„Egnater? Ich kenne den Terminator, aber wer ist Egnater?“ fragt mein Altrocker-Kollege Klaus, der gerade den frisch gelieferten Test-Amp begutachtet und mir sofort ungefragt seine Lebensweisheiten preisgibt: „Mann, ist das Kerlchen leicht … und hat auch nur 20 Watt! Also ich sag ja immer, was nix wiegt, das klingt nix und die wahren Gitarrenhelden haben nie 20 Watt Amps gespielt, immer ab 100 Watt aufwärts. Der Pete Townshend von The Who hat sogar 200 Watt ins Publikum und auf seine Ohren gejagt. Das sind Helden, das ist Sound … Na, jetzt zeig doch mal, ob die kleine Röhrenkiste meinem Radiowecker Konkurrenz machen kann.“
Um ihn ruhigzustellen, schließe ich den Amp samt 1 x 12“ Box an, schnapp mir meine SG, Master voll auf und nach drei kreisenden Windmühlen meines rechten Arms landet ein fetter E-Powerchord direkt in seinem Gesicht und seine grauen Hinterhaupthaare stehen senkrecht. „Ey Alter, die Amis haben die Null vergessen, das waren gefühlte 200!“ Zu meinem Glück zieht er wie ein begossener Pudel von dannen und ich kann mich endlich dem kleinen Monster vor mir widmen. Laut ist er, da sind schon jetzt keine Zweifel mehr erlaubt. Und was sonst noch in dem kleinen Rebellen steckt, das wollen wir im folgenden bonedo-Test herausfinden.
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DETAILS
Gehäuse/Optik Bruce Egnater ist übrigens der Mann, der für den Krach verantwortlich ist. Zwar ist er noch relativ unbekannt in unseren Breiten und gerade erst dabei, zum Geheimtipp zu avancieren, aber die Entwicklung und Herstellung von Röhrenamps sind schon seit über dreißig Jahren sein Metier. Mit dem Rebell-20 hat sich der Kleinste aus der Serie zum Test angemeldet. Der Verstärker besitzt ein 12 mm dickes Multiplexgehäuse, das seitlich und an der Oberseite mit Vinyl überzogen ist – schwarz an der Seite, cremefarben in der Mitte. Die Frontseite ist anders gestaltet, hier ist im oberen Teil schwarz-creme geflochtener Boxenbespannstoff eingesetzt, auf dem sich auch der weiße Kunststoff-Schriftzug findet. Mehr als das untere Drittel wird vom schwarzen Bedienfeld belegt.
2/2 Zum Schutz des Topteils beim Transport liefert der Hersteller ein gut gepolstertes Softbag mit.
Der Verstärker ist mit seinen Maßen von 362 x 191 x 210 mm (B x H x T) recht klein und handlich, wozu auch sein geringes Gewicht von nur sieben Kilo beiträgt. Beim Tragen allerdings hat er etwas Schräglage, weil der Trafo auf der linken Seite sich doch recht gewichtig bemerkbar macht. Aber bei dem insgesamt geringen Gewicht und den kleinen Abmessungen tut das dem Tragekomfort keinen Abbruch, denn mit dem Griff aus weichem Kunstleder hat man den Kleinen gut in der Hand, und wenn er auf der Box steht, sorgen die vier großen (35 mm Durchmesser, 16 mm hoch) Gummifüße für extrem stabilen und rutschfesten Halt. Das Innenleben präsentiert sich sehr überschaubar und sauber verdrahtet. In der Vorstufe arbeiten drei 12AX7 Röhren und für die Endstufe sind wahlweise zwei EL84 oder zwei 6V6 im Einsatz. Und das ist auch gleich die erste Besonderheit zum Thema Vollausstattung, denn mit dem Tube Mix Regler auf der Frontseite kann man quasi stufenlos zwischen den beiden Röhrenpaaren wechseln und so auch interessante Mischverhältnisse erstellen.
Bedienfeld Der Rebell-20 ist ein purer Einkanaler, der zur Klangeinstellung mit einer Dreiband-Klangregelung mit Treble, Middle und Bass ausgestattet ist. Verzerrungsgrad und Lautstärke können mit Gainregler und Master-Volume eingestellt werden. Die Leistung des Amps wird mit dem „Watts“-Regler bestimmt. Hier ist praktisch ein Power-Soak eingebaut, mit dem man die Leistung des Amps von 20 bis auf 1Watt (!) stufenlos herunterregeln kann. Dabei geht es darum, auch bei geringen Lautstärken mit Endstufenzerrung und Kompression zu arbeiten – besonders für knackige Crunchsounds erste Wahl. Auf der linken Seite des Bedienfeldes warten der Netzschalter mit einer blauen Betriebs-LED und der obligatorische Standby-Schalter. Rechts finden sich die zwei kleinen Voicing-Switches Bright und Tight, mit denen man die Höhen anheben (Bright) und den tiefen Bassbereich absenken kann (Tight), daneben der Klinkeneingang für die Gitarre.
Rückseite Die oberen zwei Drittel der Rückseite sind mit einem schwarzen Blech mit Lüftungsschlitzen verschlossen, womit das Innenleben geschützt und die Luftzufuhr für die Röhren gesichert wird. Auf der darunterliegenden Blende befinden sich neben dem Netzanschluss drei Lautsprecherbuchsen, die mit 4Ω, 8Ω und 16Ω alle gebräuchlichen Impedanzbereiche abdecken. Außerdem findet man dort einen seriellen Effektweg mit den üblichen Send/Return-Buchsen – für ein „Mini-Röhren-Top“ eine Besonderheit, denn die meisten Class A Amps dieser Kategorie können damit nicht aufwarten.
Lautsprecherbox Die zum Amp passende 1 x 12“ Box ist optisch im selben Design gehalten wie das Top – eine Konstruktion aus Birkensperrholz, mit schwarzem und cremefarbenem Vinyl überzogen. Die gesamte Front wird von einem schwarz-creme-geflochtenen Bespannstoff geschützt. Auffällig ist, dass die geschlossene Box tiefer ist als andere und mit den beiden Reflexöffnungen auf der Vorderseite ein beachtliches Bass-Pfund abgibt. Dafür sorgt ein 12“ Celestion Speaker, der exklusiv für Egnater hergestellt wird und bis zu 80 Watt Ampleistung verkraftet. Auf der Rückseite befinden sich ein Eingang und ein Ausgang, mit dem man eine weitere Box verbinden kann.
PRAXIS Zum Schutz des Topteils beim Transport liefert der Hersteller ein gut gepolstertes Softbag mit. Auch ein Fach für die nötigen Kabel fehlt nicht; hier wird nicht gespart, die Ausstattung ist auch beim Zubehör ausgezeichnet. Nachdem das Klingeln vom ersten Powerchord in den Ohren nachgelassen hat, bin ich wieder aufnahmefähig und werde die klanglichen Bandbreite des Verstärkers auf Herz und Nieren prüfen. Wie immer starte ich mit den Cleansounds. Dafür wird der Master voll aufgedreht und der Gainregler steht auf 10 Uhr. Die komplette Klangregelung zeigt auf 12 Uhr, also auf die mittlere Position. Ergebnis ist ein Cleansound mit enormer Basswiedergabe.
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Clean Flat
Hat man die Ausgangsleistung 20 Watt angewählt, bekommt man in dieser Einstellung mit Gain auf 10 Uhr den lautesten unverzerrten Sound. Mit einer leisen Band geht das noch in Ordnung, langen die Kollegen aber richtig zu, dann könnte dieser Cleansound im Bandgefüge untergehen.
Wem das Ganze zu basslastig ist, der kann den Tight-Schalter aktivieren. Mit ihm werden die Bässe bei 180 Hz um etwa 6 dB reduziert, damit es keine Probleme mit dem Mann/ der Frau am Bass gibt.
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Tight
Wenn es so richtig bissig in den Höhen klingen soll, dann ist der Bright-Schalter die richtige Wahl. Man erhält mit + 8dB eine recht starke Höhenanhebung bei 4 kHz.
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Bright
Der Tube Mix Regler ist ebenfalls eine wichtige Komponente für den Grundsound des Amps. Hier kann per Rasterpoti fast stufenlos zwischen 6V6 (Regler am Linksanschlag) und EL 84 (Rechtsanschlag) gewählt werden. Wir widmen uns zuerst einmal dem 6V6 Sound. Klarer Ton, die Bässe sind in der mittleren Position nicht so gewaltig wie bei den vorherigen Hörbeispielen – typisch amerikanischer Cleansound, wie ihn die Fender Amps geprägt haben.
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Tube Mix 6V6
Jetzt das andere Extrem mit dem Regler auf Rechtsanschlag. Der Klang wird sehr britisch, Vox und Marshall lassen grüßen. Der Sound ist dreckiger und bei hartem Anschlag begibt sich die Endstufe bereits leicht ins Clipping und beginnt zu zerren.
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Tube Mix EL34
Hier noch einmal zum Vergleich die 12-Uhr-Einstellung, also der Mix beider Röhren in gleichem Verhältnis. Ein voller, bassiger Sound, ähnlich dem in den ersten drei Hörbeispielen.
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Tube Mix Middle
Nachdem die Basiseinstellungen am Cleansound erforscht wurden, geht es jetzt an die Verzerrung. Mal sehen, wie frech der kleine Rebell werden kann. Mit Gain auf 11 Uhr und voll aufgedrehtem Master bekommt man einen fetten 50´s Sound. Ich habe hier die Mitten etwas zurückgenommen und die Höhen etwas weiter aufgedreht. Ergebnis ist ein brillanter Crunchsound mit leichter Endstufenzerrung, die sich bei härterem Anschlag sehr gut herausschält.
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Fifties
Da war noch was … Für einen authentischen Rockabilly-Sound habe ich ein Delay in den Einschleifweg geschaltet. Hier gibt es keine klanglichen Einbußen, auch vorgeschaltete Pedale verträgt der Kleine gut, ohne den eigentlichen Grundsound zu beeinträchtigen.
Es wird heißer, der Gainregler wird auf 13 Uhr gestellt und mit der SG kommen britisch klingende Seventies-Riffs aus dem Speaker. Mitten und Höhen auf 14 Uhr, Tight und Bright sind ausgeschaltet und der Bassbereich zeigt sich druckvoll, aber nicht matschig.
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Seventies
Bei Leadsounds mit höherer Verzerrung – Gain auf 15 Uhr – kann man den Bright-Schalter gut einsetzen. Jetzt bekommt der Sound durch die Frequenzanhebung etwas mehr Biss und ist im Klangbild „weiter vorne“. Das folgende Beispiel mit der Les Paul nutzt zuerst den Hals- dann den Steg-Pickup. Auch hier kann man dem Rebel-20 eine gute Klangübertragung bescheinigen. Der Halspickup klingt weich, hat aber genügend Durchsetzungskraft in den Höhen, der Stegpickup klingt zwar scharf, aber nicht zu spitz.
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Lead
Auch bei voll aufgedrehtem Gain sind Akkorde noch klar zu erkennen. Im nächsten Beispiel werden die Akkorde E, G, D, A und wieder E nacheinander angeschlagen; vor allem beim letzten E-Akkord hört man sehr sauber die einzeln angeschlagenen Töne. Sehr gutes Ergebnis!
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Chords
Jetzt ist die Klangregelung an der Reihe. Middle und Bass stehen auf 12 Uhr, Treble zuerst auf 7, dann 12, schließlich auf 17 Uhr.
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Treble
Und nun das gleiche Spiel mit dem Middle-Regler. Treble und Bass auf 12 Uhr, die Mitten auf 7, 12 und schließlich auf 17 Uhr.
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Middle
Und so klingt das Ganze mit dem Bassregler in den drei verschiedenen Positionen.
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Bass
Generell kann man feststellen, dass die Klangreglung nicht extrem ins Geschehen eingreift, der Wirkungsbereich ist nicht besonders hoch. Deshalb sind Metal-Mid-Scoop Sounds und weitere Klänge, die extreme Frequenzverbiegungen benötigen, nicht möglich, aber das war auch nicht die Aufgabenstellung bei der Konzeption dieses Amps. Hier wird eher für die Blues- und Classic-Rock-Abteilung produziert: Crunch und Mid-Gain-Sounds mit entsprechend dynamischer Ansprache. Dazu gibt es noch ein Hörbeispiel. Die Strat ist bei hohem Verzerrungsgrad – Gain auf 15 Uhr – angeschlossen. Der Volumenregler der Gitarre steht zuerst auf drei, dann voll auf. Der Verzerrungsgrad lässt sich sehr gut über die Gitarre steuern, am Anfang fast clean und dann das volle Zerrbrett. Da gibt es nichts zu bemängeln. Auch hier war der Bright-Schalter aktiv und der Tube Mix stand auf 6V6. In dieser Einstellung klang der Verstärker am dynamischsten.
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Dyna Poti
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FAZIT Der Rebell-20 bietet in Kombination mit der 1 x 12“ Box eine respektable Bandbreite von Clean- bis Mid-Gain-Sounds. Optik und Verarbeitung sind sehr gut und geringes Gewicht und kleine Abmessungen machen ihn ideal für den Transport. Der Amp verfügt über einige Extras, wie die Möglichkeit, fast stufenlos zwischen den beiden Endstufenröhrenpaaren 6V6 und EL84 zu wählen oder mit dem eingebauten Powersoak die Leistung von 20 auf 1 Watt zu drosseln – Endstufenzerrung bei Zimmerlautstärke! Bühnenlautstärke kann der Kleine aber auch, vor allem die verzerrten Sounds drücken richtig gut und er generiert in Kombination mit der 1 x 12“ Box extrem fette Bässe. Für klangliche Feinabstimmung sorgen Bright- und Tight-Schalter und über den Einschleifweg können Delay, Reverb und Modulationseffekte optimal an den Amp angeschlossen werden. Diese Vollausstattung hat zwar ihren Preis, der angesichts der Leistung aber absolut gerechtfertigt ist.
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