Fingern spielt. Wenn die Finger so entscheidend wären, bräuchte man höchstens einen Verzerrer, falls man einen cleanen Verstärker spielt. Sobald es ein Zweikanaler ist, bräuchte man gemäß den Aussagen des Testers überhaupt keinen Verzerrer, weil der Ton ja angeblich von den Fingern kommt. Dass dies nicht zutrifft, weiß jeder - und deshalb ist es auch kein Zufall, dass die Gitarristen nicht nur einen Verzerrer auf dem Pedalboard haben. Man sollte also schon realistisch bleiben und nicht vor lauter Verehrung einiger Gitarristen in Märchen abschweifen bzw. Märchen weiterverbreiten. Und auch wenn ich Robby Mildenberger alleine schon bei seinen Tests vergleiche - das klingt jedes Mal ganz anders, je nachdem, mit welchem Material er spielt.

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