Hand aufs Herz: Als Keyboarder hat man es nicht unbedingt leicht, einen gewissen Glamour ins Setup zu bringen. Und ziemlich weit unten im Sortiment stehen Keyboardamps. Unscheinbare Helfer, die zudem um ihren Job nicht zu beneiden sind, denn sie müssen sich mit brüllenden Gitarrenamps messen, gleichzeitig aber souveräne Generalisten sein. Der kanadische Hersteller Traynor ist nun angetreten, dem Aschenputtel-Dasein dieser Gattung ein Ende zu bereiten und präsentiert die K-Serie mit drei Modellen, die angetreten sind, sowohl optisch wie akustisch eine gute Figur zu machen.
Am Anfang steht wie immer die Frage, was ich eigentlich von einem guten Keyboard-Amp erwarte. Dann und wann hört man den Wunsch, ein solcher könnte doch wie seine Gitarren-Kollegen mit einem eigenen Sound aufwarten. Das macht in Spezialfällen Sinn, wenn man beispielsweise ein Fender Rhodes durch einen Gitarrenamp schickt oder wenn man an das berühmte Duo Hammond/Leslie denkt. Als Generallösung ist ein solches Ansinnen aber eher Unfug. Die meisten Keyboardsounds, ob von E-Piano, Workstation oder Analog-Synth, sind dazu bestimmt, ohne weitere Soundbearbeitung verstärkt zu werden. Oftmals bringen sie sogar Amp-Emulationen mit. Und zudem decken sie klanglich wie frequenztechnisch ein extrem weites Spektrum ab. Das heißt: Ein Keyboard-Amp für den allgemeinen Gebrauch muss ein starker Alleskönner sein, der in der Lage ist, ein breites Frequenzspektrum möglichst druckvoll und vor allem weitgehend ungefärbt wiederzugeben. Nichts ist schlimmer als unser mit Schweiß und Tränen erarbeiteter, feiner Clavia-Pianosound, der von einem quäkenden Amp zugrunde gerichtet wird, ganz zu schweigen von fetten Moog-Sounds, die plötzlich klingen, als kämen sie durch einen Strohhalm.
Eine naheliegende Lösung der Verstärkungsproblematik sind deshalb z. B. aktive PA-Boxen, die genau die beschriebenen Kriterien erfüllen. Ich selber habe mir vor Zeiten einen Dynacord AM-12 zugelegt, der mit einem 12″-Speaker auf der Bühne einen sehr guten Job macht. Eine weitere Idee ist erstaunlicherweise die Verwendung von Bass-Combos. Einige eignen sich mit ihrem schönen Bass-Druck und einem recht weiten Frequenzspektrum auch hervorragend als Keyboard-Amp. Wichtige Fragen an unseren Testkandidaten wären also: Wie steht es um seine Durchsetzungskraft und seine Klangtreue? Und welche Features machen den Spezialisten möglicherweise überlegen gegenüber einem PA-Lautsprecher oder einem Bass-Amp?
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Details
Die bei uns weniger bekannte kanadische Firma Traynor hat vor allem Bass- und Gitarrenverstärker in ihrem Portfolio. Mit K1, K2 und K4 bietet sie außerdem eine Verstärkerserie für Keyboards an, der man ihre Herkunft ansieht: solide Mehrschichtholz-Gehäuse mit Metallecken, wuchtige Metallgitter vor den Speakern und ebenfalls sehr robust wirkende, schicke Potis auf der Front. Der K1 stellt die kleinste Variante in dieser Reihe dar und ist mit einer Nominalleistung von 120 Watt ausgestattet. Eingebaut sind ein 10″ Bass/Mitten-Speaker sowie ein Hochtöner, bei dem sich Traynor offenbar selbst nicht sicher ist, welche Größe er besitzt. Auf der Website des Herstellers ist abwechselnd von 2,5″ und 4,75″ die Rede, im Manual nur von 2,5″. Da ich vom Gitterabschrauben und Selber-Nachmessen abgesehen habe, entscheiden wir hier nach Mehrheitsverhältnissen und sagen: 2,5″. Jedenfalls werden die Speaker von zwei separaten Endstufen angetrieben.
Der Combo verfügt über Gummifüße für die vertikale oder horizontale Aufstellung, eine angeschrägte Ecke für die Verwendung als Wedge sowie ein Flansch für Boxenstative. Erfreulich auch der solide, versenkte Stahlgriff, den wir den bei Keyboard-Amps sonst üblichen Gummigriffchen absolut vorziehen. Insgesamt gefällt mir das Powerpaket K1 optisch sehr gut. Mit dem kompakten Gehäuse, dem schicken, leicht nach vorne gewölbten Gitter vor den Speakern und dem schön gestalteten Bedienungspanel bewirbt er sich geradezu um eine prominente Platzierung auf der Bühne.
Die äußeren Werte des K1 sind also vorbildlich, er sieht solide, wertig und kraftvoll aus und gibt sich beim Thema Bühnenpositionierung nicht den Hauch einer Blöße. Auch mit Eingängen geizt der kleine Kanadier nicht: Insgesamt vier stehen zur Verfügung, wobei sie unterschiedliche Funktionen und auch jeweils differierende Ausstattungen haben. Kanal 1 präsentiert sich mit zwei 6,3mm Klinkenbuchsen als der Eingang der Wahl für Stereo-Keys. Gain, Pan sowie Bass und Höhen sind regelbar. Kanal 2 ist ein Mono-Eingang, bietet aber neben einem Standard-Klinkeneingang auch XLR. Auch hier sind Gain, Bässe und Höhen regelbar. Die Bedienungsanleitung enthüllt zudem ein kleines Schmankerl: Die beiden Inputs von Kanal 2 können auch gleichzeitig benutzt werden, sodass sich theoretisch sogar eine fünfte Klangquelle anschließen lässt. Kanal 3 ist mit einem Standard-Klinkeneingang und lediglich einem Gainregler eher spärlich besetzt. Das aber macht Sinn, denn er soll als Monitor-Input genutzt werden. Folgerichtig wird sein Signal zwar an die Speaker geschickt, nicht aber an die Ausgänge des Amps – zum etwas verwirrenden Thema Routing kommen wir später. Schließlich bietet uns der K1 noch zwei Cinchbuchsen, die als Stereo-Aux-Eingang dienen und nicht regelbar sind.
Auf der Ausgangsseite werden die Möglichkeiten schon etwas schmaler: Ein Line-Out und ein Stereo-Kopfhörerausgang sind im großen Klinkenformat im Angebot. Dass der Line-Out nur mono ist, gehört zu den großen Mysterien des Konzepts. Damit schafft es das Stereosignal von Kanal 1 lediglich unbeschadet zum Kopfhörerausgang (der allerdings bei Benutzung die Lautsprecher deaktiviert), ansonsten wird er zu einem Mono-Signal gemischt. Leider ein klarer und leicht vermeidbarer Minuspunkt.
Zwei mit “Link” überschriebene Klinkenbuchsen runden die Abteilung Konnektivität ab. Sie dienen dazu, zwei K1-Amps zu einer kleinen Stereo-PA zusammenfügen. Da die Box für eine solche Verwendung durchaus konzipiert ist (Stativ-Flansch), ist das ein sehr schönes Feature, auch wenn es in Sachen Routing in diesem Fall vermutlich besonders unübersichtlich wird.
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Praxis
Mit immerhin 14 kg Gewicht ist der K1 nicht gerade leicht. Er lässt sich aber, auch dank des roadtauglichen Griffs, gut handhaben. Dabei bestätigt sich der wertige, optische Eindruck. Bei den Potis wären allerdings definitiv größere Investitionen ins Material nötig gewesen. Sie sind komplett aus Plastik, einige schaben beim Drehen leicht über die Panel-Oberfläche und dem Pan-Knopf fehlt eine Raste in der Mittelstellung. Damit nicht genug, kratzen die Gain-Potis im Regelbereich nach 12 Uhr deutlich. Bedenkt man, dass der K1 nicht gerade zum Schnäppchenpreis zu haben ist, bleibt völlig unverständlich, warum hier beim Material so gespart wurde.
Bei der Schaltung der Potis scheint zudem ein kleiner Bug passiert zu sein: Der Pan-Regler von Channel 1 wirkt sich nicht nur auf diesen Channel aus, sondern gleichermaßen auf den Aux-Eingang. Sollte das so geplant sein, würde mich sehr interessieren zu erfahren, welchen Sinn das haben könnte. Als erste Klangquelle nutze ich einen iPod, um zu sehen, wie sich der K1 bei einem breiten Frequenzspektrum quasi als Mini-PA schlägt. Über den Aux-Eingang kommt zunächst etwas Ernüchterung auf. Das Ganze klingt recht mittenbetont, ohne Brillanz und auch ohne deutliche Bass-Abbildung. So also haben sich die Ingenieure den Grundsound des K1 vorgestellt. Beim Wechsel auf Kanal 1 und unter Zuhilfenahme des EQs sieht die Sache dann völlig anders aus. Mit ein wenig Bassanhebung und einer deutlichen Portion Höhen blüht der Sound extrem auf. Dicke Beats gibt der K1 auch bei mittlerer bis hoher Lautstärke souverän und trocken wieder. In seiner Klangcharakteristik erinnert er an Nahfeldmonitore, die treu und ohne Mittenknick im Frequenzgang antworten. Ich bin beeindruckt. Natürlich kann man von einem 10″-Speaker kein Bass-Inferno erwarten – auch dann nicht, wenn der Frequenzgang mit 20Hz bis 20KHz angegeben ist. Aber der K1 macht seine Sache wirklich gut.
Die Channel-EQs greifen mit 15db Absenkung und Anhebung und bei ziemlich breit gesetzten Frequenzbändern ordentlich zu.
Audio
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Aber das ist genau das, was man sich von einem 2-Band-EQ erhofft. Im Zusammenspiel mit der eher mittigen Charakteristik des Grundsounds hat man erstaunlich gute Möglichkeiten, den Sound sinnvoll zu gestalten. Einen Clavia-Pianosound verstärkt der K1 ebenfalls sehr soundgetreu und druckvoll. Gerade bei diesen natürlichen Sounds brechen doch einige Amps ein und lassen das eigentlich gute Soundmaterial künstlich und dünn klingen. Keine Spur davon beim K1. Gleichermaßen gut machen sich Rhodes und Wurlitzer, die knackig und rund in den Raum dringen. Bei analogen Synth-Sounds kommt dem Amp besonders sein straffer, trockener Sound zugute. Somit klingen beispielsweise kurze Arpeggios extrem präsent und kraftvoll. Weder bei den Höhen noch in den Bässen fehlt etwas. Grundsätzlich kommt der Sound des K1 dem eingangs beschriebenen Ideal recht nahe. Aus meiner Sicht verdient er hier Höchstnoten. Entscheidende Punkte muss ein spezialisierter Keyboard-Amp aber auch bei der Ausstattung sammeln. In diesem Punkt gibt sich der K1 redliche Mühe, hat aber deutlichen Verbesserungsbedarf. Die EQs, die uns in Kanal 1 und 2 zur Verfügung stehen, machen ihre Sache gut. Dass hier mehr geboten wird als nur einen EQ für alle, ist insbesondere dann erfreulich, wenn man z. B. ein Mikro anschließt und dessen Sound getrennt regeln kann. Allerdings bietet die Konkurrenz dafür in der Regel mindestens 3-Band-EQs, Hartke glänzt gar mit einer 7-Band-Ausführung. Roland bietet auch bei seinen günstigeren Keyboard-Amps eine kleine Effektsektion an. Die entsprechende Qualität vorausgesetzt, würde man dieses Feature beim K1 durchaus begrüßen, denn er bietet sich mit dem XLR-Eingang auch für die Verstärkung von Gesang an. Bei den Tastensounds würde man vielleicht hier und da zu einem Chorus greifen wollen, doch insgesamt finde ich Effekte bei einem Keyboard-Amp tendenziell unsinnig – weshalb ich sie beim Traynor K1 auch nicht vermisse.
Sehr entscheidend hingegen ist die Frage, was der K1 bei Ein- und Ausgängen zu bieten hat. Hier scheint man sich durchaus Gedanken gemacht zu haben und bemüht zu sein, vielfältige Optionen zu bieten. Mit einem Stereo-Eingang, XLR, Cinch und verschiedenen Ausgänge steht ja auch einiges auf der Habenseite. Jedoch macht das Ganze unter dem Strich einen etwas unbefriedigenden Eindruck auf mich.
Ganz oben auf der Liste mit den großen Fragezeichen steht das Thema Mono/Stereo. Zwar kann man über Kanal 1 eine Stereo-Soundquelle anschließen, aber für dieses Signal gibt es kaum sinnvolle Abnehmer. Sowohl beim Speakersystem, das nicht für Stereobetrieb ausgelegt ist, als auch am Line-Out kommt ein gemischtes Mono-Signal an. Bleibt der Kopfhörerausgang, der, wie erwähnt, bei Verwendung die Lautsprecher zum Schweigen bringt und für dessen Nutzen mir nur begrenzte Beispiele einfallen. Und natürlich die sogenannten Link-Aus- und -Eingänge, über die zwei K1 zu einer kleinen PA verschaltet werden können. Auch wenn in diesem Fall eine Stereo-Abbildung sicherlich schön ist, dürfte es sich dabei um ein Nebenthema handeln. Denn wer hat schon zufällig zwei Exemplare des Amps im Kofferraum? Somit bleibt der Stereoinput weitgehend nutzlos.
Bei der Konzeption der Anschlüsse scheint mir Traynor ein wenig das Normalszenario aus den Augen verloren und sich zu sehr um die Spezialoptionen gekümmert zu haben. Ein klassisches Keyboarder-Setup: Zwei Keyboards (natürlich mit Stereo-Outputs), die zum einen auf der Bühne verstärkt sein wollen und zum anderen als Stereomix Richtung FOH geschickt werden. Hier aber lässt uns der K1 im Stich. Nur ein Keyboard kann stereo angeschlossen werden, und auch dieses Signal gelangt dann nur mono an einen Ausgang. Alles weitere – wie Anschluss eines Mikrofons, eines CD-Players zum Üben etc. – sind nach meinem Dafürhalten Spezialitäten, die zusätzlich gerne an Bord sein dürfen, beim K1 aber bereits ab Channel 2 ins Geschehen eingreifen. Hinzu kommt, dass das gesamte Routing recht unübersichtlich ausgefallen ist, sodass man schon die Nase tiefer ins Manual stecken muss, um zu ergründen, welcher Eingang jetzt unter welchen Bedingungen wo ankommt. Mit zwei verlinkten K1 kann man zu dieser Frage dann wahrscheinlich viele schöne Stunden des Experimentierens verbringen. Besonders ärgerlich bleibt für mich dabei der Line-Out in Mono-Ausführung. Zwar patzt hier mit Ausnahme von Roland auch die Konkurrenz sehr gerne, jedoch korrespondiert dies dann häufig damit, dass der Amp auch nur Mono-Eingänge besitzt. Wenn aber schon ein Stereo-Eingang zur Verfügung steht, erscheint es wenig nachvollziehbar, keinen Stereo-Ausgang anzubieten. Ein Blick auf die anderen Modelle der K-Reihe von Traynor zeigt: Auch der K2 muss mit einem Mono-Line-Out leben, während der K4 diesen in Stereo vorweisen kann, sogar in XLR-Ausführung. Dies entlarvt das Ganze leider als Konzernpolitik. Man weiß bei Traynor sehr wohl, dass die Stereo-Variante beim Line-Out nottut, hat diese aber dem größten Modell der Reihe vorbehalten, das doppelt so teuer ist wie der K1. Sehr schade, denn mit einem Mono-Line-Out fällt der K1 als (einfacher) Mixerersatz im Grunde aus, was seinen Nutzen deutlich mindert. Dass zudem sehr viel günstigere Amps wie der Roland KC-110 mit einem Stereo-Line-Out ausgestattet sind, macht dieses Manko beim K1 eigentlich inakzeptabel.
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Der Traynor K1 punktet durch seine gelungene Optik und eine weitgehend sehr gute Verarbeitung. Lediglich die Potis können nicht überzeugen. Vorbildlich hingegen sind die unbegrenzten Möglichkeiten, die der K1 bei der Bühnenpositionierung bietet: horizontal, vertikal, als Wedge, auf einem Stativ – alles im Angebot. Der Sound des K1 ist exzellent und überzeugt mit einer für diese Größe souveränen Wiedergabe, auch wenn die Grundcharakteristik etwas mittenlastig ausgefallen ist. Bei den Ein- und Ausgängen bricht der K1 im Vergleich zur Konkurrenz leider ein. Die Konzeption mag für spezielle Setups passen, deckt aber den Grundbedarf eines Keyboards nur unzureichend ab. Insbesondere die Makel bei der Handhabung von Stereosignalen bringen deutliche Minuspunkte. Wer mit den beschränkten Anschlussmöglichkeiten leben kann und vor allem Wert auf einen guten Sound legt, für den ist der K1 durchaus interessant. Angesichts des nicht gerade geringen Preises dürfte er es etwas schwerer haben, als Gesamtpaket zu überzeugen.
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