Genelec 8350A SAM und 7360A Test

Genelecs 8350A sind die momentan größten Vertreter der netzwerkfähigen SAM-Studiomonitore. Ihnen steht mit dem Genelec 7360A ein ebenso üppig ausgestatteter wie leistungsstarker Subwoofer zur Seite.

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Wir haben uns das Trio angehört und schildern euch unsere Eindrücke.

Details

Die 8350A-Monitore überraschen mit vielfältigen Anschlussmöglichkeiten

Gut 13 Kilogramm wiegen die 8350A pro Stück, und das bei 45 cm Höhe und 27 cm Breite. Bedenkt man nun noch, dass für den achtzölligen Bass 200 und den 1‟-Hochtöner 150 Watt bereit stehen, kommt fast Kompakt-PA-Feeling auf. Wie bei Genelec üblich, steht das Gehäuse aus Druckguss-Aluminium auf einem Iso-Pod, der eine flexible Neigung der Boxen gestattet und Vibrationen minimiert. Die Ei-ähnliche Form nennt der finnische Hersteller „Minimum Diffraction Enclosure“, was bedeuten soll, dass am Gehäuse weniger unerwünschte Reflexionen entstehen als bei herkömmlichen eckigen Boxen. Die ebenfalls eiförmige Einbuchtung im Bereich des Hochtöners, genannt Directivity Control Waveguide, ist dafür zuständig, sowohl On- als auch Off-Axis für eine gleichmäßige Schallverteilung zu sorgen.
Auf der Rückseite überrascht eine für Monitore ungewöhnlich große Zahl an Anschlüssen. Unterhalb der Bassreflex-Öffnung gibt es nicht nur einen analogen Eingang, sondern auch einen AES/EBU-In und -Through sowie zwei Netzwerkbuchsen. Über einen siebenfachen DIP-Schalter gestatten die Boxen die manuelle Anpassung an Geschmack und Raumakustik (Bass-Roll-off, Treble-Tilt etc.), ein weiteres Mäuseklavier erlaubt das Setzen diverser Systemparameter.

Fotostrecke: 7 Bilder Die 8350A besitzen das typische Genelec-Design, auch Minimum Diffraction Enclosure genannt.

Die Genelecs funktionieren auch ohne Netzwerk und Computer

Die mit einem DSP ausgestatteten Genelecs lassen sich auch ohne Netzwerk und Computerunterstützung betreiben. Das allerdings hieße, wesentliche Stärken der 8350A ungenutzt zu lassen – angesichts eines Paarpreises von über 4000 Euro keine besonders attraktive Idee. Ich komme auf dieses Themas im Praxisteil noch einmal zurück. Es empfiehlt sich also in jedem Fall, die Boxen im Bundle mit dem Netzwerkzubehör zu kaufen. Dazu gehört zunächst der Netzwerk-Hub, der übrigens nicht per Ethernet, sondern via USB an den Rechner gedockt wird. Die Boxen indes finden per CAT-5-Kabel nach dem Daisy-Chain-Prinzip Anschluss an den Hub. Ebenfalls zum Netzwerk-Kit gehört ein Messmikrofon.  

Fotostrecke: 4 Bilder Das Loudspeaker Manager User Kit enthält den Netzwerk-Hub, das Messmikrofon plus Halterung und alle benötigten Kabel.

Der kräftige Subwoofer 7360A braucht viel Platz

Genelec hat außerdem den passenden Subwoofer 7360A mitgeschickt. Das ist ein Riesenbrummer, an dem der UPS-Mann schwer zu schleppen hat. Einen halben Meter hoch und fast genauso breit ist der 27 kg schwere Sub, der beachtliche 300 Watt Leistung zur Verfügung stellt. Mit diesen Maßen lässt sich der 7360A nicht ohne Weiteres unter jedem Schreibtisch oder “irgendwo unauffällig” verstauen. Das sollten Interessenten von vorne herein im Kopf haben.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Subwoofer vom Typ 7360A ist ein ziemlicher Brummer, der sich nicht in jedem Raum problemlos unterbringen lässt.

Mit DSP und 20 Filtern ist der Woofer hervorragend ausgestattet

Die Specs lesen sich wie folgt: Der 7360A ist mit einem 10-Zoll-Speaker bestückt, der in einem speziell designten Reflextunnel („Laminar Spiral Enclosure“) für besonders hohe, verzerrungsfreie Leistung im Bereich von 19 – 150 Hz sorgen soll. Der netzwerkfähige (GLM) Woofer verfügt wie die 8350A über einen eigenen DSP mit 16 vollparametrischen sowie vier Shelving-Filtern. Er besitzt acht analoge Ein- und Ausgänge, über welche die sieben “Satelliten” sowie, wenn’s nötig ist, weitere Subs angeschlossen werden können.
Betreibt der Anwender den 7360A außerhalb eines GLM-Netzes, übernimmt der Sub das Bassmanagement und setzt für die Satelliten-Outs ein Hochpassfilter bei 85 Hz. Alle weiteren Einstellungen wie die Wahl der Phasenlage (der 7360A hat zu diesem Zweck einen eigenen Testtongenerator an Bord) oder des Bass-Roll-Offs erfolgen über das “zwölftastige” Mäuseklavier.

Fotostrecke: 5 Bilder Auch der 7360A lässt sich umfangreich per “Mäuseklavier” konfigurieren.

Weitaus bequemer und flexibler gestaltet sich das Ganze in einem GLM-Netzwerk. Dann nämlich gibt der Subwoofer das Signal ungefiltert an die Satelliten weiter, die ihrerseits die notwendigen Highpass-Filter setzen, außerdem ist die Crossover-Frequenz nun zwischen 50 und 100 Hz variabel. Ein Wort noch zum Frequenzgang: Auch wenn das X-Over auf 100 Hz gesetzt ist, reicht der LFE-Kanal des Woofers bis 150 Hz. Wird ein Signal digital per AES/EBU zugeführt, kann der 7360 ein 2.1-Setup verwalten. Für den Einsatz in einem digitalen Surround-Verbund muss zusätzlich das Multichannel-Interface 9301 (865 Euro) erworben werden.  

Praxis

Typisch nordisch: Die 8350A klingen nüchtern und äußerst präzise

Nachdem ich die Genelec 8350A auf die Boxenständer gewuchtet und nach Anleitung sorgfältig ausgerichtet habe, folgt ein erster Trockentest ohne Netzwerkanbindung. Die Monitore werden mit meiner Standard-Playlist gefüttert und müssen zeigen, wie gut sie verschiedenes Audiomaterial von Barock bis Schwermetall verdauen. Als langjähriger Genelec-Anwender überrascht mich das Ergebnis kaum. Die 8350A erweisen sich als präzise, sehr neutrale Analysewerkzeuge, denen es letztlich egal ist, mit welcher Art von Musik sie es zu tun haben. Mir sagt dieser Ansatz außerordentlich zu, ich kenne aber auch Kollegen, die mit dieser nordischen Leidenschaftslosigkeit nicht so gut zurecht kommen. Unstrittig ist die überzeugende räumliche Projektion der 8350A sowie die fein aufgelöste Stereobühne. Damit lässt sich exzellent arbeiten, und es ist genau diese Detailtreue, die teure Studiomonitore von ihren günstigeren Kollegen unterscheidet. Gut gefällt mir auch der sehr großzügige Sweet Spot, ebenfalls ein Resultat der von Genelec gewählten Gehäusekonstruktion.

Fotostrecke: 3 Bilder Dank der typischen Iso-Pods lassen sich die 8350A vibrationsarm aufstellen und ausrichten.

Per Messmikrofon und GLM2 Software erfolgt die Anpassung an den Raum

Es überrascht mich zunächst, wie zahm die 8350A im Bassbereich zu Werke gehen. Von so großen Monitoren erwartet man instinktiv mehr Bumms, aber das ist natürlich Unsinn, denn wir sprechen hier nicht über eine Klein-PA, sondern über hochwertige Studiomonitore. Eine möglichst lineare Wiedergabe ist da oberste Pflicht. Damit wir uns nicht missverstehen: Diese Genelecs sind laut. Sehr laut. Und für diese Pegel stellen die Monitore einen mehr als ausreichenden Headroom auch im Bassbereich zur Verfügung.
Beim ersten Hören auffällig sind zudem die sehr schmusigen Tiefmitten – gut für etwas intimer aufgenommene Stimmen, die einem unmittelbar ins Gesicht zu atmen scheinen. Aber halt… ich weiß, dass der Raum, indem ich gerade teste, akustisch nicht optimal präpariert ist. An einigen Stellen gibt es stehende Wellen im Bassbereich, und zwischen 200 und 400 Hz treten Peaks auf. Also genau der richtige Moment, das Loudspeaker Manager User Kit in Betrieb zu nehmen.
Die Boxen und das Macbook Pro sind rasch mit dem Hub verdrahtet, ebenso flott ist das Messmikrofon eingestöpselt und die Software namens GLM2 installiert. Über diese Lautsprecher-Management-Software ist auf bonedo schon einiges geschrieben worden, deshalb nur das Wichtigste in Kürze:
Mit GLM2 lassen sich alle im Netzwerk versammelten Lautsprecher zu Gruppen zusammenfassen. So könnte man beispielsweise unsere 8350A plus passendem Sub in die Gruppe “Midfield” sortieren, während die auf dem Pult stehenden 8310 inklusive Subwoofer in der Gruppe “Pult” versammelt werden. Beide Gruppen lassen sich nun separat verwalten und einmessen. Außerordentlich praktisch.

Das Messmikrofon lässt sich über die mitgelieferte Halterung an nahezu jedem Stativ befestigen.
Das Messmikrofon lässt sich über die mitgelieferte Halterung an nahezu jedem Stativ befestigen.

In der Praxis erweist sich die Software als ideales Tool für schwierige Räume

Beim ersten Einmessversuch entscheide ich mich für eine One-Spot-Messung am Abhörplatz. Nachdem ich das Messmikrofon auf Kopfhöhe justiert habe, starte ich den Messvorgang. Zwei kurze Sweeps und etwas Rechenarbeit später steht der Frequenzschrieb am Bildschirm, und der DSP ist mit der passenden Korrekturkurve programmiert. Das klangliche Resultat ist überzeugend: Die beim Mixen nicht ungefährliche Schmusigkeit in den Mitten und der Basspeak sind verschwunden, das Stereobild gewinnt unmittelbar an Durchsichtigkeit.
Man mag einwenden, dass solche DSP-Zaubereien an einem Abhörplatz unnötig sein sollten, wenn der Raum zuvor akustisch auf Vordermann gebracht wurde, doch nicht immer ist eine optimale Abstimmung möglich, sei es bei mobilen Sessions, aus monetären Überlegungen heraus oder einfach, weil der Vermieter es nicht lustig findet, wenn Decken und Wände mit Akustikelementen verziert werden. Für all diese Szenarien stellt die GLM-Software ein hervorragendes Hilfsmittel dar.
Außerdem lässt sich mithilfe dieser Software der Frequenzgang unabhängig von räumlichen Gegebenheiten korrigieren: Wer lieber mit etwas mehr Bass und Mitten und/oder Höhen hört, kann sich die Genelecs entsprechend zurecht biegen. Auch das kann man aus weltanschaulichen Gründen für überflüssigen Schnickschnack halten, übertrage ich auf diese Weise aber beispielsweise den Frequenzgang anderer Boxen auf die Genelecs, spare ich das zweite (oder dritte) Lautsprecherpärchen.
Losgelöst von der Frequenzsteuerung fungiert die GLM2-Software als komfortabler, rechnerbasierter Monitorcontroller mit vordefinierten Pegeln, Cut- und Mute-Funktion. Gerade in größeren Lautsprechernetzen ist dies eine komfortable Sache. Eine Besonderheit gilt es indes beim Einsatz im Netzwerk zu beachten: Sind die Genelecs am Hub angeschlossen und ist dieser mit dem Rechner verbunden, muss die GLM2-Software zwingend gestartet werden, sonst bleiben die Monitore stumm. Als Grund dafür nennt der Hersteller den Schutz von Lautsprechern und Ohren, da gerade beim digitalen Anschluss via AES/EBU erhebliche Lautstärken auftreten können.
Zurück zu den mittlerweile eingemessenen 8350A. Die ersten Abhörstunden lassen sich absolut unangestrengt absolvieren, das spricht für die akustischen Qualitäten unseres Testpärchens. Beeindruckend sind zudem die souveränen Leistungsreserven; diese Genelecs bringt man so schnell nicht ins Schwitzen. Ich vermisse beim analytischen Musikhören auch keinen Subwoofer. Wenn ich etwas mehr Bass möchte, kann ich den einfach per DSP-Preset hinzufügen. Selbst basshungrige EDM-Fans sollten so – wenigstens in halbwegs gemäßigten Lautstärken – glücklich werden.

Ein starkes Paar: Genelecs 8350A.
Ein starkes Paar: Genelecs 8350A.

Der kleine 10“ Speaker des 7360A erweist sich als Klangriese

Anders sieht es in 5.1- bzw. 7.1-Setups aus. Hier ist, ebenso wie für Clubmixes, ein Sub Pflicht. Zwar kann man zur Not das LFE-Signal auf die Front-Speaker routen, ideal ist das allerdings kaum. Somit kommt nun der 7360A zum Einsatz, für dessen klangliche Beschreibung ein Wort genügen könnte: Eindrucksvoll! Der Sub reicht ultratief bis 19 Hz hinab und produziert einen präzisen, knackigen Tiefbass, und das mit einer faszinierenden Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Bemerkenswert, was mit einem 10-Zöller alles möglich ist. Da scheppert nichts, und auch von den oft kritischen Strömungsgeräuschen bleibt man verschont. Egal ob EDM oder Action-Film: Der 7360A macht Spaß, und zwar ohne aufdringlich zu rumsen.
Die Einmessautomatik erweist sich auch hier als Retter in der Not. In meinem Abhörraum lassen sich die stehenden Wellen recht gut in den Griff bekommen – das ist bei anderen Subwoofern mit deutlich mehr Aufwand verbunden. Aber: Bassfallen in die Ecken zu stellen ist ebenfalls keine Raketentechnik – und auch nicht teuer.

Fazit

Unsere Testkonfiguration mit zwei Genelec 8350A Studiomonitoren, einem Genelec 7360A Subwoofer und dem GLM-Set kostet 6975 Euro. Das ist zwar eine hübsche Stange Geld, aber Genelec liefert die dazu passende Qualität. Die Fertigung der Komponenten ist über jeden Zweifel erhaben, über so profane Dinge wie Eigenresonanzen der Gehäuse oder rappelnde, pustende Subwoofer muss man nicht einmal ansatzweise nachdenken. Ich mag auch diesen nordischen Sound, bin ihn seit Jahren gewöhnt und kann damit hervorragend arbeiten.
Wer schon im Geiste die Belastungsfähigkeit seines Girokontos prüft, sollte Folgendes bedenken: Als typische Nearfields sind die 8350A völlig unterfordert. Ihre Stärken spielen diese Monitore bei höheren Lautstärken in größeren Räumen aus. Gleiches gilt für den Subwoofer. Wer diese Leistung nicht benötigt, kann viel Geld sparen, indem er “eine Nummer kleiner” kauft. Die 8330 oder 8340 liefern zum Beispiel sehr ähnlichen Klang bei deutlich freundlicherem Preisschild. Ähnliches gilt für die Subwoofer der 73er-Serie.
Die Monitore der 83er-Serie und ihre Subs sollten außerdem im GLM-Netz betrieben werden. Erst dann lässt sich der in jeder Box eingebaute DSP mit seinen 20 Filtern sinnvoll nutzen. Wird diese Funktionalität nicht gewünscht, lässt sich noch einmal Geld sparen, indem man auf die klanglich ebenfalls sehr ähnlichen Monitore der 80er-Serie ausweicht.  

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • detailreiche Wiedergabe
  • sehr gute Stereobühne und Tiefenstaffelung
  • große Leistungsreserven
  • souveräne Leistungsentfaltung vielfältige Anschlüsse
  • gutes Bassmanagement
  • DSP-Steuerung
Contra
  • hoher Gesamtpreis
Artikelbild
Genelec 8350A SAM und 7360A Test
Für 1.899,00€ bei
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Features und Spezifikationen Genelec 8350A
  • Zwei-Wege-Studiomonitor
  • Bestückung: 8″-Woofer, 1″-Hochtöner
  • Leistung: 200 W (Bass) + 150 W (Hochtöner), Class-D
  • Schalldruck: 112 dB SPL (@1m, Paar)
  • Frequenzgang: 33 – 22000 Hz (-6 dB); 38 – 20000 Hz (+/- 1,5 dB)
  • Eingänge: XLR analog, XLR AES/EBU, RJ45 (GLM-Net)
  • Ausgänge: XLR AES/EBU, RJ45
  • Ein-/Ausschaltautomatik
  • Maße (HBT): 433 x 286 x 278 mm
  • Gewicht: 12,8 kg
  • Preis (Stück): € 2110,– (UVP)
Features und Spezifikationen Genelec 7360A
  • Subwoofer
  • Bestückung: 10″-Woofer
  • Leistung: 300 W
  • Frequenzgang: 19 – 100 Hz (LFE: 19 – 150 Hz)
  • Eingänge: 9 x XLR analog (7.1 und Link-In), XLR AES/EBU, RJ45 (GLM-Net)
  • Ausgänge: 9 x XLR analog (7.1 und Link-Out), XLR AES/EBU, RJ45 (GLM-Net)
  • Maße (HBT): 527 x 462 x 363 mm
  • Gewicht: 27 kg
  • Preis: € 2235,– (UVP)
Features und Spezifikationen GLM 2.0 Set
  • Software, Messmikrofon, HArdware-Einheit (USB, GLM-Net)
  • Preis: € 520,– (UVP)
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