Anzeige

M-Audio Nova Test

Soviel steht schon mal fest: Wer im Studio Gesang einigermaßen hochwertig aufnehmen möchte, kommt um ein Großmembran-Kondensatormikrofon kaum herum. Natürlich lassen sich damit auch andere Signale aufzeichnen, doch die menschliche Stimme ist das Haupteinsatzgebiet dieser Gerätegattung. Die Mikrofontechnik – vor allem die Feinmechanik – ist in den letzten Jahren preiswerter geworden und die Nachfrage stetig gestiegen, sodass neue Anbieter und Modelle wie Pilze aus dem feuchten Herbstboden schießen. Meine Verwunderung, als ich das erste Mal ein Mikrofon von M-Audio gesehen habe, war etwa so, als ob dieser gewisse Computerhersteller mit dem Obst-Emblem plötzlich damit anfangen würde, Computerschreibtische anzubieten. Schließlich ist M-Audio vor allem für seine Interfaces bekannt. Unser Test soll klären, ob M-Audio es mit der Erweiterung seiner Produktpalette ernst meint, oder es sich um “Schaut-her-wir-können-das-auch”-Produkte handelt.  Schreibt man es auseinander bedeutet “Nova” auf Spanisch “geht nicht”. Ein schlechtes Omen?

M-Audio_Nova_VorWand


Im Bereich preiswerter Großmembran-Kondenser ist die Konkurrenz für das Nova immens. Japanische, chinesische, deutsche und amerikanische Hersteller buhlen um die meist junge Kundschaft. Zwar gehört M-Audio zum amerikanischen Unternehmen Avid, jedoch wird das Mikrofon wahrscheinlich in China produziert. Zumindest gibt es keinen anderslautenden Hinweis. “Made in USA” würde von den Marketingexperten entsprechend auffällig platziert werden, da es durchaus ein Verkaufsargument ist. Aber alleine die Preisregion, in der sich das Nova bewegt, spricht dagegen. Gerade aufgrund seines Preises ist dieses Mikrofon primär für Erstkäufer interessant, die für tontechnische Gehversuche nicht gleich auf eine Mahlzeit am Tag verzichten wollen. Auch als zusätzliches Mikrofon, etwa als Alternative zu einem bereits vorhandenen Premium-Mikrofon, könnte sich das M-Audio eignen. Denn zu längst nicht jeder Stimme passt auch jedes Mikrofon, so hochwertig es auch sein mag. Selbstverständlich sind Kondenser dieser Bauart auch für die Instrumental-Abnahme geeignet, zum Beispiel als Distanzmikrofon vor Bassdrum oder Verstärker.  Das Nova ist nicht das einzige Mikrofon des Herstellers, sondern das preiswerteste von sechs Kondensatormikrofonen. Das teuerste unter ihnen ist mit einem Preis von gut € 700 schon nicht mehr “Einsteiger-Mikrofon” zu nennen.

Details

Auf den ersten Blick schön und unauffällig

Für das Design des Nova standen offensichtlich die Produkte des deutschen Erfinders der Kondensator-Mikrofontechnik Pate. Daher ist es schön und unauffällig. Trotz des erstaunlich geringen Preises: Nix Plastikgehäuse. Der Korpus ist ein konischer Metalltubus. Wie bei dieser Bauart üblich, kann man ein großes Gewinde an der Unterseite des Mikrofons abschrauben und somit den Blick auf den Verstärker freilegen. Um die unterseitige XLR-Buchse herum erkennt man ein weites Gewinde, das dazu dient, die mitgelieferte Mikrofonhalterung aufzunehmen. Eine Spinne gehört nicht zum Lieferumfang, jedoch ist das Mikrofon kompatibel zu den marktüblichen Klemmspinnen. M-Audio bietet aber mit dem SM-4 auch einen zum Mikrofon passenden Shock-Mount an.

Das Nova kommt schlicht mit Halterung, Kunstlederetui und Mikrofonkabel
Das Nova kommt schlicht mit Halterung, Kunstlederetui und Mikrofonkabel

Ohne Pad und Filter geht auch

Schalter gibt es keine an diesem Mikrofon, denn zu schalten gibt es nichts: Auf verschiedene Charakteristika verzichtet der Käufer eines Nova genauso wie auf Trittschallfilter und Vordämpfung. Dies muss kein Manko sein, denn Stimme wird im Regelfall mit Nierencharakteristik aufgezeichnet; es existieren hervorragende Mikrofone auf dem Markt, die ebenfalls nicht über Filter oder Pad verfügen. Ein nicht umschaltbares Kondensator-Mikrofon wie das Nova verfügt über eine einzelne Membran. Schaut man durch das stabile Metallgitter, erkennt man das 1,1 Zoll messende goldbedampfte Häutchen. Von der Haupt-Aufsprechrichtung aus – also von “vorne” – erkennt man den Mittenkontakt an der Membran, von der Off-Axis aus – bei der Niere von “hinten” – die gelöcherte Gegenelektrode. Als Laufzeitglied ausgeführt, sorgt sie für die feste Nierencharakteristik der Nova-Kapsel. Im Innern des Mikrofons werkelt eine Class-A-Schaltung mit Feldeffekttransistoren, was für Mikrofone dieser Preisklasse nicht unbedingt Usus ist. Der Hersteller gibt die Empfindlichkeit mit mittelmäßigen 16 mV/Pa an, das Rauschen mit 14 dB (A-gewichtet). Schon bei 128 dB SPL wird die Zerrgrenze angegeben. Diese erscheint auf den ersten Blick niedrig, doch verfügt das Nova nicht über ein Pad, das diese Grenze um 10 oder gar 20 dB nach oben verschiebt. Außerdem ist es immer eine Frage der Definition: Während einige Hersteller diese Grenze bei 1% THD (“Total Harmonic Distortion”) definieren, tut M-Audio dies schon bei 0,5%. Also alles Roger! Der Frequenzbereich des Mikrofons beträgt laut Hersteller 20 Hz bis 18 kHz bei einer erstaunlich geringen Toleranz von +/- 1 dB. 
Das Nova wird in einem kleinen Karton geliefert, der neben dem Mikrofon eine kleine, englischsprachige Anleitung beinhaltet, zuvor genannte Halterung, ein Kunstlederetui und – man höre und staune – ein Mikrofonkabel.

Anzeige

Praxis

Starke Verarbeitungsmängel

Au Backe! Es ist sicher kein gutes Zeichen, dass man schon Stirnrunzeln bekommt, wenn man ein Testgerät gerade aus seiner Verpackung geschält hat. Die Oberflächenbehandlung zeigt deutlichen Blasenwurf!

Qualitätskontrolle ist offenbar ein Fremdwort: Bläschenbildung auf der Oberfläche!
Qualitätskontrolle ist offenbar ein Fremdwort: Bläschenbildung auf der Oberfläche!

Discounter-Ware?

Dies ist nicht nur ein Hinweis auf wirklich grottenschlechte Verarbeitung, sondern auch für entweder minderwertige oder überhaupt nicht vorhandene Qualitätskontrolle. Schlimmer noch die Befürchtung, dass eine ganze Charge Novas mit dem Gedanken “Na, egal. Kostet ja eh nicht viel, da müssen die Kunden mit so was rechnen.” einfach in die Läden gestellt wird. Meine Damen und Herren, heute zeigen wir ihnen, weshalb es sich häufig nicht lohnt, das Billigste zu kaufen. Der Vergleich mit billiger Wurst vom Discounter verbietet sich hier aus Rücksicht auf die eventuell nervösen Lesermägen. Sicher: Wir haben hier einen optischen Fehler an einem Audio-Gerät, doch drängen sich die Rückschlüsse auf die sonstige Qualität förmlich auf.
Weitere offensichtliche Verarbeitungsmängel gibt es nicht. Es klappert nichts, die Gewinde sind ordnungsgemäß geschnitten und der Korb fest verbaut. Die Lötstellen auf der Platine können sicher nicht als leuchtendes Beispiel für sauber ausgeführte Arbeit herangezogen werden, aber da gibt es durchaus Schlimmeres. Das Kabel verheimlicht seine Herkunft China nicht und ist, wie zu erwarten, kein Rauschwunder, aber es ist gratis dabei – und das ist doch zumindest nett.

Können die inneren Werte überzeugen?

Eine schlechte Verarbeitung ist zwar ärgerlich, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass es generell mit der Qualität im Argen liegt. Jeder kennt Berichte über die anfälligen englischen Nobel-Limousinen, und wer einmal die Verarbeitung teurer englischer Analogpulte gesehen hat, wird genauso gestaunt haben. Diese klingen dafür umso besser. Wie verhält es sich nun beim M-Audio Nova? Außen pfui, innen hui? Unsere Testreihe offenbarte Folgendes: Die Angabe des Frequenzbereichs (20 Hz – 18 kHz) bei nur einem Dezibel Toleranz scheint zu stimmen. Allerdings ist sowohl nach der Theorie als auch nach dem Test nicht davon auszugehen, dass sich diese Leistung alleine die Kapsel auf die Fahnen schreiben kann. Es klingt vielmehr wie mit einer HiFi-Loudness-Schaltung bearbeitet, also nachträglich angehoben. Dies ist nicht sonderlich angenehm, aber auch keine Katastrophe. In den Mitten wirkt das Nova allerdings recht undifferenziert, schmiert sogar leicht. Das ist unangenehm. Die eigentliche Problematik liegt aber im Dynamikverhalten des Kondensator-Mikrofons, weil Signale jeglichen Pegels stark komprimiert werden und deshalb äußerst dicht und belegt klingen. Ein Vergleich mit einem Referenzmikrofon macht deutlich, wie luftig, klar und authentisch die meisten Studiomikrofone solche Signale übertragen können. Während das Referenzmikro transparent und spritzig klingt, erscheint scheint das Nova schwerfällig und behäbig. Als wäre das nicht genug, werden scharfe Konsonanten wie S und T unnatürlich und überspitzt wiedergegeben. Sie schneiden geradezu und müssen sehr stark mit dem De-Esser bearbeitet werden.

Audio Samples
0:00
weibliche Vocals mit dem Nova weibliche Vocals mit Referenzmikro männliche Vocals 10 cm Abstand männliche Vocals 30 cm Abstand

Hinweis zu den Audiofiles:
Die Aufnahmen wurden im Tonstudio unter professionellen Bedingungen durchgeführt. Um die Eigenschaften genau erkennen zu können, solltest du mit hochwertigen Kopfhörern oder über ein gutes Lautsprechersystem abhören. Das Referenzmikrofon ist ein Neumann TLM 127, das für seine hohe Qualität und seinen unaufdringlichen Charakter bekannt ist.

Zumindest bei der Rauscharmut ist das Nova Spitzenklasse

Natürlich gibt es auch Erfreuliches zu berichten: Das Eigenrauschen ist mit 14 dB(A) angegeben. Diese Messungen werden zwar mit simplen Filtern (hier die “A-Bewertung”) an das menschliche Gehör angepasst, haben jedoch trotzdem nur eingeschränkte Aussagekraft über das tatsächlich wahrgenommene Rauschen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass das Gehör um ein Vielfaches zu komplex ist, als dass es mit einfacher Filterung nachgeahmt werden könnte. Die 14 dB(A) des M-Audio sind per se schon ordentlich, aber tatsächlich hört man kaum etwas.

Das M-Audio Nova im Studiotest
Das M-Audio Nova im Studiotest
Anzeige

Fazit

“No va”, also “geht nicht”, trifft auf das M-Audio Nova nicht zu. Denn es geht. Genauer gesagt: Es geht so. Denn über die Probleme des Großmembran-Mikrofons kann man nicht hinweghören. Das Gerät funktioniert zwar, aber selbst bei derart geringen Preisen sollten Audio- und Verarbeitungsqualität besser sein. Das Nova kann man jedoch auch als Aufforderung verstehen, sich bei Kaufwünschen nicht immer unbedingt am untersten Ende der Preisskala zu orientieren. Wer ein wenig mehr aus dem Sparstrumpf zu kramen bereit ist, kann deutlich bessere Mikrofone in Betracht ziehen. Eine langfristige Investition ist das M-Audio definitiv nicht. Daher ist es im Endeffekt oft teurer, einige Monate später festzustellen, dass man doch nicht zufrieden ist und sich ein teureres, besseres Mikrofon zu besorgen. Dann lieber sofort. Da auch M-Audio für diesen Fall etwas im Programm hat, muss es also noch nicht einmal ein anderer Hersteller sein. Meine Erfahrungen mit den höherpreisigen M-Audios sind durchweg gut. Allerdings sollte man zur Sicherheit auch diese Modelle vor dem Kauf auf Verarbeitungsfehler prüfen und auf ihre Audioqualiät hin untersuchen. Vom Nova jedoch sollte man besser in jedem Fall die Finger lassen.

Unser Fazit:
1 / 5
Pro
  • Kabel im Lieferumfang
  • preiswert
  • klassisches, unauffälliges Design
  • rauscharm
Contra
  • komprimiert stark
  • unnatürliche, überspitzte S- und T-Laute
  • Mitten klingen verwaschen und undifferenziert
  • fehlerhafte Verarbeitung
Artikelbild
M-Audio Nova Test
Für 59,00€ bei
Eigentlich gehört das Testmikrofon entsorgt - aber bitte nicht in den Mülleimer!
Eigentlich gehört das Testmikrofon entsorgt – aber bitte nicht in den Mülleimer!
TECHNISCHE DATEN
  • Großmembran-Kondensator-Mikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Grenzschalldruck-Pegel 128 dB SPL
  • Feldübertragungs-Faktor 16 mV/Pa
  • Eigenrauschen 14 dB(A)
  • Frequenzgang 20 Hz – 18 kHz
  • Preis € 111,00 (UVP)
Hot or Not
?
M-Audio_Nova_VorWand Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von Frank

Frank sagt:

#1 - 06.06.2014 um 01:22 Uhr

0

Ja, noch kein Kommentar hier, wo fängt man denn da an.
In diesem Studio hier gibt es eine kleine Palette an Großmembranern, in verschiedener Qualität und Preisklasse. Das Nova ist in der typischen Asienkollektion, der unteren Preisklasse anzusiedeln. Da gibt es einige Mikros, die wirklilch der oberen Liga auch Paroli bieten können, weil sie alles andere als schlecht übertragen und klingen. Das Nova wurde angeschafft weil man damals mit einer 1,1" Membran die Werbetrommel schwang, und für diesen Preis, ein Alleinstellungsmerkmal. Die Klangeigenschaften einer solchen Membran unterscheiden sich dann doch von den typischen 1" Asia Mebranern. Und für einige Einsatzwecke ist eine 1,1" Membran wirklich interessant. Also dieses Mikro geordert, aber dann kam die herbe Enttäuschung. Der Klang ist wie in diesem guten Test beschrieben überhaupt nicht passend zu einem Großmembraner dieser Membrangröße. Insbesondere für Vocals eher unbrauchbar. Das Gehäuse und Korb ist dagegen sehr solide ausgeführt. Die Platinen sind in der diskreten Ausführung (Version ohne SMD- Bauteile) in dieser Preisklasse überdurchschnittlich. Da die Klangqualität aber nicht überzeugte, verschwand das Nova im Schrank. Zu einem späteren Zeitpunkt kam das Mikro wieder hervor, und der Korb wurde demontiert. Die Großmembran die zu Vorschein kam war alles, aber keine 1.1" Membran, jetzt wurde auch klar warum dieses Mikro nicht wie erwartet klingt. Es ist nichts anderes als die typische 1" Membran, die zu Hauf auf dem Markt sind, und auch teilweise sehr ordentlich klingen können.
Da war ich dann doch sauer, denn es kann doch nicht sein das man mit 1,1" Werbung betreibt.
Den Support kontaktiert, dann kamen sehr interessante Aussagen, z.b. das man die Membrangröße zwischen den Klemmschrauben des Ringes misst. Schreck nach las nach, es wurde noch schlimmer. Mittlwereile hatte ich die Membran auf ein Teströhrenmikro geschraubt was einem Neumann M 147 entspricht. Ernüchternd, die Membran ist wirklich der erwartete Schwachpunkt des Mics. Der Support hatte immer mehr Probleme sich zu äussern. Sie gingen irgendwann auf Tauchstation, die Daten des Mikros werden heute immer noch mit 1.1" angegeben.
Was soll ich sagen, wer ein solides Grundgerüst für einen Eigenbau sucht, der findet hier brauchbares Matrial. Mit einer besseren Membran kann man dieses Teil sogar noch erfolgreich verwenden. Das war es aber dann auch.

Profilbild von Bernhard

Bernhard sagt:

#2 - 11.06.2014 um 20:48 Uhr

0

Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen! Nachdem ich das hier gelesen hatte, musste ich meine beiden Nova gleich mal aufschrauben und nachmessen. Es ist definitiv keine 1.1" Kapsel verbaut! Ausserdem war in einem Befestigungsloch ein Gewindebohrer abgebrochen. Die andere Kapsel sah sogar noch schlimmer aus! Die Membrane war in sich verdreht und musste erst durch vorsichtiges lösen und erneutes anziehen der Schraube ausgerichtet werden. Mehr als peinlich! Anscheinend hat AVID das auch erkannt und hat sich von M-Audio gelöst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Korg MiniKorg 700Sm Demo (no talking)
  • Meinl Polyphonic Brilliant 15" Hi-Hat #meinlcymbals