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Fender Standard Jazzmaster HH PF OLW Test

Die Fender Standard Jazzmaster HH PF OLW steht in der Tradition des ehemaligen Flaggschiffs des Fender-Imperiums, das lange Zeit ein Schattendasein als Oldie-Gitarre führte oder wenn, dann höchstens noch in gemäßigten Musikgenres verwendet wurde. In den letzten Jahren allerdings erlebte die Jazzmaster einen gewaltigen Popularitätsschub.

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Und mit neuen, modifizierten Varianten möchte Fender den Bekanntheitsgrad noch weiter steigern, um vor allem auch Freunde der härteren Gangart für sie zu gewinnen. Wir haben uns gefragt, ob der beinharte Rocker mit dem trendigen Modell glücklich werden kann, und sie deshalb einem eingehenden Test unterzogen.

Details

Konzept und Aufbau

Wie Telecaster und Stratocaster folgt auch die Jazzmaster dem grundlegenden Konstruktionsprinzip der Firma Fender, bei dem ein Ahornhals auf einen massiven Erlen- oder Eschenbody geschraubt wird, in unserem Fall besteht der Korpus aus Erle.
Die HH PF OLW ist eine moderne Version der Jazzmaster, die mit zwei kräftigen, splitbaren Humbuckern ausgestattet ist. Damit eignet sie sich zumindest auf dem Papier bestens für amtlichen Rock und weniger für die gepflegte Oldie-Mucke. Wie beim Klassiker aus den 50ern liegt der asymmetrisch gestaltete Body sehr gut im Arm. Einen maßgeblichen Anteil am guten Handling, speziell im Sitzen, haben die perfekt abgerundeten Ecken und Zargen. Kein Wunder, schließlich hat Leo Fender die Jazzmaster ursprünglich für Jazzgitarristen und Big-Band-Musiker entwickelt, die Ende der 50er Jahre meistens sitzend spielten. Aber keine Angst, die Jazzmaster macht auch im Stehen eine gute Figur und hängt ausgewogen am Gurt. Das haben übrigens nicht nur Surf- und Beat-Gitarristen in den 60ern gewusst, sondern zum Beispiel auch Jimi Hendrix, der vor seiner imposanten Solokarriere als Tourgitarrist bei den Isley Brothers eine 62er Jazzmaster spielte. 

Fotostrecke: 5 Bilder Die Jazzmaster war einst das Flaggschiff von Fender, hat aber trotz des Namens mit Jazz wenig zu tun.

Wie beim Urmodell ist auch hier die Schwachstelle der Gitarre die scheppernde Brücke, auf die wegen eines zu flachen Winkels nicht genug Druck ausgeübt wird. Als Nebeneffekt bringt die Gitarre einen sehr speziellen und leicht kaputten Twäng, den man so weder mit der Strat noch mit der Telecaster hinbekommt. Das Jazzmaster-Tremolosystem ermöglicht nur ein leichtes Tremolieren, denn drückt man den Vibratoarm komplett nach unten, wird der Ton auf H- und E-Saite gerade einmal um einen Ganzton erniedrigt. Bei den tieferen Saiten schafft das System zwar drei Halbtonschritte, aber wilde Tremolo-Eskapaden à la Eddie Van Halen sind hier definitiv nicht drin.

Fotostrecke: 5 Bilder Bereits beim Original aus den 60ern war die Brücke ein Schwachpunkt.

Der Hals

Der Hals besteht aus Ahorn und ist im Gegensatz zum Urmodell nicht mehr mit einem Palisandergriffbrett ausgestattet. Stattdessen kommt wegen neuer Bestimmungen, die seit Jahresbeginn 2017 gelten, Pau Ferro zum Einsatz. Pau Ferro liegt klanglich zwischen Ebenholz und Rio-Palisander. Man sollte den Einfluss des Griffbrettmaterials auf den finalen Klang aber nicht überbewerten, denn der hängt von vielen Faktoren ab, von den verwendeten Hölzern bei Korpus und Hals, der Qualität der Hardware und sogar vom Bundmaterial. Der 9,5″ Griffbrettradius und die 21 Medium-Jumbobünde bescheren dem Instrument einen hohen Spielkomfort. Das sogenannte Modern-C-Profil ist im Gegensatz zum klassischen C-Profil einen Tacken fleischiger, ohne dabei zu fett in der Hand zu liegen. 

Fotostrecke: 5 Bilder Der Ahornhals sitzt sauber und ohne Spiel in der Halstasche…

Die Mechaniken arbeiten einwandfrei, obwohl Klemmmechaniken wegen des nicht wirklich verstimmungsfreien Tremolos hier sicher die bessere Wahl gewesen wären. Die Verarbeitung der Bünde und der gesamten Halskonstruktion ist makellos. Die Bundreinheit und die ab Werk viel zu niedrige Saitenlage musste ich neu justieren, was sich als ein schwieriges Unterfangen herausstellte, aber dazu später mehr. 

Elektrische Schaltung

Der Korpus der Jazzmaster ist mit einem sehr großen Pickguard ausgestattet, auf dem sich im Gegensatz zur Stratocaster nicht nur die Pickups, der Pickupwahlschalter und die Potis befinden, sondern auch die Klinkenbuchse. Die Gitarre ist mit zwei splitbaren Fender Blacktop Humbuckern bestückt, deren Ausgangsleistung im weitesten Sinne der eines heiß gewickelten PAFs entspricht. Gesplittet werden die Pickups durch das Herausziehen des Tone-Reglers. Wegen des glatten Potiknopfes gestaltet sich dieses Vorhaben allerdings selbst mit trockenen Händen als schwieriges Unterfangen. Hier wäre ein geriffeltes Exemplar sicher die bessere Wahl, denn mit verschwitzten Fingern wird das Ganze zum Abenteuer, wenn es darum geht, beim Spielen auf den Punkt zu schalten.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Jazzmaster ist mit zwei splitbaren Fender Blacktop Humbuckern bestückt,…

Die Elektrik der Gitarre ist sehr simpel aufgebaut. Die beiden Tonabnehmer werden mit dem Toggleswitch angewählt und klingen einzeln oder in mittler Position zusammen. Beide Pickups werden mit einem Mastervolume- und Mastertone-Regler gesteuert. Einziges Schmankerl der Schaltung ist die Möglichkeit, durch das Herausziehen des Tone-Reglers eine der beiden Humbucker-Spulen zu deaktivieren. So erhält man einen singlecoilähnlichen Sound und gleichzeitig leider auch das typische Singlecoil-Brummen.

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Praxis

Wie bereits erwähnt, war die Gitarre ab Werk sehr schlecht eingestellt, was mich aber zuerst nicht weiter störte, denn viele Gitarren kommen eher halbherzig gerichtet aus dem Versandkarton. Allerdings gelang es mir dieses Mal nicht, die Saitenlage und das permanente Rappeln in den Griff zu bekommen. Der Grund dafür ist die Brücke, die der Gitarre außerdem nicht nur Sustain, sondern auch Obertöne raubt. Nach dem Justieren der Saitenlage und der Bundreinheit kam die Gitarre zwar etwas aus den Puschen, aber das Rappeln blieb. Ein weiteres Problem sind die Intonationsschrauben, die für die Position der einzelnen Saitenreiter zuständig sind. 

Je nachdem, wie hoch man sie mithilfe der beiden Madenschrauben stellt, entsteht auf den tiefen Saiten ein Sitareffekt. Schuld daran ist der steile Winkel der Intonations-Schrauben, die den Saiten schnell zu nahe kommen können. Werden die Saitenreiter niedriger eingestellt und stattdessen die komplette Brücke höhergeschraubt, kommt der vordere Rand des Brückenkörpers den Saite zu nahe und bremst sie aus. Ich habe schließlich einen Kompromiss gefunden, bei dem die Saiten für meinen Geschmack allerdings etwas zu niedrig eingestellt sind. Um das Problem einigermaßen in den Griff zu bekommen, müsste man hier die Intonationsschrauben eigentlich kürzen. Oder die eingebaute Mustang-Brücke in Anbetracht der insgesamt schlechten Klangeigenschaften gleich gegen ein gutes Replacement wie die Masterybridge austauschen.

Bespielbarkeit und Verarbeitung des Halses gehen absolut in Ordnung und das etwas fülligere Halsprofil liegt insgesamt gut in der Hand. Kommen wir zu den Sounds am Verstärker. Die Tonabnehmer klingen im Humbuckermodus sehr knallig und mittenbetont, was besonders verzerrten Sounds entgegenkommt. Mit dem Ton einer klassischen Jazzmaster hat das Ganze jedoch kaum Gemeinsamkeiten. Auch wenn man die Pickups in den Singlecoilmodus schaltet, kommt kein Ventures- oder Beach-Boys-Feeling auf. Aber das ist ja auch nicht das Ziel dieser Jazzmaster-Variante. Im ersten Audiobeispiel hört ihr den Stegtonabnehmer zuerst im Split- und danach im Humbuckermodus. Neben dem Sound-Unterschied bringt die Humbuckerschaltung auch einen gewaltigen Lautstärkezuwachs.

Audio Samples
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Im Zusammenspiel mit dem cleanen Amp kann die Zwischenposition im Singlecoilmodus eine entfernte Telecaster-Verwandtschaft nicht verleugnen. Im Humbucker ändert sich dieser Eindruck dann aber sofort wieder, weil der Lautstärkeunterschied und das Mittenbrett eher in Richtung einer aufgebohrten Les Paul tendieren.

Audio Samples
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Die Fender Jazzmaster HH PF OWT liefert gute High Gain Sounds und dürfte damit in erster Linie den Rock- und Metalbereich ansprechen.
Die Fender Jazzmaster HH PF OWT liefert gute High Gain Sounds und dürfte damit in erster Linie den Rock- und Metalbereich ansprechen.

Auch beim Hals-Pickup verschwindet der Twang, sobald man vom Singlecoil- in den Humbuckermodus umschaltet. Hier wirkt der Ton relativ fett und auch etwas statisch. Wie im vorherigen Soundbeispiel hört ihr den Pickup zuerst im Split- und danach im Humbuckermodus.

Audio Samples
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Mit einem stark verzerrten Amp kann die Gitarre weitaus mehr punkten als im cleanen Bereich, obwohl auch hier die rappelige Brücke dem Ton einen spürbaren Teil seiner Definition klaut. Mit viel Gain ist der Lautstärke-Unterschied zwischen dem Singlecoil- und dem Humbuckermodus wegen der naturgemäß hohen Kompression auch nicht mehr ganz so groß wie bei cleanen Einstellungen.

Audio Samples
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High Gain: Singlecoil – Steg PU High Gain: Humbucker – Steg PU

Im nächsten Soundbeispiel hört ihr dieselbe Amp-Einstellung im Zusammenspiel mit beiden Tonabnehmern. Normalerweise benutze ich diese Einstellung mit Les-Paul-artigen Gitarren und hohen Verzerrungen ungern, speziell, wenn die Pickups sehr kräftig sind. Deshalb klingt es hier für meinen Geschmack im Singlecoilmodus besser, was aber Geschmackssache ist.

Audio Samples
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High Gain: Singlecoil – Beide PUs High Gain: Humbucker – Beide PUs

Im Gegensatz zum Steg-Pickup klingt der Halstonabnehmer insgesamt noch einen Tacken fetter und in gewisser Weise auch sahniger. Der Ton wird dabei aber nicht matschig oder verwaschen. Dank der hohen Kompression kommen hier besonders Metalljünger auf ihre Kosten, weil der eher statische Ton mit hohen Verzerrungen sehr gut harmoniert. Die Singlecoil-Variante klingt zwar durchsichtiger und dynamischer, dafür muss man aber leider auch das typische Singlecoil-Rauschen in Kauf nehmen.

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High Gain: Singlecoil – Neck High Gain: Humbucker – Neck
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Fazit

Die Fender Jazzmaster HH PF OWT ist eine modere Variante der guten alten Jazzmaster, die gerade so etwas wie eine kleine Renaissance erlebt. Trotz ihrer optischen Verwandtschaft zum Urmodell halten sich klangliche Gemeinsamkeiten in Grenzen, was aber auch beabsichtigt ist. Schließlich ist die Zielgruppe hier im Rock- und Metalbereich angesiedelt und nicht im Bereich der Surf- und Beatmusik. Die Gitarre ist insgesamt gut verarbeitet und lässt sich angenehm bespielen. Leider wird der Sound von der stark rappelnde Brücke klanglich ausgebremst, die dem Instrument Sustain und Obertöne raubt.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • gute High Gain Sounds
  • tadellose Verarbeitung
Contra
  • Brücke rappelt und klaut Obertöne und Sustain
  • Push-Pull Funktion beim Tone-Poti sehr schwergängig
Artikelbild
Fender Standard Jazzmaster HH PF OLW Test
Für 548,00€ bei
Die Fender Standard Jazzmaster HH PF OLW mit ihrer Humbuckerbestückung ist eher in Hard-und-Heavy-Gefilden zuhause. Einzige Schwachstelle ist die rappelnde Brücke, die Obertöne und Sustain raubt.
Die Fender Standard Jazzmaster HH PF OLW mit ihrer Humbuckerbestückung ist eher in Hard-und-Heavy-Gefilden zuhause. Einzige Schwachstelle ist die rappelnde Brücke, die Obertöne und Sustain raubt.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Fender
  • Modell: Standard Jazzmaster
  • Herstellungsland: Mexiko
  • Bauart: Solid Body
  • Korpusholz: Erle
  • Hals: Ahorn
  • Halsprofil: Modern C
  • Griffbrett: Pau Ferro
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 21 Medium Jumbo Bünde
  • Griffbrettradius: 9,5″
  • Griffbrett Einlagen: Punkt-Einlagen
  • Pickups: 2 x Fender Blacktop Humbucker
  • Schalter: 3-Wege-Kippschalter, Push-Pull-Funktion am Tonregler für Coil-Split
  • Regler: 1x Master-Volume, 1x Master-Tone
  • Bridge/Tremolo: Jazzmaster/Jaguar Tremolo
  • Hardware: Chrom
  • Mechaniken: Standard
  • Farbe: Olympic White OLW
  • Finish: Gloss Polyester
  • Saitenstärke ab Werk: 009 – 042
  • Ladenpreis: 592,00 Euro (Juni 2018)
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Unser Testmodell besitzt einen massiven Erlekorpus, der deckend in Olympic White lackiert ist.

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