Gretsch umschwirrt eine Aura der Unantastbarkeit, eine Aura, deren Fundament, die exzellente Trommelbau-Kunst, ein riesiges Gebäude aus legendären Recordings legendärer Trommler hält. „That Great Gretsch Sound“ ist beispielsweise das Tüpfelchen auf dem I vieler großer Jazz-Platten, keine Trommelfirma war so früh – nämlich schon in den sechziger Jahren – dazu imstande, Trommeln auf einem derart hohen Niveau zu produzieren. Sogar heute noch klingen die Gretsch-Sets von damals topmodern. Das liegt allerdings vor allem daran, dass die anderen Firmen entscheidend aufgeholt haben, gute Verarbeitung und sauberer Klang sind heutzutage kein Alleinstellungsmerkmal mehr, hochwertige Kits verkaufen inzwischen vor allem die Billighersteller von Einst. Was macht Gretsch? Es bringt ein Einsteiger-Set auf den Markt! Günstig ist es und das stylische, rote Sparkle-Finish ist ein deutlicher Fingerzeig. Tradition drückt sich bei Drums immernoch am besten mit Glitzer aus: Schaut her, wir waren schon immer da und machen immernoch die coolsten Trommeln!
Das ist doch eigentlich schonmal fein, ein echtes, ganzes Gretsch-Set für um die sechshundert Euro erstehen zu können. Und man scheint sich bei Gretsch an die goldenen Zeiten zu erinnern, als die Jasper-Shells wie geschnitten Brot über den Ladentisch gingen. Ja, das waren gute Zeiten für gute Instrumente. Tatsächlich erinnert beim Catalina Club-Set einiges an diese Ära: das Folien-Finish, der Holz-Spannreifen der Bassdrum, die Maße, die Hardware, das Mahagony. Selig müssen sie sich in den Armen liegen bei Gretsch, sie haben ihren Durst nach Tradition mit diesem Set vorerst gestillt, zumindest hinsichtlich des wirklich tollen Looks. Wir haben es hier aber mit einem wirklich günstigen Einsteiger-Set zu tun, auch wenn das Set sehr hochwertig aussieht. Wenn jetzt noch der Klang die Erwartungen übertreffen kann…
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Details
Das neue Catalina-Club Set von Gretsch gibt es in fünf saucoolen, neuen Finishes, drei lackierten und zwei geklebten. Und wer geklebte Finishes nicht kennt und sich womöglich zu Unkenrufen hinreißen lässt, Folien schlügen Wellen, beeinträchtigten den Sound und seien ein Indiz für schlechte Verarbeitung, dem sperre ich beidhändig die Lauscher auf: Folienkleben haben die Hersteller inzwischen (nach nunmehr fast 80 Jahren der Kleberei) gelernt! Mag sein, dass sich Folien auf die Kesselschwingung, und gleichzeitig auf den Sound auswirken, wirklich negativ werten lässt sich diese Einflußnahme nicht. Alle unsere Lieblingsrecordings von damals, seien es Platten aus der Bigband-Ära, die der Beatles, der Rolling Stones, die ganzen Funk-Schinken aus den Seventies: Das sind fast ausnahmslos Schallplatten, auf denen Drumsets mit Folien-Finish zu hören sind. Das ging damals auch garnicht anders, die Kunden hätten ja sonst von dem Schmu mit der miesen Verarbeitung der Kessel Wind bekommen. Das mit der Verarbeitung hat sich global wesentlich verbessert, lustige Rahmenhandlung des Schicksals ist sicherlich, dass ausgerechnet Gretsch zu der Zeit quasi Vorreiter in Sachen Natural-Finish und Lackierungen waren.
Das Testset, das uns der Fender-Vertrieb zur Verfügung gestellt hat, ist ein “Red Sparkle”-Catalina Club Folien-Drumset mit 10“ x 7“ und 12“ x 8“ großen Hängetoms. Die Standtom ist 14 mal 14 Zoll groß, die Bassdrum 22“ x 18“ und die Snare 14“ x 5,5“. Noch vor wenigen Jahren wurden die Catalina-Sets mit acht Lagen Mahagony gefertigt, inzwischen nur noch mit sieben, was dem Punch zuträglich und dem Bass abträglich sein dürfte – also durchaus eine zeitgemäße Maßnahme.
Nicht verändert hat sich bei den grundüberholten Catalinas die 30 Grad abfallende Gratung, die sehr weich abgerundet ist und eine präzise, plan gefräste Auflagefläche auf der zweite Lage von außen bietet. Etwas luftig sind die Lagen verklebt, das wird die Kesselschwingung beeinflussen.
Dass hier der Vintage-Look auch im Detail seine Umsetzung findet, hilft bei der Kostenersparnis, so kommen die Spannschrauben der Bassdrum ohne Plastik-Rim-Schutz aus, die Tomhalterung steckt man in die Bassdrum und der Strainer ist richtig schön Vintage-mäßig etwas hakelig und sowieso sehr rudimentär verarbeitet.
Aber auch die Trommelevolution hat an diesem Drumset ihre Spuren hinterlassen, so sind die montierten Toms bei Gretsch standardmäßig mit einem raffinierten free floating-System für den guten Sustain ausgestattet: Die Halterung ist nicht am Kessel festgeschraubt, sondern an zwei Stellen flexibel am Rim befestigt, der dritte Fixpunkt ist ein Gummistopper, der den Kessel nicht unbedingt fixiert, sondern lediglich dessen Eigenbewegung bremst.
Die beiden gelieferten Pakete kommen denn auch erstaunlich leicht und vergleichsweise handlich verpackt ins Haus geflattert – ohne Hardware. Auffällig ist das Vintage-Design der Bassdrum-Rims. Diese sind ebenso aus Holz, logo, aber ganz im Sinne des Altertums an den Rändern jeweils einige Millimeter breit schwarz lackiert und innen natural gehalten – cooler Look! Die Rims an den Toms und der Snare sind aus klassischem, gestanzten Stahl und fixieren G1-Coated-Felle von Evans. Die Bassdrum ist mit einem Klarsicht-Fell mit integriertem Dämpfungsring und einem beschichteten Reso-Fell bespannt. Felle wiegen bekanntlich nicht viel. Ist der Sound auch ein Fliegengewicht? Weiter geht’s gleich im Praxisbereich…
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Inzwischen wurde von bonedo eine stattliche Anzahl Einsteiger-Sets getestet und bei leisester Kritik bekomme ich von dem Produktmanagern grundsätzlich den Kommentar durchs Telefon diplomatisiert: „vergiss bitte nicht den Preis für das Drumset!“. Okay, diesmal werde ich ihn nicht vergessen, sondern schreibe ihn exponiert direkt hier an den Anfang der Herz-und-Nieren-Prüfung: 653,30 € ist die UVP, für 549 € bekommt man es im Handel. In diesem Preissegment bewegen sich alle wirklich günstigen Einsteiger-Sets der verschiedensten Hersteller, soweit also nichts Neues.
Die Verarbeitung lässt kaum Kritik zu, zwar ist das Set getreu der Preisvorgabe relativ sparsam ausgestattet, die verbauten Parts sind aber durchweg gut konstruiert. Lediglich der Strainer macht so gar keinen Spaß, zwar funktioniert er irgendwie und macht einen robusten Eindruck, bewegen lässt er sich aber nur mit vollem Körpereinsatz. Ein wirklich guter Strainer lässt den Gesamtpreis eines Budget-Bundles nach oben schnellen, diese Abhebung macht also genau das, was sie machen soll: Sie ist günstig und funtioniert irgendwie. Auch nicht richtig geölt wirken die Windungen der Stimmschrauben. Ein gutes Feeling für die Fellspannung bekommen ambitionierte Anfänger damit zwar nicht, das Set klingt aber ohne große Mühe okay und erinnert mich an ein störrisches altes Pferd, das sich zwar nichts sagen lässt, aber trotzdem treu seine Arbeit verrichtet. Es gibt zwei wirksame Wege, dieses Problem zu umgehen. Zum Einen kann man sich eine Tama Tension-Watch kaufen und damit die Fellspannungen auf einen einheitlichen Wert bringen, zum Anderen: Man fettet die Windungen der Stimmschrauben. Aber – wie bereits erwähnt – man kann nicht viel falsch machen, die runden 30 Grad Gratungen der Trommeln geben auch dem ungeübten Stimmer gnädig Erfolgserlebnisse. Noch erfolgreicher würde sich die Suche nach dem guten Sound sicherlich mit besseren Fellen gestalten. Die Kessel sind außerdem etwas schwingungsarm und klingen darum sehr kurz, Obertöne sind Fehlanzeige, der Punch ist etwas stumpf, dafür wirkt sich ein kurzer Sustain natürlich positiv auf die gute Stimmbarkeit des Sets aus.
Der trockene und kurze Ausklang der Kessel findet seinen Ursprung in der relativ lockeren und luftigen Verklebung der einzelnen Holzlagen. Was nicht absolut dicht miteinander verklebt ist, kann auch nicht gemeinsam schwingen. Auch nicht produktiv für einen echten Ton wirken sich die dünnen Stahlspannreifen aus, die schon den direkten Stick-Kontakt abdämpfen. Mit solcherlei Maßnahmen lassen sich natürlich auch die Kosten immens eindämmen, in diesem Fall mit dem Vorteil, dass sich das Set sehr gut stimmen lässt. Erfreulich ist auch, dass als Kesselmaterial Mahagony verwendet wurde. Zwar ist nirgends das dunkle und harte Kernholz zu entdecken, dafür entwickelt das etwas hellere und leichtere Holz dieses Sets einen warmen und tiefen Punch, der dem Set einen edlen Touch gibt. Die Snare ist für ein derart günstiges Set wirklich mit erstaunlich viel Sound ausgestattet, zwar nicht mit besonders viel Attack und Power, aber dafür mit einem vollen Klang. Ein neuer Snareteppich, zwei neue Felle und die Trommel wird von höherwertigen Snares kaum zu unterscheiden sein. Nicht ganz so toll machen sich die Toms, die einzigen Trommeln, bei denen ein langer Sustain – wenigstens optional – unverzichtbar ist. Gepaart mit dem brettharten Spielgefühl der Felle und dem stumpfen Attack sind die Toms zwar spielbar und als Toms erkennbar, aber auch nicht mehr. Da macht sich die Bassdrum deutlich besser: Das Mahagony verhilft ihr zu Tiefenflügen, der Punch ist angenehm und druckvoll. Das ganze Drumset klingt ausgewogen und hat durchaus Karakter, ohne zu speziell zu klingen. Auch für das Catalina Club wird mit dem „Great Gretsch Sound geworben“, wirklich nachvollziehen lässt sich der mit diesem Set zwar nicht, aber dafür erfüllt es wirklich alle Wünsche, die ein Anfänger an ein Allrounder-Drumset für diesen Preis stellen kann.
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Das Gretsch Catalina Club Standard-Set ist ein gutes Anfänger-Drumset, das zwar spartanisch ausgerüstet ist, aber mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und guter Verarbeitung überzeugt. Das Konzept, ein günstiges Drumset sowohl cool Vintage-mäßig aussehen zu lassen und gleichzeitig subtil mit modernen Features auszustatten, geht voll auf. Es ist nicht verkehrt, dieses Set mit Drumsets aus der Preiskategorie um die 1000 Euro zu vergleichen, lediglich die Toms liegen nicht auf diesem Niveau. Meine Zusammenfassung lautet: Das GCCS ist ein guter Allrounder für Einsteiger, lässt sich gut stimmen, ist günstig und gut verarbeitet. Die Felle sollten ausgetauscht werden, der Snareteppich ebenso. Das Set klingt zwar nicht ganz typisch nach Gretsch, aber der Sound des Catalina ist sein Geld wert. Ach so: die Farbe ist natürlich einfach ein Knaller! Tipp: Weitere akustische Einsteiger- und Mittelklasse Sets ab 600 Euro aufwärts, findet ihr auf unsere passenden Themenseite: http://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/akustische-schlagzeuge-einsteiger-und-mittelklasse-test.html
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