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AMT SS-10 Tube Guitar Preamp Test

Schaut man sich die Tests der letzten Monate an, dann muss man feststellen, dass es da durchaus die eine oder andere Überraschung gab. Und wenn wir uns in die Effektabteilung begeben, dann gehören ohne Zweifel auch die Pedale des sibirischen Hersteller AMT dazu. Mit diesem Newcomer auf dem Pedalboard hatten auch wir als Tester durchweg unseren Spaß, zumal einige der Geräte tatsächlich richtig großes Kino sind. Aber unter all den feinen Bodentretern versteckt sich auch ein Röhrenpreamp im 19“ Format, der auf den Namen SS-10 hört.

AMT_SS10_005FIN


Neben einer ganzen Reihe von Preamps im Stompboxformat bietet AMT in seiner Tube Guitar Preamp Series mit SS-20 und SS-11 zwei Röhrenvorstufen in Pedalausführung sowie unseren Testkandidaten SS-10 an. Während wir den SS-11 bereits in der Mangel hatten, soll heute mit dem dreikanaligen Preamp SS-10 im Rackformat, der in erster Linie für den Einsatz im Studio konzipiert ist, das Flaggschiff der Serie beweisen, dass es ein würdiger Vertreter der AMT-Familie ist.

Details

Unser Kandidat kommt im stabilen, schwarz lackierten 19“ Metallgehäuse mit einer Höheneinheit. Besonders auffallend ist die geringe Tiefe des Gerätes, gerade einmal 90 mm werden nach hinten im Rack benötigt. Auf der Front finden wir eigentlich genau die Anzahl an Reglern, die wir bei einem dreikanaligen System erwarten und die auch benötigt werden, die Anschlüsse befinden sich auf der Rückseite. Die Eingangsbuchse für die Gitarre gibt es doppelt, einmal hinten für die Komplettverkabelung im Gitarrenrack und zusätzlich vorne auf dem Bedienfeld – praktisch! Der SS-10 wird mit einem 12-V-Netzteil betrieben, das selbstverständlich im Lieferumfang enthalten ist. Wie beim Kollegen aus der Bodenabteilung, dem SS-11, arbeiten auch hier zwei 12 AX7 Röhren, die zwecks Kühlung über kleine Lüftungsschlitze an der Gehäuseoberseite verfügen.

AMTs SS-10 kommt mit geringer Bautiefe aus
AMTs SS-10 kommt mit geringer Bautiefe aus

Der SS-10 ist dreikanalig konzipiert und bietet einen Clean-, einen Crunch- und einen Lead-Channel. Während der Clean-Kanal komplett unabhängig arbeitet, teilen sich Crunch und Lead die Klangregelung. Der Reihe nach: Der Clean-Kanal lässt sich mit der Dreiband-Klangregelung aus Low, Mid und Treble einstellen. Für Zerrgrad und Endlautstärke sind ein Gain- und einen Level-Regler zuständig. Die Klangfarbe des Höhen-Boosts kann mit einem Dreifach-Schalter (Clean Bright) justiert werden.

Fotostrecke: 3 Bilder Clean-Abteilung des AMT SS10

Der kombinierte Crunch/Lead-Channel verfügt über einige Einstellmöglichkeiten mehr. So wählt man per Schalter zwischen den beiden Kanälen, wobei LEDs den Status anzeigen, Crunch leuchtet gelb und Lead rot. Die Dreiband-Klangregelung (Low, Mid, High) bedient beide Kanäle, aber jeder einzelne verfügt über eigene Gain-, Level- und Presence-Regler. Zusätzlich sind drei Dreifach-Schalter für das Sound-Shaping zuständig, jeweils einer bietet für jeden Kanal einen Treble-Shift in drei Stufen und beim Crunch-Channel gibt es noch zusätzlich den Pre EQ-Schalter, mit dem ein EQ-Shaping vor der Gainstufe eingestellt werden kann. Den Abschluss auf der rechten Seite bildet der Master, der die Endlautstärke des schwarzen Kästchens justiert.

Fotostrecke: 4 Bilder Rückansicht des SS-10

Auf der Rückseite finden wir die Anschlüsse für alle denkbaren Einsatzbereiche. Wer einfach nur Zuhause üben will, ohne das Verhältnis zu seinen Mitbewohnern aufs Spiel zu setzen, der schließt an den Phones Out einen Kopfhörer an. Wer es krachen lassen möchte, dem steht ein normaler Output (0dB) zum Anschluss an einen Power Amp zur Verfügung. Für Recording-Einsätze empfiehlt sich der CAB SIM OUT, bei dem das Signal frequenzkorrigiert mit einer Speaker-Simulation ausgegeben wird. Effekte lassen sich über einen FX-Loop einbinden, bei dem man per Send und regelbarem Return zum Beispiel einen Hall oder ein Delay einschleifen kann. Auch die Buchse für einen optional erhältlichen Fußschalter, mit dem man die Kanalumschaltung (Clean-Crunch/Lead) bewerkstelligt, darf nicht fehlen.

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Praxis

Für die Praxis ist der SS-10 über den Cab.Sim.-Ausgang direkt mit dem Audio-Interface verbunden, von dem aus das Signal auf die Festplatte gebannt wird. Los gehts mit dem Clean-Kanal, bei dem ich mit einer neutralen Einstellung der Klangregelung beginne, um mir einen Eindruck vom Grundsound zu verschaffen. 

GitarreChannelGainLowMidHighCleanBright
StratClean121212121
Audio Samples
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Clean Strat

Das kann sich hören lassen, ein angenehm brillanter Ton, der den Klangcharakter in der Zwischenposition der Strat sehr gut wiedergibt. Mit dem Clean Bright-Schalter können die Höhen noch etwas angeschärft werden, ähnlich wie bei der Bright-Funktion eines Fender Twins. Damit kann man einem zahmeren Halspickup zum nötigen Biss verhelfen.

GitarreChannelGainLowMidHighCleanBright
TeleClean121212123
Audio Samples
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Clean Tele

Der Clean-Channel ist nur mit Mühe zu einer leichten Zerre zu überreden, selbst bei voll aufgedrehtem Gain und einer Humbucker-Gitarre gelingt das kaum. Aber eigentlich soll das auch genau so sein, denn wozu sonst haben wir noch zwei weitere Kanäle zur Verfügung, die sich genau mit dieser Thematik beschäftigen. Der Crunch-Channel ist für den kompletten Vintage-Zerrbereich zuständig. Es geht los mit einer leichten Zerre bei geringem Gain (8 Uhr), wobei der SS-10 hier recht schnell zur Sache kommt. Schon ab 9 Uhr generiert er ein mittleres Zerrbrett á la Marshall Plexi, und wem das nicht reicht, der erhält beim Überschreiten der 12 Uhr Marke die gewünschte Packung mehr Gain. Hier sind drei Beispiele mit unterschiedlichen Einstellungen.
Eine leicht angezerrte Tele im Stones-Style.

GitarreChannelGainLowMidHighPresencePre EQTreble Shift
TeleCrunch813,51313,51011
Audio Samples
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Crunch Tele

Australischer Rock mit britischem Ampsound.

GitarreChannelGainLowMidHighPresencePre EQTreble Shift
SGCrunch91414111323
Audio Samples
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Crunch SG

Ein Riff mit der Les Paul bei fast maximalem Gain im Crunch-Channel.

GitarreChannelGainLowMidHighPresencePre EQTreble Shift
Les PaulCrunch161412,510923
Audio Samples
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Crunch Les Paul

Die Klangregelung arbeitet sehr gut und harmonisch in allen Kanälen. Dadurch wird zum einen der Klangcharakter einer Gitarre nicht einfach platt gemacht, sondern organisch verfeinert, wenn man es so ausdrücken möchte. Mit den drei EQ-Shaping-Schaltern (Clean Bright, Pre EQ und Treble Shift) lässt sich der Klang sehr gut modellieren und auf Gitarrentyp und Sound-Stil anpassen. Das ist wirklich sehr gut gelungen.
Nicht ganz so gut kam die dynamische Ansprache aus dem SS-10. Der Verzerrungsgrad lässt sich nur sehr gering über den Anschlag steuern, dazu muss auch der Gainregler im Crunch-Kanal weit zurückgenommen werden, denn das Kompressionsverhalten setzt sehr früh ein. Hier ist das Ergebnis bei Gain auf 10 Uhr. Selbst beim ganz leichten Anschlag fährt der SS-10 nur gering in Lautstärke und Zerrgrad zurück.

GitarreChannelGainLowMidHighPresencePre EQTreble Shift
Les PaulCrunch101312,511922
Audio Samples
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Dyna Pick

Jetzt kommen wir zum Lead-Channel, der sehr modern klingend angelegt ist und viel Sustain und komprimierte Verzerrung bringt, bestens geeignet für Leadsounds und brachialere Riffs. Die Obertonansprache ist ausgezeichnet, aber leider schleicht sich mit höherem Gain auch eine kräftige Portion Rauschen hinzu. Wer viel in diesen Bereichen unterwegs ist und den SS-10 für Aufnahmen nutzen möchte, der sollte über die Anschaffung eines Noisegates nachdenken.

GitarreChannelGainLowMidHighPresenceTreble Shift
Les PaulLead141014,51512,51
Audio Samples
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Lead Les Paul

Mid Scoop Sounds sind eine der Domänen des Lead Channel. Hier hat mir die Treble Shift Einstellung 3 sehr gut gefallen, die Höhen kommen eine Ecke härter aus den Boxen und verleihen dieser Klangkategorie mehr Aggressivität und Durchsetzungskraft.

GitarreChannelGainLowMidHighPresenceTreble Shift
SGLead1514715143
Audio Samples
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Lead SG

Der Hersteller lobt in seinem Manual die gute Ansprache besonders bei tiefen Frequenzen und dem kann ich mich nur anschließen. Mit tiefer gestimmten Gitarren gibt es keine Probleme, auch bei hoher Verzerrung bleiben Akkorde im unteren Frequenzbereich noch gut erkennbar. Die Wiedergabe auf den tiefen Saiten ist detailliert und knackig, wie man im folgenden Beispiel mit einer Bariton Gitarre hören kann.

GitarreChannelGainLowMidHighPresenceTreble Shift
BaritonLead1414,5913142
Audio Samples
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Low Riff
Wenig zu meckern: AMT SS-10
Wenig zu meckern: AMT SS-10
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Fazit

Wieder einmal gibt es (fast) nichts zu meckern, denn beim AMT SS-10 handelt es sich um einen sehr gut klingenden Röhrenpreamp, der sich gut beim Recording oder auch auf der Bühne einsetzen lässt, wenn es mal ohne Lärm direkt ins Pult gehen soll. Der integrierte Cab-Simulator sorgt dabei für einen guten, durchsetzungsfähigen Ton auch ohne angeschlossenen Gitarrenlautsprecher.  Wer richtig Krach machen möchte, kann das natürlich auch tun, denn mit den unterschiedlich konfigurierten Ausgängen Cab Simulator, Normal Output und Phones ist der SS-10 für alle Einsätze gerüstet. Mit seiner effektiven Klanggregelung, drei Kanälen und verschiedenen EQ-Shaping-Möglichkeiten ist der Preamp stilistisch weit offen und bereit, alle musikalischen Bereiche mit den entsprechenden Grundsounds zu bedienen, zumal ein Einschleifweg für Effekte ebenfalls mit an Bord ist. Einziges Manko ist die etwas schwache dynamische Ansprache im Crunch-Kanal, durch die sich die Verzerrung nicht so optimal über die Anschlagstärke steuern lässt, wie man es von einem guten Röhrenamp gewohnt ist.  

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Sound
  • Klangvielfalt
  • EQ-Shaping-Schalter
  • verschiedene Ausgänge (Cab Sim, Phones, Normal Out)
  • Effektloop
Contra
  • Rauschen bei hohen Gain-Einstellungen (Lead Channel)
  • Dynamik
Artikelbild
AMT SS-10 Tube Guitar Preamp Test
Für 495,00€ bei
Auch ohne Endstufe und Speaker guter Sound: AMT SS-10
Auch ohne Endstufe und Speaker guter Sound: AMT SS-10
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: AMT
  • Modell: SS-10
  • Typ: Preamp für E-Gitarre
  • Röhrenbestückung: 2x 12AX7
  • Bedienfeld Regler: Gain, Low, Mid, High, Level (Clean Channel), Gain Crunch, Gain Lead, Low, Mid, High, Presence, Level (Crunch/Lead Channel), Presence, Level (Lead Channel)
  • Bedienfeld Schalter: Channel, Crunch/Lead, Clean Bright, Crunch Pre EQ, Treble Shift Crunch, Treble Shift Lead, Power
  • Bedienfeld Anschlüsse: Input
  • Rückseite Anschlüsse: Input, Send, Return, Output, Phones, Cab Sim Output, Footswitch
  • Abmessungen: 482 x 46 x 90 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 1,25 kg
  • Lieferumfang: Netzteil 12 V
  • Preis: € 449,- (UVP)
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