„Einmal Endstufenverzerrung in Wohnzimmerlautstärke bitte!“, so lautet der Wunsch vieler Gitarristen. Erfüllt wird dies durch Röhrenamps mit entsprechend geringer Wattzahl, und so hat nahezu jede Verstärkerfirma, die etwas auf sich hält, mittlerweile mindestens einen kleinen Amp mit weniger als 10 Watt im Programm. Dass Fenders Greta etwas mehr sein will als einfach nur ein weiterer Niedrigwatt-Vollröhrencombo, erkennt man gleich auf den ersten Blick. Ein knallroter Verstärker ganz im Stile eines 50er Jahre Tischradios mit Oldschool-VU, so etwas gab es bisher noch nicht im Musikalienhandel.
Das Traditionsunternehmen in Sachen Gitarren- und Amp-Bau hat sich selbst seit einiger Zeit eine firmeneigene Spielwiese namens Fender Pawn Shop gegönnt. Neben etwas abseitigen Gitarren finden sich dort auch zwei Vollröhrenverstärker, die beide einen interessanten, verspielten LoFi-Ansatz verfolgen. Zu einem wahren Kampfpreis wird hier ein puristischer kleiner Röhrenamp im Super-Retrolook mit wenigen, aber interessanten Features angeboten.Ob die süße, kleine Greta neben ihren optischen Reizen auch mit klanglichen inneren Werten aufwarten kann, wird sich in diesem Test zeigen.
Details
Viele Details gibt es beim Greta nun wirklich nicht zu entdecken, denn der Amp ist sehr einfach aufgebaut, was ich aber als durchaus positiv werte. Bei dem Preis, der für den roten Nostalgiker aufgerufen wird, scheint mir das Fehlen vieler Features eher ein Zeichen dafür zu sein, dass man sich hier auf die wichtigeren Dinge beschränkt hat. Der Fender Greta ist ein kleiner zwei Watt Amp, bestückt mit einer 12AX7-Röhre für den Preamp und einer 12AT7 für die Endstufe. Die Vorder- und Rückseiten bestehen aus rot lackiertem Holz. Ummantelt wird der Amp von einer Metallplatte im Goldlook. Lediglich zwei Drehregler sind auf der Vorderseite zu finden – einer für das Volumen und einer für den Ton. Die Potikappen bestehen aus goldfarbenem Kunststoff und wirken nicht wirklich wertig. Sie haben drei identische Nasen, sodass man auf den ersten Blick nicht sonderlich gut erkennen kann, wie weit die Potis gerade aufgedreht sind. Gut, dass der Amp nur zwei Regler hat – die Gefahr, den Überblick zu verlieren, ist so doch eher gering.
Das VU-Meter über den Potis zeigt den Bereich zwischen Clean und Overload an. Wirklich nötig ist diese Anzeige keineswegs, sie rundet eher das Design ab und unterhält das Auge. Der eingebaute Fender Special Design Speaker misst gerade einmal vier Zoll und klingt, nun ja, auch etwas „speziell“. Auf der Rückseite des Verstärkers sind der Input für die Gitarre und ein Miniklinken Auxiliary-Input für einen MP3-Player oder einen ähnlichen Audioplayer zu finden. Beide Inputs können gleichzeitig zum Beispiel für Playalongs genutzt werden. Dieser Aux-In ist ein ganz nettes Gimmick und passt natürlich sehr gut zum Design des Amps. Ganz nach dem nostalgischen Motto: “Spiele deine Bluessammlung über diesen Amp ab und verschaffe dir einen Eindruck, wie es vor 60 Jahren in den Wohnzimmern geklungen hat.“ Entscheidender für uns bei bonedo sind die beiden Ausgänge des Amps. Es gibt natürlich die Möglichkeit, einen externen Speaker anzuschließen, denn wenn man nur auf den winzigen Spezialspeaker angewiesen wäre, würde man einiges verpassen. Der daneben liegende Line-Out bietet die Möglichkeit, den Greta als Preamp vor einem anderen Verstärker zu nutzen, was den Einsatz des Amps noch wesentlich flexibler macht. Eigentlich handelt es sich beim Fender Greta also um einen Minicombo, ein Topteil und einen Preamp in Personalunion.
Wie diese drei Disziplinen gemeistert werden, und vor allem, wie sie klingen, erfahrt ihr im nachfolgenden Praxisteil.
Wir beginnen unseren Dreikampf mit der Disziplin Tischverstärker. Die Hersteller von kleinen Vollröhrenamps stehen ja vor dem grundsätzlichen Problem der Lautstärke. Idealerweise sollten die kleinen Brüllwürfel zu Hause aufgedreht werden können, ohne dass sich der Nachbar beschwert. Dennoch wäre es natürlich wünschenswert, wenn man auch im Proberaum und auf kleinen Bühnen gut zu hören wäre. Diesen schwer zu meisternden Spagat hat man beim Greta durch den verbauten On-Board-Speaker umschifft, da dieser über die Zimmerlautstärke einfach nicht hinauskommt. Will man den Amp im Proberaum benutzen, ist der Anschluss einer externen Box ein absolutes Muss. Allerdings kann man auch hier nicht erwarten, mit zwei Watt gegen einen lauten Drummer bestehen zu können. Dem Klang des 4″ Fender Special Design Speakers sind baubedingt natürlich Grenzen gesetzt, es gibt einfach keine Bässe, woher sollen sie auch kommen? LoFi und dosig sind die beiden Worte, die mir in den Sinn kommen, um den Sound des Speakers zu beschreiben und ich muss sagen: „Ich mag LoFi!“
1/2 Rein optisch könnte der Greta auch das Bordradio eines 59er Cadillacs ersetzen…
2/2 …oder nicht…?
Audio-Info: Ich habe den Amp mit einem SM57 über einen Neve-Clone Preamp abgenommen. Bis auf das Angleichen der Lautstärken der einzelnen Audiobeispiele fand keine Bearbeitung des Sounds statt. Die Potis des Greta haben keine numerische Einteilung, dennoch habe ich für die Beschreibung der Audiobeispiele die übliche Skala 1-10 bemüht. Für die meisten der folgenden Audiobeispiele kam meine Fender Telecaster zum Einsatz.
Hört man die folgenden Aufnahmen des Speakers über gute Monitorboxen, sollte man sich allerdings bewusst sein, dass die Aufnahmen sozusagen „Larger Than Life“ klingen. Die Lautstärke über den 4″-Speaker ist vor allem im Clean-Bereich sehr gering. Der Amp geht schnell in den angezerrten Bereich, clean bleibt es bis maximal 2,5. Um hörbar zu machen, wie die Verzerrung mit dem Volume zunimmt und klingt, habe ich ein und dasselbe Akkord-Lick in verschiedenen Einstellungen gespielt. Da es dabei durchaus interessant sein könnte zu erfahren, wie der Amp auf die unterschiedlichen Tonabnehmer reagiert, habe ich im ersten Audio den Hals-Pickup der Tele eingesetzt, der Rest der Aufnahmen wurde dann mit dem Bridge-PU erledigt.
Dreht man das Volume noch weiter auf, matschen die Akkorde dann doch etwas zu sehr. Aber man kann den Sound natürlich für andere Zwecke gebrauchen.
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OnBoard-Speaker Crunch4 (Tele Steg) Bluesrock
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Speaker
Tele
Steg
7
10
On Board
Wenn man das Volumen wieder etwas zurückdreht, erhält man einen Sound, der für Blues und erdige Rocksounds durchaus brauchbar ist.
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OnBoard-Speaker Crunch5 (Tele Steg) Bluesrock
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Speaker
Tele
Steg
4
10
On Board
Für das letzte Audiobeispiel über den kleinen 4″-Speaker, habe ich drei Gitarren aufgenommen. Ganz links hört man eine Strat mit dem Halspickup und dem Volumen des Greta auf 5. Ganz rechts im Stereopanorama tönt bei gleicher Ampeinstellung eine Humbuckergitarre im Les Paul Style (Hagstrom Super Swede) über den Halspickup. Die gleiche Gitarre, dieses Mal allerdings mit dem Stegpickup und bei voll aufgerissenem Greta, findet sich mittig im Panorama.
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OnBoard-Speaker 70s Rock
Die Disziplin On-Board-Speaker wäre also gemeistert. Man kann sagen: Es macht Spaß, der Sound ist im positiven Sinne eigenartig und geht auch tatsächlich über die Zimmerlautstärke nicht hinaus.
Für den nächsten Schritt dieses Tests, habe ich den kleinen Amp an einen 12″-Speaker (E-Voice Black Shadow) aus meinem Mesa Boogie gehängt. Um einen direkten Vergleich zum On-Board-Speaker zu ermöglichen, wurde die Herangehensweise aus „Disziplin Nummer 1“ weitestgehend beibehalten.
Den Tonregler habe ich bisher vernachlässigt, er funktioniert ähnlich wie ein Tonregler an der Gitarre. Man kann also die Höhen reduzieren, wenn sie stören. Die Möglichkeit, den Bass anzuheben, wäre auch schön gewesen, denn dieser Frequenzbereich ist nicht unbedingt die Stärke des Greta – aber was nicht ist, ist nicht.
So klingt das gleiche Riff mit dem Tonregler auf zwei Uhr.
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Ext. Speaker Rockchords 3 ToneCut (Tele Steg)
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Speaker
Tele
Steg
10
6,5
Extern 12″
Die Hagstrom aus der Humbuckerabteilung meistert das Riff so:
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Ext. Speaker Rockchords 4(Hagstrom Steg)
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Speaker
Hagstrom
Steg
10
10
Extern 12″
Der Sound des kleinen Amps findet über externe Speaker zu seiner wahren Fülle und klingt toll. Sicherlich handelt es sich beim Greta nicht um den flexibelsten Amp, aber der eine gute Grundsound weiß zu überzeugen. Die Lautstärke bleibt bei aufgerissenem Amp gerade noch im Bereich „Zimmerlautstärke“ (wenn man den Begriff musikerfreundlich auslegt). Gegen einen lauten Drummer im Proberaum wird man mit diesem Amp aber auch über eine große 4x12er Box nicht anspielen können.
Kommen wir nun zur letzten Disziplin des Tests, der Greta als Preamp. Ich habe den kleinen Amp vor meinen alten Fender Silverface Pro Reverb geschaltet.
So klingt der Pro Reverb OHNE Greta:
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Preamp über Fender ohne Greta Tele Steg
Setzt man nun den Greta davor und gibt nur ein wenig Gas, klingt der Amp wie folgt:
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Preamp über Fender1 (Tele Steg)
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Tele
Steg
2,5
10
Da klingeln mir die Höhen doch etwas zu sehr, sodass ich dieses Mal sehr froh über den Tonregler des Greta bin. Ich gehe wieder auf ähnliche Weise wie in den beiden anderen Testdisziplinen vor und zeige unterschiedliche Zerrgrade.
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Preamp über Fender2 ToneCut (Tele Steg)Preamp über Fender3 (Tele Steg)Preamp über Fender4 (Tele Steg)Preamp über Fender5 (Tele Steg)
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Tele
Steg
2,5
6
Tele
Steg
5
8
Tele
Steg
6,5
9
Tele
Steg
8
7,5
Bei so viel Extra-Gain verschluckt sich der Fender Pro Reverb dann langsam:
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Preamp über Fender6 (Tele Steg)
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Tele
Steg
10
7,5
Tatsächlich kann man aber sagen, dass der Greta aus dem alten Pro Reverb eine schöne Verzerrung herausholt, die sonst mit dem alten Fender (mit Mastervolumen) in dieser Form nicht zu machen wäre.
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Preamp über Fender7 (Tele Steg)
Gitarre
Pickup
Greta Volume
Greta Tone
Tele
Steg
8
8
Zu guter Letzt will ich dann auch noch hören lassen, wie es klingt, wenn man aus dem Line-Out des Fender Greta direkt ins Audio-Interface geht. Für das Homerecording kann es durchaus ein klanglicher Gewinn sein, Gitarren erst durch die Röhrenvorstufe des Greta zu jagen, um das Signal anschließend mit Ampsimulationen zu bearbeiten. In den folgenden Beispielen ist aber nur das direkte Line-Outsignal zu hören.
Der Fender Greta Pawn Shop Special ist ein bemerkenswerter, kleiner sowie stylischer Tischvollröhrenamp für den Haus- oder Studiogebrauch. Mit seinem internen Speaker werden vor allem die Freunde des LoFi bedient. Man kann in echter Zimmerlautstärke die Röhren zum Singen bringen. Die Verzerrung setzt bei zwei Watt Leistung naturgemäß schon sehr früh ein, sodass man nicht erwarten kann, hier den berühmten Fender Clean-Sound zu erhalten. Seine wahre klangliche Stärke tritt dann im Team mit externen Speakern zu Tage. Die zwei Watt des Amps klingen so wesentlich größer, voller und lauter, für den Proberaum reicht es aber dennoch nicht ganz. Gerade im Studio kann die Variante, den Greta als Preamp vor einem anderen Verstärker zu nutzen, sehr interessant sein, um ungeahnte Sounds aus den größeren Kollegen herauszukitzeln. Als Röhrenvorstufe vor dem Audio-Interface findet dieser Amp eine weitere gewinnbringende Einsatzmöglichkeit. Das Preis/Leistungs-Verhältnis ist außerordentlich gut.
Schöner, ausführlicher, Test. Der Fender Greta ist ein kleiner Verstärker der mit Singlecoil-Pickups Spass macht. Ohne externe Lautsprecherbox mit Humbucker-Pickups (Gibson Les Paul) ist der Cleanbereich zu klein und im Crunchbereich ist der Verstärker zu matschig. Meine Empfehlung: Gut mit Singlecoils, jedoch mit Humbuckers nicht zu empfehlen.
Super Test, der mich auch zum Kauf vor 3 Monaten anregte. Kann das hier alles nur bestätigen, allerdings hätte ich mir unter "Wertigkeit der Drehregler" schlimmeres vorgestellt.Da mir deine Soundbeispiele ausgesprochen gut gefallen, würde mich dein verwendetes Mikrophon sehr interessieren. Ich habe mir übrigens zum Greta auch noch die 1x12 gekauft, allerdings in Schwarz (Fender SC112 Enclosure).LG
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Sergio sagt:
#1 - 27.09.2012 um 16:15 Uhr
Schöner, ausführlicher, Test. Der Fender Greta ist ein kleiner Verstärker der mit Singlecoil-Pickups Spass macht. Ohne externe Lautsprecherbox mit Humbucker-Pickups (Gibson Les Paul) ist der Cleanbereich zu klein und im Crunchbereich ist der Verstärker zu matschig. Meine Empfehlung: Gut mit Singlecoils, jedoch mit Humbuckers nicht zu empfehlen.
nortnar sagt:
#2 - 15.05.2013 um 14:18 Uhr
Super Test, der mich auch zum Kauf vor 3 Monaten anregte. Kann das hier alles nur bestätigen, allerdings hätte ich mir unter "Wertigkeit der Drehregler" schlimmeres vorgestellt.Da mir deine Soundbeispiele ausgesprochen gut gefallen, würde mich dein verwendetes Mikrophon sehr interessieren. Ich habe mir übrigens zum Greta auch noch die 1x12 gekauft, allerdings in Schwarz (Fender SC112 Enclosure).LG
nortnar sagt:
#3 - 15.05.2013 um 14:19 Uhr
Hatte ich doch glatt überlesen, dass du ein SM57 genommen hast.