Fostex AR-4i Test

Das iPhone kann viel, keine Frage. Da sich die stetig wachsende Reihe an Audiointeressierten mit dem smarten Phone eindeckt, wird es für Unternehmen immer interessanter, nicht nur Apps, sondern auch allerhand Zubehör in den Fabriken dieser Welt bauen zu lassen. Da auch die neueste Variante des Apfeltelefons mit dem kleinen Monomikrofon nur für den Normalanwender ausgestattet ist, ist es kein Wunder, dass Firmen beginnen, Audio-Interfaces und Zusatzmikrofone anzubieten.

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Fostex befindet sich unter diesen Unternehmen und kann von sich behaupten, mit dem HP-P1 klangverwöhnte iPhone-Besitzer mit einer wirklich hochwertigen D/A- und Headphone-Lösung versorgen zu können. Auf den Namen AR-4i hört hingegen ein kleines Audiointerface, in welches das Smartephone eingeschoben wird. In dieser Krippe stehen nun zwei flexibel ausrichtbare Kondensatormikrofone mit Vorverstärker und ein Kopfhörerverstärker zur Verfügung – mit eigener Stromversorgung. Wird das iPhone damit zum vollwertigen Field-Recorder?

DETAILS

Wesentlicher Bestandteil des Fostex AR-4i ist ein großes Stück Plastik, welches mit Schienen ein iPhone aufnehmen und fixieren kann. Halb überdeckt von einer Blende mit Firmenschriftzug befindet sich der Dock-Connector, welcher bekanntlich den gesamten “nichtkabellosen” Datenverkehr des Apple-Geräts regelt. Dreht man das AR-4i auf den Rücken, fällt im unteren Bereich eine große „Beule“ auf: Hinter einem Schubfach machen es sich zwei AAA-Batterien oder -Akkus gemütlich. Auf der linken Flanke befindet sich außerdem ein USB-Input. Wer sich jetzt beim Lesen ein wenig aufgerichtet haben sollte, kann direkt wieder das Rückgrat krümmen, denn die Nutzung des 4i als Audio-Interface an PC oder Mac ist nicht möglich (wieso eigentlich?). Wer weiter zusammensacken will, der liest jetzt folgende Sätze: Wenn schon nicht zur Datenverarbeitung, dann ist ein USB-Anschluss sicher zum Laden von Akkus gedacht. Das trifft hier auch zu, doch wird nur der iPhone-Akku geladen, die Akkumulatoren des AR-4i nicht (nochmal die gleiche Frage: wieso eigentlich?). Natürlich ist es praktisch, bei durch das AR belegtem Dock-Connector das iPhone laden zu können, denn immerhin halten die AAA-Batterien das Fostex-Gerät zehn Stunden am Laufen. Außerdem sollte ich fairerweise anmerken, dass über den USB-Input natürlich das AR-4i mit Strom versorgt werden kann – ich fange die scheu gemachten Pferde also ganz schnell mal wieder ein.

Umrahmt wird der besagte USB-Port von zwei Miniklinken-Buchsen. Eine davon ist ein Mikrofoneingang, den ich später in Gesellschaft der anderen beiden (!) vorstellen werde, die andere ist ein Kopfhörerausgang. Der Pegel dieses Outputs lässt sich durch einen nur wenige Zentimeter entfernten analogen Drehregler bestimmen. Weiterhin findet man auf der Seite eines der beiden Schraubgewinde des AR-4i, mit welchen sich die Fostex-Apple-Kombination auf Stativen fixieren lassen kann oder mit dem mitgelieferten Riffelmetall-Handgriff bequem manuell positionieren lässt. Tut man dies mit der besagten Buchse an der linken Flanke, muss ich meine letzten beiden Absätze eigentlich umschreiben, denn dann ist Links ja Unten, das iPhone im Landscape-Modus. Aber 90°-Drehungen vor dem inneren Auge gelingen uns allen ja nicht erst seit dem iPhone besonders gut, sondern schon seit dem Aufkommen der Emoticons, oder? 😎

An der unteren Seite des AR-4i befindet sich ebenfalls ein solcher Schraubanschluss, an der rechten Flanke hingegen ein für viele Tonschaffenden eher ungewöhnlicher Anblick: ein Blitzschuhadapter! Nein, das hat nichts mit diesen albernen blinkenden Angeberturnschuhen der Feature-verirrten 1990er zu tun, sondern ist ein Standard-Zubehöranschluss-System für Foto- und Filmkameras (die ja funktionell immer weiter miteinander verschmelzen). Elektrisch ist dieser Anschluss beim Fostex zwar funktionslos, doch lässt sich damit eine DSLR mit einem Mikrofonsystem ausstatten – für einen Preis, den sonst oft schon kleine Adapter kosten können, denn im Foto- und Film- ist eigentlich alles teurer als im Audio-Bereich. Kaum zu glauben, aber wahr.
Ebenfalls rechts angesiedelt ist ein Drehrad für die Mikrofonvorverstärkung. Alle Eingänge werden dort gemeinsam gesteuert, als optisches Feedback dient ein dreisegmentiges Meter. Wer jetzt aber vier LEDs zählt, ist natürlich im Recht, doch ist eine davon eine “Link Status”-Leuchte, die die Verbindung mit einem iPhone durch grünes Leuchten signalisiert. Die Levels werden mit “Low”, “High” und zu vermeidendem “Peak” angezeigt. Um die Gefahr von Übersteuerungen zu unterstreichen, nutzt die letztgenannte LED die übliche Warnfarbe, die auch an Ampeln Verkehrsteilnehmer vor dem Weiterlaufen und -gehen abhalten will. Etwaige Fehler oder leere Batterien werden ebenfalls über die Peak-LED kommuniziert – mit mehr oder weniger hektischem Flackern.Ich hatte die Vorstellung der Mikrofonbuchsen vorenthalten, doch diese erfolgt genau jetzt: Fostex’ AR-4i besitzt derer drei. Im Lieferumfang befinden sich jedoch nur zwei Mikrofone. Des Rätsels Lösung ist, dass sich entweder die Eingänge 1 und 2 oder 1 und 3 nutzen lassen. Wie man diese wählt, richtet sich ganz banal danach, ob man das iPhone-AR-4i-Konglomerat senkrecht oder waagerecht einzusetzen gedenkt. Nett ist, dass das Gerät selbständig erkennt, welche Inputs gesteckt sind und dementsprechend dem CoreAudio-Treiber zur Weiterverwendung ein Stereosignal aus beiden Mikrofonen übergibt – klasse! Die beiden Mikros sind um 90° gewinkelt und lassen sich in den Buchsen drehen. Vor allem im Hochkantmodus muss man die Entwickler von Fostex aber fragen dürfen, an was für eine Art von Stereosystem sie dabei gedacht haben. Kann man mit den beiden Buchsen im Landscape-Modus durch aneinander Ansetzen der Kapseln noch etwas entfernt an ein XY-Stereo angelehntes System hinbekommen oder bei 135° Öffnungswinkel das aus gutem Grund selten verwendete Olson-Stereo (“Stereo 180”, eigentlich mit Hypernieren!) bewerkstelligen, hat man im Hochkantmodus zwei wenige Zentimeter auseinanderstehende richtende Kapseln, die sich nicht auseinanderwinkeln lassen. Irgendwie zweikanalig ist das Ergebnis dann schon, doch weder intensitäts- noch laufzeitstereofone Theorien lassen sich hier so verbiegen und vermengen, dass sich ein passables Äquivalenzverfahren herbeireden ließe. Wem die ganzen Fachtermini nichts sagen: Eine solche Anordnung ist wenig sinnvoll. Wer jetzt ähnlich angeordnete, doppelte Sprechermikrofone auf Rednerpulten vor Augen hat, der sollte wissen, dass das mit Stereo nichts zu tun hat, sondern größtenteils nur mit Havarie – falls ein Mikro ausfällt, ist da eben noch ein zweites. Über die Mikrofone erfährt man nicht viel, doch offenkundig werden kleinmembranige (Elektret-?)Kondensatorkaseln verwendet, die als Druckgradientenempfänger mit Laufzeitglied richtende Eigenschaften (Niere, eventuell etwas stärker) besitzen. Eine kleine „Mütze“ kann Windgeräusche verhindern.

PRAXIS

iPhones sind teuer. Umso besser, dass die für manche Menschen lebenswichtigen Begleiter – und da schließe ich mich nicht aus – im AR-4i wirklich sicher aufbewahrt sind. Zwar wird nichts verriegelt, doch auch kopfüber und mit leichtem Schütteln konnte Fostex mein Telefon erfolgreich gegen die Erdanziehung verteidigen. Dass man wirklich flexibel im Aufstellen und Halten des durch das Verheiraten von Telefon und Zubehör entstandenen Aufnahmesystems ist, ist wirklich sehr gut. Ob hoch oder quer, im Handgriff, auf der DSLR, auf dem Mikrofon- oder Fotostativ, mit Adapter sogar auf dem Stativ für Studioblitze – das ist gut. Die Einrichtung geht ebenfalls schnell vonstatten, das ist auch gut. Ein paar mal Nachrichten bestätigen, ein klein wenig auf Daten aus dem Netz warten, schon kann es losgehen. Ich habe die meisten Aufnahmen mit der App “Fire” gemacht, die sogar im Hot-Swap-Betrieb das AR-4i erkannt und verwendet hat – samt Umschaltung auf Stereobetrieb und unter Berücksichtigung der korrekten Inputs. Ich habe zunächst ein  Cajon malträtiert und dann festgestellt, dass es natürlich eine hervorragende Idee ist, den Flugmodus zu verwenden. Besonders Telekom-Kunden kennen ja diese fiesen Geräusche, die sonst auftreten können… Beim Anhören der Files über den Kopfhörerausgang des Fostex kommt mir meine Klapperkiste aber recht fahl und langweilig vor. Die Frage, ob das vielleicht am Kopfhörerverstärker liegen kann, hat sich schnell erübrigt. Ein kurzer Test mit einer audiophilen Klassikaufnahme sagt mir, dass ausgangsseitig alles zumindest in Ordnung ist. Ich stecke die Mikros um und versuche es mit einem tonalen Signal. Weil ich genau wissen will, was los ist, fahre ich schweres Geschütz auf und mache einen Direktvergleich mit einer ordentlichen Studio-Aufnahmekette. Das ist zwar ein Kampf David gegen Goliath, doch ist es hier anders als in der bekannten Schrift so, dass Goliath gewinnt – in jeglicher Hinsicht. Vom Ergebnis des unfairen Kampfes könnt ich euch in den Audiofiles überzeugen. Allerdings darf auch ein recht preiswertes System meiner Meinung nach nicht mit einer derartigen Klangqualität aufwarten. Ich habe bewusst viel Paddingbereich am Anfang gelassen, sodass vor dem ersten Laut ein bisschen Stille herrscht. Die Aufnahme mit dem Studiomikrofon offenbart, dass man durchaus die beiden Rechner und ihre externen Platten werkeln hört. Beim AR-4i-File mischt sich in den starken Rauschteppich aber noch ein Sirren. Störungen mit definierbarer Tonhöhe sind nicht gut. Sorry, aber das geht nicht.

Audio Samples
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Cajon Altsaxophon Sprache Studiomikrofon Sprache AR-4i

Ein Vergleich mit einer Aufnahmekette für einige tausend Euro ist natürlich kaum zu gewinnen, doch wie sieht es mit der naheliegendsten Alternative aus? Dies ist das iPhone selbst. Es ist logisch, dass dieses mono ist und auf Sprache optimiert – das hört man ihm (und seinem nachfolgenden, extremen Processing) auch an. Ich muss sagen, dass das AR-4i zwar wärmer und voluminöser klingt, doch ein großer Niveauunterschied ist nicht festzustellen. Ich habe übrigens verschiedene iPhones in die AR-Cradle gelegt – mit dem gleichen Ergebnis.

Audio Samples
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Sprache iPhone-Mikro Sprache AR-4i (mono Downmix) Sprache AR-4i (stereo) Vergleich Komplettfile Field-Recording Ambience

Auch beim Gang in die Natur gesellt sich ein auffälliges Rauschen zum Verkehrslärm im Tal. Das helle Geräusch ist nicht etwa der Wind in den Blättern – einen solch konstanten Wind gibt es nicht. Ferner offenbart sich das Problem, das aber viele Druckgradientenempfänger in diesem Umfang teilen, denn trotz der aufgesetzten Püschel sind die Mikros sehr anfällig für Windgeräusche und somit auch Popplaute. Bei einer derart geringen Dynamic-Range macht das Arbeiten keinen Spaß. Ich kann natürlich nur spekulieren, ob ich eine Ausgabe des AR-4i aus der unteren Kategorie der Serienstreuung erhalten habe, doch es zeigt sich immer wieder: Qualitätskontrollen kosten eben verdammt viel Geld! Beim deutschen Fostex-Vertrieb wird man aber sicher wissen, weshalb man mit DPA auch Mikrofone eines der besten (aber eben auch teuersten) Hersteller der Welt im Programm hat.

FAZIT

Man kann mit dem Fostex AR-4i aufnehmen, zweifelsohne. Das iPhone wird dadurch zum flexiblen Recordingsystem. Positiv ist, dass man bezüglich der Positionierung vielfältige Möglichkeiten hat und einen einfach zu benutzenden Apparat erhält. Wer allerdings erwartet, dass das Apple-Zubehörteil Aufnahmen macht, die klanglich zur Verwendung in Tracks oder Filmen taugen, den muss ich enttäuschen, denn die Klangqualität lässt wirklich zu wünschen übrig. Mobilität ist zwar eine feine Sache, doch wer mehr als nur kurz etwas dokumentieren will, der sollte sich lieber im Sektor dedizierter Stereorecorder umsehen. Außerdem machen zwei Mikrofone nicht automatisch ein sinnvolles Stereobild. 

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Technische Spezifikationen
  • Audio-Interface für iPhone 4
  • Dock-Connector
  • 3 Miniklinken-Mikrofoeneingänge, zwei simultan nutzbar (selbsterkennend)
  • regelbares Gain (simultan) mit dreiteiligem Meter
  • Stereo-Kopfhörerausgang (Miniklinke, analog regelbar)
  • USB-Anschluss zur Spannungsversorgung des AR-4i und Laden der iPhone-Akkus
  • Batteriefach für 2 AAA-Batterien oder -Akkus
  • zwei Schraubgewinde für Stative oder mitgelieferten Handgriff
  • Anschluss für Kamera-Blitzschuh
  • kann horizontal oder vertikal genutzt werden
  • zwei gewinkelte Kleinmembran-Kondensatormikrofone (Nierencharaklteristik) mit Windschutz im Lieferumfang
  • Preis: EUR 149,-(UVP)
Unser Fazit:
2,5 / 5
Pro
  • praktisch
  • einfach zu bedienen
  • guter Headphone-Amp
  • lange Batterie-Laufzeit
  • flexible Halterungen
Contra
  • geringer Dynamikumfang, Störgeräusche
  • Sound etwas voller, aber kaum besser als der des iPhone-(Mono-)Mikrofons
  • popp- und windanfällig
  • v.a. im vertikalen Betrieb keine sinnvolle Stereoanordnung möglich
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Fostex AR-4i Test
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