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Warm Audio WA-14 Test

Ja, diese Klassiker: Unter den Kondensatormikrofonen sind es auch transistorisierte Schallwandler wie das Neumann U 47 FET oder das AKG C414, die Kultstatus erreicht haben – und zwar ganz zurecht.

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Warm Audio ist bekannt dafür, preiswerte Nachahmungen von beliebten, aber teuren Studiogeräten anzubieten. Nach dem Neumann U 87 ist es nun das AKG C414, welches „verwarmt“ wurde und als Warm Audio WA-14 zum Preis von ca. 600 Euro erhältlich ist.
Das Warm Audio hat als Vorbild offenbar die ganz frühen AKG C414 EB. Die ersten dieser Mikrofone wurden noch mit der legendären „Brass Capsule“ CK12 ausgestattet. Das ist der gleiche Typus, der auch schon in den Röhrenklassikern AKG C12 und Telefunken ELA M 251, etc. Verwendung gefunden hat. Mir stellt sich übrigens gerade die Frage, was in dem Fall geschehen soll, dass Warm einen Nachbau des AKG C12 entwickelt. „WA12“ gibt es nämlich schon – das ist ein Preamp. Nun, es ist schon so eine Sache mit den Kürzeln, nicht wahr?

Details

Brass Capsule CK12

„LK-B-60-V“ ist die ungelenke Bezeichnung für die im Warm WA-14 verbaute Kapsel. Es ist aber klar, dass hier die CK12 nachgebildet worden sein soll. Wie genau, lässt sich schwer sagen, ohne sie auseinanderzupflücken. Sie besitzt zumindest die wesentlichen Kernaspekte, also den geschraubten Messingring, die Randkontaktierung und die Backplate-Bohrung. Das Trägermaterial Mylar entstammt alten japanischen Beständen und weist mit 6µm Dicke auch tatsächlich die Dimensionen auf, die auch bei den im 414er verwendeten Brass-Kapseln zum Einsatz gekommen sind. Und natürlich ist die Membran mit Gold bedampft, um eine Seite des Kondensators zu ergeben. Als Doppelpaket mit rückseitiger Membran ergibt sich die klassische Verschaltungsmöglichkeit zu Kugel oder Acht, bei alleiniger Nutzung der vorderen Membran und Schallverzögerung durch die dann rein passive rückseitige Membran bleibt die Richtcharakteristik eine Niere. Eingestellt werden kann das auf der Vorderseite des Warm WA-14. Dort findet man im Übrigen auch das Pad von 10 oder 20 Dezibel Dämpfung, wodurch der maximale Schalldruckpegel bis zu 150 dB(SPL) bei 0,5% THD+N betragen kann. Übrigens gibt es keine schaltbare Hochpassfilterung und auch keine Pattern-Zwischenstufen. Somit zeigt sich, dass Warm es auch hier nicht darauf angelegt haben, eine möglichst originalgetreue Replika anzufertigen, sondern im bezahlbaren Rahmen ein sehr C414-ähnliches Mikrofon zu erstellen.  

Fotostrecke: 4 Bilder Die randkontaktierte Kapsel ist der legendären CK12 “Brass” nachempfunden, die nicht nur in frühen C414, sondern auch im C12 eingesetzt wurde.

Acht offenbar präsenter

Auf den ersten Blick ist das Manual recht auskunftsfreudig, zeigt es doch durchaus ungeschönte Pegelfrequenzverläufe samt Angabe der Glättung (1/3). Ein individuelles Messdiagramm für das jeweilige Mikrofon ist das nicht, für einen gemittelten Graphen ist das Bild etwas zu „genau“, so dass man von einem beispielhaften Verlauf ausgehen muss. Die Polardiagramme zeigen nur die 1kHz-Linie und sind somit wenig aussagekräftig. Was sich jedoch interpretieren lässt, ist, dass die Achtercharakteristik eine höhere Präsenz aufweist als die Kugel oder die Niere – das wäre recht typisch. Und ein erstaunlich geringer Höhenabfall ist zu erkennen, er liegt bei allen drei Patterns bei unter 3 dB bei 20 kHz.  

Laut Frequenzgang ist die Höhendämpfung für ein Großmembranmikrofon erstaunlich gering.
Laut Frequenzgang ist die Höhendämpfung für ein Großmembranmikrofon erstaunlich gering.

WIMA und CineMag

Öffnet man das Warm Audio WA-14, erkennt man hochwertige Thru-the-Hole-Bauteile, die nicht in jedem Mikrofon dieser Preisklasse zu finden sind. WIMA beispielsweise liefert einige Kondensatoren und Widerstände, der Ausgangsübertrager ist von CineMag (was sogar auf der Rückseite des Bodys als Qualitätsstatement zu lesen ist). Ein Koffer wird nicht mitgeliefert, lediglich eine kleine Kunstledertasche. Allerdings wird dem WA-14, dessen Form nur noch entfernt an die Brickett-Optik des klassischen C414 erinnert (und noch dazu ist es deutlich größer!), eine elastische Halterung mitgegeben, die konstruktiv einen guten Eindruck hinterlässt

Fotostrecke: 4 Bilder Die elastische Halterung wird mitgeliefert.
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Praxis

Nah genug am Original?

Warm-Produkte kann man meiner Meinung nach so charakterisieren: „Sie sind optisch, technisch und klanglich einigermaßen in der Nähe ihrer Vorbilder. Ob sehr originalgetreu oder nicht, sei einmal dahingestellt, auf jeden Fall klingen sie sehr gut und sind preiswert.“ – Diese Aussage eignet sich vielleicht nicht ganz für eine Werbebroschüre, trifft es aber nach meiner Ansicht recht gut. Und sie gilt auch für das WA-14. Ernüchtert von diesem Statement? Dafür gibt es keinen Grund, denn das WA-14 zeigt schon bei der ersten Nutzung, dass es ein hervorragend gefertigtes und tatsächlich „teuer klingendes“ Mikrofon ist.  

"Wieviel 414 steckt denn im 14?" – So einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten.
“Wieviel 414 steckt denn im 14?” – So einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten.

„Platz da“

Ein EB stand mir leider nicht zum Direktvergleich zur Verfügung, doch habe ich vor fünfzehn Jahren das erste Mal mit einem gearbeitet und kenne es recht gut – ein Freund besitzt eines, doch leider ist sein Studio alles andere als hier in der Nähe. Auffallend ist, dass das WA-14 in den Tiefen sehr ordentlich zupackt und „Brustbehaarung“ besitzt. Der Übertrager klingt sehr deutlich vor, Signale werden im Bass dick und griffig. Mir gefällt das, allerdings ist das mir bekannte EB deutlich vorsichtiger und feinfühliger unterwegs – und ermöglicht dadurch eine bessere Auflösung der Tiefen. Die Mitten und Präsenzen profitieren von den Klangeigenschaften besonders dann, wenn man ein Signal im Mix nach vorne holen will. Vor allem Stimmen und cleane E-Gitarren drücken sich mit einem lauten „Platz da!“ nach vorne und platzieren sich vor anderen Signalen, was in Kombination mit dem Nahbesprechungseffekt und ein wenig Kompression zu einem wuchtigen Klangbild führt. Dazu gesellt sich aber ein leicht kristalliner Klang der Höhen, die mit einer besseren Auflösung aufwarten, als es meine Beschreibung des Bassbereichs erahnen ließ. Und hier ist er, der 414-Charakter: Oben im Spektrum ist das Signal zwar eher reich, aber dennoch schnell und detailliert. Meine klassische Assoziation beim C414 EB hat auch hier gezündet: Der Klang bekommt eine angenehme Note, die mich immer wieder an Aluminium-Snares von Ludwig erinnert. Und diese Obertonstruktur ist bei Mikrofonen am Ehesten in der Bauart der Kapsel begründet.

Audio Samples
0:00
WA-14, Niere, 10 cm WA-14, Niere, 30 cm WA-14, Niere, 30 cm, 45 Grad WA-14, Niere, 70 cm WA-14, Acht, 30 cm WA-14, Kugel, 30 cm Mojave MA-201FET, 10 cm Mojave MA-201FET, 30 cm Aston Spirit, Niere, 30 cm Aston Spirit, Kugel, 30 cm Aston Spirit, Acht, 30 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm

Niere besser als Kugel und Acht

Eher gering ist die Poppempfindlichkeit, es scheint allerdings sehr angebracht, die Spinne zu benutzen (die dann auch ordentlich filtert). Eine zu dröhnige Überbassung findet bei naher Besprechung nicht statt, aber dennoch wäre ein Hochpassfilter nicht verkehrt gewesen. Bezüglich der Patternstabilität zeigt das Mikrofon die klassischen Eigenschaften, glücklicherweise ohne allzu kräftige Einbrüche bei hohen Pegeln. Somit ist der Sweet-Spot der Niere ausreichend breit. Die Niere klingt definitiv besser als Acht und Kugel, und das gilt nicht nur für Signale, die weit außerhalb der Achsen auf die Doppelkapsel treffen: Die Acht ist etwas zu bissig, die Kugel kann ihren eher hohlen Charakter nicht gut verbergen. Damit ist das WA-14 allerdings nicht allein auf weiter Flur – und schon gar nicht in diesem Preissegment. S-Laute beispielsweise klingen in Cardioid-Stellung des Schalters definitiv ausgewogener als im Omni- oder Figure-of-Eight-Betrieb.

Gut, dass die Niere häufiger verwendet wird als die anderen Patterns – sie klingt am besten. Das trifft aber auf fast alle umschaltbaren Mikrofone zu.
Gut, dass die Niere häufiger verwendet wird als die anderen Patterns – sie klingt am besten. Das trifft aber auf fast alle umschaltbaren Mikrofone zu.
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Fazit

Warm Audios WA-14 ist ein wirklich sehr gut klingendes, charaktervolles Mikrofon für einen sehr angenehmen Preis. Das ist schon einmal das Wichtigste. Im Nierenzustand klingt das Mikrofon sehr gut – dass andere Patterns nicht ganz mithalten können, ist keine Seltenheit bei vielen Mikrofonen unter 1000 Euro. Insgesamt erhält man ein hochwertiges Mikrofon, das eine feine Höhen- und Mittenauflösung bietet, und das einem das Signal sehr direkt „ins Gesicht springen“ lässt. Das ist beeindruckend, bei sehr tieffrequenten Signalen vielleicht ein wenig viel. An die ersten 414er erinnert vor allem der Charakter der Anreicherung in den Höhen, es sollte aber jedem klar sein, dass es sich beim WA-14 um eine klare Anlehnung an das Vorbild handelt, nicht um einen möglichst naturgetreuen Klon. In jedem Fall erhält man für wenig Geld ein sehr gutes Werkzeug – und damit ist der „Auftrag“ von Warm Audio ein weiteres Mal erfüllt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • gut klingendes, charaktervolles Mikrofon zum guten Kurs
  • präsenter, einnehmender Klang
  • hochwertige Bauteile und Verarbeitung
Contra
  • Kugel und Acht fallen klanglich ab
Artikelbild
Warm Audio WA-14 Test
Für 379,00€ bei
Warm_Audio_WA14_AKG_C414_Clone_8
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Wandlerprinzip: Echtkondensator, Doppelmembran
  • Empfängerprinzip: Druckgradient
  • Membrangröße: groß (1“)
  • Richtcharakteristik: Kugel, Niere, Acht
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • maximaler Schalldruckpegel mit Pad: 138 dB(SPL) (0,5% THD)
  • Pad: 10 dB, 20 dB
  • Preis: € 599,– (Straßenpreis am 01.09.2017)
Hot or Not
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Die Brikettform des C414 ist nur angedeutet.

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Profilbild von Kassel99

Kassel99 sagt:

#1 - 20.01.2020 um 12:22 Uhr

1

Ein Vergleich zwischen Austrian Audio OC18, Lewitt 640 TS, Warm Audio WA14 und einem AKG C414 XLII wäre mal spannend zu hören. Alles Mikrofone mit dem gleichen Urahnen, oder?

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 20.01.2020 um 14:13 Uhr

    0

    Hallo Kassel99,sicher, ein Direktvergleich ähnlicher Mikros ist immer spannend. Wir hatten die genannten halt zu deutlich unterschiedlichen Zeiten (also tatsächlich Jahren!). Das mit dem Urahn: Sicher ist es das C414 (oder genauer: eines der C414), das bei den genannten seinen Einfluss gehabt hat. Aber je nachdem, wieviel Bedeutung man dem zugestehen will, ist beispielsweise die Kapsel des Lewitt mittenkontaktiert, die in C414ern verbaute randkontaktiert. Und prinzipiell haben alle heutigen Kondensatormikrofone fast die gleichen Urahnen – was daran liegt, dass es vor einem guten halben Jahrhundert schlichtweg nur eine gute Handvoll nennenswerter Hersteller gab!Beste Grüße
    Nick

    Antwort auf #1 von Kassel99

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