Aguilar Tonehammer 700 Test

Mit der Tonehammer Preamp/D.I.-Box gelang Aguilar 2008 ein großer Erfolg – kein Wunder, denn das Pedal liefert den seidigen Signature-Sound der New-Yorker Verstärkerschmiede im kompakten Bodentreterformat und ist für viele Bassisten daher die ultimative Preamp-Lösung für unterwegs. Was liegt also näher, als ein leichtes kleines Basstop um den populären Preamp herum zu konstruieren? Bald darauf präsentierte die Company die beiden Class-D-Tops Tonehammer 350 und Tonehammer 500. Und siehe da: Auch die Tonehammer-Amps haben sich für Aguilar in kürzester Zeit zu Topsellern entwickelt und werden von namhaften Tieftönern rund um den Globus gerockt. Mit der Entwicklung zu immer stärkeren und stabiler arbeitenden Class-D-Endstufen wurde bei vielen Aguilar-Fans in den letzten Jahren allerdings der Wunsch nach einem kräftigeren Tonehammer-Top laut. Ende 2018 war es schließlich so weit: Aguilar präsentierte den brandneuen Tonehammer 700! Das Flagschiff der Serie kommt mit satten 700 Watt Ausgangsleistung und sämtlichen Features, die die Tonehammer-Amps so populär gemacht haben.

Aguilar_Tone_Hammer_700_001_FIN
… seinen kleineren Brüdern fast wie ein Ei dem anderen.

Details

Der neue Aguilar-Amp kann aus optischer Sicht eindeutig der Tonehammer-Familie zugeordnet werden. In der Tat gleicht er dem älteren Tonehammer 500 wie ein Ei dem anderen und kommt dementsprechend ebenfalls in einem schwarzen Gehäuse mit der typischen eleganten Alu-Frontplatte, die den coolen Schriftzug der Verstärkerschmiede trägt. Trotz der deutlich stärkeren Leistung ist der neue Tonehammer 700 mit den Abmessungen von 305 x 229 x 76 mm nur unwesentlich größer als der kleinere Bruder. Und auch beim Gewicht gibt es nur geringe Unterschiede: Der Tonehammer 700 wiegt nur 400g mehr als der Tonehammer 500 (1,8 kg vs. 2,2 kg).

Fotostrecke: 3 Bilder Trotz seiner etwas vergrößerten Gehäusemaße …

In der Ausstattung sind die beiden Tonehammer-Modelle sogar komplett identisch und verfügen dementsprechend über die gleichen Regler und Anschlussmöglichkeiten, die natürlich zum größten Teil auf der Frontplatte zu finden sind. Die Vorstufensektion auf der linken Seite bietet einen Klinkeneingang für den Bass, gleich darüber parkt ein kleiner Schalter, mit dem die Empfindlichkeit des Eingangs für die Verwendung mit pegelstarken, aktiven Bässen um 10dB reduziert werden kann.
Auf den Klinkeneingang folgen fünf Regler, mit denen die Hauptfunktionen des Tonehammer-Preamps justiert werden. Den Anfang machen der Gain-Regler zum Einpegeln des Signals und der Drive-Regler für die verzerrten Sounds. Hinter dem Drive-Regler verbirgt sich die aus dem Tonehammer-Pedal bekannte AGS-Schaltung (Adaptive Gain Shaping). Die AGS-Schaltung wirkt, abhängig von der Stellung des Gain-Reglers, auf die Gain-Struktur und das Frequenzspektrum des Preamps. Kurz gesagt: Je weiter der Gain-Regler aufgedreht wird, desto extremer wird die EQ-Kurve in Richtung “Vintage” verändert und desto gesättigter wird die Gain-Struktur.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein Blick auf die Front des Aguilar Tonehammer 700.

Die nächsten vier Regler sind für den Dreiband-EQ des Tonehammer 700 zuständig. Neben je einem Regler zum Anheben oder Absenken von Bässen, Höhen und Mitten bietet der Equalizer einen weiteren Regler zur Wahl der Mittenfrequenz. Das Spektrum für das durchstimmbare Mittenband reicht von den Tiefmitten bei 180 Hz bis zu den Hochmitten bei 1 kHz und bietet damit jede Menge Flexibilität zur Formung des Klangcharakters.
Mittig auf der Front parkt der Effektweg mit den üblichen Send und Return-Klinkenbuchsen, gleich daneben finden wir den Master-Regler für die Endlautstärke des Verstärkers sowie eine Clip-LED, die bei Überlastung der Endstufe aufleuchtet. Den symmetrischen D.I.-Ausgang verbannen die meisten Amp-Hersteller ja auf die Gehäuserückseite – bei den Aguilar-Tops sitzt die XLR-Buchse allerdings leicht zugänglich auf der Front. Selbstverständlich kann der Ausgang mit einem kleinen Druckschalter vor oder nach den EQ geschaltet werden, und auch ein Groundlift-Schalter zur Beseitigung von Nebengeräuschen steht zur Verfügung.
Ganz rechts auf der Front parkt schließlich ein Mute-Schalter zum Stummschalten aller Ausgänge und direkt darüber sitzen zwei LEDs – “Operate” leuchtet, sobald die Mute-Funktion deaktiviert wird, und die “Status”-LED signalisiert die Betriebsbereitschaft des Amps.

Fotostrecke: 2 Bilder Hier seht ihr den Effekt-Einschleifweg des Topteils aus New York.

Die beiden Speakon-Buchsen zum Anschluss der Boxen hat Aguilar natürlich auf die Rückseite des Amps gepflanzt, gleich daneben sitzt außerdem noch ein Klinkenausgang, der ein Signal für den Tuner oder ein anderes Gerät bereitstellt.
Damit sind wir auch schon mit der Beschreibung der Features durch. Der geneigte Aguilar-Fan wird feststellen, dass die stärkere Endstufe wohl das einzige wirklich neue Feature des Tonehammer 700 ist. Aguilar verbaut hier ein 700 Watt starkes Modul von Icepower, das sich bereits in den edlen Amps von Herstellern wie Eich, Glockenklang oder Bergantino bewährt hat und wirklich sehr solide performt – mehr dazu im anschließenden Praxisteil!

Fotostrecke: 3 Bilder Ein schöner Rücken kann auch entzücken – auf dem Rear Panel finden sich …

Praxis

Die beiden Lüfter im Aguilar Tonehammer 700 arbeiten temperaturabhängig und setzen sich erst in Bewegung, wenn der Amp nach ca. fünf bis zehn Minuten seine Betriebstemperatur erreicht hat. Bereits in der ersten Stufe sind die beiden Ventilatoren, die Aguilar übrigens als “whisper fans” bezeichnet, leider ziemlich laut, sodass sich geräuschempfindliche Tieftöner beim Üben in den eigenen vier Wänden durchaus davon gestört fühlen könnten. Wer weiß, vielleicht geht das hochfrequente Geräusch im Umgebungslärm der pulsierenden US-Metropole ja unter, in meinem Wohnzimmer im beschaulichen Köln empfinde ich die “whisper fans” allerdings als lange nicht so leise, wie ihr Name mutmaßen lässt. Allerdings ist meine Toleranzschwelle bei diesem Thema zugegebenermaßen aber auch sehr niedrig!
Aber wie auch immer: Wer seinen Amp nicht nur bei Gigs, sondern auch zum nebengeräuschfreien Üben oder vielleicht auch vermehrt im Studio einsetzen will, sollte vor dem Kauf also besser einen Probelauf in den eigenen vier Wänden in Betracht ziehen. Bei Gigs oder Proben mit Bands stört das Lüftergeräusch hingegen natürlich gar nicht mehr, und hier glänzt das jüngste Mitglied der Tonehammer-Familie dann auch mit vielen tollen Sounds und satten Leistungsreserven!

Fotostrecke: 2 Bilder Die Leistungsreserven des Aguilar-Tops sind beachtlich – da kann es im Inneren schon mal warm werden, was unweigerlich …

Im ersten Audiobeispiel hört ihr den neuen Tonehammer 700 im cleanen Betrieb ohne Klanganpassungen, alle EQ-Regler stehen also in Mittelstellung:

Audio Samples
0:00
Flatstellung aller EQ-Regler

Wer die älteren Tonehammer-Modelle mochte, wird auch vom 700-Watt-Modell begeistert sein, denn es liefert prinzipiell den gleichen Sound. Das Fundament klingt voll und rund, die Mitten werden relativ ebenmäßig abgebildet, mit einer dezenten Betonung im tieferen Bereich. In den Höhen verfügt der Amp über die Aguilar-typische Seidigkeit – ein toller Wohlfühlsound, der trotz einer leichten Färbung nichts an Transparenz oder Detailgenauigkeit vermissen lässt: typisch Aguilar eben!

Wer die älteren Tonehammer-Tops mochte, dem wird ohne Frage auch ihr großer Bruder gut gefallen!
Wer die älteren Tonehammer-Tops mochte, dem wird ohne Frage auch ihr großer Bruder gut gefallen!

Der Tonehammer-Preamp kommt mit einem flexiblen Equalizer, der leicht zu bedienen ist und wirklich hervorragend klingt. Die Bässe dröhnen nicht, obwohl die Frequenz mit 40 Hz vergleichsweise tief in das Spektrum eingreift, und im oberen Bereich behält der Amp auch bei starken Höhenanhebungen seinen seidigen Glanz und klingt zu keiner Zeit harsch. Viel Flexibilität bringt außerdem das durchstimmbare Mittenband – der passende Bereich für mehr Fülle oder Durchsetzungskraft findet sich im Handumdrehen, und auch störende Frequenzanteile lassen sich mit dem Mitten-EQ gezielt eliminieren.
Für den Slapsound im nachfolgenden Clip habe ich sowohl die Bässe als auch die Höhen stark angehoben und gleichzeitig die Mitten bei etwa 800 Hz etwas abgesenkt – das Ergebnis kann sich hören lassen, wie ich finde:

Audio Samples
0:00
Slapping, Bass-Boost, Treble-Boost, HiMid-Cut

Trotz seiner modernen Grundausrichtung kann der Tonehammer natürlich auch vintagemäßiger und milder eingestellt werden. Für den Sound im nächsten Beispiel habe ich die Tiefmitten leicht geboostet und den oberen Bereich mit dem Höhenregler ordentlich zurückgeregelt:

Audio Samples
0:00
LoMid-Boost, Treble-Cut

Wer die Aguilar Tonehammer-Serie kennt, wird wissen, dass mit den kompakten Class-D-Amps durchaus auch verzerrte Sounds möglich sind. Das entscheidende Feature ist hier der Drive-Regler, der eine stufenlose Beimischung des verzerrten Signals ermöglicht. Die Endlautstärke des Amps wird dabei kaum beeinflusst, was für den Einsatz der Drive-Schaltung in der Praxis sehr vorteilhaft ist – wir alle wissen ja, wie sehr das ständige Nachregeln nerven kann! Auf den Sound wirkt der Drive-Regler aber erfreulicherweise sehr deutlich und die Overdrive-Sounds klingen wirklich klasse. Mich überzeugen dabei vor allem die dezenteren, leicht angezerrten Sounds, weil der Tonehammer dann am deutlichsten an einen Röhren-Amp erinnert.

Sowohl die cleanen, als auch die verzerrten Sounds des Aguilar Tonehammer 700 können sich wirklich hören lassen!
Sowohl die cleanen, als auch die verzerrten Sounds des Aguilar Tonehammer 700 können sich wirklich hören lassen!

In den letzten Audiobeispielen hört ihr das Drive-Feature mit verschiedenen EQ-Einstellungen – zuerst dezent eingesetzt mit einem Scoop-Sound und danach etwas heftiger und aggressiver mit einem kräftigen Mitten-Boost:

Audio Samples
0:00
Drive: 1h, Bass-Boost, Mid-Cut, Treble-Boost Drive: 4h, Mid-Boost

Lautstärkenmäßig muss man sich mit dem Aguilar Tonehammer 700 keinerlei Sorgen machen, denn er verfügt dank seiner kräftigen Endstufe über satte Leistungsreserven und kann problemlos für Gigs auf großen Bühnen eingesetzt werden. Das verwendete Modul von ICEPower performt außerordentlich stabil und findet sich nicht ohne Grund auch in den Class-D-Amps vieler anderer Top-Hersteller. Die Endstufe liefert ihre volle Leistung außerdem nicht nur an 4 Ohm, sondern auch an 2,67 Ohm, sodass beispielsweise ein Betrieb mit drei achtohmigen Boxen oder einer achtohmigen und einer vierohmigen Box möglich ist – auch hier ist beim neuen Tonehammer 700 also für viel Flexibilität gesorgt!

Fazit

Die Zeit für ein kräftigeres Tonehammer-Top war reif – mit dem Tonehammer 700 ergänzt Aguilar sein Portfolio nun endlich mit einem 700 Watt starken Modell, das in Sachen Leistung keine Wünsche mehr offenlässt und satte Lautstärke für große Gigs bereitstellt. Erwartungsgemäß liefert auch das größte Tonehammer-Top den transparenten und geschmeidigen Aguilar-Sound, den wir bereits von den älteren Tonehammer-Modellen kennen. Auch die hervorragend klingenden AGS-Schaltung ist natürlich mit an Board, sodass auch Tieftöner mit einer Vorliebe für aggressivere und verzerrte Sounds voll auf ihre Kosten kommen. Die Verarbeitungsqualität des Tonehammer 700 ist – wie immer bei Aguilar – absolut erstklassig, und der Amp wirkt insgesamt super hochwertig und robust. Wer einen flexibel einsetzbaren Class-D-Amp mit viel Leistung sucht und kein Problem mit etwas lauteren Lüftern hat, sollte sich den neuen Aguilar Tonehammer 700 unbedingt vorknöpfen, denn für meine Ohren klingt er wirklich absolut fantastisch!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • – transparenter Wohlfühlsound
  • – flexibler, hervorragend klingender Equalizer
  • – AGS-Schaltung für Overdrive-Sounds
  • – überzeugende Leistung
  • – beste Verarbeitung
Contra
  • – recht lauter Lüfter
Artikelbild
Aguilar Tonehammer 700 Test
Für 799,00€ bei
Aguilar_Tone_Hammer_700_005_FIN
… gleicht der Tonehammer 700 aus dem Hause Aguilar …
Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Aguilar
  • Herstellungsland: USA
  • Modell: Tone Hammer 700, Bass-Top mit Class-D-Endstufe
  • Leistung: 700W@4 und 2,67 Ohm, 350W@8Ohm
  • EQ: Bass: +/- 17 dB @ 40 Hz, Mid Level: +/- 16 dB, Mid Frequency: 180 Hz – 1 kHz, Treble: +/- 14 dB @ 4 kHz
  • Regler/Schalter: Gain, Drive, Mid Level, Mid Freq, Bass, Treble, Master Post/Pre, Groundlift, Operate/Mute, Netz
  • Ein/Ausgänge: Klinke Input, Effekt Send/Return, Balanced XLR Out (Pre/Post EQ), Tuner Out Klinke, 2 x Speakon Speaker Out
  • Sonstiges: temperaturgesteuerte Lüftung, zwei Lüfter
  • Maße: 305 x 229 x 76 mm
  • Gewicht: 2,2 kg
  • Preis: 1.179,- Euro, (Ladenpreis im April 2019)
Hot or Not
?
... seinen kleineren Brüdern fast wie ein Ei dem anderen.

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo