EBS Reidmar 502 Test

Die schwedische Firma EBS blickt mittlerweile auf eine über 30jährige Karriere in der Welt der Bassverstärkung zurück. Für viele bekannte Namen wie Billy Sheehan, Tal Wilkenfeld, Alex Al oder Tony Levin bilden die Produkte von EBS das Equipment der Wahl. Seit ihrem legendären Preamp EBS 1 aus den 80er-Jahren ist viel passiert in der Szene: das Equipment für unsere Zunft unterliegt gerade in den letzten Jahren einer konstanten Entwicklung. Schwere Amp-Boliden sind eher selten geworden, stattdessen bestimmen kleine und leichte Class-D-Verstärker die Szene. Auch EBS zollte diesem Umstand Tribut und stellte schon vor längerer Zeit mit dem ersten Reidmar ihre Interpretation eines modernen Class-D-Amps vor. Zu Beginn dieses Jahres wurde ein großes Update präsentiert. Was da wohl passiert sein mag?

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… erstmalig auch eine Impedanz von nur 2 Ohm handeln!

Details

Die Zahl “502” ist etwas irreführend, denn in der Regel weist sie auf die Leistung eines Amps hin. Beim Reidmar hingegen vereint die Zahl gleich mehrere Informationen: Zum einen wie erwartet die 500 Watt, zum anderen die zweite Auflage des Amps, und last but not least seine Fähigkeit, an 2 Ohm performen zu können. Dies ist neu für die aktuelle Generation an Class-D-Endstufen und eröffnet die Möglichkeit, zwei 4-Ohm-Boxen oder vier 8-Ohm-Boxen (!) gleichzeitig betreiben zu können.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Zahl “502” deutet auf mehrere Dinge hin: Zum einen ist dieser Reidmar …

Apropos Class-D-Endstufen ‑ ein klein bisschen traurig ist es ja, dass nahezu alle Firmen die gleichen ICE-Endstufenmodule verwenden. Unternehmerisch ist das vollkommen nachvollziehbar, senkt es doch die Kosten deutlich. Auf der anderen Seite geht auf diese Weise natürlich leider auch die Individualität einer Marke und die Wertigkeit des Amps verloren, wenn in ihm das gleiche Massenprodukt wie in fast jedem anderen Verstärker steckt.
Auch EBS war dies wohl ein Dorn im Auge; daher war die Firma sehr an der Entwicklung einer neuen Endstufe für den Reidmar 502 interessiert. Das Ergebnis soll deutlich lauter sein und sowohl mehr Dynamik als auch mehr Impulstreue aufweisen ‑ dazu später mehr!
Mit seinen Maßen von 32,5 x 25 x 7,5 cm (B x T x H) und einem Gewicht von 3,3 Kilogramm gehört der Reidmar 502 tatsächlich eher zu den größeren und schwereren Class-D-Amps. Ich persönlich finde das jedoch sehr angenehm, denn der Reidmar verbreitet im Vergleich zu manchen heutigen Mini-Amps noch das Flair eines “echten” Verstärkers – nicht das eines Spielzeugs!

Fotostrecke: 3 Bilder Entgegen des allgemeinen Trends, die Amps immer noch kleiner und leichter zu bauen, …

Alle Regler besitzen eine vernünftige Größe und sitzen so weit voneinander entfernt, dass man nicht Gefahr läuft, sie unbeabsichtigt zu verdrehen. Mit in ein Gigbag passt der Reidmar gerade noch so, aber die äußerst praktische Trageschlaufe auf der rechten Seite verrät bereits, dass die Entwickler von EBS ihn eigentlich als “Handtasche” konzipiert haben.
Neben dem Gain-Regler für die Eingangslautstärke befindet sich ein stufenlos justierbarer Kompressor (Comp/Limit), welcher Pegelspitzen glätten und so Endstufe und Speaker schützen soll. Danach folgt die Klangregelung mit Bass (40 Hz), parametrischen Mitten (stufenlos wählbar zwischen 100 Hz und 6 kHz), Treble (6 kHz) und Bright (10 kHz). Letzter ist ein “boost only”-Regler, kann also nur hinzufügen und befindet sich ganz nach links gedreht in Neutralstellung.
Die Klangregelung kann per Schalter aktiviert oder deaktiviert werden, der Kompressor ist davon ausgenommen. Zu guter Letzt gibt es noch einen “Character”-Schalter, der ein Soundpreset aktiviert, was Bässe und Höhen leicht anhebt bei einer gleichzeitigen Mitten-Absenkung.

Fotostrecke: 3 Bilder Hier seht ihr die Front des EBS Reidmar von ganz links (Input Section) …

Neben dem üblichen Klinken-Eingang für das Instrument bietet der Reidmar 502 einen seriellen Effekt-Loop mit rückseitigen Send- und Return-Buchsen. Ebenfalls auf der Rückseite befinden sich ein Line Out (Klinke), ein symmetrischer D.I. Out (Pre/Post Equalizer schaltbar), ein Kopfhörer-Ausgang, eine Speakon-Buchse für den Anschluss der Box(en) sowie der Power-Schalter. Diesen auf der Rückseite zu platzieren, finde ich im Falle eines Rack-Einbaus des Amps zwar für gewöhnlich etwas problematisch, allerdings ist der Reidmar 502 dafür gar nicht vorgesehen. Etwaige Gewindebohrungen oder optional erhältliche Rackwinkel suche ich vergebens. Immerhin steht er sicher auf seinen vier großen Füßen aus Gummi!

Fotostrecke: 4 Bilder Impressionen von der Rückseite des EBS Reidmar 502

Bereits durch seine Größe und sein Gewicht macht der Reidmar 502 einen sehr soliden und hochwertigen Eindruck. Alles scheint sauber und ordentlich verarbeitet, allein die etwas wackeligen Character- und Filter-On/Off-Schalter und die Klinkenbuchsen aus Kunststoff auf der Rückseite passen hier nicht ganz in das ansonsten so tolle Bild. Zudem ist beim Betätigen der Taster ein leichtes Knacken zu hören – das ist zwar nicht schlimm, aber auch nicht optimal.

Praxis

Das Einschalten geht ohne jegliches Geräusch vonstatten und eine große blaue LED auf der Vorderseite zeigt an, dass der Reidmar in Betrieb ist. Der permanent laufende Lüfter verhält sich im Vergleich zu manchem Mitbewerber dezent und ist höchstens bei geringer Lautstärke im Wohnzimmer wahrzunehmen.
Dreht man Gain und Volume langsam auf, ist allerdings ein gewisses Grundrauschen auszumachen, welches durch die Boxen (vor allem den Hochtöner) übertragen wird. Dieses ist für meinen Geschmack etwas zu viel – vor allem, da ja noch gar kein Equalizer im Spiel ist. Boostet man die Höhen oder Hochmitten, kommt natürlich entsprechend noch einiges oben drauf. Allerdings bleiben sowohl der Line Out wie auch der D.I. Out davon verschont. Im Bandkontext spielt dieser kleine Wermutstropfen sicherlich keine Rolle. Nicht ganz optimal ist er dennoch – aber wohl eines der Dinge, mit denen man in dieser Preisklasse leben muss!

Der Lüfter des neuen Reidmar läuft zwar permanent, ist allerdings nicht so laut wie bei manchem Mitbewerber.
Der Lüfter des neuen Reidmar läuft zwar permanent, ist allerdings nicht so laut wie bei manchem Mitbewerber.

Eine kleine rote LED hilft, das Eingangssignal mittels Gain-Regler optimal anzupassen: Sobald man in den Bereich der Übersteuerung kommt, leuchtet sie auf. Das macht es einfach, den Sweet Spot zu finden. Nach dem Gain folgt der Kompressor, welcher im Signalweg vor der Klangregelung liegt. Seine Bezeichnung lautet “Comp/Limit” und zeigt so schon an, wo die Reise hingeht. Ein Limiter ist ja im Prinzip nichts anderes als ein Kompressor mit extremen Einstellungen, arbeitet also nicht gerade dezent, und dies trifft auch auf den Reidmar 502 zu. Wenn der Kompressor/Limiter arbeitet, hört man ihn entsprechend schnell und energisch zugreifen. Das ist nichts Negatives, sondern nur die Art und Weise, wie dieses Feature abgestimmt wurde. Die Designer bei EBS haben es wohl eher als Schutz (daher “Limit”) für Endstufe und Speaker ersonnen.

Alle Klangregler arbeiten sehr effizient und können teilweise bis zu 18 dB anheben oder absenken – von subtilen bis brachialen Änderungen ist hier also alles möglich. Ein sehr flexibles Werkzeug sind auch die beiden Regler für die parametrischen Mitten: zwischen 100 Hz und 6 kHz kann man die gewünschte Frequenz stufenlos anwählen. Cleane Slapsounds, trockene Fingerstyle-Sounds mit viel Attack, beißende Rocksounds sowie alles dazwischen werden daher problemlos ermöglicht.
Eine Besonderheit halten noch die beiden Potis Treble und Bright parat. Ersterer verhält sich wie die anderen EQ-Regler und ist in seiner 12-Uhr-Stellung neutral. Von da aus kann man die Höhen (6 kHz) anheben oder absenken. Ein anderes Tier ist der Bright-Regler, denn er fügt nur hinzu (“boost only”), ist also ganz nach links gedreht neutral. Seine Einsatzfrequenz beträgt 10 kHz – dreht man ihn langsam auf, kommt eine Art seidiger Glanz mit ins Spiel.

Flexible und wirkungsvolle Tools zur Klanggestaltung hat jedes EBS-Topteil an Bord!
Flexible und wirkungsvolle Tools zur Klanggestaltung hat jedes EBS-Topteil an Bord!

Bis zum Schluss habe ich den Character-Schalter gemieden. Ich muss ja gestehen, dass ich für gewöhnlich kein besonders großer Fan von Features dieser Art bin. Der Grund: Die meisten Preset-Schalter, die ich bisher gehört habe (und es waren einige!), wurden herstellerseitig zu extrem ausgelegt: Zu viele Bässe, zu starke Mittenabsenkung, zu viele Höhen. Das klingt zwar im Musikgeschäft oder zu Hause beeindruckend, ist aber in der Praxis normalerweise aber leider weniger brauchbar. Die Ortung im Mix geht verloren, der Gesamtsound matscht und die Endstufe schwitzt aufgrund der extremen Bässe.
Umso erstaunter war ich, als ich dann schließlich doch noch den Character-Schalter des Reidmar 502 aktivierte: Der Sound, der mir aus den Boxen entgegentönte, entsprach ziemlich genau dem, was ich mir persönlich gerade mit der übrigen Klangregelung eingestellt hätte! Etwas mehr Low End, etwas Glanz oben herum, und die aufdringlichen Mitten leicht gezügelt. Ein absolut praxisgerechter cleaner Pop/Funk/Soul-Sound für alle Lebenslagen ‑ und das per Knopfdruck! Über den D.I. Out oder Line Out wäre ich damit allerdings etwas vorsichtiger, denn hier erschien mir der Effekt stärker auszufallen. 

Inzwischen schwören Funker wie Rocker gleichermaßen auf das Equipment aus dem hohen Norden!
Inzwischen schwören Funker wie Rocker gleichermaßen auf das Equipment aus dem hohen Norden!

Kommen wir zum wichtigsten Teil des Updates, der neu entwickelten Endstufe. Sie soll lauter, dynamischer, impulstreuer und allgemein musikalischer sein. Das ist zumindest das, was EBS verspricht. Und ich muss sagen, all das liefert der Reidmar 502 in beeindruckender Weise ab! Verglichen mit manchem Mitbewerber und/oder vorangegangen Generationen an Class-D-Endstufen ist hier ein deutlicher Sprung nach vorne feststellbar. Im Proberaum mit einer 4x10er-Box mit 4 Ohm reichten mir ca. 30% des Leistungspotenzials, bis erste Beschwerden der Kollegen kamen.
Um die 2-Ohm-Stabilität zu testen, sattelte ich noch eine 2x10er-Box obendrauf, welche ebenfalls 4-Ohm-Impedanz besitzt. Insgesamt ergibt das ein 6x10er-Stack mit 2 Ohm. Und siehe da: Auch diese Aufgabe meisterte der Reidmar 502 problemlos!
Besonders gefallen hat mir übrigens der Volume-Regler, der wirklich linear arbeitet. Von Anfang bis Ende des Regelwegs wird es kontinuierlich lauter. Viele Class-D-Amps schummeln hier etwas, um den potentiellen Käufer zu beeindrucken. Oft passiert bis zur 12-Uhr-Stellung schon das Meiste und man ist deshalb schnell beeindruckt. Im lauten Bandkontext kommt dann jedoch nicht selten die Ernüchterung, wenn man nicht mehr zulegen kann, obwohl noch die Hälfte des Regelwegs übrig scheint. Das hat der Reidmar 502 nicht nötig: Er liefert wirklich bis zum Schluss!

Kraftpaket: Mit dem Reidmar 502 kann man auch in lauteren Bands bestehen!
Kraftpaket: Mit dem Reidmar 502 kann man auch in lauteren Bands bestehen!

Widmen wir uns nun den Klangbeispielen, bei denen natürlich nur der Preamp über den D.I. Out zu hören ist:

Audio Samples
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Filter Off / Character Off / Comp Off Filter Off / Character Off / Comp Off Filter Off / Character On / Comp Off Filter Off / Character On / Comp Off Filter On: Bass 2h | Mid 800 Hz 10h | Treble 12h | Bright 12h Filter On: Bass 2h | Mid 700 Hz 2h | Treble 2h Filter On: Bass 3h | Mid 500 Hz 8h | Treble 9h Filter On: Bass 2h | Mid 800 Hz 10h | Treble 2h | Bright 12h | Comp 2h

Wie von EBS zu erwarten war, ist der Grundsound des Reidmar 502 nüchtern und clean. Keine Richtung wird einem aufgedrängt, man hat sozusagen ein “weißes Blatt Papier” vor sich, das man frei gestalten kann. Die Werkzeuge dazu sind sehr effektiv und lassen auch extreme Veränderungen zu. Allerdings muss man deshalb auch mit etwas Fingerspitzengefühl vorgehen, falls man subtil ins Geschehen eingreifen möchte.

Fazit

“Die Technologie ändert sich, die Vorurteile nicht.” Dieses Sprichwort trifft wohl auch auf Class-D-Verstärker zu. Seit sie vor ca. 15 Jahren ihren Triumphzug in der Basswelt begannen, hat sich enorm viel getan. Gerade in den letzten beiden Jahren kamen einige Amps mit der neuesten Generation an digitalen Endstufen auf den Markt und holen mit Siebenmeilenstiefeln auf. Der Reidmar 502 ist ein Paradebeispiel dafür: Die Leistungsreserven und Dynamik, die er liefert, sind verglichen mit Class-D-Amps vorheriger Baureihen beeindruckend – und das noch zu einem attraktiven Preis! Dieser geht aber mit kleineren Abstrichen einher, wie etwa die etwas wackeligen Schalter oder das angesprochene Grundrauschen. Toll: Die 2-Ohm-Stabilität ermöglicht hier deutlich mehr Flexibilität bei der Kombination von verschiedenen Boxen. Ansonsten ist der Reidmar ein Amp alter Schule, er versucht erst gar nicht erst (wie viele seiner Mitbewerber), möglichst zahlreiche Features in sich zu vereinen (eingebautes Stimmgerät, USB-Anschluss, ladbare Presets etc.), sondern beschränkt sich auf eine überschaubare, dafür aber sehr praxisgerechte Ausstattung. Wer also einen preiswerten, transportablen, flexiblen und leistungsstarken Verstärker mit tollem cleanen Sound sucht und dabei mehr auf Qualität und weniger auf Quantität der verbauten Features Wert legt, kann mit dem Reidmar eigentlich nichts falsch machen!

Pro:
  • coole Optik
  • gute Verarbeitung
  • flexible Klangregelung
  • top Leistung
  • deutlich verbesserte Endstufentechnologie
Contra:
  • wackelige Schalter
  • Knackser beim Schalten
  • Grundrauschen
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Die Zahl “502” deutet auf mehrere Dinge hin: Zum einen ist dieser Reidmar …
Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: EBS
  • Modell: Reidmar 502
  • Herkunftsland: China
  • Endstufe: Class-D
  • Leistung: 250 Watt an 2 oder 4 Ohm RMS, 470 Watt Dynamic Output
  • Eingänge: Instrument (6,3 mm Klinke)
  • Ausgänge: D.I. Out (schaltbar Pre/Post Equalizer), Line Out, Headphone Out, Lautsprecher (Speakon)
  • Effekt Loop: Send, Return
  • Klangregelung: Bass (40 Hz), parametrische Mitten, Höhen, Bright, Charakter-Schalter
  • Gewicht: 3,3 kg
  • Maße: Breite 32,5 x Tiefe 25 x Höhe 7,5 cm
  • Preis: 449,- Euro (Ladenpreis im Juni 2019)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • coole Optik
  • gute Verarbeitung
  • flexible Klangregelung
  • top Leistung
  • deutlich verbesserte Endstufentechnologie
Contra
  • wackelige Schalter
  • Knackser beim Schalten
  • Grundrauschen
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EBS Reidmar 502 Test
Für 598,00€ bei
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... erstmalig auch eine Impedanz von nur 2 Ohm handeln!

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