Anzeige

Harley Benton Custom Line CLT-20 S Test

Die viersaitige Tenorgitarre sollte vor fast hundert Jahren den Banjospielern den Umstieg auf die Gitarre erleichtern, die damals die Bühnen und Tanzböden eroberte. Klar, dass diese Trends nicht ewig anhalten, und die Anzahl der Banjospieler hält sich in unseren Regionen aktuell auch eher in bescheidenen Grenzen. So ist es kein Wunder, dass dieser Gitarrentyp nahezu ausgestorben zu sein schien. Aber angesichts des steigenden Interesses an der Ukulele beispielsweise schrumpft auch die Exotik einer Tenorgitarre und die Instrumentengattung rückt wieder mehr ins Blickfeld.

Harley_Benton_CLT_20S_NT_Tenor_004FIN


Harley Benton, Thomanns preisgünstige Hausmarke, sieht in diesem Bereich offensichtlich eine Marktlücke, die mit der Custom Line CLT-20S geschlossen werden soll. Und weil wir wissen wollen, worin der spezielle Charme der Tenorgitarre im allgemeinen und die Fähigkeiten der CLT-20S im besonderen liegen, haben wir diese Vertreterin einer raren Gattung zum bonedo-Test gebeten.

Die Geschichte der Tenorgitarre:

Die Geschichte der Tenorgitarre begann in den 20er Jahren, als man akustischen Gitarren in Tanzorchestern und Ensembles erstmals vermehrt Aufmerksamkeit schenkte. Da das Tenormodell nur vier Saiten besaß, war es für Banjospieler, die sich nun mit dem Akustikgitarrentrend konfrontiert sahen, bedeutend leichter, umzusteigen, zumal die Tenorgitarre anfangs in Quinten gestimmt wurde, also genau wie ein Tenorbanjo. Im Laufe der Zeit entwickelten Hersteller wie Martin oder Gibson verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Korpusformen und Mensuren. Die zuerst mit 19 Bünden ausgestattete Tenorgitarre wurde beispielsweise später um zehn Zentimeter verlängert, bekam 22 Bünde und florierte unter dem Begriff “Plektrumgitarre” in verschiedenen musikalischen Genres. Auch die Stimmung änderte sich im Laufe der Zeit. So etablierte sich neben diversen offenen Tunings auch die gebräuchliche, ab der D-Saite beginnende Gitarrenstimmung. Im Laufe der 60er Jahre allerdings verschwanden Tenorgitarren immer weiter aus den Sortimenten der Hersteller. 1989 starb mit Tiny Grimes auch einer der letzten international bekannten Tenorgitarren-Spieler. Dennoch tauchte diese Spezies in den letzten Jahren wieder vereinzelt im Sortiment einiger Hersteller auf. Eastwood entwarf 2010 beispielsweise eine elektrische Solidbody-Variante für Warren Ellis von Nick Cave and the Bad Seeds.

Fotostrecke: 3 Bilder Diese Tenorgitarre verfügt über eine verkürzte Mensur von 579mm

Details

Mit ihrem 3/4 Korpus und ihrer verkürzten Mensur von 579 mm erinnert die CLT-20S auf den ersten Blick eher an eine Kindergitarre. Die Decke besteht aus massiver Sitka-Fichte, für Boden und Zargen kommt Mahagoni zum Einsatz. Der hochglanzlackierte Korpus wird im Design durch ein schlichtes Ivory/Black/Ivory-Binding abgerundet, Brücke und Griffbrett bestehen aus Palisander.

Fotostrecke: 7 Bilder Die Decke besteht aus massiver Sitka-Fichte

Womit wir auch schon beim Hals wären: Unsere Kandidatin entspricht mit 20 Bünden nicht ganz dem traditionellen Vorbild, ist aber dennoch kürzer als die sogenannten Plektrumgitarren dieser Gattung. Auch hier fällt die Wahl für den dreiteiligen Hals auf Mahagoni. Der Sattel sowie die kompensierte Stegeinlage bestehen aus Knochen und vier offene Butterbean Deluxe Mechaniken sorgen an der Kopfplatte für die richtige Stimmung. Der Begriff Butterbean steht übrigens für die ovale, bohnenförmige Form der Mechanik-Knöpfe. Das wirklich gut verarbeitete Instrument wird ab Werk mit D’Addario J-66 Tenorsaiten ausgeliefert.

Fotostrecke: 5 Bilder Mahagoni-Hals mit Palisander-Griffbrett
Anzeige

Praxis

Da unser Testmodell schon “aus der Tasche” ab der D-Saite aufwärts in der typischen Gitarrenstimmung ist, fällt mir der Umstieg von sechs auf vier Saiten nicht schwer. Der Grundsound des Instruments kommt wegen seiner kleinen Korpusmaße etwas “boxy” daher und präsentiert sich naturgemäß auch ein wenig detailarm, was auch ein Zugeständnis an die Preisklasse sein dürfte. Dennoch kann die Tenorgitarre in allen bespielbaren Lagen durch einen beständigen und ausgewogenen Ton punkten. Der Hals mit seinem modifizierten “Oval C-Shape” liegt erstaunlich gut in der Hand und fühlt sich schon nach den ersten Tönen recht vertraut an. Man sollte sich aber trotzdem darauf einstellen, unterschiedliche Spielweisen ein wenig an die Größe des Instruments anpassen. Generell sitzt man auch mit Harley Bentons kleinem Tenor-Schützling nicht ganz so bequem wie beispielsweise mit eine Dreadnought. Positioniert man aber ein sogenanntes Dynarette-Kissen auf dem rechten Bein, kann dies für Abhilfe sorgen. Diese Spielhilfen sind in der Klassikgitarren-Welt recht populär und erhöhen die Gitarre um einige Zentimeter. Möchte man unsere Kandidatin jedoch im Stehen spielen, empfiehlt es sich, den wie so oft bei Akustikgitarren nicht vorhandenen zweiten Gurtpin am Halsübergang nachzurüsten. An der Werkseinstellung der Gitarre gibt es nichts zu kritteln, und auch wenn der eine oder andere eine etwas flachere Saitenlage bevorzugt, finde ich auch diese absolut im grünen Bereich.

Aufgrund seiner Limitierung im Tonumfang erweist sich das Tenor-Modell für mich als durchaus erfrischendes Werkzeug. Musikalisch ausgetretene Pfade bekommen auf einmal eine andere Note und laden zu kreativen Spielereien ein. Für einen klanglichen Eindruck habe ich euch drei Soundfiles mit verschiedenen spielerischen Ansätzen aufgenommen. Vor dem Instrument stand dabei ein Neumann TLM 103, welches vom Preamp meines Motu Interfaces verstärkt wurde.

Audio Samples
0:00
Tenor Blues Fingerpicking Flatpicking
Anzeige

Fazit

Harley Benton lässt mit seinem CLT-20S Modell die Tenorgitarre wieder aufleben. Für wenig Geld wird hier ein gut verarbeitetes und auch gut bespielbares Instrument geboten, auf das man sich, sofern man mit Akustikgitarren vertraut ist, schnell einstellen kann. Natürlich sollte man bei der kleinen Korpusgröße und den in dieser Preisklasse verwendeten Hölzern kein akustisches Wunderwerk erwarten, dennoch besitzt das vorliegende Testinstrument für mich einen gewissen Charme, der beispielsweise als Ergänzung in Country- und Bluegrass-Gefilden durchaus nützlich sein kann.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Preis-/Leistungsverhältnis
Contra
  • Keins
Artikelbild
Harley Benton Custom Line CLT-20 S Test
Für 199,00€ bei
Harley_Benton_CLT_20S_NT_Tenor_006FIN
Technische Spezifikationen
  • Tenorgitarre
  • 3/4 Größe
  • massive Sitka Fichtendecke
  • Mahagoni Korpus & Hals
  • Palisander Griffbrett
  • Mensur 579 mm
  • Sattelbreite 32 mm
  • Knochen-Stegeinlage
  • Palisander-Steg
  • Scalloped X-Bracing
  • Offene Deluxe Butterbean Mechaniken
  • D’Addario J-66 Tenor-Gitarrensaiten ab Werk
  • Natur Hochglanzfinish
  • Preis: 159,00 Euro
Hot or Not
?
Harley_Benton_CLT_20S_NT_Tenor_005FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Subtle Compressor Tones with the Wampler Mini Ego 76 Compressor!
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?