Electro-Harmonix Bass Big Muff Test

Mike Matthews, der Gründer von Electro-Harmonix, ist eine schillernde Figur. Die Hippie-Bewegung und die Evolution der E-Gitarre durch Jimi Hendrix diente ihm als Katalysator für die Entwicklung des bis heute populären Big Muff Verzerrers. Nach phänomenalem Wachstum seiner Firma in den goldenen Zeiten des Rock’n´Roll, den 1970er Jahren, folgte Anfang der 1980er die Ernüchterung – und schließlich die Pleite. Nach diesem Zusammenbruch begann Matthews ganz von vorne. Er investierte in Russland, kaufte die Firma Sovtek und eine seit 1953 bestehende Röhrenfabrik in Saratov, um eigene Röhren fertigen zu lassen. Das Ganze war jedoch mit einigen Komplikationen verbunden, die mitunter stark an James Bond Romane und KGB-Zeiten erinnerten. Doch auch das überstand Mike und etablierte sich in der Folgezeit als Zulieferer für die wichtigsten Hersteller von Röhrenverstärkern auf der ganzen Welt. 


Der in den 1990ern einsetzende Vintage-Boom führte schließlich dazu, dass auch eine Neuauflage der, in den 70ern so erfolgreichen, Electro-Harmonix-Pedale Sinn machte. Im Rahmen dieser Rückbesinnung auf das ehemalige Kerngeschäft entstand in Russland eine neue Version des Big Muff, die noch bis vor wenigen Jahren gebaut wurde. Die Produktion ist mittlerweile aber wieder in die USA zurückgewandert. Der Bass Big Muff Verzerrer ist eine Mischung aus dem „Ur“ Big Muff und der russischen Variante, nur eben für den Bass optimiert. Wie es sich in der Praxis mit diesem „best of both worlds“-Konzept verhält, haben wir untersucht.

DETAILS
Von der Optik her erinnert der Bass Big Muff sehr stark an Heimarbeit. Und das ist absolut nicht negativ gemeint, denn im Hause Electro-Harmonix legt man grundsätzlich sehr viel wert auf Vintage, sowohl was den Sound, als auch das Erscheinungsbild der Pedale betrifft. Im Verhältnis zu moderneren Tretern wirkt der Bass Big Muff wie ein Oldtimer unter Designerschlitten – aber gibt es jemanden, dem beim Anblick eines Oldtimers nicht warm ums Herz wird…?!

Die alt-charmante Oberfläche ist schnell erklärt: Drei schwarze Bakelit-Regler für die Fuktionen Volume, Tone und Sustain, ein 3-fach-Schalter mit den Funktionen Dry, Normal und Bass Boost sowie der Fußschalter – das war‘s. Es gibt einen Mono-Klinkeneingang und zwei Ausgänge, einer davon als „Dry Out“, also ohne Effektanteil, und ein „Effect Out“. Die Stromversorgung erfolgt wahlweise über eine 9Volt-Batterie oder ein 9V-Netzteil. Netterweise erwähnt Electro-Harmonix in der Bedienungsanleitung, dass auch 9V-Netzteile anderer Hersteller wie Boss oder Ibanez verwendet werden können, eine sehr kundenfreundliche Geste. Um die Batterie zu wechseln, muss die mit vier Kreuzschlitzschrauben fixierte Bodenplatte entfernt werden. Das ist nun wirklich altmodisch – aber auch bei modernen Pedalen kann man nicht immer sicher sein, den Batteriewechsel ohne Schraubendreher erledigen zu können. Sei´s also drum, Vintage-Look&Feel sind absolut stimmig und passen eben zum Big Muff.

PRAXIS
Der 3-Wege-Minischalter am Big Muff stellt folgende Betriebs-Optionen zur Auswahl: Dry, Normal und Bass-Boost. Im Dry-Modus übernimmt der Volume-Regler die Funktion eines Balance-Reglers, der es erlaubt, das trockene mit dem verzerrten Signal zu mischen. Das ist eine gute Sache, denn obwohl der Bass Big Muff neben dem Effektausgang einen zusätzlichen, getrennten „Dry Out“-Ausgang bietet, steht uns Bassisten nicht immer der Luxus zweier separater Kanäle zur Verfügung, um die Signale getrennt verstärken und mischen zu können. 
Für den Alltag, in dem in der Regel nur ein Signalweg am Start ist, hat Electro-Harmonix dem Big Muff die „Dry-Funktion“ spendiert. Sie bietet die Möglichkeit, das trockene und das verzerrte Signal zu mischen und so die Transparenz des Sounds zu „schonen“. Das ist ein sinnvolles Feature, das man sich aber mit einigen Einschränkungen erkauft. Zum einen lässt sich in diesem Modus die Gesamtlautstärke nicht verändern, da ja wie gesagt der Volumen-Regler hier die Aufgabe der Mischung zwischen Original- und Effektsignal übernimmt, zum anderen kann im Dry-Mode leider die BassBoost-Funktion nicht genutzt werden. 
In den folgenden Soundbeispielen hört ihr den Bass im Dry-Modus, im True Bypass, im Volleffektbetrieb und im Mischverhältnis 50/50 mit dem Originalsignal:

Audio Samples
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1a Clean 1b Verzerrt 1c Combi

Im Normal-Modus liefert der BigMuff seinen eigentlichen Signature-Sound. Das Ergebnis ist eine sehr  warme, fette, sustainreiche Performance, die das Gefühl von „Druck“ vermittelt – auch bei geringer Lautstärke. Im nächsten Audiobeispiel hört ihr zwei Bässe in unterschiedlicher Oktavlage und vollem Effektanteil. 

Audio Samples
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2 Full FX

Obwohl der Sound fett ist, bleibt er dennoch transparent, sowohl in der tiefen Lage als auch in der darüberliegenden Oktave. Mit Unterstützung des Bass-Boosts lässt sich der Sound sehr stark „andicken“ und man kommt in die Gefilde von Synthie-Sounds. Im nächsten Beispiel hört ihr den tiefen Begleitbass mit weit zurückgedrehtem Tone-Regler und sehr stark geöffneten Sustain-Regler. Bei der später folgenden Melodie ist der Tone-Regler fast voll aufgedreht – das sorgt für einen eher sägenden Klangcharakter, der vor allem den höheren Lagen richtig gut zu Gesicht steht.

Audio Samples
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2 Tone-Dyna

Die entscheidenden Variationen erzielt man mit dem Tone-Regler und der Dosierung des Sustain-Reglers. Obwohl sich die Sounds in den unterschiedlichen Settings ganz deutlich voneinander unterscheiden, bleibt der generelle Charakter immer gleich. Demnach macht der Bass Big Muff die Kaufentscheidung leicht: Entweder man mag den Sound oder eben nicht.
Im Folgenden hört ihr verschiedene Settings im Vergleich:

Audio Samples
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Bypass Modus: Normal; Tone: 2 Uhr; Sustain: 7 Uhr Modus: Normal; Tone: 10 Uhr; Sustain: 9 Uhr Modus: Normal; Tone: 10 Uhr; Sustain: 3 Uhr Modus: BassBoost; Tone: 7 Uhr; Sustain: 2 Uhr Modus: Normal; Tone: 2 Uhr; Sustain: 5 Uhr

Im letzten Beispiel des Tages hört ihr die Basslinie im Rahmen eines Playbacks (zwei zusätzliche Bässe, die eine Melodie doppeln). Dabei spielt einer der Bässe künstliche Flageolets, die man mithilfe des Big Muff sehr schön in den Vordergrund schieben kann – speziell, wenn man den Sustain-Regler voll aufdreht.

Audio Samples
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Im Playback

Noch kurz ein paar Worte zum Dry-Modus. Möchte man Original- und Effektsignal kombinieren, erzielt man definitiv die besseren Soundergebnisse, wenn man den zusätzlichen Dry-Out Ausgang verwendet, anstatt intern im Gerät über den Dry-Modus zu mischen. Diesen Modus sollte man eher als Kompromisslösung in Betracht ziehen, wenn einem keine Alternativen zur Verfügung stehen, denn im Dry-Modus verliert der Bass Big Muff etwas von seinem reizvollen, voluminösen Charakter.

FAZIT
Der Electro-Harmonix Bass Big Muff ist ein einfacher, sehr gut klingender Verzerrer mit einem sehr eigenständigen und absolut charakteristischen Klangbild zu einem günstigen Preis. Der Sound geht eindeutig und gewollt in die Vintage-Ecke und ermöglicht fulminante Bassgewitter, aber auch subtiles „Andicken“ im Playback. Meine Empfehlung lautet: Definitiv antesten.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • starke Durchsetzungskraft, sehr fetter Zerrsound
  • 3 Modi (Dry, Normal, BassBoost) zur Auswahl
  • analoger Sound, Vintage-Charakter
  • mechanischer True Bypass
  • getrennter, Dry-Out Ausgang
Contra
  • für Batteriewechsel muss Bodenplatte abgeschraubt werden
Artikelbild
Electro-Harmonix Bass Big Muff Test
Für 81,00€ bei
Facts
  • Bass-Verzerrer
  • Basierend auf dem russischen Big Muff
  • True Bypass
  • 3 Modi (Dry, Normal, BassBoost)
  • Vollmetall-Gehäuse
  • Preis: 106 EUR (UVP), 72 EUR (Street)
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