Schon in den 70er Jahren versorgten zahlreiche Hersteller den Markt mit preisgünstigen Kopien der begehrten, aber gerade für Einsteiger und Hobbyisten häufig zu teuren Fender Originalmodelle wie Stratocaster, Telecaster, Precision und Jazz Bass. 1982 beschloss Fender schließlich, dieses Marktsegment selbst zu besetzen und bot fortan unter dem Sub-Label „Squier“ in Japan detailgetreu gefertigte low-cost Varianten der beliebten Instrumente an. Die Akzeptanz dieser „offiziellen“ Budget-Alternativen war von Anfang an sehr groß und der Erfolg hält bis heute unverändert a
n.
Die Instrumente werden aktuell natürlich nicht mehr in Japan hergestellt. Um das Preisniveau halten zu können, ließ Fender über die Jahre an verschieden Standorten wie Korea, Indien, China, Indonesien oder Mexiko produzieren. An der Philosophie hinter dem Markennamen Squier, preisgünstige Modelle mit dem Vibe des „Real Thing“ anzubieten, hat sich über die Jahre allerdings nichts geändert.
Mein Testinstrument aus der „Vintage Modified“ Serie sieht wie ein waschechter Fender- Jazz Bass aus und besitzt hoffentlich auch weitere Tugenden seines Vorbildes aus vergangenen Zeiten. Die brandneue 60er-Jahre-Version in 3-Tone-Sunburst mit Palisander-Griffbrett, Linde-Korpus und Duncan Designed Pickups ist erst seit Januar 2011 erhältlich und wartet darauf, in diesem bonedo Test auf Herz und Nieren geprüft zu werden.
Nachdem ich den Bass aus dem Karton gepellt hatte und in den Händen hielt, war mein erster Gedanke: Oha, der sieht weder so aus noch fühlt er sich an wie ein Bass aus der unteren Preisklasse. Das Finish ist sehr gelungen, sowohl die Hochglanzlackierung des Korpus als auch das Mattfinish am Hals wirken sehr wertig. Auch macht die Holzverarbeitung insgesamt einen überraschend guten Eindruck. Der typische Jazz-Bass Offset-Korpus besteht aus Linde, ein Holz, das gerne bei preisgünstigeren Instrumenten verwendet wird. Der bombenfest mit dem Korpus verschraubte Hals hingegen ist wie bei den alten Fender-Bässen aus Ahorn gefertigt, inklusive eingelegtem Vintage Skunk-Stripe aus dunklerem Holz auf der Rückseite. Das schmale C-Profil des Halses erinnert schon sehr an die „schnellen“ Vintage-Hälse der guten alten Zeit und fühlt sich genau so komfortabel an. Auch beim Griffbrettmaterial macht Squier keine Experimente und verwendet das bewährte Palisander. Darin haben es sich ein Kunststoffsattel und 20 Bünde im Medium-Jumbo-Format bequem gemacht – leider, wie ich finde. Ich persönlich würde schmaleren Bunddraht vorziehen, wie er bei den alten Fender-Bässen verwendet wurde, aber das ist Geschmacksache. Soviel zur Grundkonstruktion. Ich kann nur nochmals wiederholen, dass ich von der guten Verarbeitung und dem schönen, hochwertigen Finish des Squiers äußerst positiv überrascht bin.
Kommen wir zur Hardware, die, soviel sei schon mal vorweggenommen, meine Begeisterung wieder ein wenig dämpft. Hier zeigt sich schon eher, in welcher Preisklasse wir uns befinden. Vor allem bei den Stimmechaniken sehe ich Verbesserungsbedarf. Zwar verrichten sie ihren Dienst, sind dabei aber schwergängig und laufen etwas hakelig. Außerdem sind die kleinen Befestigungsschrauben der Tuner teilweise schief in die Kopfplatte eingedreht. Aber ich will die Kirche im Dorf lassen, denn alles in allem funktionieren sie und in Anbetracht der Preisklasse geht das Ganze absolut in Ordnung.
Als Brücke kommt der berühmte Fender-Blechwinkel zum Einsatz. Die vier Saitenreiter stehen ohne Führungsrillen auf dem Winkel und sind -wie üblich- hinsichtlich Saitenlage und Bundreinheit justierbar. Ebenfalls keine Überraschungen gibt es bei den Bedienelementen des Squier Jazz-Bass. Hier warten je ein Lautstärkeregler für Hals- und Stegtonabnehmer sowie eine passive Tonblende zum Absenken der Höhen auf den Spieler. Allerdings hat Squier der „Vintage Modified“ Serie verchromte Metall-Potiknöpfe spendiert und nicht die sonst üblichen Plastikregler. Vielleicht als Reminiszenz an Jaco Pastorius, der seinen Jazz-Bass mit ebensolchen Reglern bestückt hatte? Wer weiß! Die passiven Single-Coil-Pickups mit Alnico-5-Magneten sind „Duncan Designed“ und selbstverständlich mit je vier Schrauben in der Höhe verstellbar.
Unterm Strich hat der Squier also sämtliche Features eines traditionellen Jazz Basses, auch wenn die Hardware an manchen Stellen den ansonsten sehr positiven Eindruck ein wenig trübt.
Ich weiß nicht, wann ich zuletzt einen Bass in der Hand hatte, der so schlecht eingestellt war – lang, lang ist‘s her. Die Saitenlage des Squier war dermaßen hoch, dass selbst dem hartgesottensten Plektrum-Rock-Basser der Spaß am Achtelschreddern vergangen wäre. Aber Gott sei Dank liegen ja die passenden Einstellschlüssel bei, mit denen ich alle vier Drähte flink tieferlegen konnte, um so eine passable Saitenlage unter die Finger zu bekommen. Aber auch die Halskrümmung war nicht optimal eingestellt. Trotz meiner Justiermaßnahmen ist es mir allerdings nicht gelungen, die G-Saite gänzlich sauber zu bekommen. Ab dem 12. Bund schnarrt sie und zwar auch bei höherer Saitenlage, was nicht gerade für eine optimale Bundierung spricht. Aber auch hier sollte man nicht päpstlicher sein als der Papst, denn bei einem Instrument in der unteren Preisregion ist die absolute Perfektion nicht zu erwarten. Trotzdem hoffe ich – und wenn ich die sonstige Verarbeitung sehe, nehme ich es sogar an – dass mein Testbass da eher eine Ausnahme bildet und die Bünde in der Regel besser abgerichtet sind.
Genug der Kritik, kommen wir zu den zahlreichen positiven Seiten des Instrumentes. Die Ergonomie des Squier ist total Jazz-Bass-mäßig. Er ist leicht kopflastig. Spielt man den Bass im Sitzen, zieht der Hals also leicht nach unten. Umgehängt pendelt sich das Instrument aber in der Waagerechten ein und lässt sich so mühelos spielen. Auch das Gewicht geht für einen Viersaiter völlig in Ordnung und das String Spacing an der Brücke ist mit 19 mm Standard – Fender-Spieler werden sich also sofort zu Hause fühlen. Und jetzt kommt das Beste: Der Squier fühlt sich nicht nur an wie ein Jazz Bass, er klingt auch so! Schon akustisch gespielt merkt man, dass die Holzkonstruktion absolut „gesund“ ist. Das Instrument resoniert und hat ausreichend Sustain, Dead-Spots gibt es keine. Die Töne im Bereich des 5. Bundes auf G- und D-Saite kippen etwas schneller in die Obertöne um, das ist bei Schraubhalsbässen (und sogar manchen durchgehenden Hälsen) aber durchaus normal und absolut im Rahmen. Auch am Verstärker performt der Squier erwartungsgemäß überzeugend. Der Steg-Pickup liefert den typisch bissigen Single-Coil-Sound, der sich extrem gut durchzusetzen weiß und gerne für solistische Exkurse verwendet wird. Für die fetteren Grooves ist der Hals-Pickup zuständig. Setzt man ihn alleine ein, überzeugt er mit einem runden schubkräftigen Sound.
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Bridge-PickupNeck-PickupBeide Pickups
Im Vergleich zu wesentlich höherpreisigen Tonabnehmern vermisse ich vielleicht etwas Wärme im Sound, die Duncan Designed Tonabnehmer machen aber eine gute Figur und übertragen den kehligen Charakter des Basses detailreich und klar. Beide Pickups zusammengeblendet erzeugen einen runden, druckvollen und transparenten Sound, der auch zum Slappen bestens geeignet ist. Was soll man sagen: Der Squier liefert eben genau die Sounds, die man von einem Jazz Bass erwartet.
Mit der Vintage Modified Serie gelingt es Squier tatsächlich, etwas von dem Vintage-Vibe „richtiger“ Fender Instrumente zu transportieren. Auch das neueste Modell macht da keine Ausnahme, vermittelt einen wertigeren Eindruck, als man bei diesem Preis erwarten würde, und hebt sich damit positiv von der großen Menge preiswerter Einsteigerbässe am Markt ab. Auch soundmäßig liefert er alles, was man von einem 60er Jahre Jazz Bass erwartet. Und zwar in einer überraschend guten Qualität – was in erster Linie der gesunden Holzkonstruktion zu verdanken ist. Einziger Kritikpunkt bei der Verarbeitung meines Testbasses ist die Bundierung. Hier müsste nachgebessert werden. Ansonsten ist der Squier Vintage Modified eine wirklich gute Empfehlung für jeden Einsteiger. Und selbst der ambitionierte Amateur oder Profi, der einen preiswerten Zweit- oder Backup-Bass sucht, ist mit diesem Instrument bestens bedient.
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