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Warm Audio WA73-EQ Test

Neve für die Aufnahme, SSL zum Mischen: So lautet eine der Studiomischpult-Faustregeln, die sich vor allem auf die gewollte Färbung beim Recording und die notwendige Cleaness beim Finalisieren bezieht. Gut, dicke Konsolen gehören eher zu einer aussterbenden Gattung – was aber nicht heißt, dass sich an der goldenen Regel etwas ändert. Wäre es also nicht schön, zumindest einen der cremigen Neve-Kanäle zum Recorden zu haben?

WarmAudio_WA73-EQ_01_Aufmacher Bild


Ja, natürlich. Und die Antwort lautet 1073. Hierbei handelt es sich um den klassischen Neve Mic-Pre mit eingebauten 3-Band-EQ, der ursprünglich den 80-Series-Console entstammt und maßgeblich den Sound der 70er geprägt hat. Und nie als Outboard-Channelstrip gedacht war. Heutzutage gibt es den 1073 jedenfalls von AMS Neve, Heritage Audio, Brent Averill Design (BAE) und auch von Rubert Neve Designs – mal etwas mehr, mal etwas weniger „original“.
Und nun auch noch einer von Warm Audio? Der Firma, die fast nur 1:1-Kopien in die Welt setzt, sei es nun ein LA-2A, 1176 oder gar Pultec respektive WA-2A, WA-76 oder EQP-WA?
Ähnlich wie bei Behringer sind die Kopien dabei deutlich billiger, als die teils zu horrenden Preisen gehandelten Originale. Der Unterschied ist, Warm Audio nimmt das keiner übel. Warum das so ist? Keine Ahnung. Hier und heute geht es auch nur um den WA73-EQ.

Details

Classic Copy


Der Warm Audio WA73-EQ ist eine recht identische Kopie des Neve 1073 – nicht nur optisch, sondern auch technisch. Es handelt sich also um einen einkanaligen Class-A Mikrofonvorverstärker mit dickem Übertrager-Sound, ordentlich Gain von bis zu 80 dB, einem Drei-Band-EQ sowie noch ein paar weiteren Leckerlies.

Fotostrecke: 2 Bilder Klassischer Aufbau, hochwertige Verarbeitung …

Der pulverbeschichtete, solide 19-Zoll-Stahblechkasten drückt üppige 5 Kilo auf die Waage ist eine HE hoch und misst 17 cm in die Tiefe. Die Verarbeitung ist erstklassig und fühlt sich gut an. Wie beim „Vorbild des Nachbaus“ gibt es auch eine zweikanalige Variante sowie Varianten ohne EQ. Die Nomenklatur lautet dabei wie folgt:

  • WA73 – 1 HE, 19 Zoll, ein Preamp, kein EQ
  • WA273 – 1 HE, 19 Zoll, zwei Preamps, kein EQ
  • WA73-EQ – 1 HE, 19 Zoll, ein Preamp, ein 3-Band-EQ
  • WA273-EQ – 2 HE, 19 Zoll, zwei Preamps, zwei 3-Band-EQs

Das ist für jeden was dabei! Der preisliche Vorteil der Ein-Kanal-Variante zur Zwei-Kanal-Variante ist dabei übrigens lange nicht so groß, wie beim AMS Neve – dafür ist der Gesamtpreis deutlich geringer. Rund EUR 900 für den 1-Kanaler mit EQ ist als absolut günstig zu bezeichnen, bedenkt man, dass hier ordentlich Eisen verbaut wurde.

Viele Anschlüsse


Der WA37-EQ bietet zunächst folgende Anschlüsse, beginnen möchte ich dabei rückseitig: Für Mikrofone gibt es einen XLR-Eingang, für Linesignale TRS und zwischen beiden kann auf der Front umgeschalten werden – sie teilen sich aber den Eingangsübertrager. Hinzu kommt ein alternativer XLR-Eingang auf der Front, falls man auf eine Festverkabelung beim Rackeinbau verzichten möchte. Außerdem bietet der Warm Audio einen schaltbaren Insert (TRS) und einen XLR-Ausgang sowie einen frontseitigen Instrumenten-Eingang.

Fotostrecke: 2 Bilder XLR-I/O mit alternativen TRS-I/O sowie der Send/Return auf TRS

Das Layout der Front, speziell die Reihenfolge der Bedienelemente, weicht dennoch vom Original ab: Links befindet sich hier jedenfalls die Schaltabteilung, wo man zwischen Mic-, Line- und Instrumenten-Eingang wechseln, die Polarität drehen, die Phantomspannung aktivieren sowie den Tone aktivieren kann. Letzterer verringert die Eingangsimpedanz und der Charakter eines Mics wird deutlicher herausgestellt, der Sound griffiger und auch etwas rotziger. Eines der wichtigsten klanggestalterischen Elemente an diesem Channelstrip, wie ich finde.
Der Gain bietet bis zu 80 dB und wird mit einem formschönen, roten 22-Stufen-Drehschalter eingestellt. Es handelt sich hier um kein Schleifpoti, sondern um einen echten Drehschalter, der zwischen fixen Widerständen diskret umschaltet. Es schließt sich ein fünfstufiger, passiver High-Pass an, der folgende Postionen kennt: Off, 50 Hz, 80 Hz, 160 Hz und 300 Hz. 

Fronteingänge und die Schaltsektion sowie der Gain-Drehschalter
Fronteingänge und die Schaltsektion sowie der Gain-Drehschalter

Richtig herum: Der 3-Band-EQ
Es folgt der ebenfalls passive Drei-Band-EQ plus Ein-Schalter mit seinem Low- und High-Shelf sowie dem Glockenfilter. Die Einsatzfrequenzen aller drei werden mit den Ringen der Potis diskret eingestellt, während der Hub mit einem normalen Schleifpoti geregelt wird. Die Frequenzen lauten dabei wie folgt:

  • Low: Off, 35 Hz, 60 Hz, 110 Hz und 200 Hz
  • Mid: Off, 360 Hz, 700 Hz, 1600 Hz, 3200 Hz , 4800 Hz und 7200 Hz
  • High: Off, 10 kHz, 12 kHz und 16 kHz

Kenner werden es bemerken: Hier gibt es durchaus mehr Einsatzfrequenzen als beim Original, was nur ein fixes Höhenband bei 12 kHz besaß. Das Low-Filter beim AMS Neve ist weiterhin auf 220 Hz gestimmt und nicht auf 200 Hz wie hier. Ferner ist die Reihenfolge der Bänder „auf richtig herum“ vertauscht, was ich bei der 19-Zoll-Variante des Neves zugegebenermaßen immer etwas irritierend fand. Last but not least finden sich rechts ein Output-Poti zum Absenken des Ausgangs sowie eine 5-LED-Ampel für den Pegel und den Hauptschalter. Soviel zu den offensichtlichen Dingen.

Fotostrecke: 5 Bilder Der EQ mit den Doppel-Poti: Innen wird der Hub eingestellt, außen mit dem Ring die Einsatzfrequenz.

Dinge, die du nicht sehen kannst

Im Inneren gibt es aber auch noch ein paar interessante Sachen zu entdecken. Fangen wir vorn an: Die Stromversorgung wird mit einem dicken Ringkerntrafo realisiert, der vom Rest der Schaltung abgeschirmt ist – AMS Neve setzt auf ein externes Schaltnetzteil. Es kommen außerdem Custom-Übertrager von Carnhill aus England zum Einsatz, so wie sie einst auch bei den alten Neves Verwendung fanden. Carnhill gilt ohnehin mittlerweile als Synonym für färbende Varianten – während Haufe und Lundahl eher für ihren „cleanen“ Sound bekannt sind. Aber das nur am Rande. 
Ferner verriet mir das Handbuch, dass Tantal- und Polystrol-Kondensatoren zum Einsatz kamen – ebenfalls „wie früher“. Der Kasten wurde außerdem von Hand zusammengeklöbelt, die einzelnen Platinen sogar „handverdrahtet“ – wobei dies bei den vielen zum Einsatz kommenden Steckverbindern zumindest ein kurzes Heben meiner Augenbraue zur Folge hatte. Ferner konnte ich kein Fertigungsland auf dem Gehäuse entdecken. Macht aber nichts, Innen ist alles sauber und ordentlich verarbeitet, da kann man echt nicht meckern!

Fotostrecke: 7 Bilder Sauberer Aufbau im Inneren.

Last but not least: Zum Lieferumfang gehört nur das Stromkabel. Die Kiste kann außerdem zwischen 230 und 115 V umgeschalten werden und bietet sogar einen Ground-Lift sowie eine rückseitige Groundschraube zum manuellen Erden.

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