Adam Hall In Ear Test

In-Ear Monitoring ist für viele Musiker und Bands ein heißes Thema: In diesem Praxis-Check möchten wir mit den LD Systems Mei 100 G2 und Mei 1000 G2 mal zwei eher günstige Vertreter dieser Produktgattung „live“ in Bezug auf Ie Praxistauglichkeit unter die Lupe nehmen (einen ausführlichen Testbericht findet Ihr HIER). Die Gelegenheit war günstig: Unsere Vocal-Autorin Catharina Boutari benötigte eine Monitoring-Lösung für die Bühnenproduktion ihres Stücks „Puderzucker“ am Hamburger Sankt Pauli Theater. Hier ihr Erfahrungsbericht:

(Foto: © Phil)
(Foto: © Phil)

Das Thema, endlich einmal einen Livetest für In-Ear Monitoring zu machen, stand für mich schon länger im Raum. Immer mehr Sänger und Sängerinnen benutzen es auch auf kleineren Bühnen und noch viel mehr interessieren sich für das Thema, hatten aber noch keine Chance das auszuprobieren, oder in dem Dschungel der verschiedenen Systeme und Preisklassen das richtige für sich zu finden. So ging es mir auch! Genau als ich vor kurzem, ganz spontan, unbedingt drei In-Ears für mein neues Popmusiktheaterstück brauchte, bekam ich zufällig einen Anruf von bonedo: Man wollte das neue System Mei 1000 G2 und das Einsteigersystem Mei 100 G2 von LD Systems gern mal live im Einsatz testen. Ja klar, prima, sagte ich und bot mutig meine Aufführung mit fünf Shows als Testobjekt an: Wir überlegten uns, ein Mei 100 G2 und zwei Mei 1000 G2 zum Einsatz zu bringen. Vier Wochen später war es so weit, ich nahm die drei Koffer entgegen und fuhr zu den Endproben ins Theater.

Was soll mein In-Ear Monitoringsystem können?

Bevor ich Euch den genauen Verlauf meines Livechecks erzähle, möchte ich kurz auf meine persönlichen Wünsche an so ein System eingehen: Bis vor gut einem Jahr war ich noch der Meinung, dass In-Ear Monitoring „Schnick Schnack“ und völlig überflüssig ist. Für mich ging nichts über den Sound guter Bühnenmonitore – nur das war für mich das richtige Live-Feeling. Bis ich bei einer großen Theateraufführung nicht drum herum kam, weil Monitore schlichtweg nicht aufgebaut werden konnten. Seit dieser Erfahrung bin ich In-Ear Fan und schätze die Möglichkeit sehr, meine Gesangslautstärke selbst zu regeln, ein direktes Signal auf dem Ohr zu haben,  und tiefe Töne wirklich entspannt singen zu können. Wenn ich meinen Gesang laut, klar und direkt höre, habe ich einfach mehr Kontrolle über ihn. Gesangskontrolle wiederum bedeutet für mich:
• Nicht zu viel Druck auf die Töne zu geben weil ich mich nicht gut höre und mich dann überschreie. Das passiert schnell bei tieferen Tönen, die von Natur aus leiser sind.
• Wirklich leise Facetten meines Vocalsounds ausgestalten zu können
• Mit Sounds noch mehr zu spielen und
• Wirklich dynamisch singen zu können.
Das geht natürlich auch mit guten Bodenmonitoren, aber wer kennt nicht die kleinen Clubs mit leistungsschwachen Monitoren? Oder den Aushilfssoundmann, der einem nicht genug Monitoring gibt? Oder es sind einfach physikalisch zu wenige da, so dass gutes sich-selbst-Hören-können für die ganze Band ein fauler Kompromiss bleiben muss.

Die erschwinglichen Systeme MEI 100 G2 und MEI 1000 G2 (Foto: © bonedo)
Die erschwinglichen Systeme MEI 100 G2 und MEI 1000 G2 (Foto: © bonedo)

Mei 100 G2 + Mei 1000 G2 In-Ear Systeme

Einen ausführlichen Test der Systeme findet Ihr bei uns HIER, für diesen Erfahrungsbericht also nur eine kurze Vorstellung und Vergleich der Komponenten: Jedes System besteht aus einem Sender, einem Bodypack-Empfänger und Kopfhörern mit verschieden großen Aufsätzen fürs Ohr. Die In-Ears werden in einem stabilen Plastikkoffer geliefert, samt Batterien und Vorrichtung, um den Sender in ein Rack schrauben zu können.Weitere gemeinsame Features sind:
– Umschaltmöglichkeit zwischen Mono und Stereo.
– Simultanbetrieb von mindestens 5 und bis zu 9 Systemen (Da die Angaben oft unterschiedlich sind, habe ich mich bei Adam Hall noch einmal genau informiert). So können mehrere Empfänger mit identischem Mix von einem Sender laufen.
– integrierter Limiter
– Freie Sendefrequenzen in den Bändern 823 – 832 und 863 – 865 (sollte also zukunftssicher und anmeldefrei bleiben).

Unterschiede der Systeme

Mei 100 G2Mei 1000 G2
Frequenzgang 80 Hz – 15 kHzFrequenzgang 60 Hz – 16 kHz = mehr Bässe & Höhen
Betriebsdauer > 10 Std.Betriebsdauer > 12 Std.
Stereo, Mono und Splitmodus (“Fokus”)
Bessere RF-Eigenschaften = bessere Reichweite
Besseres SNR Verhältnis = verbessertes Verhältnis zwischen Rauschen und max. Signal

Einrichten und Anlegen der In-Ear Systeme


Parallelbetrieb von drei In-Ear Strecken: Das System Mei 1000 G2 kam bei der Produktion zwei Mal zum Einsatz (Hanna + Catharina), das Einsteigersystem Mei 100 G2 ein Mal (Buket). Wir hatten also 3 unabhängige Strecken. Wem von uns welches System zugeordnet wurde, geschah per Zufallsverteilung durch Soundmann Sandro. Anfangs standen alle drei Sender auf der Nebenbühne vorne rechts in der Ecke und sendeten durch eine dünne Holzwand (waren also nicht „auf Sicht“ positioniert).
So ganz ohne Funktionstest bin ich natürlich nicht in die erste Aufführung gegangen: Ich brachte die drei LD Systems In-Ears schon morgens früh ins St.Pauli Theater, so dass unser Soundmann Sandro Grizzo sie in Ruhe vor dem Soundcheck einrichten konnte: Er hat geprüft, ob die Sende-Frequenzen frei sind, die Sender positioniert und die Übertragung durchgecheckt, damit alles auch reibungslos funktioniert: 3 Gesangsstrecken und 3 In-Ear Monitoringstrecken galt es aufeinander abzustimmen und an den Start zu bringen. 
Als wir nachmittags ins Theater kamen, bekamen wir von der sehr netten Kostümfrau des Hauses noch drei selbst genähte „Beltpack“-Gurte aus breitem Gummiband mit Knopflöchern samt zwei kleinen Taschen für In-Ear Empfänger und Headset-Sender. „Wir“ meint meine beiden Mitsängerinnen Buket Koçatas, Hanna Jäger und mich. Wir haben den Gurt angelegt. Ich weiter vorne auf der Hüfte, Hanna und Buket mehr auf dem Rücken. Sender und Empfänger so hineingesteckt, dass die Antennen voneinander wegzeigen und die Kabel unter dem Kostüm, über den Rücken nach oben zum Kopf geführt. Headsetbügel angezogen, In Ear Kopfhörer darüber in die Ohren gesteckt und den Empfänger am Gurt angeschaltet. 

Beltpacks von der Kostümbildnerin. (Foto: © Phil)
Beltpacks von der Kostümbildnerin. (Foto: © Phil)

Bühnensituation
Die Bühne des St.Pauli Theaters ist etwa 6 Meter breit und 9 Meter tief. Meine vierköpfige Band mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Tasten saß mit auf der Bühne und nutzte klassisches Bodenmonitoring mit eigenen Wedges, die von uns Sängerinnen abgewandt waren. Für unsere empfindlichen Kondensatormikrophon-Headsets wären Bodenmonitore extrem problematisch geworden. Allerdings gab es noch vier Monitore in der Luft in einer Höhe von etwa 2,50 Metern: zwei vorne an den Bühnenportalen und zwei in der Mitte an den Seitengassen. Uber die konnten wir uns zusätzlich hören – nicht sehr direkt und auch nicht sehr laut, aber als Zusatz zum In-Ear absolut ausreichend.

Soundcheck
Die Sender von Buket und mir liefen tadellos, aber bei Hannas Übertragung gab es schon nach ein paar Minuten Soundcheck alle fünf Sekunden einen Aussetzer, der auch nach Wahl eines anderen Frequenzbandes nicht verschwand. Wir haben hin und her probiert, nichts half! Die Lösung war letztendlich, den Sender möglichst nahe an sie heran und auf Sicht zu stellen: Er wurde in der ersten Loge, die direkt an die Bühnenkante anschließt und die für das Publikum gesperrt war, gestellt. Danach ist das Problem nicht mehr aufgetreten. Weil mein identischer Mei 1000 Sender aber durch alle Shows störungsfrei funktioniert hat, vermuten wir, dass dieses spezielle Gerät eventuell einen technischen Defekt hatte.

Bedienung
Die Bedienung der In-Ears am Körper war einfach: Der Anschalter des Empfängers ist gleichzeitig der Lautstärkeregler. Ausgangspunkt für unsere Kopfhörerlautstärke war die halbe mögliche Leistung (also Reglereinstellung auf „12 Uhr“), was völlig ausgereicht hat. Der Sound unserer Stimmen kam sofort klar, direkt und deutlich rüber. Genau so, wie ich es mir gewünscht hatte. Am Kopfhörersound selbst haben wir nichts mehr nachgeregelt, und das Verhältnis zwischen Band und Gesang  wurde vom Pult aus individuell auf unsere Bedürfnisse angeglichen. Der Soundcheck ging relativ schnell über die Bühne.

Live
Bei der Generalprobe und auch während unserer fünf Shows gab es keine Probleme mit den In-Ears: Wir wurden immer routinierter im Umgang, konnten uns gut hören und hatten richtig Spaß damit. Selbst wildere Szenen mit viel Bewegung haben sie gut überstanden. Meine Sorge, dass die Antenne unter dem Kostüm abknickt und nicht funktioniert, hat sich als unbegründet erwiesen. 

Die Sender standen teilweise ohne Sichtkontakt am Bühnenrand. (Foto: © Phil)
Die Sender standen teilweise ohne Sichtkontakt am Bühnenrand. (Foto: © Phil)

Kopfhörer und Tragekomfort

Ein Problem für SängerInnen könnte der Tragekomfort der Kopfhörer sein: Während des Gesangs bewegen sich nämlich die Kiefermuskeln immens und verändern so ständig den Raum im Ohr. Probiert es mal aus, indem ihr Eure Finger in die Ohren steckt und den Mund bewegt. Dadurch fielen uns beim Singen öfter einer der beiden Kopfhörer-Nupsies aus dem Ohr. Und zwar nicht aufgrund irgendwelcher wilden Bewegungen wie Kopfschütteln, sondern einfach durch das Singen an sich. Ein Lösungsansatz können angepasste Hörer sein, dazu gleich mehr. Instrumentalisten würden dieses Problem natürlich eher nicht haben. Wir haben dann ausprobiert, die Kopfhörer von oben hinter dem Ohr lang zu führen, was die Situation aber nicht verbessert hat. Deswegen haben wir die Kopfhörer gerade getragen, wie beim Musikhören. Die verschiedenen Größen der mitgelieferten Gummiaufsätze brachten individuell einen etwas besseren Sitz. Außerdem half es die Kabel auf dem Rücken mit durchsichtigem Klebeband (aus der Apotheke) festzukleben. Durch das Verrutschen der Kopfhörer verändert sich natürlich auch die Soundqualität: Wenn der Kopfhörer nicht richtig sitzt wird der Klang „mumpfiger“: es fehlen Höhen und Bässe. Ihr müsst ausprobieren, wie sehr Euch das stört. Ich finde es nicht so schlimm, öfter mal den Sitz am Ohr zu korrigieren. Und ein zusätzlicher kleiner Bodenmonitor hilft, sich grundsätzlich gutes Hören zu sichern.

Beim Singen können die Standardhörer aus den Ohren fallen. (Foto: © Phil)
Beim Singen können die Standardhörer aus den Ohren fallen. (Foto: © Phil)

Upgrade-Möglichkeit: Angepasste Kopfhörer
Bei sogenannten angepassten Kopfhörern wird ein Abguss vom Ohr gemacht, und der Kopfhörer in den Abguss eingesetzt. Damit solltet Ihr dann keine Probleme mehr mit Herausfallen und zeitweisen Soundverlusten beim Singen haben. Allerdings sind diese Spezialkopfhörer zum einen ziemlich teuer – und dichten zum anderen das Ohr total nach außen ab. Ihr hört dann zwar phantastisch und mit vollem Sound, seid aber vom Publikum abgeschnitten. Für viele Sänger und Sängerinnen ist eine Lösung dann nur auf einer Seite In-Ear zu tragen. Hanna ging diesen Weg auch mit den nichtangepassten Kopfhörern, um sich bei unserer Aufführung wohl zu fühlen. Das ist ganz wichtig: Nur wenn Ihr Euch wohl fühlt, könnt Ihr optimal performen. 

Fazit des Live-Praxis-Checks

Das Preis-Leistungsverhältnis vom Mei 100 G2 (UVP 229,- €) und vom Mei 1000 G2 (UVP 329,- €) finde ich top. Beide Produkte sind sehr gut geeignet,  um Erfahrungen mit solchen Systemen zu sammeln, und ohne große Investitionen herauszufinden, ob In-Ear Monitoring für Euch geeignet ist. Eine gute zusätzliche Investition könnten hochwertigere Kopfhörer sein: Selbst bei den nichtangepassten Kopfhörermodellen gibt es viele verschiedene Qualitäten. Natürlich könnte Adam Hall noch am besseren Sitz der Kopfhörer feilen, bei diesem guten Preis-Leistungsverhältnis  gehen die mitgelieferten Kopfhörer aber voll in Ordnung. Beide Systeme haben sich in unserem Fall als praxistauglich bewährt: Sie waren gut zu bedienen, haben tadellos funktioniert und sind in der rauhen Live-Bühnensituation nicht kaputt gegangen. Auch unser Soundmann Sandro war zufrieden mit der Bedienbarkeit der Sender und konnte in der Anwendung keinen Unterschied zu teureren Systemen ausmachen. Zwei Dinge merkte er allerdings an: 1) Dass ganze Gehäuse ist aus Plastik. Das müsste sich im Stresstest einer langen, intensiven Tour noch in der Haltbarkeit beweisen. 2) Zum Beispiel auf einem Festival, wo viele Sender benutzt werden, wären die einstellbaren freien nicht anmeldepflichtigen Frequenzen natürlich störanfälliger, als gekaufte reservierte und deshalb geschützte Frequenzen. Das müsstet Ihr auch bedenken, wenn es in Eurer Band mehrere Sendeanlagen gibt, oder Ihr im Club mit einer anderen Band spielt, die ebenfalls Sendestrecken einsetzt. Das Feature, mehrere In-Ears Empfänger parallel von einem Sender zu speisen, haben wir nicht gebraucht und somit auch nicht getestet. Alles in allem kann ich nur sagen: Daumen hoch für diese beiden noch ziemlich neuen In-Ears!
Einen vollständigen Test der LD Systems MEI-Systeme findet Ihr HIER!

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(Foto: © Phil)

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