Ob Roland Space Echo, Echolette oder eines der vielen anderen Bandechogeräte, die von den Fünfziger bis in die Siebziger Jahre zur Ausstattung jeder Band gehörten: Wohl kein anderes Effektgerät wird von so vielen Mythen und Sagen umrankt. Ein Grund dafür ist ohne Zweifel der unvergleichliche Sound dieser Spezies, und wer schon einmal mit einem richtigen Bandecho gearbeitet hat, weiß, wovon die Rede ist. Die Interaktion von Tonband und Tonkopf generiert genau das, was nicht nur viele Vintage-Fans als den perfekten Echoeffekt bezeichnen. Der Klang ist weder zu hart noch zu dumpf, nicht zu präsent und fügt sich in den meisten Fällen organisch perfekt in das Gesamtbild ein.
Doch bei aller Liebe zu alten Bandechos: Der tolle Echosound macht die veraltete Technik der Geräte in der Regel nicht ohne Weiteres wett. So sind sie vielfach nur schwierig an modernes Equipment anzupassen und leiden nicht nur wegen ihres naturgemäß recht hohen Alters an vielen mechanischen Problemen. Schon im Neuzustand war die Arbeit mit der sensiblen Technik oft eine Zitterpartie und das Verhältnis des Besitzers zum Gerät nicht selten eine Art Hassliebe. Neben der kontinuierlichen Wartung sorgte der Kneipenmix aus feuchter Luft und Nikotin für ein allmähliches Verkleben der mechanischen Teile, angefangen vom Motor, den Andruckrollen und den Tonköpfen, und ständiges Reinigen war ein Muss. Da man heute kaum noch neuwertige Ersatzteile findet, sind angebotene Geräte oft defekt und besitzen höchstens Liebhaberwert, für den Einsatz im professionellen Bereich sind sie deshalb kaum mehr zu verwenden. Es ist wie bei alten Autos: Gerade hat man den linken Kotflügel restauriert, fällt die Stoßstange ab. Unser Testkandidat, das Boss RE-20, ist eine digital reanimierte Kopie des alten Bandechoklassikers und eine Reminiszenz an das legendäre Roland Space Echo. Ob die mit modernster Computersteuerung errechneten Tonköpfe und Andruckrollen das halten, was das legendäre Vorbild einst versprochen hat?
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DETAILS
Das RE-20 ist eine digitale Nachbildung des Roland Bandechoklassikers Space Echo. Digital heißt, dass der Echoeffekt von einem speziell für diese Anforderung programmierten Prozessor generiert wird. Dazu wird das Gitarrensignal am Eingang des Gerätes mittels AD-Wandler in Daten umgewandelt und erst am Ausgang wieder aus der digitalen in die hörbare analoge Welt entlassen. Alles dazwischen bewegt sich auf der digitalen Ebene und dort sind den Manipulationsmöglichkeiten bekanntlich kaum Grenzen gesetzt. Um diese zahlreichen Optionen des Space Echos ohne verschachtelte Untermenüs zu erreichen, ist das Pedal mit zwei Fußtastern recht groß ausgefallen und besitzt fast die Größe eines Memory Man Deluxe. Dafür ist die Bedienung auch sehr intuitiv und selbsterklärend. Das Gerät kann sowohl auf der Bühne als auch im Studio problemlos eingesetzt werden.
Das RE-20 ist mit zahlreichen Reglern ausgestattet, die sich oberhalb der beiden Fußtaster befinden.Besonders auffällig ist der Mode-Selector, der den größten Platz auf dem Bedienpaneel einnimmt und sozusagen das Herzstück der kleinen Echofabrik darstellt. Bei ihm handelt es sich um einen Drehschalter mit 12 Positionen, die jeweils einen oder mehrere virtuell nachgebildete Tonköpfe einschalten und so Echos bis hin zu galoppierenden klassischen Delaysounds ermöglichen. Einige Einstellungen bieten einen Mix aus Delay und Hall, während die letzte Position nur die simulierte Hallspirale einschaltet. Um die Frequenzen des Echoeffektes weiter zu verfeinern, besitzt das Gerät eine Zweiband-Klangregelung, die übrigens auch beim originalen Space Echo vorhanden ist. Mit ihr lassen sich Bässe und Treble getrennt anheben oder absenken. Für die Feinjustierung der Echos sind die beiden Regler „Repeat Rate“ und „Intensity“ zuständig. Repeat beeinflusst die Echogeschwindigkeit. Beim alten Vorbild wird mit diesem Regler die Geschwindigkeit des Motors erhöht, wodurch das Echo beim Aufdrehen immer schneller wird. Beim RE-20 hat man sogar das allmähliche „Hocheiern“ des Motors simuliert. Apropos eiern: Diese leichten Gleichlaufschwankungen, die bei den Originalen immer wieder auftraten, hat man softwaremäßig implementiert. Leider kann man sie nicht verändern und damit einen chorusartigen Delaysound im Stil von The Edge erzeugen.
Der „Intensity“-Regler steuert die Anzahl der Echowiederholungen, die andere Hersteller oft als Feedback bezeichnen. Ganz in der Tradition alter Bandechos kann das RE-20 jede erdenkliche Art von Echo-Feedbackschleifen erzeugen und Raumschiffe aus unterschiedlichen Galaxien starten, landen und wegfliegen lassen. Mit „Echo Volume“ und „Reverb Volume“ lassen sich beide Effekte stufenlos dem trockenen Originalsignal beimischen. Der Input Volume Regler an der rechten Seite passt den Eingangspegel an. Ein kleines Lämpchen informiert darüber, ob das Gerät übersteuert wird, was man tunlichst vermeiden sollte. Digitale Verzerrungen klingen im Gegensatz zu analogen alles andere als harmonisch und erzeugen stattdessen harsche Knarzgeräusche.
Das RE-20 verfügt an der Rückseite über zwei Eingänge. Benutzt man nur den Mono Input, arbeitet das Gerät wie gewohnt. Nur für den Einsatz im Studio empfiehlt sich der Gebrauch beider Eingänge. Die Ausgänge liegen hier natürlich ebenfalls in Stereo an. Benutzt man nur die erste Buchse, arbeitet das Gerät wie jede ordinäre Stompbox in mono. Experimentierfreudige Echo-User können ein Expressionpedal anschließen.Ein 9Volt-Netzteil findet ebenfalls Anschluss an der Rückseite, für den Batteriebetrieb liegt allerdings auch ein erster Satz mit sechs AA-Batterien bei. Komplettiert wird die Ausstattung durch einen kleinen Schalter, mit dessen Hilfe das Direksignal unterdrückt werden kann. Das macht aber nur dann Sinn, wenn man das RE-20 in einen parallelen Effekt-Einschleifweg einbindet und den Echoeffekt separat beimischt. Mit Direktsignal erhält man wegen der Phasenverschiebung einen topfigen Sound. Diesen Kammerfiltereffekt kennt man von Flangerpedalen, bei denen man die Modulationseinheit ausschalten kann, wie beispielsweise dem Electric Mistress Flanger. Beim Einschalten des RE-20 kann man durch Halten des Tap-Tasters und dem Anwählen unterschiedlicher Positionen des Mode-Reglers bestimmen, welche Parameter mit dem Expressionpedal verändert werden sollen. Zur Auswahl stehen Repeat Mode, Intensity, Echo Level oder Twist. Twist ist ein abgefahrener Effekt, bei dem das Feedback und die Delaygeschgwindigkeit gleichzeitig erhöht werden und den Science-Fiction Sound eines startenden Raumschiffs erzeugen.
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PRAXIS
Dank der sehr praxisorientierten Anleitung kommt man mit dem RE-20 sehr schnell klar. Das Gerät bietet eine intuitive Bedienung, die dem alten Vorbild liebevoll nachempfunden ist. Es gibt keine doppelt belegten Regler oder Untermenüs, durch die man sich erst mühevoll kämpfen müsste, um einen der Parameter des Pedals zu verändern. Der eigentliche Echosound klingt anders als bei Analogdelays, er ist direkter und mittiger. Natürlich haben die Entwickler von Boss versucht, den Klang des Bandechoklassikers nachzuahmen. Leider hat sich mein altes Roland Space Echo vor einiger Zeit verabschiedet, sodass ich keinen AB-Vergleich anbieten kann, aber beim RE-20 erscheint mir der Echoeffekt definierter und klarer. Und genau hier liegt auch der Hund begraben, denn wenn im Laufe von 30 und mehr Jahren die Tonköpfe starke Abnutzungserscheinungen aufweisen, kann dadurch auch der Sound verwässern. Ich habe hier, genau wie beim Nova Delay, die Höhen weit zurückgedreht, um einen weicheren Delaysound zu erhalten. Den Effekt durch Aufdrehen des Inputreglers zu sättigen, bringt nicht viel und die Übersteuerungsanzeige signalisiert schnell Verzerrungen. Das Echo klingt ausgewogen und weder aufdringlich noch digital. Auch die Gleichlaufschwankungen des alten Space Echos hat man sehr subtil in die Programmierung des RE-20 einfließen lassen, was einen einzigartigen Sound erzeugt. Trotzdem hätte ich mir für einen chorusartigen Sound gewünscht, dass man diese Gleichlaufschwankungen verändern kann. Der Hall ist für meinen Geschmack nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, er klingt ähnlich unspektakulär wie ich es auch vom originalen Space Echo her kenne. Kein Vergleich also zum klassischen Federhall eines Fender- Amps. Als Manko könnte man dem RE-20 ankreiden, dass man die Sounds nicht abspeichern kann. Aber das konnte man beim Roland Space Echo ja auch nicht.
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