Epifani Tour 210 / D.I.S.T. 210 Test

Den Namen Epifani umweht stets der Hauch des Exquisiten. Hierzulande ist die 1994 von Nick Epifani gegründete Amp- und Boxenschmiede noch eine Art Geheimtipp, erfreut sich aber zusehends steigender Bekanntheit. In Amerika ist Nick hingegen bereits seit vielen Jahren auf der Erfolgsspur – auch dank namhafter Artists wie Christian McBride, Matthew Garrison, Ron Carter, Anthony Jackson etc. Durch seine Werkstatt im New Yorker Stadtteil Brooklyn ist er zudem entsprechend nahe dran an den angesagten Session Playern und erhält so regelmäßig Rückmeldung, was der oder die professionelle Bassist(in) denn so braucht. Das neueste Resultat sind Topteile namens Piccolo, welche mir vor Kurzem bereits zum bonedo-Test vorlagen. Perfekte Begleiter dafür sind laut Nick die zwei aktuellen Boxenserien, welche beide ein Segen für den geplagten Bassisten-Rücken sein sollen: Sowohl die Tour- wie auch die D.I.S.T.-Serie werden nämlich in Leichtbauweise gefertigt und mit Neodym-Speakern bestückt. Wo die Unterschiede zwischen den beiden Cabinets liegen und welche Überraschung sich hinter dem Kürzel D.I.S.T. verbirgt, möchte ich anhand der 2x10er-Version jeder Serie herausfinden.

Hier seht ihr unsere beiden Testkandidaten …

Details

Ein Blick auf das Datenblatt zeigt schnell, dass die beiden Boxen sich nicht nur optisch deutlich unterscheiden, auch wenn sie mit 2×10” die gleiche Lautsprecher-Bestückung aufweisen und aus demselben Stall kommen. Die Gemeinsamkeiten beschränken sich auf jeweils vier Gummifüße, die gleichen seitlichen Schalengriffe aus Metall, zwei Speakon/Klinke-Kombibuchsen, das hochkantige Format, eine vorderseitige Bassreflexöffnung (front ported) und das Hochtonhorn (Tweeter), welches vier Möglichkeiten zu Einstellung bietet (Off, Low, Normal, High). Von da an gehen die beiden Boxen aber getrennte Wege.
Kommen wir zunächst zu den Äußerlichkeiten: Die D.I.S.T.-Serie ist mit einem strukturierten Vinylbezug in Schwarz oder Rot erhältlich. Gerade das Rot meiner Testbox macht wirklich einen sehr schicken Eindruck. Die Tour-Serie ist “nur” in einer Farbe erhältlich, die ich als “Blaugrau” einordnen würde, der Bezug ist ebenfalls aus Vinyl. Allgemein finde ich es ja immer schön, wenn ein Hersteller sich vom üblich schwarz/grauen Einheitsbrei anhebt, denn das gibt es wirklich mehr als genug.

Fotostrecke: 7 Bilder Hier seht ihr unsere beiden Testkandidaten …

Für das Gehäuse der Tour-Serie wird Sperrholz verwendet, für die D.I.S.T.-Serie gesperrte Pappel. Das unterschiedliche Holz ist wohl auch der Hauptgrund für den kleinen Unterschied im Gewicht. Die Tour 210 kommt auf 20,5 kg, die D.I.S.T. auf lediglich 17,2 kg. Die Gehäuse der beiden sind ungefähr gleich groß, die Tour 210 ist gerade mal 2 cm höher.
Aber nun zu den inneren Werten: Die Speaker hören bei der Tour-Box auf den Namen “Epifani Neodymium Driver”, und bei der D.I.S.T. auf die Bezeichnung “Epifani Neodymium Dual Coil Driver”. Hier scheint es einen qualitativen Unterschied zu geben, der sich auch in den Leistungsdaten widerspiegelt: Die Tour-Serie kann mit 450 Watt Leistungsaufnahme, einem Frequenzgang von 42 Hz bis 16 Khz sowie einem Wirkungsgrad von 100 dB dienen. Wie beim Autoquartett übertrumpft die D.I.S.T.-Serie hier alle Werte (500 Watt, 103 dB, 40 Hz bis 16 Khz).

Fotostrecke: 4 Bilder Obwohl beide Cabinets aus demselben Stall stammen, unterscheiden sie sich …

Das wirkliche Alleinstellungsmerkmal der D.I.S.T.-Serie verbirgt sich hinter ihrem Kürzel, welches für “Dual Impedance Speaker Technology” steht. Diese ermöglicht per Schieberegler auf der Boxen-Rückseite die Wahl zwischen einer Impedanz von 4 oder 8 Ohm – ziemlich genial! Was das in der Praxis bedeutet, sehen wir gleich …
Beide Boxen machen einen robusten und hochwertigen Eindruck. Dies liegt auch an verwendeten Komponenten wie Schalengriffen aus Metall, Kombibuchsen, etc. Die D.I.S.T. 210 liegt ja, wie eben beschrieben, in allen relevanten Leistungsdaten leicht vorne – und das versprüht sie auch durch ihr edles Äußeres! Dafür kostet sie allerdings auch ein gutes Viertel mehr als die Tour 210.

Praxis

Das hochkantige Format der beiden Cabs ist durchaus sinnvoll. Schon im Betrieb als einzelne Boxen verbessert es für den Spieler merklich die Hörbarkeit, da die Speaker sich näher am Ohr befinden als bei querformatigen Ausführungen. Während eine normale 4x10er-Box auf ungefähr 65cm Höhe kommt, ergeben zwei übereinander gestapelte 2×10-Exemplare der Epifanis bereits einen Turm von ca. 120 cm. Das ist schon ein beträchtlicher Unterschied – und ein großer Gewinn für den Spieler!
Das Gewicht beider Boxen ist sehr moderat und das Tragen wird noch zusätzlich durch die großzügigen Schalengriffe erleichtert. Diese wurden nicht einfach mittig angebracht, sondern so, dass die Boxen perfekt ausbalanciert sind und beim Tragen weder nach vorne, noch nach hinten kippen. Alle Buchsen oder Regler wurden versenkt angebracht, sodass beim Transport nichts versehentlich abbrechen kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Viele 2×10-Boxen werden ja fu00fcr eine querformatige Lagerung hergestellt, …

Die Dual Impedance Speaker Technology der D.I.S.T.-Serie erweist sich in der Praxis als wahrer Segen. Im Standalone-Betrieb lässt sich so im 4-Ohm-Modus schon die volle Leistung des Amps abrufen. Hier ist vor allem der gewonnene Headroom sehr interessant, der ja bekanntlich mehr Dynamikumfang ermöglicht. Der Unterschied in der Lautstärke zwischen 4 und 8 Ohm ist nicht allzu groß, da ja die Membranfläche identisch bleibt. Soll es mal lauter werden, schaltet man zurück auf 8 Ohm und kann dann alle Boxen der D.I.S.T.-Serie mit einer beliebigen Box mit ebenfalls 8 Ohm kombinieren. So kommt man wieder auf die gewünschten 4 Ohm, die ja meist die Untergrenze für Verstärker ist. Besitzt man zwei Exemplare der D.I.S.T.-Serie, ist man wirklich für alle denkbaren Szenarien gerüstet – seien es 2, 4, oder 8 Ohm. Das ist schon wirklich klasse!

Fingerstyle mit B-Saite D.I.S.T.

Doch nach allen technischen Fakten kommen wir nun natürlich noch zu den klanglichen Qualitäten und Unterschieden. Als Bass kam ein moderner Fünfsaiter und als Verstärker ein relativ cleaner Transistoramp zum Einsatz, die Abnahme erfolgte über ein Kondensator-Mikrofon, welches ca. 50 cm vor der Box platziert war.

Audio Samples
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Fingerstyle D.I.S.T. Fingerstyle TOUR Fingerstyle mit B-Saite D.I.S.T. Fingerstyle mit B-Saite TOUR Reggae mit B-Saite D.I.S.T. Reggae mit B-Saite TOUR Slap D.I.S.T. Slap TOUR Solo D.I.S.T. Solo TOUR

Zum Abschluss spiele ich noch eine B-Dur-Tonleiter über zwei Oktaven. Das spiegelt sehr schön das gesamte Frequenzspektrum der Cabinets wider.

Audio Samples
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Tonleiter D.I.S.T. Tonleiter TOUR

Beide Boxen liefern für eine 2x10er-Bestückung erstaunlich viel Low End. Der tonale Umfang eines Viersaiters wird problemlos wiedergegeben, bei Tönen auf der tiefen B-Saite eines Fünfsaiters wird der Sound dann doch etwas komprimiert, was angesichts der Größe der Gehäuse und der Membranflächen aber auch zwar zu erwarten war. Allerdings habe ich dieses Phänomen bei manch anderer Box in “schwerer” Bauweise mit Keramikmagneten auch schon durchaus etwas besser gehört.

Fotostrecke: 2 Bilder Beiden Cabs gemein ist ein sattes Low End, doch das D.I.S.T.-Modell …

Das Hochtonhorn mischt sich schon auf der ersten Stufe (L) ordentlich ins Klangbild ein. Mehr muss es für mich nicht sein – hier wäre eine etwas feinere Einteilung meines Erachtens die bessere Wahl. Die D.I.S.T.-Box bietet den typischen “amerikanischen” Edelsound mit dezenter Mittenabsenkung und positioniert sich klar im Bereich R&B, Funk und Pop. Wo man an anderer Stelle den Equalizer bemühen muss, liefert die Epifani D.I.S.T.-Box schon ein entsprechendes Preset für die genannten Stilistiken. Für dreckige (Rock-)Sounds eignet sie sich eher weniger.
Die Tour-Serie wirkt hingegen insgesamt etwas bedeckter und nicht so differenziert. Die D.I.S.T. 210 ist deutlich klarer und transparenter. Allerdings besitzt die Tour 210 ihren eigenen, mehr hemdsärmeligen Charme, der für manche Situationen durchaus die bessere Wahl sein kann, da sie auch wunderbar in einem rockigen Kontext funktioniert!

Fotostrecke: 2 Bilder Ihre hohe klangliche Flexibilitu00e4t erlangen die Epifanis …

Fazit

Beide Epifani-Boxenserien machen einen absolut hochwertigen Eindruck und werden dem Besitzer vermutlich über viele Jahre treue Dienste leisten. Durch Neodym-Magneten der Lautsprecher plus Leichtbauweise liegen sie auch in Sachen Gewicht voll im Trend. Das hochkantige Format macht sie als Standalone-Boxen deutlich interessanter als die gemeinhin üblichen querformatigen Bauweisen. Mit zwei Boxen hat man dank dieser Bauweise schon einen ausgewachsenen Turm, der sich auf Ohr-, und nicht auf Hosenbundebene befindet. Klanglich ist die D.I.S.T.-Serie ein typischer Vertreter des amerikanisch-edlen HiFi-Sounds und bezieht so eindeutig Stellung ‑ Pop, Funk, R&B und Konsorten sind ihre Stärken. Die Tour-Serie ist eher ein Allrounder mit deutlich mehr mittigem Charakter, kann aber im direkten Vergleich zur D.I.S.T. 210 nicht mit deren Auflösung und Transparenz mithalten. Aber sie ist ja schließlich auch die günstigere der beiden! Der eigentliche Clou ist für mich die Dual Impedance Speaker Technology der D.I.S.T.-Serie. Sie eröffnet dem Besitzer durch ihre wählbare Impedanz eine ganz neue Freiheit bezüglich Kombinationen von Boxen und Amps. Einzig der hohe Preis trübt das Bild ein wenig, allerdings bekommt man dafür auch hochwertige Arbeitsgeräte mit manch cleverer Detaillösung geboten.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • moderner, cleaner Sound (vor allem D.I.S.T.)
  • geringes Gewicht
  • coole Optik (vor allem D.I.S.T.)
  • Format gut für Standalone-Betrieb geeignet
  • Möglichkeit zur Wahl der Impedanz (D.I.S.T.)
Contra
  • stattlicher Preis (vor allem D.I.S.T.)
  • etwas grobe Rasterung der Tweeter
Artikelbild
Epifani Tour 210 / D.I.S.T. 210 Test
Für 999,00€ bei
Hier seht ihr unsere beiden Testkandidaten …
Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Epifani
  • Modell: Tour 210, D.I.S.T. 210
  • Herstellungsland: USA
  • Lautsprecher: Dual Voice Coil Drivers (Tour 210), Epifani Neodymium (D.I.S.T. 210)
  • Maße (H x B x T): 60 x 47 x 42 cm (Tour 210), 58,4 x 47 x 42 cm (D.I.S.T. 210)
  • Gewicht: 14,4 kg (Tour 210), 17,2 kg (D.I.S.T. 210)
  • Belastbarkeit: 450 Watt RMS (Tour 210), 500 Watt RMS (D.I.S.T. 210)
  • Eingänge: 2 Speakon/Klinke-Kombibuchsen
  • Tweeter vierfach verstellbar
  • Preise: Tour 201: 749,- Euro / D.I.S.T. 210: 999,- Euro (Ladenpreise im Oktober 2018)
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