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EAW MicroWedge MW12 Test

Eines vorweg: Das Intro zu diesem Test wird etwas „ausführlicher“ ausfallen als gewohnt. Aber gewisse Thematiken lassen meinen Gehirnwindungen einfach keine Ruhe, und bevor mir der Kopf platzt, muss ich es einfach raus lassen. Jaja, und ihr müsst es ausbaden…

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich möchte Musik nicht nur hören, sondern auch fühlen können. Und damit meine ich nicht nur emotional, sondern tatsächlich auch physisch spüren – als Zuhörer, aber noch viel mehr als Musiker selber. Und live erst recht. Okay, Lautstärke-Disziplin und Gehörschutz sind sicherlich wichtige Punkte, aber ist Live-Musik immer vernünftig…? Ich bin ganz ehrlich: In-Ear ist eine geile Sache, lässt aber das Feeling auf der Bühne in mancher Hinsicht auf der Strecke bleiben. Und wie so oft im Leben sind die Dinge, die Spaß machen, teilweise unvernünftig. Ein bisschen getreu dem Motto „no risk – no fun“ kann man als Musiker oder Techniker eben auch an das Thema Bühnen-Monitoring herangehen. Seien wir ganz ehrlich, das richtige „Hey ist das geil, live auf der Bühne zu spielen“-Feeling ergibt sich erst durch den Einsatz von Bodenmonitoren (Wedges) und (je nach Bühnengröße) Side-Fills. (Oh Mann, ich hoffe, ich provoziere gerade die Hörakustiker- und InEar-Polizei nicht zu sehr…)

Wir haben uns einmal den MW12 aus EAWs MicroWedge-Serie schicken lassen und diesem Edel-Bodenmonitor für euch auf die Membran gefühlt. Nun muss man (ehrlich gesagt) schon etwas Ehrgeiz entwickeln, um den MW12 überhaupt käuflich zu erwerben, denn googelt man nach diesem Produkt, findet man ihn bei den „üblichen Verdächtigen“ unter den Händlern erst einmal nicht unbedingt. „Warum das denn nicht?“, mögt ihr euch jetzt vielleicht fragen. Die Antwort ist relativ simpel, denn das gute Teil kostet über 3000 EUR (UVP) – und das für einen Floor-Monitor.

Schluck. „Warum testet ihr das Teil überhaupt?“, könnte die Fragestunde weiter gehen. Gute Frage, nächste Frage. Nein, im Ernst. Meist hat professionelles Equipment im Live-Bereich einfach seinen Preis. Das ist alleine schon oft darin begründet, dass diese Geräte extremen Strapazen im harten On-the-road-Alltag ausgesetzt sind und einfach zuverlässig funktionieren müssen. Ihr könnt euch ja auch ein Zelt für 99 EUR im Discounter kaufen, um damit im Garten oder auf dem Schön-Wetter-Campingplatz zu residieren – soll es aber vielleicht doch eher die Himalaja-Expedition werden, von der ihr nicht als Ötzi zurückkehren möchtet, werdet ihr für eure Behausung auch eher in einen vierstelligen Betrag investieren müssen. Wir sprechen hier eben wirklich vom Pro-Bereich. Nicht umsonst hatten z.B. REM den MW12 mit auf großer Tour im Gepäck.

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Details

Nachdem ich den MW12 aus seinem kartonierten Transport-Zuhause befreit hatte, fiel mein erster Blick auf das angeschraubte Metall-Typenschild auf der Unterseite – nicht, dass ich mir jede Box erst mal von unten anschauen würde, aber der Montitor ist so im Karton verstaut, dass man ihn mit der Unterseite zu sich herauszieht. Aber zurück zum Typenschild – dort musste ich lesen: „Designed in Whitinsville, MA, USA – Manufactured in China“. Upps. Vorurteilsbehaftet, wie wir Audio-Menschen ja nun mal sind, musste ich da schon kurz schlucken. Nichts gegen China, aber bei einem Bodenmonitor von 3000 EUR, der von einem amerikanischen Hersteller kommt, erwartet man doch eigentlich auch „Made in USA“, oder…? Naja, sei´s drum, Vorurteile beiseite schaufeln und das gute Stück näher beschauen. Design-technisch kann der MW12 (für meinen Geschmack) schon mal voll punkten.

Fotostrecke: 4 Bilder

Das Gehäuse hat etwas von einem sehr ergonomisch geformten Keil: Die Vorderseite ist sehr schmal (305mm) und geht nach hinten auseinander (439mm), die komplette Oberseite ist gebogen (wie ein edles Shaping bei Gitarren), an der Vorderseite ist der MW12 gerade einmal 102mm hoch, nach hinten geht es auf 334mm in die Höhe, am Boden nimmt der Monitor 579mm in der Tiefe ein. Zu den Ausmaßen passt also der Zusatz „Micro“. Beim Gewicht sieht es da etwas anders aus: Der „Kleine“ bringt nämlich stolze 27kg auf die Waage. Dies lässt generell auf eine massive Materialwahl und robuste Verarbeitung schließen – beim Menschen würde man „stabiler Knochenbau“ sagen. Und genau so ist es auch, der MicroWedge ist erstklassig verarbeitet. Das Gehäuse besteht aus solidem Birken-Multiplex, das mit einem stoßfesten, schwarzen Strukturlack („EAW RoadCoat“) versehen ist. Das robuste Stahlblechgitter auf der Oberseite erhält durch den Radius der Biegung eine massive Steifigkeit, sodass man sich auch mal bedenkenlos während der Bühnenshow auf den Monitor stellen kann („Let´s pose“) – zudem ist das Gitter nicht wie bei anderen Wedges nur mit Holz-Spaxschrauben, sondern mit Gewindeschrauben (M-Gewinde) verschraubt. In das Multiplex wurden Metall-Gewinde eingelassen – das ist wirklich vorbildlich. Auf der Gehäuse-Unterseite befinden sich vier große, viereckige, flache Gummifüße, die dem Monitor zu einem bombenfesten Stand verhelfen. Zusätzlich ist hier eine querseitige Metall-Befestigungsschiene eingelassen, die auch einen geflogenen Einsatz zulässt.

An der Vorderseite ist eine 20x8cm große Reflexöffnung, die aber nicht nur die Funktion der Gehäuse-bedingten Schall- bzw. Luftströmung übernimmt. An der Oberseite dieser Öffnung wurde ein großzügiger Tragegriff ins Gehäuse eingelassen, über den sich der MW12 wie ein Koffer bequem tragen lässt. Zusätzlich finden sich hier an den Seiten zwei Speakonbuchsen, deren Winkel die angeschlossenen Kabel so nah (und fast parallel) zum Gehäuse verlaufen lässt, dass keine Stolperfallen entstehen. Außerdem sorgt die Tatsache, dass die Kabel in Richtung Musiker verlaufen dafür, dass beim Gig kein übermutiger Zuschauer den Monitor durch „versehentliches“ Kabelziehen lahmlegen kann. Etwas versteckt im Inneren der Reflexöffnung sitzt noch ein 2Weg-Umschalter, der vom Hersteller etwas missverständlich als „Active/Passive-Mode-Schalter“ bezeichnet wird. Missverständlich deshalb, weil der MW12 keine integrierten Endstufen besitzt, somit also kein Aktiv-Monitor ist. Die Umschaltung besagt lediglich, dass man den Monitor auch im Bi-Amping betreiben kann, d.h., dass HF- und LF-Weg über einen entsprechenden Prozessor separat mit „Saft“ versorgt werden können (komischerweise ist dies auf dem eingangs bereits erwähnten Typenschild auf der Unterseite auch richtig ausgewiesen – lediglich im Manual und auf der Homepage des Herstellers ist von „Active/Passive“ die Rede). Zu guter Letzt hat die Frontöffnung noch eine letzte Funktion inne – man kann nämlich ein Bein seines Mikrofonstativs in die Öffnung hinein stellen und das Stativ somit zusätzlich gegen Kippen absichern. Klingt wirklich simpel, ist es auch, aber eben eine gute, einfache Idee für die Praxis.

Fotostrecke: 4 Bilder In die Reflexöffnung kann auch ein Bein des Mikrostativs geschoben werden, um es am Kippen zu hindern

Wo wir nun alle Äußerlichkeiten abgehandelt haben, widmen wir uns noch kurz den „Innereien“. Der MW12 ist mit einem 12“-Woofer für den Tiefton-/Mittenbereich und einem 1,4“ HF-Kompressionstreiber (mit 3“ Schwingspule) mit vorgesetztem Horn (90° horizontal) ausgestattet. Die Besonderheit ist, dass die beiden Treiber koaxial angeordnet sind, wodurch sich unter anderem natürlich ein wesentlich besseres (in der Theorie sogar „optimales“) Phasen-Verhalten gegenüber herkömmlicher Lautsprecheranordnungen ergibt. Die Belastbarkeit (an 8 Ohm) ist im Passiv-Modus mit 600 Watt (HF+LF) und im „Active“- bzw. BiAmp-Betrieb mit 600 Watt (LF) und 150 Watt (HF) angegeben. Der Übertragungsbereich beträgt 64Hz-20kHz (HF+LF) bzw. 60-930Hz (LF) und 730Hz-20kHz (HF).

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Praxis

Ich habe den MW12 bei einem unserer Bandworkshops und dem Gig einer moderaten Rock-Band getestet. Handling und Positionierung sind wirklich sehr komfortabel und einfach – durch die gut durchdachte Kabelführung ist das Fixieren der Kabel mit Gaffa-Tape auf der Bühne fast überflüssig. Der extrem breite Abstrahlwinkel kompensiert auch eine sehr „schludrige“ Ausrichtung des Monitors bestens – es gibt fast keine Verfärbungen oder extreme Frequenzabfälle zu den Seiten hin (Extreme einmal ausgeschlossen). Durch die ergonomische Gehäuseform lassen sich natürlich auch wahre Wedge-Burgen im Halbkreis mühelos und optisch ansprechend installieren (vorausgesetzt, man hat das nötige Kleingeld für mehrere MicroWedges).

Fotostrecke: 2 Bilder Der MW12 im Einsatz bei einem unserer Band-Workshops

Der Sound des MW12 ist über jeden Zweifel erhaben. Häufig ist es ja bei (günstigeren) Bodenmonitoren so, dass der Klang in den Höhen extrem spitz und in den Bässen eher flau daherkommt – von einem Mittenbereich, der diese beiden Frequenzbereiche verbindet und auch für Trennung sorgen soll, einmal ganz zu schweigen. Beim EAW-Wedge sieht das wirklich anders aus. Die Bässe erhalten durch die Reflexöffnung in Verbindung mit dem Bühnenboden eine so intensive Ausbreitung, dass keine Wünsche offen bleiben. Wem der Bassbereich (je nach Signal) zu präsent ist, der rückt eben per Grafik-EQ an – aber besser so als anders, denn wo nichts ist, kann man schwer etwas hinzufügen. Die Bässe klingen generell sehr knackig, trocken und verhalten sich absolut impulstreu (wie man es von einem guten 12-Zöller eben erwartet). Im Mittenbereich ist mir (und auch den Musikern) besonders bei den Vocals und Gitarren aufgefallen, wie gut die Auflösung in diesem Frequenzbereich ist. Hier hat man keinerlei Mühe die Einzelsignale zu trennen und den berühmten Monitoring-Mitten-Matsch zu vermeiden. Die oberen Mitten und Höhen sorgen für die notwendige Durchsetzungskraft aber auch „Luftigkeit“ des übertragenen Materials – und das sowohl bei moderaten als auch hohen Lautstärken. Selbst wenn man den MW12 an der Belastungsgrenze betreibt, was aber wirklich nur auf sehr großen Bühnen nötig sein dürfte, ist der auftretende Kompressionseffekt nicht unangenehm oder übermäßig. Natürlich rücken alle Frequenzbereiche dann etwas „näher zusammen“ und der Sound verdichtet sich, aber der dynamische Charakter der Signale geht nicht verloren. Im Gesamten klingt der MW12 sehr druckvoll, färbt den Sound nur sehr geringfügig (in den Mitten klingt es eher etwas „wärmer“ als 100% neutral) und verfügt über ein vorbildliches Abstrahlverhalten.

Fotostrecke: 2 Bilder
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Wer auf der Suche nach professionellem Werkzeug fürs Bodenmonitoring ist, wird beim MW12 von EAW fündig werden – vorausgesetzt das nötige Kleingeld ist vorhanden. Der MicroWedge ist sicherlich nichts für kleine Bands, die ihren eigenen Beschallungspark erweitern möchten, er richtet sich ganz klar an die Profi-Liga. Die Qualität dieses Monitor-Wedges ist definitiv über jeden Zweifel erhaben, sowohl verarbeitungs- als auch soundtechnisch.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Funktionalität
  • Sound
  • Abstrahlverhalten
Contra
  • Preis
Artikelbild
EAW MicroWedge MW12 Test
EAW_MicroWedge_MW12_07FIN
Facts
  • Typ: 2-Wege Bodenmonitor
  • Treiberbestückung: 12“-Woofer (LF), 1,4“ Hochtöner mit 3“-Schwingspule (HF)
  • Horn: 90° (horizontal)
  • Betriebsarten: Passive (HF/LF), Bi-Amp (HF + LF)
  • Übertragungsbereich: 64Hz-20kHz
  • Eingangsimpedanz: 8 Ohm
  • Anschlüsse: 2x Speakon (4pol)
  • Belastbarkeit: 600 Watt (8 Ohm)
  • Preis: 3092 EUR (UVP)
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