Spitfire Audio Albion Collection Test

Spitfire Audios Claim lautet: „We make sounds for film composers“, und der Unterclaim für die Albion-Collection: „Everything you need to make film music.“ Damit wäre die Stoßrichtung mehr als geklärt. Albion One, die erste Library der Reihe, war eine der ersten Libraries von Spitfire überhaupt und als Rundum-Sorglos-Paket gedacht – eine Library, die alle Komponenten enthält, die man zur Filmmusikproduktion braucht: Orchester, Percussion, Synths und Loops.


Dieses Konzept wurde weiter entwickelt und erstreckt sich mittlerweile über fünf Libraries, die in unterschiedliche Themen und Zwecke einkategorisiert sind. Was diese fünf Libraries können, was sie gemeinsam haben und worin sie sich unterscheiden, haben wir uns für euch näher angesehen.

Details

Download und Installation

Die Albion Collection lädt man zum Glück nicht als Ganzes, sondern in fünf Einzel-Libraries herunter. Das ist insofern ein Glück, weil man insgesamt ca. 240 GB aus dem Netz zieht und Spitfires Server nicht die schnellsten sind. Es dauert also eine ganze Weile. Runtergeladen wird über die hauseigene Spitfire-App, registriert per Native Access und dann kann es endlich losgehen.

Die Gemeinsamkeiten

Was bedeutet eigentlich Albion? Wikipedia weiß es: Albion ist ein alter Name für England. Eine nette Selbstreferenz inklusive britischem Understatement – dann kann es ja losgehen. Alle Libraries haben die gleiche Struktur, von kleinen Varianten abgesehen.
Das Albion Orchestra ist ein Orchester mit unterschiedlicher Größe und Besetzung, je nach Library-Ausrichtung. Gemeinsam ist allen Orchestern, dass sie nur Gruppen anbieten (Streicher, Holz, Blech), aber keine Einzelinstrumente (Violine, Flöte, Posaune etc.). Bearbeitungen der Orchesteraufnehmen finden sich im Ordner „Stephenson’s Steam Band“. Hierfür wurden die Aufnahmen auf verschiedenste Weisen bearbeitet, mit Synth erweitert, durch Effekte geschickt usw. Dargeboten werden die Patches in Spitfires eDNA Engine, in der sich zwei Soundquellen miteinander synchen und auf verschiedenste Arten mit Effekten weiterbearbeiten lassen.

Albions sattes Synthie Modul; die eDNA-Engine

GUI und Mikros

Ebenfalls gemeinsam ist allen fünf Libraries das viel zu kleine GUI, inklusive Bearbeitungsmöglichkeiten und Mikrofonpositionen (Close, Tree, Ambience, Outrigger).
Die Bearbeitungsmöglichkeiten bleiben angenehm schlank. Es gibt Möglichkeiten, CC zu mappen, das Round-Robin-Verhalten zu regeln und Keyswitches anzulegen, außerdem gibt es Regler für Dynamics, Expression, Release, Tightness und Reverb sowie einen Reverb-Easymix-Fader, mit dem sich zwischen den Polen Close und Far herumfahren lässt.

Fotostrecke: 2 Bilder Das schlanke und leider zu kleine GUI der Albion Collectionu2026

Das Studio

Alle Libraries wurden in der Hall der Air Studios aufgenommen. Das bedeutet also: gleiches Studio, gleiche Mikropositionen und vermutlich auch gleiches Equipment. Ich habe es noch nicht getestet, aber ich könnte mir vorstellen, dass sich aufgrund dieser Tatsache Sounds der verschiedenen Libraries ziemlich einfach miteinander kombinieren lassen.

Albion One

Grundlage von Albion One ist ein 109-Musiker-Ensemble. Es wird also episch. Artikulatorisch bleibt es im Orchester bei den Grundlagen: lang, kurz, Tremolo, Pizzicato, das war‘s. Auch die Percussions sind groß angelegt, klingen aber schön erdig, mächtig und cineastisch, und dabei nicht auf Hochglanz poliert, das gefällt mir gut. Richtig Gas geben die Brunel Loops und die Stephenson’s Steam Band. Beide Kategorien kommen mit etlichen Unterordnern und Patches. Spätestens hier wird klar, wessen Geistes Kind diese Library ist. Es geht um fetten, epischen Hybridsound mit warmer Grundierung, bei dem das Orchester eher als satter Farbton, denn als filigraner Organismus verstanden wird. Das macht Spaß und gerade da, wo Spitfire in die Vollen geht und mit Zerre und Warps das Material komplett durch den Wolf dreht, wird es ausgesprochen unterhaltsam – wenn allerdings auch immer und ausschließlich groß.

Das Mutterschiff der Collection: Albion One
Audio Samples
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Albion One: Brass Albion One: Brunel Loops Albion One: Darwin Percussion Ensemble Albion One: Stephensonu2019s Steam Band Albion One: Strings Albion One: Winds

Albion III Iceni

Die Iceni waren ein keltischer Volksstamm in den heutigen Grafschaften Nor- und Suffolk. Erste Assoziation meinerseits: rau und kriegerisch. Aber vielleicht bin ich auch zu sehr durch das Cover der Library beeinflusst. Jedenfalls: Hier geht es ums orchestrale Low End. Dementsprechend gibt es nur tiefes Holz, tiefes Blech und tiefe Streicher. Artikulatorisch bleibt es schlank: lang, kurz, Feierabend. Die Bläser bringen noch ein paar Rips und FX mit, aber das war es dann auch. Die Percussion ist ebenfalls tief angesiedelt. Was diese Library speziell macht, sind wieder Stephenson’s Steam Band und die Brunel Loops. Bei beiden geht es elektronisch, dreckig und verzerrt zur Sache, allerdings auf eine Art, die sich perfekt in das orchestrale Klangbild einfügt. Die Namensassoziation wird also eingelöst, die ganze Library klingt hart, düster und dreckig, allerdings auf eine schöne Art. Von allen Libraries aus der Collection ist das hier vermutlich meine liebste, insbesondere wegen der elektronischen Komponenten.

Orchestrales Low End und harte Elektronik: Albion III Iceni
Audio Samples
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Albion III Iceni: Brass Albion III Iceni: Brunel Loops Albion III Iceni: Darwin Percussion Ensemble Albion III Iceni: Stephensonu2019s Steam Band Albion III Iceni: Strings Albion III Iceni: Woods

Albion IV Uist

Uist ist eine schottische Inselkette, die zu den äußeren Hebriden gehört. Was das mit der Library zu tun hat, sei mal dahingestellt, denn hier geht es experimentell und aleatorisch (zufällig) zu. Als einzige Library bietet Uist weder Percussion, noch Brunel Loops, noch Stephenson’s Steam Band. Es gibt nur Orchester, das allerdings en masse. Dem Motto „Zufall und Experiment“ entsprechend gestalten sich die Patches. Holz, Blech und Streicher sind in high und low aufgeteilt und innerhalb dieser Aufteilung werden geboten: lange Noten, tonale und atonale Phrasen, tonale und atonale Texturen, tonale Stings und Stabs. Klanglich ist das, wie bisher alles, allererste Güte, aber es bleibt die Frage, wie viel man damit alleine anfangen kann?
Uist ist die bisher einzige Library, bei der ich es mir nicht recht vorstellen kann, allein mit ihr ein ganzes Stück zu produzieren. Es sei denn, es soll nahezu ausschließlich aus Effekten bestehen. Womit Uist auch treffend beschrieben wäre: Es ist eine Orchester-FX-Library. Obwohl sie nicht mit dutzenden Steam Band Patches kommt, liefert sie doch die eDNA Engine. Innerhalb der Engine stehen verschiedene Pads zur Auswahl, die sich miteinander kombinieren lassen. Was diese Pads mit den Orchesteraufnahmen zu tun haben, erschließt sich mir zwar nicht, sie fügen sich aber dennoch passgenau ins Klangbild ein.

Albion IV Uist: orchestrale aleatorische und atonale Effekte
Audio Samples
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Albion IV Uist: Brass High Albion IV Uist: Brass Low Albion IV Uist: Stephensons Steam eDNA Albion IV Uist: Strings High Albion IV Uist: Strings Low Albion IV Uist: Woods High Albion IV Uist: Woods Low

Albion V Tundra

Tundra (Kältesteppe) klingt genauso wie es der Name suggeriert; still, karg, kühl, weit. Hier dreht sich zum ersten Mal das Verhältnis um: Brunel und Stephenson treten in den Hintergrund und sind eher schmückendes Beiwerk, der eigentlich Effekt wird durch neuartige Artikulationen des Orchesters erzielt. Zwar gibt es auch hier wieder nur die recht grobe Einteilung in hoch und tief, aber die Spieltechniken sind teilweise singulär. So gibt es zum Beispiel bei den Streichern die Artikulationen Frozen, Air and Ice und Gypsy. Von allen dreien habe ich keine Ahnung, was sie genau sind und worin die spieltechnische Anweisung besteht.
Bei Holz und Blech finden sich Patches wie Granular Flutters, Hollow, Multiphonics, Slight Bends. Alles ist tendenziell leise, verändert sich organisch, bildet seltsame Cluster und leichte Verstimmungen. Das ist gleichermaßen schön wie außergewöhnlich. Diese Library klingt wirklich wie eine karge Landschaft. Auch die Percussion bleibt dezent und gedämpft. Brunel und Stephenson haben wieder einiges im Angebot. Da es ja immer um ein Gesamtklangbild der Library geht, liefern auch die beiden hier eher dezentere Sachen als in den bisherigen Libraries. Wer sich mit Tundra näher beschäftigen möchte: Hier geht es zum ausführlichen Bonedo-Test.

Albion Tundra: leise, karg, weit.
Audio Samples
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Albion V Tundra: Brass High Albion V Tundra: Brass Low Albion V Tundra: Brunel Loops Albion V Tundra: Darwins Percussion Albion V Tundra: Stephensonu2019s Steam Band Albion V Tundra: Strings High Albion V Tundra: Strings Low Albion V Tundra: Vral Grid Albion V Tundra: Woods High Albion V Tundra: Woods Low

Albion NEO

War bei Albion One epische Größe das Programm, so widmet sich Albion NEO dem gegenteiligen Konzept: Kammerorchester. Der Soundgedanke lässt sich ganz gut mit intim, hybrid und zeitgenössisch beschreiben. Dieses Konzept wird von verschiedenen Seiten angegangen. Es geht los mit der Besetzung, die insbesondere bei den Bläsern bemerkenswert ist. Das Holz besteht aus zwei Flöten, zwei Klarinetten und zwei Saxophonen. Das sorgt für einen warmen, intimen und originellen Sound. Beim Blech verhält es sich ähnlich: Hier kommen zwei Hörner, zwei Flügelhörner, zwei Euphonien und eine Posaune zum Einsatz, eine ebenfalls unorthodoxe Kombination.
Weiter geht es mit den Artikulationen, die bei den Streichern eine solide Mischung aus altbewährten (lang, kurz, pizz., con sordino) und neueren Spieltechniken bilden (long pulses, long slow detune). Ebenso verhält es sich bei den Bläsern (long and short vs. long detune, long hollow, long pulses.) Percussion gibt es bei Albion NEO nicht, dafür aber Segla Textures. Was Segla Textures zu Segla Textures macht, verrät Spitfire Audio nicht. Es handelt sich jedenfalls um eDNA-Patches, die in den Kategorien Electronic und Organic präsentiert werden. Brunel und Stephenson sind ebenfalls wieder mit von der Partie, wobei Stephenson seine Patches in Electronic und Neoclassic vorsortiert. Rein massetechnisch wird wieder reichlich geboten und klanglich ist und bleibt alles A-Klasse. Ein markantes Extra dieser Library ist das Harmonium. Zwei Register wurden aufgenommen und es wurden freundlicherweise auch noch sechs Warped-Patches erstellt. Das ist eine willkommene Erweiterung, denn gut aufgenommene Harmonien sind generell schwer zu kriegen.

Die Antipode zu Albion One: das kammermusikalische Albin NEO
Audio Samples
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Albion Neo: Brass Albion Neo: Brunel Loops Albion Neo: Harmonium Albion Neo: Segla Textures Albion Neo: Stephensonu2019s Steam Band Albion Neo: Strings A Albion Neo: Strings B Albion Neo: Woods

Fazit

Spitfire Audios Albion Collection ist eine satte Ansage. Erschlagend viel Content trifft auf Praktikabilität trifft auf exzellente Qualität. Die Libraries eignen sich wie beabsichtigt perfekt für Film und Werbung, denn sie sind eindeutig auf effizientes und schnelles Arbeiten ausgerichtet: Die Sounds klingen alle groß und mächtig, Zeit zum Editieren oder Schön-machen fällt kaum an. Auch das Instrumentenangebot ist dementsprechend. Wohlwissend, dass im Tagesgeschäft meist keine Zeit bleibt, komplexe Streicher- oder Bläsersätze zu schreiben, wird auf Einzelinstrumente gänzlich verzichtet und nur mit dem großen Pinsel gemalt. Das geht zwar hier und da zulasten der Intimität, aber um das auszugleichen, gibt es ja andere (Spitfire) Libraries, die sich mit Albion kombinieren lassen. Kurz und gut: Seinen Plan, Sounds für Filmmusik zu liefern und Filmkomponisten das Leben zu erleichtern, hat Spitfire Audio übererfüllt. Mit einer einzelnen Library ist man, je nach Aufgabe, schon gut versorgt. Mit der Collection, die sicher noch wachsen wird, ist man nahezu überversorgt und extrem gut gerüstet für alles, was da kommen mag. Das Bundle ist zwar nicht billig, preislich aber angemessen und sicherlich jeden einzelnen Cent wert.

PRO
  • Klangqualität
  • Masse des Angebots
  • Vielseitigkeit aufgrund verschiedener Themenschwerpunkte
  • In sich kohärente Libraries, die jeweils ein Spektrum von Orchester bis Elektronik abdecken
CONTRA
  • Extrem kleines und tendenziell nerviges GUI
FEATURES
  • 153214 Samples; 243 GB Content
  • Orchester
  • Percussion
  • Loops
  • Hybrid-Orchester-Sounds
  • Orchester-FX
  • Verschiedene Schwerpunkte in jeder Library
  • Teils ungewöhnliche, einzigartige Artikulationen
  • Simples GUI
  • Systemanforderungen
  • MAC OS X 10.10 oder später, Intel Core 2 Duo, 16 GB RAM
  • PC Windows 7, Windows 8, oder Windows 10 (letztes Service
  • Pack, 32/64-bit) Intel Core Duo oder AMD Athlon 64 X2, 16 GB RAM
Preise
  • Collection: 1599,- €
  • Preis pro Library: 449,- €
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Klangqualität
  • Masse des Angebots
  • Vielseitigkeit aufgrund verschiedener Themenschwerpunkte
  • In sich kohärente Libraries, die jeweils ein Spektrum von Orchester bis Elektronik abdecken
Contra
  • Extrem kleines und tendenziell nerviges GUI
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Spitfire Audio Albion Collection Test
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