Ortofon VNL Test

Mit dem VNL präsentiert Ortofon seinen neusten Tonabnehmer aus dänischer Fertigung. Das MM-System ist speziell für DJs entwickelt und kommt als Unterdecksystem, sprich für die Montage unter ein Standard-Headshell. Der Wandler hat gleich drei leicht unterschiedliche Nadeleinschübe im Gepäck und zielt auf budgetorientierte Käufer ab, die sich einen Abtaster wünschen, dem man einen gelungenen Kompromiss aus Soundqualität und Tracking-Performance attestieren kann. Exakt hier setzt die Beigabe der drei mitgelieferten Nadeln an, denn diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Nadelnachgiebigkeit und zwangsläufig somit auch in ihrer Abtastfähigkeit. Doch dazu später mehr. Ob Ortofon der Drahtseilakt gelungen ist und das VNL befähigt hat, Vinyl- und Timecode-Deejays gleichermaßen anzusprechen, erfahrt ihr im folgenden Testbericht.

01-Ortofon-VNL-Dirty-Teaser

Details

Lieferumfang
Den Weg aus der Verpackung finden der MM-Tonabnehmer VNL mit einem vormontierten VNL II, der User Guide, ein Satz Montageschrauben und -muttern sowie zwei weitere mit Nadelschutz versehene Nadeleinschübe, namentlich VNL I und VNL III.

Fotostrecke: 2 Bilder Neben dem VNL erhielt ich auch noch passend dazu ein SH-4

VNL aus der Nähe…

Das Chassis des Schallwandlers ist aus einem steifen, aber nicht unbedingt sehr harten Kunststoff gefertigt in dessen Oberseite eine Montageplatte aus Metall eingelassen ist. Das besondere Erscheinungsbild des dänischen Tonabnehmers weiß durchaus zu gefallen, selbst das krasse Weiß des Chassis fügt sich nahtlos in das gesamte Erscheinungsbild des Dänen ein. Ein derartiges Design ist mir bislang noch nicht untergekommen. Endlich mal was Neues. Ich muss gestehen, ich bin entzückt.
Die metallene Kopfplatte wird die Montage wesentlich erleichtern und die geraden Gehäusekanten machen aus dem VNL ein leicht justierbares System. Sehr gut, das ist bei den dänischen Unterdecksystemen für DJs nicht unbedingt immer der Fall gewesen. Ich denke dabei vor allem an die OM-Tonabnehmer, die keine horizontale Flanke besitzen, an der man sich hinsichtlich der Parallelität zum Vinyl optisch orientieren kann.
Der doch recht simple Nadelschutz erweist sich mit der Zeit als ziemlich praktisch. Entgegen meiner Annahme lässt er sich auch einfach nach unten wegziehen. Er kann aber auch entfernt werden, indem man ihn nach vorne schiebt. Nachteilig bei dieser Vorgehensweise ist, dass man bei jedem zweiten Vorgang auch den Nadeleinschub gleich mit aus seiner Halterung herauszieht. Die Anschlussbuchsen sind vergoldet, so muss man keinen Gedanken an Oxidation und den damit einhergehenden Kontaktschwierigkeiten verschwenden.

Fotostrecke: 4 Bilder Auch ein genauer Blick auf …

Technische Daten

Ortofon empfiehlt offiziell vier Gramm Auflagegewicht und setzt damit seine Empfehlung irgendwo inmitten seines zulässigen Auflagegewichtsbereichs, der zwischen zwei und fünf Gramm liegt. Den maximalen Spitzenpegel, den das VNL auszugeben vermag, beziffert Ortofon mit 6 mV, was als durchschnittlich zu bewerten ist. Angaben darüber, bei welcher Frequenz gemessen wurde, vermisse ich aber.
Mit der empfohlenen Lastimpedanz von 47 kOhm und der empfohlenen Lastkapazität von 200-600 pF folgt Ortofon dem weltweiten Industriestandard für MM-Tonabnehmer. Den Übertragungsbereich beziffert der dänische Hersteller mit dem Frequenzband zwischen 20 Hz und 22 kHz bei einer maximalen Abweichung von -2dB/+4dB, was auch eher durchschnittlich und für dieses Preissegment üblich ist.
Das Eigengewicht des VNL liegt bei 6,5 Gramm und die Höhe beträgt etwa 17,5 mm (gemessen im installierten Zustand von der Unterkante des Headshells bis zum Vinyl bei 3 Gramm Auflage). Beide Werte sollten bei einer exakten Justage unter normalen Umständen keine Probleme bereiten. Alle drei Nadeln sind mit einem sphärischen Nadelschliff versehen. Welchen Ursprungs der Abtaster ist und aus welchem Material der Nadelträger gefertigt wurde, kann man weder den Prospekten noch der Homepage entnehmen.

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VNL I, II oder III?

Die drei mitgelieferten Nadeleinschübe sind zum Ausprobieren gedacht. Ob das VNL auch in ferner Zukunft noch mit allen drei Abtastern ausgeliefert wird, wird man sehen, darf aber angezweifelt werden. Die Mitglieder des Trios unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der Compliance, zu Deutsch der Nadelnachgiebigkeit:
VNL I – 16 µm/mN
VNL II – 15 µm/mN
VNL III – 14 µm/mN
In der Regel wird die Auslenkung der Nadel in µm gemessen, wenn auf diese eine vordefinierte Kraft von einem Milli-Newton wirkt. Umso größer die Auslenkung, desto besser ist die Abtastfähigkeit des Systems. Somit verwundert es nicht, dass die Abtastfähigkeit (gemessen bei 315 Hz) seitens des Herstellers beim VNL I mit 100 µm, beim VNL II und VNL III nur mit 90 µm angegeben wird.
Das Ganze hat folgenden Hintergrund: DJ-Abtaster sind baubedingt immer kompromissbehaftet. Sie sollen bei allen DJ-Manövern fest in der Rille sitzen und so gut, wie möglich klingen. Physikalisch bedeuten die beiden Anforderungen, dass die Aufhängung des Nadelträgers so starr wie möglich ist, um betriebssicher in der Rille zu verbleiben, aber gleichzeitig auch noch so weich wie möglich sein soll, um allen Auslenkungen der Rille zu folgen, damit auch die feinsten Amplitudenunterschiede darzustellen.
Dass dieses Vorhaben keine der beiden Anforderungen zu 100 Prozent erfüllen kann, erscheint einleuchtend. So erhält jeder Käufer des aktuellen VNL-Systems eine Wahlmöglichkeit, dessen Zeitraum allein auf die Lebensdauer der Abtaster beschränkt ist, was man durchaus als sehr komfortabel bezeichnen kann.

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