Früher war alles besser. Denkste! Man schätzt zwar die Wertarbeit und Langlebigkeit von Gegenständen, die ab der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gebaut wurden, aber auf Mobiltelefon und Internet will heute auch keiner mehr verzichten. Also muss die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft geschlagen werden. Bei Fender heißt das „Vintage Modified“. Das klingt schon mal richtig gut. Vintage ist sowieso im Trend, und mit „Modified“ verbindet man sofort etwas Exklusives. Da hat einer den Amp vorab schon aufgemotzt. Der Hauch von „custom-made“ liegt in der Luft, und wenn das Teil auch noch „Deluxe“ heißt, dann kann ja nichts mehr schief gehen.
Aber jetzt kommen wir wieder etwas auf den Boden der Tatsachen, denn der zum Test bereit stehende Fender Deluxe VM ist ganz nüchtern betrachtet ein Röhrencombo mit 40 Watt Leistung und dem typischen Fender-Ton. Das ist die Abteilung „Vintage“. Hinzu kommen sozusagen die Modifizierung aus der Gegenwart, ein zweiter Kanal, der einiges an Gain liefert, und noch ein paar Effekte. Die alten Fender Amps hatten ja bekanntlich einen ausgezeichneten Federhall und eventuell einen Tremolo-Effekt. Heute sieht die Sachlage anders aus, da werden die Verstärker mit Reverb, Delay und Chorus auf digitaler Ebene ausgestattet. Inwieweit der neue Deluxe Combo den alten Sound-Ansprüchen standhalten kann, erfahrt ihr hier im folgenden Bonedo Test.
Anzeige
Details
Gehäuse/Optik Der neue Deluxe kommt ganz im Vintage Look und sieht auf den ersten Blick genau wie ein alter ’65 Deluxe Reverb aus: silbergrauer Bespannstoff an der Frontseite, darüber das Ampchassis mit dem schwarzen Bedienfeld und den typischen Fender-Reglern mit weißen Zahlen von 1 bis 10. Das Gehäuse besteht aus Multiplex, ist mit schwarzem Kunstleder überzogen und an der Rückseite – wie die meisten Fender Amps – offen. Bestückt ist der Verstärker mit einem 12“ Celestion Speaker (G12P-80). Mit einem Gewicht von 18 kg ist der Amp, trotz seiner geringen Größe, schon in der Mittelgewichtsklasse einzustufen. Für Transportzwecke steht ein Standard-Griff zur Verfügung, der mittig auf der Oberseite angebracht ist. Hiermit lässt sich der Combo gut ausbalanciert tragen. Ganz in der Old-School-Tradition kommt der Deluxe Combo mit vier runden Metallfüßen, die auf glattem Boden jedoch keinen guten Halt bieten. Da wäre Gummi sicherlich das bessere Material gewesen. Füher war dann doch nicht immer alles besser. Im Inneren sorgen vier Röhren für den amtlichen Vintage-Ton, da glühen zwei 12AX7 in der Vorstufe und zwei 6L6 in der Endstufe.
Bedienfeld Der Amp ist zweikanalig aufgebaut, es gibt einen Clean- und einen Drive-Channel. Für den Clean-Kanal stehen Volume, Treble und Bass als Regelmöglichkeiten zur Verfügung, der Drive-Channel bietet da etwas mehr. Hier haben wir Gain und Volume zum Einstellen von Verzerrungsgrad und Endlautstärke, dann kommt die Dreiband-Klangregelung mit Treble, Middle und Bass.
Auf der rechten Seite des Bedienfeldes befinden sich die Schalter und Regler zum Einstellen der internen DSP-gesteuerten Effekte. Mit dem Reverb-Regler wird die Intensität des Halls geregelt; wenn der Regler auf 1 steht, ist der Reverb ausgeschaltet. Dann kommen die Regler Time/Rate, Mix und Depth. Hiermit wird der Chorus und das Delay eingestellt. Mit dem Taster „Effects Adjust“ wählt man entweder Chorus oder Delay an, dann werden die Einstellungen vorgenommen. Im Einzelnen sieht das so aus:
Wenn Delay angewählt ist
• Time/Rate: Einstellen der Verzögerungszeit • Mix: Mischungsverhältnis zwischen Original und Effektsignal (der Effekt wird hinzugemischt) • Depth: Anzahl der Echo-Wiederholungen
Wenn Chorus angewählt ist
• Time/Rate: Einstellen der Effektgeschwindigkeit • Mix: Mischungsverhältnis zwischen Original und Effektsignal (der Effekt wird hinzugemischt) • Depth: Effekttiefe – je höher, desto „verstimmter“ klingt der Chorus-Effekt
Wenn man mit dem Effects-Adjust-Schalter zum anderen Effekt wechselt, werden die letzten Einstellungen automatisch gesichert. Die beiden Effekte können einzeln mit jeweils einem Schalter eingeschaltet werden. Die entsprechende LED leuchtet rot und blinkt leicht im Tempo der eingestellten Effektgeschwindigkeit (Chorus) bzw. der Verzögerungszeit (Delay).
Rückseite Es gibt zwei Lautsprecherbuchsen, eine für den internen und eine für einen externen Lautsprecher (8Ω). Weiterhin hat der Deluxe Combo einen seriellen Effekt-Loop, bei dem man externe Effektgeräte über die Send- und Return-Buchse anschließen kann. Über eine 5-Pol Verbindung wird der mitgelieferte 4-fach Fußschalter an den Amp angeschlossen. Hiermit kann man die Kanäle wechseln (Drive), sowie die Effekte (Reverb, Chorus, Delay) einzeln ein- und ausschalten. Wenn der Fußschalter angeschlossen ist, haben die entsprechenden Taster auf dem Bedienfeld keine Auswirkung. Die Schalter sind sehr leichtgängig und funktionieren tadellos, also knackfrei und ohne irgendwelche Signalverzögerungen.
Wichtig: Die im folgenden angegebenen Regler-Positionen sind nicht Uhrzeit-Einstellungen, sondern entsprechen den Zahlen auf den Poti-Knöpfen am Amp.
Bevor wir uns an die verzerrten Töne heran wagen, werfen wir einen Blick auf den Clean-Kanal, den typischen Fender Ton. Der Deluxe Amp hat einen eher warmen Klangcharakter, und man erhält einen ausgewogenen Clean-Sound mit einer Single Coil Gitarre, in diesem Fall eine Telecaster, mit den folgenden Einstellungen am Verstärker: Volume: 4, Treble: 7, Bass: 5.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Tele Clean
Bei Volume auf 4 macht sich der Combo schon deutlich bemerkbar. Wir verlassen hier die Zimmerlautstärke und sind im moderaten Übungsraum-Volume, Dinner-Jazz Lautstärke sozusagen. Wo wir gerade beim Thema sind: Für kleine Jazz- oder Blues-Gigs ist der Deluxe Combo natürlich optimal geeignet. Vor allem mit dem eingebauten Hall lassen sich schöne warme Jazz- und Bossa-Sounds erzeugen, hier in Verbindung mit einer ES-335. Um mit einer Humbucker-Gitarre einen absolut klaren Ton zu bekommen, muss der Volume-Regler etwas zurückgenommen werden. Er steht jetzt zwischen 3 und 4, Treble ist auf 6 und Bass auf 7. Wir erhalten einen sehr warmen Semi-Akustik Sound.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
ES Jazz
Da kann man nicht meckern, der DSP Hall klingt gut, ich vermisse den Federhall ehrlich gesagt nicht. Allerdings bei Surf-Sounds à la Dick Dale und Kollegen wird es mit dem DSP Hall doch etwas matschig, ja und das typische Scheppern und Klackern der Hallspirale fehlt doch irgendwie. Ich habe für das folgende Beispiel die Strat genommen und den Volume-Regler auf 6 gestellt. Da beginnt der Verstärker sehr Fender-typisch zu zerren mit einer ordentlichen Packung Endstufen-Kompression. Der Reverb-Regler steht auf 6, weiter aufdrehen war nicht so angenehm, denn die Akkorde wurden eher unklar wiedergegeben. Das Ausklingen des Reverbs ist gut, keine Nebengeräusche oder „eckige“ Fade Outs.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Suftone
Wenn man den Clean-Kanal auf 9 stellt, bekommt man möglicherweise Ärger mit dem Nachbarn und stellt fest, dass ein 40 Watt-Amp tatsächlich einigen Krach produzieren kann. Jetzt haben wir den charakteristischen Stones-Sound im Gepäck. Fender Crunch-Tone, leicht angezerrt mit einer Verzerrung, die in den oberen Mitten stattfindet und daher auch extrem durchsetzungsfähig ist. Allerdings kommt hier der 12“ Lautsprecher an die Grenzen, es klingt schon ein wenig zu grell in den Ohren.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Stones Crunch
Das Rauschen ist trotz der hohen Lautstärke relativ gering, daher eignet sich der Amp sehr gut für Aufnahmen mit fetter Endstufenzerrung … wenn man nicht unbedingt direkt daneben sitzen muss ;-))). Nicht umsonst wird das Vorbild, der ’65 Deluxe Reverb, von vielen Studio-Cracks heute noch sehr häufig eingesetzt. Jetzt geht es weiter mit dem Drive-Kanal, und der macht seinem Namen schon bei niedrigen Gain-Einstellungen alle Ehre. Der Regler steht auf 3, und wir erhalten einen schönen, drahtigen Overdrive-Ton, ebenfalls mit der Zerrung im oberen Mittenbereich angesiedelt. Selbst die Output-schwache Telecaster, die ich hier benutzt habe, bringt eine gute Portion Overdrive an den Start. Die Gitarre wurde auf Drop D gestimmt, da gab es keine Probleme, der Bassbereich wird schlank und knackig übertragen.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Drive Tele
Jetzt drehen wir mal den Gain-Regler einen Hauch weiter (zwischen 3 und 4) und nehmen eine Humbucker-Gitarre, nämlich eine Gibson SG. Der Mitten-Regler wird voll aufgedreht, Bass auf 5, Treble auf 7. Jetzt kommt aus der Kiste ein Ton raus, den ich eigentlich gar nicht von einem Fender Amp gewohnt bin. Es klingt „very british“: knackige Verzerrung und ein guter Attack beim Anschlag. Sehr gut!
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
British SG
Bei etwas höherem Verzerrungsgrad wird jetzt die Anschlagsdynamik getestet. Ich schlage zuerst leicht mit den Fingern und dann hart mit dem Pick an. Das Ergebnis kann sich hören lassen: zuerst ein leicht angezerrter Ton mit guter dynamischer Ansprache, jede Anschlagsnuance wird übertragen, dann das volle Brett. Der Amp fährt auch hier (Gain auf 5 und Volume auf 9) sehr angenehm in die Endstufenkompression. Dadurch sind kaum Lautstärkeunterschiede zwischen leichtem Picking und hartem Anschlag hör- und spürbar. Was man allerdings merkt, ist die hohe Ausgangslautstärke des Verstärkers. Bei dieser Einstellung haben wir die mittlere Bühnenlautstärke erreicht. Das ist der Moment, wo der Tontechniker mit ernster Miene zum Gitarristen kommt und ihn (mal wieder) bittet, den Amp leiser zu machen.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Dyna Pick
Auch die Steuerung des Verzerrungsgrades über den Volume-Regler an der Gitarre funktioniert ausgesprochen gut. Hier ein Beispiel mit der selben Einstellung am Amp wie vorher. Zuerst haben ich den Volume-Regler der Gitarre (SG) auf 3 eingestellt, dann auf 10. Die Verzerrung nimmt entsprechend ab, wenn man den Regler zurückdreht. Der Lautstärkeunterschied zwischen den beiden Einstellungen ist nicht sehr gravierend, man kann wirklich ausgezeichnet mit dem Volume-Poti am Instrument arbeiten.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Dyna Poti
Als nächstes wird der Wirkungsbereich der Klangregelung im Drive-Channel genau untersucht. Der zu testende Frequenzbereich wird zuerst auf 1, dann 5 und letztendlich 10 eingestellt. Die anderen beiden Regler befinden sich in mittlerer Position (5). Es geht los mit dem Treble-Regler.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Treble
Als nächstes folgt der Middle-Regler.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Middle
Jetzt ist der Bass an der Reihe.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Bass
Der Wirkungsbereich der Regler ist im normalen Rahmen, extreme Frequenzverbiegungen lassen sich nicht einstellen, aber das ist in diesem Fall ja auch gar nicht nötig. Am wirkungsvollsten arbeitet der Middle-Regler. Hier lassen sich bei entsprechender Absenkung (3) und maximalem Gain sogar Thrash-Metal-Sounds erzeugen.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Metal
Jetzt geht es weiter mit den Effekten. Mit den drei Reglern lassen sich Chorus und Delay sehr gut bedienen, man erreicht eine große Bandbreite von Sounds und hat beim Einstellen sofort das „Bodentreter-Feeling“. Hier ein Beispiel mit einem sehr dezent eingestellten Chorus.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Chorus Light
Die etwas krassere Einstellung kommt einem Rotary-Sound schon sehr nahe.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Chorus Heavy
Die Qualität der Effekte ist wirklich sehr gut, das gilt auch für das Delay. Man kann auch hier eine große Bandbreite an Echo-Sounds, vom typischen Slapback Echo mit kurzer Verzögerungszeit bis zum Ultra Long Grand Canyon Echo ist alles möglich. Ihr hört ein Beispiel mit mittlerer Einstellung, ein Delay für Lead-Sounds.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Lead Delay
Anzeige
Fender schafft es, mit dem Deluxe VM Combo die Brücke zwischen alter Röhrenwelt und neuem Digitalsound zu schlagen. Der Amp hat im Clean-Kanal den typisch crispen Fender Ton mit gutem Schalldruck und einer satten Portion Endstufenzerrung bei entsprechender Lautstärke. Der Drive-Kanal bietet vom Crunch-Sound bis zum fetten Lead-Gain alle Facetten des Overdrives, sogar Metal-Sounds sind mit maximalem Gain möglich. Die digitale Effektsektion aus Reverb, Delay und Chorus rundet das Ganze noch ab. Im Vergleich zu anderen Verstärkern mit eingebauten Effekten sind diese mit drei regelbaren Parametern (Delay und Chorus) sehr effizient einstellbar und klingen auch zudem noch richtig gut. Der Verstärker ist wirklich eine gute Allround-Waffe für viele Musikbereiche von Jazz/Funk bis Rock und setzt sich im Bandgefüge und auf der Bühne bestens durch. Auch für Aufnahmen ist er sehr gut geeignet. Wer einen sehr vielseitigen Combo sucht, der sollte den Deluxe VM unbedingt mal antesten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.