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Chandler Ltd. Little Devil EQ Test

Der komplette Kanalzug, der sich aus den drei  Chander Little-Devil-Kassetten aufbauen lässt, umfasst auch einen EQ – und dieser zählt klanglich zum feinsten, was das 500-Format hergibt. Während beispielsweise der Preamp aus der Little-Devil-Reihe die großen britischen Vorbilder von Neve nur lose zitiert (beziehungsweise in den Topf der Reminiszenzen noch ein paar weitere Klassiker geworfen wurden), orientiert sich der EQ dieser Serie stärker an den Vintage-Legenden mit dem gezackten „N“. Allerdings kann man hier trotzdem nicht von einem Clone sprechen: Der Teufels-EQ ist nicht direkt an ein bestimmtes Neve-Modell angelehnt, wie beispielsweise der Chandler LTD-1, bei dem es sich um einen relativ direkten Nachbau des Neve-Kanalzugs 1073 handelt.

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Beim Little Devil hingegen hat Chandlers Chefdesigner Wade Goeke den Strauß der Originalvorbilder etwas größer geflochten. Die rote Kassette setzt sich schaltungstechnisch zusammen aus Elementen, die den klassischen Neve-Channels 1073, 1081 sowie 33115 entnommen wurden – allerdings neu abgeschmeckt und mit ein bisschen ureigenem „Chandler-Gewürz“ verfeinert. Das Ergebnis ist ein für ein 500-Modul verblüffend umfangreich ausgestatteter Entzerrer mit vier Bändern mit einer Amplitude von jeweils ±18 dB und zusätzlichem Hochpassfilter. Schauen wir uns das einmal genauer an…

Details

Getreu der Neve-Topologie besteht auch der Little Devil aus Bass- und Höhenbändern im RC-Design und zwei LC-Mittenbändern auf Spulenbasis. Während die Bässe und Höhen fest in Shelving-Charakteristik arbeiten, sind die Mitten sozusagen semiparametrische Peaking-Bänder mit Sternchen – es lässt sich die Filtergüte zwar nicht stufenlos einstellen, aber es stehen trotzdem jeweils schmale und breite Optionen zur Auswahl, die auch einen gewissen Einfluss auf die maximale Filteramplitude haben.
Die Höhen greifen – wie beim 1073 – fest eingestellt bei 12 kHz an, während in den Bässen mit 60 und 110 Hz zwei Frequenzen zur Auswahl stehen. Bei 60 Hz ist das Filter etwas steiler, so dass die Fundamentalfrequenzen beispielsweise von Bass und Bassdrum schön isoliert bearbeitet werden können. Bei 110 Hz ist das Filter etwas gutmütiger, damit der für die Wärme einer Mischung so wichtige Tiefmittenbereich gut aufgefüllt werden kann.

Die Neve-Channels 1073, 1081 und 33115 standen Pate für das Design des Little Devil EQ
Die Neve-Channels 1073, 1081 und 33115 standen Pate für das Design des Little Devil EQ

Highpass bei 20 Hz ist nicht deaktivierbar

Zusätzlich zu den vier Bändern verfügt die Kassette noch über einen Hochpass, der die Eckfrequenzen 47, 82 sowie 150 Hz anbietet. Übrigens sperrt der Devil-EQ den Tiefbassbereich unabhängig vom eigentlichen Hochpass steil bei 20 Hz ab, um tieffrequenten Mulm auszublenden. Es leuchtet allerdings nicht ganz ein, warum diese Option sich nicht ebenfalls ausschalten lässt. Nun macht jedes mit Übertragern symmetrierte Gerät in diesem Infraschallbereich prinzipbedingt irgendwann dicht (was auch gut ist, denn in der gewöhnlichen Musikproduktion braucht niemand eine Frequenz von 10 Hz!), aber ich hätte es trotzdem lieber gesehen, wenn man das 20-Hz-Filter ebenfalls wahlweise aktivieren könnte. Aber nun  gut – wenn dies bezügtlich des Funktionsumfanges der Kassette das einzige Haar in der Suppe sein sollte (und das ist es, so viel kann ich vorwegnehmen), dann soll mir das sehr recht sein.

Gehäuse voll mit hochwertigen Bauteilen

Es muss eine schwierige Aufgabe gewesen sein, diesen Schaltungsaufwand im kleinen 500-Format-Gehäuse unterzubringen. Jedenfalls ist dieses Modul so randvoll mit Bauteilen gefüllt, wie kaum ein anderes, das mir bislang begegnet ist. Als da wären: die beiden Ein/Ausgangsübertrager (Carnhill und – vermutlich – Altran), die beiden Altran-Spulen der Mittenbänder und immerhin sechs kleine Tochterplatinen mit den aktiven Stufen, selbstverständlich diskret mit Einzeltransistoren aufgebaut. Die beiden Drehschalter der Mittenbänder (für die Anwahl der Frequenzen) stammen standesgemäß von ELMA, dem Hersteller, der auch Neve beliefert hat – und dies immer noch tut – und dessen Bauteile zu Recht zu den hochwertigsten in diesem Segment gezählt werden. Schließlich verfügt die Kassette noch über einen sogenannten Hardwire-Bypass auf Relais-Basis, was bedeutet, dass die Schaltung wirklich komplett aus dem Signalweg genommen werden kann.

Fotostrecke: 4 Bilder Wie alle Geräte der Little Devil Serie ist auch der EQ mit diskreten Class-A-Schaltungen aufgebaut

Wie alle heute angebotenen Chandler-Produkte ist auch der Little Devil EQ ausgesprochen robust gebaut und mechanisch über jeden Zweifel erhaben – ganz im Geiste der oftmals wirklich unverwüstlichen Vintage-Technik. Es gibt nur drei kleine Dinge, die bei der Handhabung etwas stören, die aber leider unvermeidlich sind. Zum einen sind die Bedienlemente sehr eng angeordnet, was die Einstellung etwas fummelig machen kann. Wer A sagt muss auch B sagen: Wenn ein großer Funktionsumfang bei einem 500-Modul gewünscht ist, muss man damit einfach leben. Der andere Einwand betrifft die beiden Drehschalter, die ziemlich schwergängig sind. Auch dies muss man einfach akzeptieren: Es sind nun mal ELMA-Schalter mit hervorragenden Kontakten; größere Kappen mit mehr Hebelwirkung lassen sich aufgrund des engen Raumes nicht montieren. In beiden Fällen gilt: Die Vorteile überwiegen, und deswegen nehme ich das einfach so hin. Es handelt sich hier nicht um Nachlässigkeiten seitens des Herstellers, sondern um leider unvermeidliche Nebenaspekte einer im Kern hervorragend designten Schaltungs aus Qualitäts-Komponenten. Gerne gesehen hätte ich allerdings eine Mittenrastung bei den Gain-Potis.

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Praxis

Ist ein Vergleich mit Neve überhaupt sinnvoll?

Es ist ein Stück weit müßig, den Vergleich mit den Neve-Vorbildern anzustellen, da der Little Devil zwar auf deren Schaltungskonzepten beruht, aber nicht als Clone zu verstehen ist: Wade Goeke hat sich nicht sklavisch an die Verwendung von Originalbauteilen gehalten und die Filter auch etwas anders zugeschnitten. Die Frage ist also nicht: „Klingt das Teil genau so wie ein Neve“, sondern: „Wie gut klingt es?“ Und da muss man sagen: Obwohl der Little Devil durchaus eigenständige Qualitäten hat, ist die Neve-Provenienz nicht von der Hand zu weisen, und zwar nicht einmal ansatzweise. Der Little Devil hat mit den Vintage-Vorbildern gemein, dass die Filter vor allem in den Mitten und Höhen ungemein dicht und cremig klingen. Hier wird nicht nur Pegel hinzugefügt, sondern auch Energie – die Signale wirken auch bei kleinsten Bearbeitungen frischer und lebendiger. Dieser Effekt ist schwer in Worte zu fassen, aber er ist keineswegs subtil, sondern er springt einen förmlich an,  gleich bei der ersten Poti-Drehung. Im Vergleich arbeiten beispielsweise die EQs von SSL oder Great River / Harrison erheblich zurückhaltender. Gerade in den tieferen Mitten fühlt sich der Little Devil in bester Neve-Manier an, als ob man in einem dicken Topf mit Honig rührt.

Chandler Little Devil EQ auf der Gesangsspur

Das Vocal-Klangbeispiel zeigt, wie das Höhenband den Sound öffnen kann. Ausgangsbasis ist das sehr rund und in den Höhen eher zurückhaltend klingende Beispiel, das wir mit dem Little Devil Preamp und meinem geliebten alten Neumann CMV563 mit der M7-Kapsel aufgenommen haben. Hier fällt auch auf, wie gewaltig der Hub des Filters ist. Eine kleine Drehung am Gain-Poti reicht bereits, sonst wird’s schon zu viel des Guten – was dann immer noch reichlich cremig klingt, aber einfach zu viele Höhen hat.

Audio Samples
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Vocals Original Vocals Boost bei 12 kHz Vocals Boost bei 12 kHz und 2,7 kHz Drumloop Original Drumloop Boost bei 60 Hz Drumloop Boost bei 110 Hz Kontrabass Original Kontrabass Boost bei 820 Hz Kontrabass Boost bei 110, 820 und 1200 Hz

Boost auch ohne Gain beabsichtigt?

Im Betrieb gab es eigentlich nur einen Aspekt, der mich wirklich ein bisschen gestört hat: Auch bei neutral eingestellten Filtern boostet die Kassette das Signal um knapp 3 dB, wenn man sie aus dem Bypass schaltet. Dies kann eigentlich kein „Feature“ sein, vermutlich hatte da die Endkontrolle beim Hersteller einen etwas unaufmerksamen Tag. Aber kein Problem: Chandler verfügt mit S.E.A. in Deutschland über einen sehr gut aufgestellten Vertrieb, sollte solch ein Problem also einmal auftreten, ist mit Abhilfe im Handumdrehen zu rechnen.

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Fazit

Es gilt also festzuhalten: Der Little Devil EQ zeigt einem durch und durch, mit welcher Ahnenreihe man es hier zu tun hat. Wade Goeke hat nicht nur die Schaltungstopologie vom „großen N“ übernommen, sondern auch ein gerütteltes Maß des typischen Klangcharakters in die kleine rote Kassette stecken können. Damit ist dieser EQ nicht nur unglaublich kraftvoll und unglaublich vielseitig, er klingt auch einfach sehr, sehr gut. Von dem satten Listenpreis sollte man sich nicht abschrecken lassen, der Straßenpreis liegt zum Glück ein gutes Stückchen darunter. Dennoch zählt der Little Devil EQ nicht nur zu den teuersten 500-EQs, sondern gleich zu den teuersten 500-Modulen überhaupt. Allerdings: Das was er leistet ist wirklich ganz groß, und deswegen ist der Preis tatsächlich angemessen. Das, was dieser EQ einem finderdick an analogen Charakter aufs Brot schmiert, kann in dieser Form kein Plug-in der Welt. Wer wissen möchte, warum auch heute noch für bestimmte Anwendungen ein guter analoger EQ das Maß aller Dinge ist, der sollte sich den Little Devil EQ einfach mal anhören. Es besteht eine gute Chance, dass man ihn danach nie wieder gehen lassen will…

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • hervorragende Klangeigenschaften
  • zahlreiche, gut gewählte EQ-Punte in den Mitten
  • hochwertige Bauteile und Verarbeitung
Contra
  • Gain-Potis ohne Mittenrastung
Artikelbild
Chandler Ltd. Little Devil EQ Test
Für 1.399,00€ bei
Wirklich verdammt gut, doch leider auch verdammt teuer: Chandler Little Devil EQ
Wirklich verdammt gut, doch leider auch verdammt teuer: Chandler Little Devil EQ
Technische Spezifikationen
  • voll diskreter Class-A-Aufbau mit Ein-/Ausgangsübertragern
  • Design auf Basis der Neve-Klassiker 1073, 1081 und 33115
  • vier Filterbänder
  • Mittenbänder auf Spulenbasis
  • zusätzliches Hochpassfilter
  • Preis: € 1703,- (UVP)
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Die Neve-Channels 1073, 1081 und 33115 standen Pate für das Design des Little Devil EQ

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