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Gibson Les Paul Classic Custom WR Test

Was haben Gary Moore, Jimmy Page, Jeff Beck, Slash, Ace Frehley und zahllose andere Gitarristen gemeinsam? Genau, sie sind alle Gibson Les Paul Spieler und haben den Sound der Gitarre über Jahrzehnte in Klassikern der Musikgeschichte verewigt. Nicht umsonst gilt die Les Paul als die Rockgitarre schlechthin – übrigens auch unter Nichtmusikern.

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Man sollte meinen, dass eine Les Paul immer nach den gleichen Kriterien gebaut wird (was natürlich im Großen und Ganzen auch stimmt). Aber bekanntlich steckt der “Teufel” ja im Detail und so bringt Gibson in regelmäßigen Abständen immer wieder leicht veränderte Versionen des Klassikers auf den Markt. Ein solches Exemplar ist auch die heute zum Test anstehende Les Paul Classic Custom. Ich bin gespannt, was der Hersteller aus Nashville Tennessee sich diesmal hat einfallen lassen.

DETAILS

Optik/ Verarbeitung:
Die Gitarre wird in einem stabilen schwarzen Formkoffer geliefert, der innen mit weißem Plüsch ausgeschlagen wurde. Die für den Bau verwendeten Zutaten sind schnell aufgezählt. Die gewölbte Ahorn-Decke sitzt auf einem zweiteilig aufgebauten Mahagoni-Korpus in den zur Gewichtsreduktion neun Löcher gebohrt wurden. Gibson bezeichnet dieses Verfahren als Traditional Weight Relief. Trotzdem wiegt die Gitarre ziemlich genau 4,7 kg, ein ganz schöner Brummer, die Kleine.

Die Gitarre wurde mit weinrotem Nitrolack “ge-finished” – und zwar hauchdünn, sodass die Maserung der 2-teiligen Ahorn-Decke sehr gut zu sehen ist. Da es sich hier ja um eine Classic Custom und nicht um eine abgespeckte Studio handelt, finden sich hier die typischen Merkmale einer Les Paul wieder. Dazu gehört natürlich in erster Linie ein Binding. Das ist in diesem Fall weiß (und schwarz, 7-lagig) und ich meine wirklich richtig weiß – schneeweiß sozusagen. Eigentlich kenne ich diesen Farbton in erster Linie von Billiggitarren aus Fernost und ich möchte dem Instrument wirklich nichts Böses, aber musste das wirklich dieser Farbton sein? Meinen Geschmack trifft er jedenfalls überhaupt nicht, denn das Weinrot gibt der Gitarre etwas Edles, Anmutiges, da hätte ein schönes Cremeweiß meiner Meinung nach wesentlich besser gepasst. Aber wie gesagt: Alles reine Geschmacksache. Auf jeden Fall wurde das Binding sauber um die Decke, das Griffbrett und die Kopfplatte “verlegt”, da gibt es keinen Grund zur Kritik.
Auf der Decke parken zwei Pickups des Typs 57 Classic. Die Humbucker besitzen verchromte Kappen und sind in schwarzen Rähmchen auf dem Korpus verschraubt. Gibson hat für die Tonabnehmer Alnico II Magneten und Enamel umrundeten 42- AWG Draht verwendet. Das soll den Pickups den klassischen Sound der 50er und 60er Jahre PAFs verleihen – man darf also gespannt sein.

Damit die Tonabnehmer in Sachen Volume und Tone geregelt werden können, finden sich – ganz klassisch – vier Potis in angestammter Position, in diesem Fall ausgestattet mit schwarzen Speed-Reglern. Geschaltet werden die Triebwerke der Custom über einen 3-Wege-Toggle-Switch, ebenfalls da angebracht, wo er bei einer Paula nun mal hingehört.
Und auch die Hardware ist typisch LP. Die Saiten werden am Tailpiece angebracht und laufen anschließend über eine Tune-o-matic Bridge. Beide bestehen aus Zamak, einer Zinklegierung und sind verchromt. Ein kleines schwarzes Schlagbrett aus vier Lagen Kunststoff (schwarz/weiß) rundet das Setup der Front ab.

Ich drehe das gute Stück also mal um und schaue nach, ob es da etwas Besonderes zu entdecken gibt. Gibt es nicht, alles “normal”. Wie erwartet sehe ich zwei Fräsungen, die mit vertieft angebrachten Plastikdeckeln verschlossen wurden. Die eine ermöglicht den Zugang zur Elektronik, die andere zum Dreiwege-Schalter. Natürlich darf auch die Klinkenbuchse in der hinteren Zarge nicht fehlen. Um den Hals hängt man sich die Gitarre mit einem Gurt, dessen Gegenparts, die Gurtpins, hier aus Aluminium bestehen.

Der Hals:
Der Hals wurde fest mit dem Korpus verleimt. Auch diese Arbeit hat Gibson tadellos verrichtet, keine Leimreste oder Interferenzen anderer Art sind zu finden. Der Hals besteht aus einem Stück Quartersawn-Mahagoni auf dem (Achtung, aufgepasst) ein Griffbrett aus Baked Maple (Radius 12″) aufgeleimt wurde. Baked, was? Einfach gesagt handelt es sich hier um Ahorn, das bei 200 Grad “gebacken” wurde. Dadurch verändert sich die Farbe und die Poren verschließen sich. Heraus kommt ein sehr hartes Material, das Ebenholz nicht unähnlich ist. In diesem Fall ist es etwas heller, aber ich hatte vor einiger Zeit eine 61 Reissue SG mit einem Baked Maple Griffbrett im Test und hätte wetten können, dass es sich um Ebenholz handelt. Was die Haptik und Bespielbarkeit angeht, gibt es für mich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Materialien. Aber dazu später. Als Profil kommt ein ’60s Slim Taper Shaping zum Einsatz.

Die Custom Classic ist mit 22 Bünden ausgestattet und bietet die klassische 628 mm Mensur. Die Bundstäbchen wurden allesamt perfekt eingesetzt und abgerichtet. Weiße Acryl Block Inlays im Griffbrett und schwarze Punkte an der Halskante sorgen für die nötige Orientierung. Der Sattel besteht aus einem Verbundwerkstoff namens Corian und wurde mithilfe einer computergesteuerten PLEK-Fräse perfekt bearbeitet, sodass Stimmarbeiten und Bendings ohne nervige Saiten-Klemmereien vonstatten gehen können. Auf der Kopfplattenvorderseite prangen das Gibson-Logo und das legendäre Split Diamond Inlay aus Acryl. Eine aus zweilagigem Kunststoff (schwarz/weiß) geschnittene Glocke verschließt den Zugang zum Halsstab. Fehlen noch die sechs verchromten Grover Keystone Mechaniken, die ihren Job souverän mit einem Verhältnis von 14:1 erledigen.

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PRAXIS

Sound/ Bespielbarkeit
Dank ihres Halses im ’60s Slim Taper Shaping liegt die Custom Classic gut in der Hand. Lange Zeit hat Gibson ja halbierte Baseballschläger verbaut, das hat sich zum Glück geändert. Ein erstes trockenes Anspielen bringt dann eine erste Überraschung: Die Gitarre liefert einen satten, obertonreichen Sound, gepaart mit einer fantastischen Bespielbarkeit. Irgendwie scheint sich das Frequenzbild komplett nach oben verlagert zu haben, ich gehe jetzt mal davon aus, dass das Griffbrett-Material nicht unwesentlich zu dieser Eigenschaft beitragen wird. Viele Les Pauls neigen ja dazu, am Verstärker zu dominant im Bass und den unteren Mittenbereich zu sein. Und das ist nicht unbedingt “typisch Les Paul”, denn sehr alte Instrumente zum Beispiel klingen im Vergleich eher dünn, fast schon wie eine Telecaster, was aber in Verbindung mit den verbauten Humbuckern am Amp zu einem optimalen Ergebnis führt. Daher bin ich sehr gespannt, wie sich die Custom Classic am Amp macht. Zu diesem Zweck kommt ein JVM 410 Marshall zum Einsatz, der mit einer 2×12″ Marshall Box mit Vintage 30 Speakern und einem SM 57 abgenommen wird. Los geht’s clean, wobei ich in jedem Durchgang die Pickups vom Hals beginnend wechsele.

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Clean – PU-Switch

Die Les Paul klingt in der Halsposition satt und warm, die Zwischenposition klingt erwartungsgemäß dünner und seidigerer. Der Kollege am Steg hat erstaunlicherweise weniger Output als ich erwartet habe, somit sind auch wirklich cleane Sounds möglich, ohne den Amp zu “überfahren”. Insgesamt macht sich das Griffbrett positiv bemerkbar, alle Kombinationen besitzen eine gute Portion Höhen. Auch die Lautstärke ist in allen drei Schaltzuständen ungefähr gleich – sehr gut!
Im nächsten Beispiel strumme ich eine Figur, wobei ich in jedem Durchgang den PU-Wahlschalter umlege. Auch hier beginne ich mit dem Hals-Humbucker.

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Clean – Strumming – PU-Switch

Die Sounds passen sehr gut zusammen und decken eine große Bandbreite ab. Die oben genannten Charakteristika lassen sich auf dieses Beispiel übertragen, werden hier aber noch klarer herausgestellt.
Ich schalte den Amp um und stelle einen leichten Crunch-Sound ein.

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Crunch – Steg

Der Steg-Humbucker ist tatsächlich sehr kultiviert und brettert nicht alles zu. Dennoch kann die Gitarre gut zupacken und setzt sich so gut im Bandkontext durch. Auch hier weiß das Höhenbild zu gefallen. Sie klingt zu keinem Zeitpunkt muffig, wie man es leider oft von vielen moderneren Paulas hört. Dabei ist sie recht agil, lediglich das Sustain ist durchschnittlich, was sich aber durchaus im Laufe der Jahre noch ändern kann, wenn sie denn häufig gespielt wird.
Auch mit etwas mehr Gain am Amp macht der Steg-Humbucker bei Single-Note-Riffs eine gute Figur, wie man hier hören kann.

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Crunch – Single Notes – Steg

Als Nächstes bringe ich den Amp weiter auf Touren und erzeuge einen modernen Hard-Rock Sound.

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Heavy Crunch – Steg

Auch diese Prüfung meistert die Classic Custom souverän. Die Bassanteile sind schon ordentlich, weshalb am Amp auf jeden Fall ein wenig nachgeregelt werden sollte. Fett und breitbeinig pumpt die Gitarre die Riffs in den Verstärker und liefert genau den Sound, den man von ihr erwartet. Durch den erhöhten Höhenanteil kommen Anschläge sehr gut zur Geltung und lassen so akzentuierte Riffs zu.
Ich schalte den Amp um und stelle einen modernen Heavy-Sound mit viel Gain und weniger Mitten ein. Die Les Paul ist jetzt in Drop-D gestimmt.

Audio Samples
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Scoopy Metal

Auch in diesem Genre macht die Les Paul einen überzeugenden Job. Man muss gar nicht mehr so viel nachjustieren, um einen wirklich amtlichen Heavy-Sound zu generieren. Sie klingt zwar fett, mulmt aber nicht, ein weitverbreitetes Problem bei Mahagoni-Gitarren.
Abschließend ein kleines Solo, wobei ich im zweiten Teil vom Steg- auf den Hals-PU umschalte.

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Lead – Steg -Neck

Auch diese Übung meistert sie sehr gut. Die Töne kommen spritzig und trotzdem mit einer Menge “Fleisch” aus den Speakern. Der Mittenanteil ist bauartbedingt hoch, sodass sie ordentlich trägt.

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FAZIT

Die Gibson Les Paul Classic Custom WR ist eine insgesamt sehr hochwertige Gitarre, die zu überzeugen weiß. Die Verarbeitung ist sehr gut und der Sound so, wie man ihn von einer guten Les Paul erwartet. Richtig gut macht sich das Baked Maple Griffbrett, das eine ordentliche Portion Obertöne ins Spiel bringt, was der Performance der Gitarre aber definitiv gut tut und für eine angenehme Transparenz sorgt. Wer eine Les Paul mit guten Allround-Eigenschaften, einer erstklassigen Bespielbarkeit und einer hochwertigen Verarbeitung sucht, der sollte die Baureihe auf jeden Fall einmal anchecken, zumal das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr ausgewogen ist.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Bespielbarkeit
  • Preis
Contra
  • Gewicht
Artikelbild
Gibson Les Paul Classic Custom WR Test
Für 1.298,00€ bei
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Technische Daten
  • Hersteller: Gibson
  • Bezeichnung: Les Paul Custom Classic
  • Farbe: WR (Wine Red)
  • Korpus: Mahagoni (traditional weight relief), Ahorndecke
  • Hals: Mahagoni
  • Griffbrett: Baked Maple
  • Bünde: 22
  • Pickups: 57 Classic Humbucker, 57 Classic plus Humbucker (Alnico II)
  • Hardware: Chrom Tune-o-matic Bridge mit Stop-Tailpiece, Grover Kidney Mechaniken
  • Besonderheiten: Acrylic-weißes Binding und Block Inlays, Pleck System
  • Preis: 1599,00 Euro
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Kommentieren
Profilbild von Jens W.

Jens W. sagt:

#1 - 30.07.2012 um 20:35 Uhr

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Sehr schöner Review.
Ich hab mir das gute Stück (Ebony)
auch besorgt und kann Sagen, Kaufen!Greetings. ;o)

Profilbild von Stefan K.

Stefan K. sagt:

#2 - 08.08.2012 um 09:49 Uhr

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Der Test widerspricht sich selbst, oben steht:"Die gewölbte Ahorn-Decke sitzt auf einem zweiteilig aufgebauten Mahagoni-Korpus, in den, anders als zum Beispiel bei der aktuellen LP Standard, keine Löcher gefräst wurden, um das Gewicht der Gitarre zu verringern."und unten in den Features:"Korpus: Mahagoni (weight relief)"also was denn jetzt? Auf der Gibson Homepage wiederum ist von "Traditional Weight Relief" die Rede, also kein "chambering", sondern ein "Schweizer Käse" Korpus mit den seit den 80ern üblichen 9 Löchern....

Profilbild von bonedohansi

bonedohansi sagt:

#3 - 08.08.2012 um 13:19 Uhr

0

Hallo Stefan. Du hast natürlich absolut recht. Das ist uns in der Schlussredaktion tatsächlich durchgerutscht. Also, noch mal als allgemeine Info: Gibson nutzt (e) drei Verfahren, um die Gitarren leichter zu machen. Das Krasseste ist das "Chambering", bei dem der Korpus großflächig ausgefräst wird. Dieses Verfahren fand zum Beispiel bei der 2008er Les Paul Standard Verwendung. Das bei der Classic Custom eingesetzte "Traditional Weight Relief" ist das exakte Gegenteil zum Chambering- hier werden lediglich neun Löcher in den oberen Korpus-Bereich gebohrt. Dementsprechend bringen Gitarren mit „Traditional Relief Bodies“ immer noch ein ganz ordentliches Gewicht auf die Waage. Womit wir beim dritten und „neusten“ Verfahren angekommen wären, dem „Modern Weight Relief“. Diese Methode siedelt sich zwischen „Chambering“ und „Traditional Weight Relief“ an – stellt also den bestmöglichen Kompromiss aus Gewichtsreduktion und „Tonholz-Erhaltung“ dar. Die Les Paul Standard 2012 ist mit einem „Modern Weight Relief“ Body ausgestattet.

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