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Gibson Les Paul Custom Test

Was gibt es über eine Les Paul noch viel zu schreiben? Die Tatsache, dass Meilensteine der Rockgeschichte mit diesem Instrument aufgenommen wurden, reicht eigentlich schon aus. Auch heute noch ist die Les Paul die Rock-Gitarre schlechthin. Aber wie jeder weiß, der sich um das Spiel auf sechs oder manchmal auch sieben Saiten bemüht, ist Gitarre bekanntlich nicht gleich Gitarre, und deshalb auch Les Paul nicht unbedingt gleich Les Paul … Blättert man durch einen Gibson-Katalog, dann findet man darin eine riesige Auswahl der unterschiedlichsten Modelle – alle Les Paul, und doch alle irgendwie verschieden.

Aber Gitarren unterscheiden sich bekanntlich nicht nur in ihrer Ausstattung und Machart, sondern auch in ihrer Qualität. Holz ist ein natürlicher Werkstoff und die Verarbeitung gestaltet sich recht komplex, bis aus einem Klotz ein Instrument entsteht. Natürlich versucht jeder Serienhersteller, die Streuung in der Qualität seiner Instrumente so gering wie möglich zu halten, aber gewisse Faktoren bleiben, die eine Gitarre zu einem individuellen Instrument machen, oder, im negativen Fall, für Qualitätsunterschiede verantwortlich sind. Wir wollten wissen, wie es aktuell bei Gibson damit aussieht, und sind der Sache auf den Grund gegangen. Eine Les Paul Custom von der Stange wurde geordert und den üblichen Strapazen eines bonedo-Tests unterzogen.

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Details:

Korpus
Die Bezeichnung Custom hat hier nichts mit Custom Shop oder Sonderanfertigung zu tun, es handelt sich dabei lediglich um eine Typenbezeichnung. Hergestellt wird unsere Testkandidatin bei Gibson in den USA. Das Instrument orientiert sich an dem Les Paul Modell, das Mitte der 50er Jahre gebaut wurde, allerdings hat man einige kleine Veränderungen vorgenommen. 

So besteht der Korpus zwar aus einem Stück Mahagoni und ist mit einer gewölbten Ahorndecke bestückt, aber indem man Löcher in das Korpusholz gefräst hat, wurde etwas Gewicht gespart. Die Gitarre bringt nun noch 4,4 kg auf die Waage – damit lässt sich auch ein längerer Gig ohne Rückenschaden bewältigen. Fünf verschiedenen Finishes stehen zur Auswahl: Silverburst, Ebony, Wine Red, Alpine White und Cherry Sunburst. Die Gitarre mit Silverburst-Lackierung hat als einzige verchromte Mechaniken, bei den anderen ist die Hardware komplett vergoldet. Unser Testmodell in Schwarz hat an Vorder- und Rückseite ein Binding mit einem dicken und zwei dünnen weißen Streifen, das in gleicher Art auf der Kopfplatte fortgeführt wird. Das dreilagige schwarze Schlagbrett kommt ebenfalls mit einem weißen Rand an den Seiten und ist mit einem vergoldeten Metallwinkel an der Zarge befestigt. Die Mitte des Korpus mit den zwei Pickups, der Tune-O-Matic Bridge und Stop Tailpiece strahlt in Gold und verleiht der Gitarre einen sehr edlen Look. Hier wurde bis ins kleinste Detail gearbeitet, die Schrauben, der Pickup-Schalter, Gurtknöpfe und sogar die Schrift am Toggle-Switch (Rhythm, Treble) sind in Gold. Sehr dezent wirken dagegen die vier Regler – zweimal Volume, zweimal Tone – mit runden, schwarzen Potiknöpfen, die bescheiden an ihrem angestammten Platz sitzen.

Pickups
Die Les Paul Custom ist mit zwei unterschiedlichen Humbucker-Pickups aus dem Hause Gibson bestückt. In der Halsposition befindet sich ein 490R mit Alnico II Magnet, der laut Hersteller dem beliebten PAF sehr nahe kommt, und am Steg sorgt ein 498T mit Alnico V Magneten für ordentlich Dampf im Mitten- und Höhenbereich. Befestigt sind die Pickups im schwarzen Rahmen mit je zwei Schrauben, die auch der Höheneinstellung dienen. Der Dreiweg-Toggle-Switch erlaubt die üblichen Kombinationen von Hals-Pickup einzeln, Hals/Steg kombiniert und Steg-Pickup einzeln.

Hals
Wie bei der Les Paul üblich ist auch hier der Hals mit dem Korpus verleimt, was einen sustainreichen und fetten Ton ermöglicht. Genau wie der Body ist er aus Mahagoni gefertigt, das Griffbrett besteht aus Ebenholz. Die ersten Les Paul Custom Gitarren hatte man wegen ihrer flachen Bünde auch „Fretless Wonder“ genannt. Unser Testmodell orientiert sich aber an modernen Spielgewohnheiten und ist mit 22 Medium-Frets bestückt. Diese sind gut abgerichtet und poliert, somit sind saubere Intonation und geschmeidige Bendings kein Problem.

Der Orientierung dienen rechteckige Pearl Block Inlays auf dem Griffbrett und schwarze Dots auf der weißen Seitenleiste – alles sehr akkurat verarbeitet. Man merkt sofort, dass man es mit einem Instrument der Oberklasse zu tun hat. Die Saiten gelangen über einen gut ausgefeilten weißen Kunststoffsattel zu den vergoldeten Grover-Mechaniken, die standesgemäß an beiden Seiten der Kopfplatte angebracht sind. Die Wirbel sind aus vergoldetem Metall und werden wegen ihrer Tulpenform als „Tulip Tuners“ bezeichnet. Die Mechaniken selbst sind leichtgängig und weisen keinerlei tote Punkte beim Drehen auf, für gute Stimmung ist also gesorgt. Die Kopfplatte hat den üblichen Gibson-Look: oben der Schriftzug, in der Mitte eine Perlmutt-Einlage und unten die Abdeckplatte für den Halsstellstab.

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Praxis:

Das Instrument ist sehr gut verarbeitet und mit feinsten Materialien bestückt. Das Holz schwingt ausgezeichnet, die Ansprache ist hervorragend und das Sustain rund und fett. Exzellent übertragen wird das alles über die beiden Humbucker-Pickups, jede Spielnuance wird 1:1 an den Amp weitergegeben. Die Wahl der Ton- und Lautstärkeregler ist ebenfalls stimmig und erlaubt eine umfangreiche individuelle Soundgestaltung. Der Hals liegt sehr gut in der Hand und die Bespielbarkeit ist ausgezeichnet. Stilistisch ist mit dieser Les Paul eigentlich alles möglich. Wer sich ein erstklassiges Instrument zulegen möchte und auch dazu bereit ist, über 2500 Euro auf den Tisch zu legen, der sollte die Les Paul Custom unbedingt antesten. Sie ist ihren Preis wert.

Zuerst spielen und hören wir uns durch die drei Pickup-Kombinationen mit Cleansound über einen Fender Twin.

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Neck Neck & Bridge Bridge

Die Gitarre hat einen sehr warmen Klang, schöne ausgeprägte Bässe und einen angenehm klingenden Höhenbereich. Alles sehr homogen, beim Hals dominieren Bassfrequenzen, am Steg wird es etwas brillanter, aber nicht zu spitz, und die Kombination von beiden Tonabnehmern gibt die goldene Mitte wieder. Hier sind die drei Hörbeispiele.

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Neck – Bossa

Die Les Paul ist zwar die typische Rockgitarre, aber aufgrund ihres fetten Tons auch für Jazz-Styles sehr gut geeignet. Vor allem, wenn man am Tonregler die Höhen etwas zurückdreht, bekommt am clean eingestellten Amp einen sehr weichen Klang mit gutem Bassfundament. Weitere Markenzeichen sind ein starker Output und ein gutes Sustain, der Ton ist schnell da und bleibt lange auf gleicher Lautstärke. So kann man gerade bei gezupften Akkordbegleitungen sehr entspannt spielen, muss nicht um den Ton kämpfen oder Angst haben, dass er absackt, wenn man ihn mal einen Takt lang klingen lassen möchte.

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Funky

Auch perkussive Sounds sind locker zu meistern. Die Gitarre spricht für Les Paul Verhältnisse recht schnell an. Nimmt man zum Beispiel die Kombination beider Pickups und dreht den Bassregler am Amp etwas zurück, sind auch schlanke Funk-Sounds kein Problem. Sogar auf den tiefen Saiten klingt es schön knackig.

Jetzt wechseln wir zu den leicht angezerrten Sounds und führen uns die klassische Rock-Kombination Les Paul und Marshall zu Gemüte. Sofort fällt die sehr gute Übertragungsqualität der Tonabnehmer auf. Jede dynamische Feinheit und Variation im Anschlag wird genauestens an den Amp weitergegeben. Für den Spielausdruck ist das natürlich erste Sahne. Allerdings muss man dabei aber auch in Kauf nehmen, dass Nebengeräusche (Rutscher auf den Saiten) oder leicht mitschwingende Leersaiten genau so deutlich übertragen werden. Aber das macht uns Gitarristen halt aus. Das hat Charme und klingt rotzig.

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Neck – Crunch

Beim diesem Beispiel habe ich ausschließlich mit den Fingern angeschlagen und man hört deutlich die verschiedenen Anschlagsstärken, bei hartem Anschlag wird der Ton aggressiver und etwas höhenreicher. Eine sehr ausdrucksstarke Gitarre.

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Bridge – Crunch

Hier das Ganze noch einmal über den Steg-Tonabnehmer gespielt.

Der Hals Pickup klingt über den angezerrt eingestellten Marshall (SLP-100) eher knackig als muffig, schaltet man auf den Steg-Pickup, dann wird es ein wenig brillanter. Der Klangunterschied zwischen den beiden ist nicht sehr groß, aber gerade das finde ich bei der Gitarre sehr gut, sie hat einen homogenen Sound. Die Nuancen kommen vom Spieler.

Natürlich gibt es für den Klang noch weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Die Gitarre hat schließlich vier Regler, da ist noch einiges machbar.

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Neck – Tone

Zuerst nehmen wir den Arbeits- bereich der Ton-Potis unter die Lupe. Ab 2 kHz werden die Höhen weiträumig abgesenkt. Damit kann man wunderbar arbeiten und vom muffigem Stoner Rocksound oder Clapton´s Woman Tone bis zur brillanten Lead-Säge ein doch recht großes Klangspektrum abdecken. Zuerst der Halspickup, bei dem der Tonregler einmal komplett ab- gedreht, dann voll aufgedreht ist. Gut geeignet für muffige Powerchords.

Beim Steg-Pickup lässt sich der Tonregler gut für Leadsounds einsetzen. Wird er zurückgenommen, geht durch den abgesenkten Pegel im Höhenbereich auch die Verzerrung etwas zurück. Der Wirkungsbereich ist sehr groß. Von komplett dumpf bis klar und spitz ist alles drin!

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Bridge – Tone

Überzeugt euch selbst, hier das Beispiel, einmal mit Tone komplett abgedreht, dann voll auf.

Eine weitere Möglichkeit ist das Arbeiten mit dem Volume-Poti an der Gitarre, mit dem man im besten Fall den Verzerrungsgrad des Amp bestimmt. Hierzu muss natürlich der Verstärker entsprechend reagieren und mit dem Zurück- drehen der Lautstärke an der Gitarre auch der Eingangspegel und damit die Verzerrung des Amps geringer werden.

Im optimalen Zusammenspiel zwischen Gitarre und Verstärker sinkt die Lautstärke nur gering, während die Verzerrung zurückgeht. Bei Humbucker-Pickups ist das immer etwas schwierig, weil die ohnehin schon eine hohe Ausgangsleistung haben. Die Les Paul Custom gibt in dieser Disziplin aber eine sehr gute Figur ab.

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Dynamik Poti

Ich habe jetzt einen etwas höher verzerrten Amp gewählt (Hughes & Kettner Duotone) und den Volume-Regler an der Gitarre zuerst auf 3, dann auf 10 eingestellt. Die Diskrepanz im Zerrfaktor ist dabei sehr hoch. Die Verzerrung geht weit zurück, während die Lautstärke recht stabil bleibt. Auch das ein Mittel, die große Klangvielfalt der Gitarre auszureizen.

Hier noch einmal ein Beweis für die gute Übertragung der Pickups, diesmal im Hi-Gain-Bereich. Auch bei hoch eingestellter Verzerrung am Amp kommen die Akkorde noch klar und deutlich.

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Chords

Beim üblichen Hi-Gain-Akkordtest habe ich die Akkorde E,G,D,A,E hintereinander angeschlagen und sie sind klar und deutlich trotz hoher Verzerrung zu erkennen. Besonders die einzeln angeschlagenen Saiten beim letzten E-Dur Akkord sind im Klangdunst genau zu hören. Ausgezeichnet!

Die Obertonansprache ist einfach ein Traum. Artificial Harmonics kommen bei der geringsten Bewegung mit dem Pick. Das macht richtig Spaß.

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Harmonics

Bei hohen Verzerrungen sollte man allerdings aufpassen – ich hatte es schon erwähnt – die Gitarre geht ab wie Feuer. Bei großer Lautstärke und viel Verzerrung spielt das Teil von selbst, wenn man die Saiten nicht richtig abdämpft und unter Kontrolle hat …

Auffällig ist bei der Les Paul Custom die geringe Einstreuungsempfindlichkeit der Tonabnehmer. Sogar bei weit aufgedrehtem Amp hält sich das tonabnehmerbedingte Brummen und Rauschen sehr stark in Grenzen. Damit sind wir auch schon am Ende unserer Reise angekommen, zum Abschluss gibt es noch eine Packung Heavy-Riff mit tiefer gestimmter E-Saite.

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Heavy Riff

Auch hier gibt es nichts auszusetzen, die Bässe werden fett und knackig übertragen, sehr ausgewogener Sound.

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Fazit:

Die Gibson Les Paul Custom verdient die Auszeichnung „Klassiker“ zu Recht. Das Teil kostet zwar eine ordentliche Stange Geld, aber es ist eine Investition fürs Leben, die mit Sicherheit nicht viel an Wert verlieren wird. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass man eine solche Gitarre nur in der äußersten Notlage wieder verkaufen würde.

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Das Instrument ist sehr gut verarbeitet und mit feinsten Materialien bestückt. Das Holz schwingt ausgezeichnet, die Ansprache ist hervorragend und das Sustain rund und fett. Exzellent übertragen wird das alles über die beiden Humbucker-Pickups, jede Spielnuance wird 1:1 an den Amp weitergegeben. Die Wahl der Ton- und Lautstärkeregler ist ebenfalls stimmig und erlaubt eine umfangreiche individuelle Soundgestaltung. Der Hals liegt sehr gut in der Hand und die Bespielbarkeit ist ausgezeichnet.

Stilistisch ist mit dieser Les Paul eigentlich alles möglich. Wer sich ein erstklassiges Instrument zulegen möchte und auch dazu bereit ist, über 2500 Euro auf den Tisch zu legen, der sollte die Les Paul Custom unbedingt antesten. Sie ist ihren Preis wert.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sound!
  • Verarbeitung
  • Ansprache, Dynamik
  • Pickups, sehr gute Übertragung der einzelnen Spielnuancen
  • Wirkungsbereich der Volume und Tone Potis
Contra
Artikelbild
Gibson Les Paul Custom Test
Für 4.979,00€ bei
Features:
  • Hersteller: Gibson
  • Model: Les Paul Custom EB GH
  • Finish: Ebony (schwarz)
  • Korpus: Mahagoni mit Ahorndecke
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: Traditional Gibson Rounded Neck
  • Griffbrett: Ebenholz
  • Halsbr.Sattel: 43 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 53 mm
  • Halsdicke 5. Bund: 24 mm
  • Mensur: 628 mm
  • Bünde: 22 Medium Frets
  • Mechaniken: Grover
  • Pickups: Gibson 490R Humbucker (Hals), 490T Humbucker (Steg)
  • Regler: 2x Volume, 2x Tone
  • Brücke: Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece
  • Gewicht: 4,4 kg
  • Zubehör: Formkoffer, Werkzeug
  • Preis: 2590,- Euro
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Profilbild von s

s sagt:

#1 - 26.07.2014 um 16:37 Uhr

0

Hallo. Der Test ist schon älter, aber eine aktuelle LP Custom EB hat derzeit kein Ebenholz Griffbrett mehr.
Gruss S

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