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Ampeg GVT15-112 Test

Unter Bassisten hat der amerikanische Hersteller Ampeg in etwa den Status, den Marshall bei Gitarristen genießt. Auf den großen Rock ‘n’ Roll Bühnen sind die mächtigen Kühlschränke hinter den Bassmännern zum Markenzeichen geworden. Obwohl man sich schon seit den 50er Jahren in erster Linie mit innovativen Bassamps dem Druck im zwei- und dreistelligen Frequenzbereich verpflichtet fühlt, erinnerte man sich von Zeit zu Zeit auch an die Fraktion mit den dünnen Saiten und versorgte sie mit diversen Gitarrenverstärkern – was im Vergleich zu den Bassamps aber in der Regel ein Nebengeschäft ist. Dass dies nicht unbedingt ein Qualitätsurteil sein muss, zeigen die zahlreichen Gitarristen, die im Studio und auf der Bühne auf ihre Ampeg-Amps schwören.

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Grund genug, einen Blick auf das aktuelle Angebot des Herstellers zu werfen. Und dort besonders auf die GVT-Reihe, die aus sechs verschiedenen Amps besteht, vier Combos und zwei Topteilen in unterschiedlichen Leistungsklassen und allesamt im Vintage-Style und -Design, optisch an die alten SVT-Basstopteile angelehnt. Wir haben uns mit dem GVT15-112 für unseren Test den 15 Watt Combo herausgepickt, weil er in die momentan so beliebte Klasse kleiner, schnörkelloser Röhrenamps passt und er uns zeigen soll, womit er gegenüber der Konkurrenz punkten kann.

DETAILS

Mit dem Verkauf des Unternehmens an Loud Technologies im Jahre 2005 wurden die Produktionsstätten in den USA aufgegeben und aus Kostengründen nach Fernost verlagert. Firmensitz und Entwicklung liegen nach wie vor in den USA, gefertigt wird in Asien. Das bringt zwar erschwingliche Preise mit sich und der GVT15-112 ist im Laden schon unter 650 Euro erhältlich, aber ein echter Preisknüller ist er damit nicht unbedingt. Er steckt in einem 15 mm starken Sperrholzgehäuse, das mit schwarzem Vinyl überzogen und an sechs Ecken mit Metallschonern ausgestattet ist. Das Ampchassis mit dem silbernen Bedienfeld sitzt leicht angeschrägt oben an der Frontseite, der 12“ Celestion verbirgt sich hinter einer schwarzen Stoffbespannung. Die Rückseite ist größtenteils geschlossen, es gibt lediglich einen ovalen Ausschnitt hinter dem Lautsprecher, der mit einem Gitter versehen ist. Trotz Sperrholz haben wir hier kein Leichtgewicht vor uns, immerhin 19 Kilo bringt der Amp auf die Waage, lässt sich aber am Griff auf der Oberseite gut ausbalanciert tragen und seine vier Gummifüße verhelfen ihm zu einem bombenfesten Stand. Die geforderte Verstärkerarbeit wird von vier Röhren verrichtet, zwei 12AX7 in der Vor- und zwei 6V6GT in der Endstufe.

Was seine Reglerausstattung anbelangt, gibt sich der GVT15-112 recht bescheiden. Aber die vorhandenen sechs bieten alles, was zum Einstellen eines einkanaligen Verstärkers benötigt wird. So ist Gain auch hier für den Verzerrungsgrad zuständig und Volume für die Endlautstärke. Die Leistung kann übrigens per Schalter (Standby) zwischen 7,5 und 15 Watt gewählt werden, sodass man auch bei geringerer Lautstärke noch etwas Endstufenzerre mitnehmen kann. Die Klangregelung ist anders ausgelegt als bei den meisten Amps, die mit einem passiven Tonestack ausgestattet sind. Der sogenannte Baxandall EQ erlaubt sowohl Absenkung als auch stärkere Anhebung des ausgewählten Frequenzbereichs. Laut Hersteller sind dadurch extremere Klangeinstellungen möglich. Im Praxisteil werden wir uns dem etwas genauer zuwenden. Geregelt wird auf jeden Fall in den üblichen drei Bereichen Bass, Middle und Treble. Zu einem Vintage-Design gehört natürlich auch ein echter Federhall, der selbstverständlich auch seinen Weg in den G15-112 gefunden hat. Dieser lässt sich mit dem Reverb-Regler in der Endstufensektion dem Original-Signal beimischen. Neben den sechs Reglern findet man die Eingangsbuchse auf der linken Seite und Power- und Standby-Schalter rechts außen. Alle weiteren Anschlüsse sind rückseitig angebracht.

Im Gegensatz zu Vintage-Look und -Konzeption auf der Vorderseite präsentiert sich die Rückseite in einem etwas moderneren Gewand mit Effekteinschleifweg und diversen Lautsprecheranschlüssen. Der GVT15-112 ist mit einem seriellen Effektloop ausgestattet, dort können Effektgeräte per Send- und Return-Buchse ins Geschehen integriert werden. Damit die 15 Endstufen-Watt bei Bedarf über eine größere Membranfläche ins Volk getragen werden können, warten zwei 4Ω, zwei 8Ω und eine 16Ω Buchse auf Anschluss – an letzterer hängt der interne Lautsprecher. Diese Bestückung erlaubt die unterschiedlichsten Kombinationen von einer oder zwei Zusatzboxen, man könnte also den GVT15-112 auch durchaus an zwei 4×12 Boxen hängen. Hall und Effektloop können per Fußschalter ferngesteuert werden, allerdings muss man den Zweifach-Schalter GVT-FS2 zusätzlich erwerben, er befindet sich nicht im Lieferumfang. 45 Euro werden für ihn fällig.

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PRAXIS

Kurz und knapp, und um keine falschen Hoffnungen zu wecken: Die Hi-Gain- und Metal-Freunde können sich an dieser Stelle eigentlich verabschieden, denn der pure GVT15-112 wird mit Sicherheit nicht ihren Klangvorstellungen entsprechen: Die kleine Kiste ist definitiv kein Zerrwunder. Es sei denn, ihr habt ein paar gute Tretminen, die ihr davorschalten möchtet. Kein Qualitätsurteil also, sondern nur eine Feststellung der Tatsachen vorab. Wir beginnen den Test wie immer mit einer neutralen Einstellung, alle Regler (außer dem Reverb) werden in die 12-Uhr-Position gestellt, damit ihr euch ein Bild über den Grundsound des Verstärkers machen könnt. Diesen kann man als warm bezeichnen, die Bässe sind sehr stark vertreten, die Höhen kommen etwas dezenter aus dem 12-Zoll-Celestion.

GitarreGainTrebleMiddleBassVolumeReverb
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Audio Samples
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Flat

Bei Gain auf 15 wird der Sound etwas dreckiger, aber auch da lässt sich die Vorstufe nicht wirklich beeindrucken, vom Zerrsound sind wir noch weit entfernt. Der Klang präsentiert sich aber schon wesentlich schlanker, wenn die Bässe etwas zurückgenommen und die Höhen weiter aufgedreht werden.

GitarreGainTrebleMiddleBassVolumeReverb
Stratocaster15151210127
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Higher Gain

Im letzten Viertel lässt sich der Kollege dann doch noch etwas ärgern und spuckt eine leichte Verzerrung aus. Viel ist es nicht, aber für leicht angezerrte Blues-Sounds ausreichend. Wer noch etwas mehr benötigt, dem empfehle ich den Mittenregler weiter aufzudrehen, dann wird es noch eine Ecke aggressiver. Ihr hört beide Versionen, einmal maximales Gain mit Middle auf 12 Uhr und im zweiten Beispiel sind die Mitten voll aufgedreht.

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Stratocaster171212-1712127
Audio Samples
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Max. Gain Max. Gain Mid-Boost

Mit einer Humbuckergitarre sieht die Verzerrung in der Vorstufe natürlich schon etwas anders aus, hier kann man bei voll aufgedrehtem Gain durchaus ein paar Rock Riffs in die Menge feuern, aber so richtig Spaß macht es erst, wenn auch die Endstufe weit aufgedreht ist. Dann beginnt der GVT richtig zu kämpfen und man wird mit einem guten Zerrbrett belohnt. Ihr hört auch hier wieder beide Einstellungen, einmal mit Volume auf 12 und dann voll aufgedreht.

GitarreGainTrebleMiddleBassVolumeReverb
Les Paul1713141112-177
Audio Samples
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Overdrive 1 Overdrive 2

Bei dieser Einstellung sind Beschwerden aus der Nachbarschaft vorprogrammiert, denn mit Gain und Volume auf rechts ist der Amp richtig laut und hat keine Probleme, sich im Übungsraum gegen Bass und Schlagzeug durchzusetzen. Glücklicherweise bietet sich die Möglichkeit der Leistungsreduzierung, aber auch bei 7,5 Watt liegt er schon jenseits der üblichen Zimmerlautstärke. Für einen Brettsound braucht man eben die entsprechende Lautstärke, das war früher schon so und das Ampkonzept geht geradlinig diesen Weg. Aber es muss ja auch nicht immer zerren … Als Zwischenbilanz kann man feststellen, dass der GVT15-112 eher mit hohen Cleanreserven punkten kann und nicht so früh zerrt. Clean reicht es auf jeden Fall für den Proberaum und nicht allzu laute Clubgigs aus.

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Jetzt wollen wir uns dem vom Hersteller hochgepriesenen aktiven EQ widmen, der angeblich mehr Klanggestaltung ermöglicht als herkömmliche Klangregelungen. Diese Aussage kann ich auf jeden Fall bestätigen, denn der Wirkungsgrad der Regler ist tatsächlich höher als bei den meisten Amps der Mitbewerber. Allerdings sollte man etwas vorsichtiger mit ihnen umgehen, denn dreht man mehrere Regler zu weit auf, kann der Klang mitunter etwas synthetisch wirken und seinen warmen Grundton verlieren. Das typische „British Setting“ mit allen Reglern auf Rechtsanschlag führt hier zu einem matschigen Sound, aber das ist auch nicht Ziel der Konzeption. Mit dem Treble-Regler ist von extrem muffig bis messerscharf alles möglich, der Mitten-Regler gibt bei höheren Werten noch eine Ecke Gain hinzu und der tiefe Bereich kann bei zurückgedrehtem Bass ganz schlank gestaltet werden. Dreht man weiter auf, wird es sehr füllig. Ihr hört in den nächsten Beispielen drei unterschiedliche Einstellungen (7-12-17) des im Fokus stehenden Reglers, während die anderen beiden auf 12 Uhr eingestellt sind.

GitarreGainTrebleMiddleBassVolumeReverb
Les Paul14121212147
Audio Samples
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Treble-EQ Mid-EQ Bass-EQ

Ampeg war der erste Amp-Hersteller, der einen Hall-Effekt in einen Gitarrenamp einbaute. Reverberocket hieß der Klassiker, der übrigens wieder neu aufgelegt wurde, und natürlich ist ein amtlicher Federhall auch für das Vintage-Design des GVT Pflicht. Dieser lässt sich sehr angenehm einstellen und ist eher unaufdringlich als manch scheppernder Spring-Reverb mit ellenlanger Nachhallzeit. Die beträgt beim GVT zwar auch runde zwei Sekunden, aber durch die dezente Beimischung des Effektsignals wirkt der Hall nie vordergründig, sondern passt sich dem Originalsignal sehr gut an. Der Regelweg ist angenehm linear und man kann den Hall sehr gut zum Gitarrensignal hinzumischen. Hier ein Beispiel, bei dem der Regler auf 12 Uhr steht.

GitarreGainTrebleMiddleBassVolumeReverb
ES-335131214111512
Audio Samples
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Reverb
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FAZIT

Der Ampeg GVT15-112 wird auch klanglich seinem vintagemäßigen Outfit gerecht. Große Cleanreserven sind seine Domäne, selbst bei Gitarren mit kräftigem Output bleibt die Vorstufe auch bei hohen Gain-Einstellungen standhaft und liefert einen weitgehend unverzerrten Klang. In Kombination mit einer weit aufgedrehten Endstufe kann man den kleinen Kasten zwar aus der Reserve locken, aber die verzerrten Sounds sind nicht unbedingt seine Stärke. Ich kann mir den Verstärker gut im Jazz oder Blues vorstellen, wo ein satter und warmer Ton gefragt ist, ein angenehmer Federhall und eine moderate Lautstärke, die sich gegen Drums und Bass noch gut durchsetzen kann. Wer etwas mehr Verzerrung benötigt, der kann dann die üblichen Tretminen davorschalten und für Chorus und Delay gibt es sogar einen Einschleifweg. Keine Allzweckwaffe, aber eine gute Basis für kleinere Locations.

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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Ampeg
  • Modell: GVT15-112
  • Typ: Röhren-Gitarrencombo
  • Ausgangsleistung: 15 Watt
  • Röhrenbestückung: 2 x 12AX7 (Vorstufe), 2 x 6V6GT (Endstufe)
  • Lautsprecher: 1 x 12“ Celestion
  • Bedienfeld Regler: Gain, Treble, Middle, Bass, Volume, Reverb
  • Rückseite: 5 x Speaker Out (1x 16Ω, 2x 8Ω, 2x 4Ω), Footswitch, Send, Return
  • Abmessungen: 457 x 485 x 254 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 19 kg
  • Preis: € 812,- (UVP)
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • hohe Cleanreserven
  • warmer Grundsound (gut für Jazz & Blues)
  • Anschlussmöglichkeiten für Zusatzboxen
Contra
  • Fußschalter nicht im Lieferumfang
  • Zerrsounds
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Ampeg GVT15-112 Test
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