Propellerhead Reason 9.5 Test

Der größte Wunsch der User geht endlich in Erfüllung: Propellerhead erweitert seine bislang geschlossene Musikproduktionssoftware Reason mit einer VST-Schnittstelle. Was für Nutzer anderer DAWs zunächst unspektakulär klingt, ist ein Meilenstein in der Reason-Geschichte. Im Gegensatz zu allen anderen DAW-Herstellern behüteten die Schweden ihre Software nämlich all die Jahre wie eine Glucke ihre Küken, wenn es darum ging, Instrument- und Effekt-Plug-ins einzubinden.

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Begründet wurde diese Produktpolitik mit Beeinträchtigungen von Stabilität und Kompatibilität der Software. Wer Plug-ins nutzen wollte, musste bislang zusätzlich eine weitere DAW wie Cubase, Logic oder Ableton Live verwenden. Auch die speziell für Reason entwickelten Rack-Extensions konnten den umfangreichen Markt der Plug-ins nicht ersetzen. Kein Wunder also, dass so mancher Nutzer die Hoffnung aufgegeben hat, Reason irgendwann einmal als vollwertige DAW zu verwenden. Doch das soll sich nun ändern. Wie gut Propellerhead diese Aufgabe umgesetzt hat, werden wir mit diesem Test herausfinden!

Details

Verfügbarkeit und Preis

Das Update auf Version 9.5 ist für Reason-9-Nutzer kostenlos. Um ältere Versionen auf Reason 9.5 zu aktualisieren, müssen 129 Euro Straßenpreis eingeplant werden. Reason 9 läuft auf Intel-Macs mit macOS 10.7 oder neuer sowie auf Intel- oder AMD-PCs mit Windows 7 oder neuer. Mindestvoraussetzung sind zudem 4 GB Arbeits- sowie Festplattenspeicher.

VST-Kompatibilität

Schön, dass man diese Überschrift im Zusammenhang mit Reason überhaupt einmal in Verbindung bringen darf. Denn wie viele Nutzer habe auch ich nach insgesamt 17 Jahren die Hoffnung irgendwann aufgegeben, Reason irgendwann einmal als vollwertige DAW zu verwenden. Nun ist die VST-Schnittstelle aber endlich da. 
Leider hat man die Kompatibilität auf VST beschränkt, obwohl viele Mac-User wohl weitestgehend mit AU-Plug-ins arbeiten. Dass sowohl VST als auch AU innerhalb einer DAW möglich sind, hat Ableton mit seiner DAW längst bewiesen. Auch die Pro Tools-Gemeinschaft wird durch die fehlende AAX-Schnittstelle erst mal enttäuschte Gesichter machen. Hat man seine Plug-in-Sammlung bisher also nur in AU oder AAX installiert, muss man die entsprechenden Instrumente und Effekte also noch mal als VST nachinstallieren.

VST-Plug-ins in Reason 9.5
VST-Plug-ins in Reason 9.5

Systemstabilität

Hinzu kommt, dass VST nur in der 2.4-Variante unterstützt wird. Das vor vielen Jahren eingeführte VST3-Format hält viele Vorteile gegenüber VST2.4 bereit. Darunter Sidechaining, stufenlose Automationen, dynamische Input- und Output-Konfiguration, skalierbare Plug-in-Fenster, Audio-Inputs für Softwareklangerzeuger und nicht zuletzt die Plug-in-Performance. Letztgenanntes Feature ermöglicht es, Plug-ins nur dann zu berechnen, wenn tatsächlich ein Signal anliegt. Für eine DAW wie Reason, die bislang als sehr ressourcenschonend und stabil galt, wäre besonders in puncto Performance ein zusätzlicher VST3-Support wünschenswert gewesen. Auf Nachfrage, erklärte man uns, dass man sich aufgrund der größeren Verbreitung von VST2 gegenüber VST3 für den Vorgänger entschieden hätte.
Was  ebenfalls fehlt, ist eine Art Plug-in-Crash-Schutz („Sandbox”), wie sie u.a. die Berliner DAW Bitwig Studio bereithält. Hängt sich ein Plug-in auf, wird dadurch nicht die DAW-Stabilität beeinträchtigt. Da Propellerhead den fehlenden Plug-in-Support oftmals mit der DAW-Stabilität begründete, wäre ein solcher Schutz ehrlich gesagt zu erwarten gewesen.

Delay Compensation

Durch die Verwendung von VST-Plug-ins entstehen Latenzen, die beispielsweise durch Look-Ahead-Kompression entstehen. Diese Latenzen werden von Reason automatisch mit der neuen Delay Compensation ausgeglichen. Schön ist, dass diese den aktuellen Latenzwert in Millisekunden darstellt und bei Bedarf auch deaktiviert werden kann. Schauen wir uns einmal an, wie Reason mit Plug-ins in der Praxis umgeht.

Praxis

Plug-in-Installation

Wie alle DAWs scannt auch Reason zunächst den VST-Ordner durch. Anders als Apple Logic gibt Reason allerdings keine Rückmeldung über inkompatible Plug-ins. Positiv fällt auf, dass Reason trotz meines üppig gefüllten VST-Ordners nun immer noch nach knapp 13 Sekunden startet! Propellerhead hat die Plug-in-Installation so entwickelt, dass Reason nur nach neu hinzugefügten Plug-ins Ausschau hält, perfekt! Auch das Laden der Projekte geht schnell von der Hand: Sessions, die viele Plug-ins beinhalten, sind gefühlt nicht wirklich langsamer am Start als alte Reason-Projekte, in denen beispielsweise NNXT-Spuren dabei sind.

Plug-in-Handling

Plug-ins werden in DAWs für gewöhnlich in den Mixer-Kanal der entsprechenden Arrangier-Spur eingefügt. Effekte kommen in den Insert eines Kanals, Klangerzeuger in den entsprechenden Instrument-Slot. Reason ist jedoch die einzige DAW, die ein Tonstudio fotorealistisch darstellt. Wie also werden die Plug-ins in Reason 9.5 geladen? Propellerhead hat diese Aufgabe so gelöst, wie man es als Reason-User erwarten würde: Realistischerweise werden die Plug-ins ins Rack eingefügt.

Fotostrecke: 2 Bilder Plug-ins werden als Device ins Rack eingefügt.

Als alter Reason-Hase verläuft das Plug-in-Handling also ebenso, wie man es von Reason gewohnt ist: Im Browser befinden sich nun neben den gewohnten Reason-Devices die Plug-ins. Lädt man also ein VST-Instrument, wird es wie sonst auch ins Rack eingefügt. Als visuelle Orientierungshilfe zeigt die DAW eine Miniaturvorschau (Thumbnail) des Plug-ins im Kleinformat direkt im Rack.

Um die Plug-in-Parameter zu bedienen, wird ganz einfach der „Open Button“ betätigt – ähnlich wie in anderen DAWs. Daraufhin wird das Plug-in in einem Schwebefenster geöffnet. Das kennt man als Reason-Nutzer so zwar nicht, es wird aber in allen anderen DAWs ebenfalls so gehandhabt. Wäre aber trotzdem übersichtlicher und praktischer, wenn man die Plug-ins virtuell ins Rack schrauben könnte (zur Not auch skaliert).

Fotostrecke: 2 Bilder Damit die Plug-ins auch im Rack zu erkennen sind, zeigt Reason eine Vorschau.

MIDI-Mappings

Im Vergleich zu vielen DAWs war es in Reason schon immer leicht, Parameter der Software auf Hardware-Controller zu übertragen. Ein Rechtsklick mit der Maus auf Parameter genügt, um Parameter eines Effekts, Klangerzeugers oder Hilfsgerätes auf einen MIDI-Controller zu mappen. Wie sieht es nun bei den Plug-ins aus? Viele DAWs haben das Mapping mittlerweile vereinfacht, dennoch ist es beispielsweise in Cubase, Logic und Pro Tools noch immer nicht möglich, einen Parameter ohne Umwege direkt einem Hardware-Bedienelement zuzuweisen.
Im bisherigen Reason Workflow wurde zum Mapping schlicht und einfach mit der rechten Maustaste das Remote-Control-Menü geöffnet und daraufhin ein Bedienelement an der Hardware bewegt, fertig! Die gute Nachricht: Mit den Plug-ins verläuft es ähnlich! Einziger Unterschied ist, dass dazu ganz einfach ein Button im Plug-in Fenster betätigt wird – statt der rechten Maustaste. Daher ist es sogar noch übersichtlicher als vorher: Remote-Button anwählen, Hardware-Regler bedienen, fertig!

Automationen

Ebenso einfach verhält es sich mit dem Automatisieren der Plug-in-Parameter. Diese werden auch nicht über ein Kontext-Menü, sondern über einen entsprechenden Button eingerichtet. Leider verfügt Reason im Gegensatz zu anderen DAWs noch immer über ausschließlich einen einzigen Automations-Modus: Latch. Die Automations-Modi sind aber im Grunde nur dann interessant, wenn eine Automation mit einem Controller oder der Maus live aufzeichnet. Mit Latch bleibt ein Parameter auf dem letzten Wert, der eingestellt wurde. Da ich in anderen DAWs ebenfalls am liebsten im Latch-Modus arbeite, finde ich das absolut in Ordnung, aber das ist natürlich Geschmacksache.

Control Voltage mit Plug-ins!

Last but not least gehört Reason zu den wenigen DAWs, die von Beginn an auf ein modulares Konzept mit CV (Control Voltage) gesetzt haben, wie man es sonst von Synthesizern oder dem Eurorack kennt. Hierbei handelt es sich um Steuerspannungen, die noch aus der Pre-MIDI-Ära stammen. In Reason sind diese zwar virtuell, jedoch nicht weniger flexibel. Da man CV auch nutzen kann, um Plug-in-Parameter zu steuern, bietet Reason einen entscheidenden Vorteil gegenüber den meisten DAWs. Auf der Rückseite des Reason-Racks bieten die meisten Module nämlich neben den Audio-Inputs und – Outputs auch CV-Kanäle. Demnach lässt sich nun jedes erdenkliche Plug-in mit CV-Features füttern – und davon gibt es in Reason reichlich. 
Jedes Plug-in-Fenster besitzt in Reason insgesamt acht CV-Programmer. Diese können die CV-Daten anderer Devices empfangen. In einer entsprechenden Matrix lassen sich die Inputs den Plug-in-Parametern zuweisen – sehr gut! Simpel und dennoch übersichtlich umgesetzt! In Reasons Rack-Extension-Store findet man einiges an CV-Modulen. Ich nehme im Folgenden Reasons kostenlosen „Pulsar“. Ein typischer LFO, der Wellenformen in einer bestimmten Rate (in Frequenz oder auch taktgenau) an den CV-Ausgang leitet. Verbindet man Pulsars CV-Out nun mit einem Plug-in-CV-Programmer, lässt sich dieser nun in der Matrix einem Plug-in-Parameter zuweisen. Der Parameter wird daraufhin wie von selbst bewegt, was sogar im Plug-in-Fenster visuell dargestellt wird.
Wem die Zuweisung in der Matrix zu unübersichtlich sein sollte (falls beispielsweise der gewünschte Parameter nicht gefunden wird), kann auch die praktische Learn-Funktion nutzen. Einmal gedrückt, muss nur noch der gewünschte Plug-in-Parameter ausgewählt werden – saubere Arbeit, Propellerhead!

Für wen lohnt sich das Update?

Zum ersten Mal in der Reason-Geschichte liegt die Antwort ganz klar auf der Hand. Für Besitzer einer Reason-9-Lizenz sollte das Update aufgrund der kostenlosen Verfügbarkeit auf dem Pflichtprogramm stehen! Seit Reason 1 das Licht der Welt erblickte, ist es erstmals möglich, Instrument- und Effekt-Plug-ins in die schwedische DAW zu laden – und das sollte man auch nutzen. Schließlich bietet der Plug-in-Markt weitaus mehr als die Reason-Extensions.
Leider muss auch Reason 9.5 ohne Video-Import auskommen und ebenfalls auf 5.1-Surround-Plug-ins verzichten. Zur Videovertonung wird man demnach weiterhin auf andere DAWs ausweichen müssen. Das wird die Reason-Gemeinde zum Großteil sicher als unerheblich betrachten, da sich die schwedische DAW ihren Platz eher als Beat-Schraub-Maschine geschaffen hat.
Der Updatepreis von 129 Euro ist für Nutzer älterer Reason-Versionen ebenso angesetzt wie die bisherigen Aktualisierungen. Da man Reason nun mit unendlich vielen VST-Plug-ins füttern kann, gab es wahrscheinlich noch nie zuvor ein Update, das sich in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis mehr gelohnt hat! Schließlich gibt es mittlerweile sogar eine große Auswahl an hervorragenden kostenlosen Plug-ins. In unserem Freeware Special haben wir euch die besten Gratis-Plug-ins herausgepickt.
Um herauszufinden, ob sich das Update im individuellen Fall lohnt oder nicht, sollte man definitivdie kostenlose Testversion laden und der Kreativität freien Lauf lassen!

Fazit

Alles richtiggemacht: Mit dem Update auf Reason 9.5 ist Propellerhead ein Meilenstein in der eigenen DAW-Geschichte gelungen! Zwar unterstützen andere DAWs schon seit jeher Plug-ins, in Kombination mit den beliebten Reason-Features wie CV-Steuerdaten eröffnen sich aber flexiblere Möglichkeiten. Die einfache Handhabung von MIDI-Mappings und Automationen, die man in Reason schätzt, findet genauso in den Plug-ins ihre einfache Verwendung. Einziger Wermutstropfen ist, dass Reason 9.5 nur VST2.4 Plug-ins unterstützt. Aber nun sind VST-Plug-ins mit von der Partie, der Schritt zu VST3 ist nicht mehr weit! Wer Reason bislang wegen fehlendem Plug-in-Support gemieden hat, sollte der DAW spätestens jetzt eine zweite Chance geben. Allen bisherigen Reason-Nutzern wird das Update uneingeschränkt empfohlen! Besonders Reason-9-User profitieren von der Aktualisierung, da Propellerhead das 9.5-Update kostenlos zur Verfügung stellt!

Pro
  • Plug-in-Support
  • einfache Fernsteuerung
  • Plug-in-Steuerung mit CV
  • benutzerfreundliche Plug-in-CV-Matrix
  • kostenloses Update von Reason 9
Contra
  • nur VST 2.4
  • Plug-in-Miniaturvorschau nicht aktuell
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Features
  • modulare Digital Audio Workstation mit internem CV-Routing
  • unterstützt VST2.4-Plug-ins
  • CV-Programmer für Plug-ins (CV-Plug-in-Matrix)
  • SSL 900+ Emulation als virtueller Mixer
  • Erstellung von Subgruppen und Parallel-Spuren
  • Players dienen als Spielhilfe (Scales and Chords, Note Echo und Dual Arpeggio)
  • Pitch-Editor zur Tonhöhen-, Formant-, Vibrato- und Pitchdrift-Editierung
  • Bounce-in-Place-Funktion
  • Audio-to-MIDI
  • Audio-to-REX-File
  • Benutzeroberfläche mit 3 Designs
  • Audio Timestretch-Algorithmen
  • Comp Editor
  • Blocks zum schnellen Arrangieren
  • Transpose, Slicing und Quantisierung
  • Quickzoom im Sequenzer
  • unbegrenzte Anzahl an Spuren (abhängig von Computerleistung)
  • Ansteuern externer MIDI-Geräte
  • ReWire-2.0-Schnittstelle
  • 9 virtuelle Instrumente: KONG Drum Designer, Dr. Octo Rex Loop Player, Subtractor, Malstroem & Thor, 2 Sampler
  • über 1.000 neue Sounds
  • 23 Effekte: darunter Amp- und Speakermodels von Softube, Alligator, The Echo, Pulveriser, Scream 5, Neptune, Convolution Reverb RV-7000 MK2, MClass Mastering Effects, uvm.
  • Spectrum Analyzer
  • weitere Rack Extensions im Propellerhead Shop
  • Systemvoraussetzungen: schnelle Internetverbindung vorausgesetzt, Mac OS X 10.7 – Intel Mac mit Dual Core Prozessor, Windows 7 – Intel- oder AMD Dual Core Prozessor, 4 GB RAM Arbeitsspeicher, 4 GB freier Festplattenspeicher
Preis
  • Vollversion: 335 Euro
  • Update: 129 Euro
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Plug-in-Support
  • einfache Fernsteuerung
  • Plug-in-Steuerung mit CV
  • benutzerfreundliche Plug-in-CV-Matrix
  • kostenloses Update von Reason 9
Contra
  • nur VST 2.4
  • Plug-in-Miniaturvorschau nicht aktuell
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Propellerhead Reason 9.5 Test
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