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ESP LTD GL-200K George Lynch Signature Test

Die ESP LTD GL-200K ist die preiswerte Version der original ESP George Lynch Signature Kamikaze-1. Die ESP-Standardmodelle mit dem Kürzel LTD werden im Gegensatz zu den aus Japan stammenden Custom-Shop Modellen in Südkorea und Indonesien gefertigt und sind erheblich preiswerter als die Originale. Dass eine solche Herkunft nicht unbedingt auch eine Aussage über die Qualität sein muss, wissen wir inzwischen. Das Signature-Modell des amerikanischen Gitarrenvirtuosen George Lynch wird mit seiner martialischen Kamikaze-Optik nicht unbedingt zum Lieblingsinstrument von Pazifisten werden.

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Shredder suchen ein Zuhause…hier ist es schon!


Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, was uns aber nicht davon abhalten wird, die Gitarre ohne Rücksicht auf ihr Äußeres darauf zu testen, wie sie ihre eigentliche Aufgabe meistert und ob weitere Eigenarten unter die Geschmacksrubrik fallen.

Details

Konzept

George Lynch ist unverkennbar ein Gitarrist, der in den 80er Jahren musikalisch groß wurde. Dementsprechend erinnert auch unsere Testgitarre an die goldenen Zeiten dauergewellter Gitarrenhelden, die messerscharfe und pfeilschnelle Licks in jede noch so kleine Lücke des Arrangements abfeuerten. Ebenso wie bei Eddie Van Halen war auch bei George Lynch Tapping und Virtuosität ein stilprägendes Markenzeichen. Die GL-200K erinnerte mich deshalb auch an die Kramer Frankenstein, eine Gitarre, die seinerzeit von Eddie Van Halen gespielt wurde. Im Gegensatz zu ihr hat man der ESP jedoch für eine größere Soundvielfalt noch einen Halstonabnehmer installiert.

Der Korpus

Der Body hat sehr große Ähnlichkeiten mit dem der Stratocaster, wirkt jedoch insgesamt kräftiger. Als Korpusholz kommt Linde zum Einsatz, das man häufig bei preiswerten Gitarren verwendet. Aber nicht nur, denn auch teure Ibanez oder Music Man Instrumente setzen auf die gerade im Rock-Bereich gerne gesehenen Klangeigenschaften eines Linde-Bodies (Basswood). Der Sound ist wärmer und mittiger als bei Erle, dafür aber oft auch etwas dünn und fade. Letztendlich liegt es natürlich auch an der Qualität und am Trocknungsgrad der verwendeten Hölzer. Wie schon erwähnt, ist der Korpus mit einer kitschigen, knallbunten Kamikaze-Lackierung versehen, geschmückt mir japanischen Schriftzeichen, dem Foto eines Piloten und einigen stilisierten Fliegerbomben. 

Fotostrecke: 5 Bilder Der Korpus der Gitarre besteht aus Linde

Auch das Floyd-Rose-Tremolo erinnert an die Achtziger, in denen es zum Trend wurde und große Erfolge feiern konnte. Damals wie heute ermöglicht es extreme Divebombs, wobei sich die Gitarre kaum verstimmt, wenn das System perfekt eingestellt ist. Allerdings ist trotz der scheinbar großen “Masse” des Tremolos nicht unbedingt auch mit einem dicken Ton zu rechnen, weil es nur über zwei Halterungen mit dem Body verbunden ist. Varianten wie das Super Vee beispielsweise bieten hier eine wesentlich bessere Klangübertragung, unterscheiden sich aber auch deutlich in ihrer Machart. Da sich unsere Testkandidatin in einem 80er-Jahre-Kontext befindet, ist ein Floyd Rose in gewisser Weise Pflicht.

Fotostrecke: 4 Bilder Das verwendete Floyd Rose Tremolo ist quasi Pflicht bei einer Rock-Gitarre der 1980er Jahre

Zwei leistungsstarken ESP-Pickups sorgen für die Tonwandlung, am Steg ein Humbucker LH-150B und am Hals ein LS-120N Singlecoil. Die gesamte Schaltung besteht aus einem einzigen Push/Pull-Poti, der als Master-Volume fungiert. Eine Tonblende sucht man hier vergebens. Im gedrückten Zustand ist der Steghumbucker aktiv, herausgezogen der Halstonabnehmer, also auch hier ganz minimalistisch und strikt auf die Bedürfnisse eines fokussierten Heavy/Metal-Gitarristen ausgelegt. Aber gut, viel mehr Einstellmöglichkeiten hat auch Ritchie Blackmore im Grunde genommen nicht genutzt und trotzdem Musikgeschichte geschrieben.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Gitarre ist mit zwei Pickups bestückt

Dreht man die Gitarre um, sieht man den Federkasten und die Abdeckung des erstaunlich großen Elektrofachs fällt auf, in dem ein einsames Push/Pull-Poti sein Dasein fristet. Damit das Gitarrenkabel auf der Bühne nicht herausrutscht, hat man die Ausgangsbuche in der rechten unteren Zarge so eingebaut, dass es nicht nach unten, sondern nach rechts herausgeführt wird. So ist man vor einem versehentlichen Herausziehen auf der Bühne effektiv geschützt.

Fotostrecke: 4 Bilder Und so sieht das gute Stück von hinten aus

Der Hals

Mit 648 mm hat man es hier mit einer Fender-Mensur zu tun. Der Griffbrettradius ist im Gegensatz zu Fender sehr flach und mit knapp 14 Zoll extrem gut zu bespielen, speziell für Flitzefinger. Der Hals besteht aus Ahorn mit einem aufgeleimten Palisandergriffbrett. Die 22 Jumbobünde unterstützen flüssiges Spielen ungemein und es macht einfach Spaß, auf dem Griffbrett herumzutollen. Um auch bei extremen Divebombs die Stimmstabilität zu gewährleisten, verfügt die GL-200K anstelle eines Knochensattels über einen Klemmsattel, was durchaus Sinn macht. So wird außer der Stimmung auch der Ton stabilisiert.

Fotostrecke: 5 Bilder 22 Jumbofrets zieren das Palisandergriffbrett

Der Reversed Headstock beherbergt sechs Mechaniken aus eigener Fertigung, die im Grunde genommen nicht viel zu tun haben. Schließlich dienen sie nur dem möglichst genauen Annähern an die Stimmung, die nach dem Festziehen des Klemmsattels mithilfe der Feinstimmer am Floyd Rose System exakt eingestellt wird.

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Praxis

Nach dem ersten Anspielen der Testgitarre war ich nicht “amused”, sie schnarrte extrem. Der Grund war die viel zu niedrige Saitenlage, die ich nach dem ersten Schreck mit einem Inbusschlüssel an der Aufhängung des Tremolosystems nachjustierte. Diejenigen, die darin nicht bewandert sind, könnten hier schnell “Das arme Tier” bekommen, wie der Kölner so schön sagt. Genau das sind die Probleme, die eine halbwegs sorgfältige Endkontrolle eigentlich beseitigen sollte, bevor ein solches Instrument die Fabrik verlässt. Aber gut, zur Not geht man zum Gitarrenladen seines Vertrauens, der hier mit ein paar Handgriffen schnell für Entspannung sorgt. Nachdem ich die Gitarre eingestellt hatte, war ich über den fetten Primärsound überrascht, obwohl ich mir etwas mehr Sustain gewünscht hätte. Das hängt mit dem luftigen Floyd Rose Tremolo zusammen, das beim harten Anschlagen immer etwas nachvibriert. Ohne diesen Sustainkiller wäre die Gitarre vermutlich um einiges direkter.
Ein weiteres Problem ist der Tremoloarm, der ins System gesteckt und anschließend geschraubt wird. Leider löst sich die Schraube extrem schnell. Solange man den Arm im Urzeigersinn dreht, ist alles gut. Sobald man ihn entgegen dem Uhrzeigersinn dreht, lockert sich die Schraube sofort und der Arm beginnt beim Tremolieren zu rasseln. Beim Einspielen der Audiobeispiele ist mir aufgefallen, das die Federn der Tremolos sehr stark nachwummern, was allerdings ein generelles Problem bei Tremolosystemen ist. Jeder Stratocaster-Spieler kennt diesen Effekt, der an einen Federhall erinnert. Bei cleanen Sounds ist das auch kein Problem, aber sobald man mit viel Verzerrung spielt, mischt sich dieser Nachhall in die Verzerrung, wodurch der Ton undifferenziert und verwaschen klingt. Ich habe das bei meinen Gitarren gelöst, indem ich etwas Schaumstoff in Streifen geschnitten und in die Federn eingefädelt habe. Das geschieht mithilfe eines Drahtes, mit dem der Schaumstoff komplett in die ausgebauten Federn eingezogen wird. Anschließend Enden bündig abschneiden und der Nachhall ist weg und man hat einen HighGain-Sound ohne Nachwummern. Hierbei gibt es übrigens kein Problem mit der Stimmung.

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Kommen wir zu den cleanen Sounds, die nicht unbedingt die Stärke der GL-200K sind. Der hohe Ausgangspegel und die leichte Mittennnase der Tonabnehmer kitzeln die Eingangsstufe des Gitarrenverstärkers, was bei Gitarren im 80er Stil auch nichts Ungewöhnliches ist. Für mich hält sich dieser Effekt aber noch in erträglichen Grenzen. Waschechte Countrygitarristen und Blueser werden hier dennoch sicher nicht zu Potte kommen.

Audio Samples
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Cleansound – Steg Pickup

Der Halspickup klingt eine ganze Ecke dünner als sein Kollege an der Bridge, was ich mit einer Zugabe an Mitten beim Amp etwas ausgeglichen habe. Für mich hat der Halspickup der Gitarre etwas zu wenig Substanz und Wärme, was sich mit zunehmender Verzerrung allerdings verwäscht. Hier zuerst einmal der Halstonabnehmer mit dem cleanen Amp.

Audio Samples
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Cleansound – Hals Pickup
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Kommen wir zu Medium-Gain-Einstellungen, bei denen die Gitarre schon wesentlich besser zur Geltung kommt als bei den cleanen Sounds. Auffällig ist die Betonung der oberen Mitten, die dem Ton eine hohe Durchsetzungskraft gibt. Gleichzeitig ist man von der leichten Giftigkeit besonders dann schnell genervt, wenn man die Gitarre alleine hört. In einem Songkontext kann es daher sein, das man sie sogar tiefer ins Playback einbetten kann, ohne sie zu laut mischen zu müssen.

Audio Samples
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Medium Gain – Steg Pickup

Beim Halspickup ist der Ton ebenfalls mittig fokussiert und fast schon eine Spur zu hart. Bei 0:10 kann man übrigens auch gut hören, wie schnell das Tremolo beim Ziehen der Saiten in die Knie geht. Ich würde empfehlen, das System für mehr Sustain und eine standhaftere Stimmung mit einer “Blackbox” oder dem “Mag-Lok Anti Deflection Device” zu stabilisieren.

Audio Samples
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Medium Gain – Hals Pickup

Für meinen Geschmack glänzt die Gitarre erst mit wirklich viel Verzerrung. Hier können die aggressiven Mitten ihren Vorteil ausspielen, denn der Ton wirkt nie undifferenziert, sondern klar und knackig.

Audio Samples
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High Gain – Steg Pickup

Auch der Halspickup gefällt mir mit viel Gain am besten, obwohl er für meinen Geschmack mit etwas mehr Wärme und Fundament ausgestattet sein könnte. Aber das ist reine Geschmackssache, aber hört selber.

Audio Samples
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High Gain – Hals Pickup

Zum Schluss habe ich noch mehr Gain in den Amp reingedreht, um euch einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die Gitarre mit wirklich sehr hohen Verzerrungen klarkommt. Und es ist schon erstaunlich, wie gut das funktioniert! Das ist ganz klar der Vorteil der oberen Mittenbetonung, die einen mulmigen Sound so gut wie unmöglich macht. Hier verwischen zwar die Unterschiede von Bridge und Halspickup, aber egal, es klingt! Für Metal/Fusion-Flitzefinger eine wahre Freude! Hier eine kleine Pentatonikübung in E-Moll.

Audio Samples
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Solo Leadsound
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Fazit

Die LTD GL-200K von ESP ist eine gelungene Metal/Heavy/Fusion-Gitarre, die ihre wahre Bestimmung erst mit viel Verzerrung findet. Cleanfetischisten, Blueser und Countryrocker werden hier sicher nicht glücklich, aber für waschechte 80er Rocker könnte dieses sechssaitige Rockbrett eine Offenbarung sein. Die Bespielbarkeit ist hervorragend, und die Verarbeitung anständig. Einzig das Floyd Rose will mir nicht so recht gefallen, was aber Geschmackssache ist, zur Signature gehört und in diesem 80er Kontext auch völlig in Ordnung ist.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Heavy/Metal/Fusion-Sounds
Contra
  • Cleansounds
  • Tremoloarm löst sich sehr schnell und rasselt
Artikelbild
ESP LTD GL-200K George Lynch Signature Test
Für 555,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • George Lynch Signature Modell
  • Korpus: Linde
  • Hals: Ahorn geschraubt
  • Griffbrett: Palisander
  • Radius: 350 mm
  • Sattelbreite: 43 mm
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 22 XJ
  • Tonabnehmer: 2 ESP designed LS-120N (Hals) / LH-150B (Steg) Humbucker
  • Regler: 1 Volumenregler
  • Tremolo: Floyd Rose
  • Mechaniken: LTD
  • Hardware: schwarz/Nickel
  • Farbe: Kamikaze-Grafik
  • Preis: 808,00 Euro UVP
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