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Digitale Dividende – Alle Infos und Änderungen ab 2016

Stichtag ist der Jahreswechsel 2015/2016: Punkt Mitternacht dürfen Funkmikrofone, Gitarrensender, In-Ear-Strecken und sonstige Drahtlosanlagen nicht mehr im UHF-Bereich von 790 bis 814 MHz benutzt werden, wenn sie nicht für bspw. Großveranstaltungen angemeldet wurden. Für die Frequenzen 833 bis 862 MHz gibt es gar keine Nutzungsmöglichkeiten mehr! „Schuld daran“ sind Staat, Politik und die Bundesnetzagentur als deren ausführendes Organ.

digitaledividende


Schon seit einigen Jahren werden Frequenzbereiche neu geordnet – mit dem Ziel, schnelle drahtlose Internetverbindungen (LTE, 4G) für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets überall verfügbar zu machen. Dafür müssen andere Anwender wie Musiker, Theater und Dienstleister der Veranstaltungstechnik unfreiwillig Platz machen und in andere, teilweise kostenpflichtige Frequenzbereiche umziehen. Wir sagen euch, was ihr dazu wissen solltet.

Details

Normalerweise assoziiert der Begriff Dividende einen Gewinn. Zahlt ein Unternehmen in regelmäßigen Abständen Dividende an seine Aktionäre aus, gilt dies als eine Beteiligung an eben diesem Firmengewinn. Die Digitale Dividende hingegen stellt keinen Gewinn im klassischen Sinne dar. Frequenzen, Frequenzbereiche und Übertragungskanäle sind endliche Güter, die sich nicht vervielfältigen lassen und nur jeweils einer Anwendung zur Verfügung stehen. Möchte man die Menge der übertragenen Informationen bei gleichbleibender Kanalbandbreite vervielfachen, funktioniert das nur durch Verändern des Übertragungsverfahrens. Genau dies ist zu Beginn der 2000er Jahre passiert.
Das analoge, terrestrisch ausgestrahlte Fernsehen wurde sukzessive durch das Digitalfernsehen DVB-T ersetzt. Benötigte ein einzelnes analoges Fernsehprogramm damals einen Kanal mit 8 MHz Bandbreite, fanden nach der Umstellung auf DVB-T plötzlich vier Programme darin Platz. In digitalisierter Form belegte das bestehende TV-Angebot folglich nur noch 25 Prozent des ursprünglichen Frequenzbedarfs und die frei gewordenen 75 Prozent konnten anderweitig verwendet werden. Hierauf bezieht sich bei der Digitalen Dividende der Gewinngedanke, der aber nur durch eine technische Systemumstellung zustande kommt.

Verbotene Frequenzen

Mit der Verfügung 91/2005 erteilte die Bundesnetzagentur zu Beginn des Jahres 2006 für die UHF-Frequenzen 790 – 814 MHz und 833 – 862 MHz eine Allgemeinzuteilung, die es praktisch jedem Anwender gestattete, diese gebührenfrei zu benutzen. Exakt diese Allgemeinzuteilung erlischt am Jahresende 2015 und die Hoheit innerhalb der genannten Frequenzbereiche geht vollständig auf die Mobilfunkbranche über, die im Frühjahr 2010 hierfür eine Milliardeninvestition getätigt hat.
Wer nach dem Stichtag die genannten 800 MHz-Bereiche mit drahtlosen Mikrofonen benutzt, handelt illegal, was mit Geldbußen und Beschlagnahmung der Geräte geahndet werden kann. Hintergrund ist die Einführung von LTE (Long Term Evolution) und 4G zur Bereitstellung schneller drahtloser Internetverbindungen. Ausbau und Inbetriebnahme dieser Funknetze hat im Laufe der letzten drei Jahre zu deutlichen Beeinträchtigungen bei der Betriebssicherheit von drahtlosen Mikrofonen und Taschensendern geführt, sodass professionelle Dienstleister schon längst in sicherere Frequenzgefilde abgewandert sind.

Erlaubt gegen Maut

Doch auch die sind zum Teil wieder Makulatur! Gemeint ist der UHF-Bereich von 710 bis 790 MHz, den die Bundesnetzagentur der Veranstaltungsbranche im Jahre 2010 als kostenpflichtigen(!) Ersatz für das 800 MHz-Band eingeräumt hatte. Im Mai 2015 wurden allerdings die Bereiche 703 bis 733 MHz und 758 bis 788 MHz im Zuge einer erneuten Umordnung wiederum an die Mobilfunkbranche zur erweiterten LTE-Nutzung versteigert (Digitale Dividende II). Prognosen zufolge gibt es ab Mitte 2017 für Funkmikrofone auch hier keine Funktionsgarantien mehr, bis der Betrieb 2020 ganz untersagt wird.
Problematisch hierbei sind die teils beträchtlichen Geldsummen, die VA-Firmen, Theater und andere Nutzer für neue Geräte ausgeben müssen. Der größte Teil des vorhandenen 800-MHz-Geräteparks lässt sich nämlich nicht oder nur unter kaum vertretbarem Aufwand auf die neuen Frequenzen umrüsten. Das Material muss also verschrottet oder weit unter Wert verkauft werden. Wer vor fünf Jahren in neue 700-MHz-Geräte investiert hat, dem droht jetzt das gleiche Schicksal. Konsequenterweise werden von der Bundesnetzagentur keine Lizenzen mehr für die beiden neu versteigerten 30-MHz-Blöcke vergeben. Etwas Hoffnung besteht bezüglich der 25-MHz-Lücke zwischen 733 und 758 MHz. Derzeit sieht es so aus, dass sie der VA-Technik erhalten bleibt und weiter lizenzpflichtig benutzt werden kann.
Möchte der professionelle VA-Dienstleister auf eine sichere Zukunft setzen, wechselt er in die unteren UHF-Bereiche 470 bis 608 MHz und 614 bis 703 MHz. Dafür ist üblichweise der Austausch der Technik notwendig, denn die alte Hardware ist für diese niedrigeren Frequenzen ungeeignet. Weil keine Allgemeinzuteilung besteht, müssen wie im 700-MHz-Band alle Geräte bei der Bundesnetzagentur angemeldet und Frequenz-Lizenzen beantragt werden. An Gebühren fallen einmalig 130 Euro für Bearbeitung und Verwaltung an, zusätzlich schlägt jede beantragte und genehmigte Sendestrecke mit jährlich 9,43 Euro zu Buche. Die Zuteilungen sind zehn Jahre gültig.
Es ist übrigens ratsam, sich pro Funkstrecke mehrere Alternativen zuteilen zu lassen. So kann bei Problemen vor Ort legal ausgewichen werden. Mehrere Frequenzen pro Sender verursachen keine Mehrkosten, es ist allerdings nicht möglich, sich die kompletten UHF-Bänder zuteilen zu lassen.
Probleme können beispielsweise durch die Umstellung auf das neue DVB-T2 (mehr Programme in HD) auftreten. Dessen Heimat – wer hätte das gedacht – liegt ebenfalls in den unteren UHF-Bereichen. So können für die VA-Technik lokal Frequenzen blockiert sein, die andernorts frei sind und funktionieren. Ergo muss man flexibel sein und ausweichen können. Deshalb sind für professionelle Anwender nur Geräte sinnvoll, die eine große Auswahl an Frequenzbereichen bieten.

Normalerweise assoziiert der Begriff Dividende einen Gewinn, doch für Funkstreckenfreunde heißt dies: Obacht! (Bild: Fotolia/ Credits: bluedesign)
Normalerweise assoziiert der Begriff Dividende einen Gewinn, doch für Funkstreckenfreunde heißt dies: Obacht! (Bild: Fotolia/ Credits: bluedesign)

Die kostenfreie Mittenlücke

Internetverbindungen funktionieren prinzipiell bidirektional, jeder Teilnehmer ist Sender und Empfänger zugleich. Drahtlose LTE-/4G-Verbindungen arbeiten künftig in vier UHF-Bereichen: Von 703 bis 733 und 791 bis 821 MHz erstrecken sich Downlinks, über die das Herunterladen von Dateien abgewickelt wird. Die Uplink-Gegenrichtung findet zwischen 758 bis 788 und 832 bis 862 MHz statt. Dazwischen sitzen die so genannten Mittenlücken.
Eine davon ist der neun Megahertz breite Bereich von 823 bis 832 MHz, der als Sicherheitsabstand zwischen Down- und Uplink eingerichtet wurde. Laut Verfügung der Bundesnetzagentur ist dieser bis zum Ende des Jahres 2025 weiterhin zur kostenfreien Nutzung allgemein zugeteilt. Hier dürfen sich Musiker, DJs, VA-Dienstleister und alle anderen niederlassen und ihre Geräte ohne bürokratischen und finanziellen Anmeldeaufwand nutzen.
Was bedeutet dies für die Betriebssicherheit? Testmessungen haben ergeben, dass in unmittelbarer Nähe von LTE-Sendemasten vermehrt Störungen entstehen. Die in Musikerkreisen weit verbreiteten Low-Budget-Funksysteme mit mäßiger Filterselektivität funktionieren unter solchen Voraussetzungen häufig nicht zuverlässig. Dennoch lohnt es sich zu prüfen, ob bereits vorhandene UHF-Drahtlostechnik diesen Frequenzbereich zufällig abdeckt, denn dann darf man sie dort weiterhin anmelde- und gebührenfrei betreiben. Ansonsten haben fast alle Hersteller reagiert und bieten den neuen Regularien entsprechende E-Band-Varianten ihrer Systeme an (z.B. Sennheiser evolution G3, Shure BLX/SLX-Serie usw.). Häufig ist auch der ISM-Bereich von 863 bis 865 MHz anwählbar.

Ebenfalls kostenlos

ISM-Frequenzen kommen als Alternative zur Mittenlücke in Frage. ISM steht für Industrial Scientific and Medical und bezeichnet Frequenzbänder für den Einsatz industrieller, medizinischer und wissenschaftlicher Gerätschaften. Im UHF-Band liegen diese Frequenzen zwischen 863 und 865 MHz. Weil sie gebühren- und anmeldefrei sind, tummeln sich hier nicht nur Funkmikrofone und In-Ear-Strecken, sondern auch Babyfone, drahtlose Kopfhörer und diverses Funkspielzeug. Wegen hoher Störgefahr und wenig Ausweichmöglichkeiten ist professionelles Arbeiten auf diesen Frequenzen nicht möglich. Aus Sicht des semiprofessionellen Musikers hingegen spricht nichts gegen eine Nutzung, wenn bei auftretenden Problemen schnell ein kabelgebundener Ersatz zur Hand ist. Aus diesem Grund bieten alle namhaften Hersteller Wireless-Systeme an, die diesen Bereich nutzen. Wegen drohender Intermodulation (mehrere gleichzeitig und nahe beieinander betriebene Sender beeinflussen sich gegenseitig und erzeugen Störträger), ist es in dem schmalen 2-MHz-Frequenzkorridor aber kaum möglich, mehr als vier Funkstrecken gleichzeitig störungsfrei zu betreiben.
Die Verknappung frei zugänglicher Frequenzen im 700- und 800-MHz-Band hat die Hersteller von Drahtlostechnik bewogen, sich nach Alternativen umzusehen und neue Übertragungsverfahren zu entwickeln. Besonderes Augenmerk fällt dabei auf höhere Frequenzen im Gigahertz-Bereich, denn auch dort gibt es von 1492 bis 1518 MHz und 1785 bis 1805 MHz zwei allgemein zugeteilte, kostenfrei nutzbare Bereiche. Laut Bundesnetzagentur ist eine zukunftssichere Nutzung bis 2026 sichergestellt.
Das Geräteangebot fällt derzeit recht übersichtlich aus. Vorreiter ist die Firma Sennheiser mit den 1G8-Versionen ihrer bekannten evolution-System. Des Weiteren haben sich bereits LD Systems und t-bone auf dieses Terrain begeben. Unbedingt beachten: Antennen, Booster, Splitter und Kabel müssen ebenfalls Gigahertz-tauglich sein! Bereits vorhandenes Zubehör für 800-MHz-Frequenzen funktioniert nicht.

Ohne Gebühr im WLAN

Die WLAN-Frequenzen von 2400 bis 2485,5 MHz, 5150 bis 5350 MHz und 5470 bis 5750 MHz waren ursprünglich nur für drahtlose Computernetzwerke vorgesehen. Weil für diese Frequenzbereiche Allgemeinzuteilungen bestehen, sind auch andere Nutzungen zulässig. Beispielsweise digitale Funkmikrofone und Gitarrensender, die besonders häufig zwischen 2400 und 2485,5 MHz anzutreffen sind.
Um mit WLAN-Routern zu harmonieren, müssen sich diese Wireless-Systeme an den vorgeschriebenen IEEE 802.11n-Standard halten, der den Frequenzbereich in 14 Kanäle aufteilt. Bei Inbetriebnahme scannt der Empfänger diese auf bereits bestehende Funknetze und richtet sich automatisch auf freien Kanälen ein. Der Abgleich mit dem Sender erfolgt über eine Infrarot-Schnittstelle oder einen Rückkanal.
Um hochwertige Übertragungsqualität bei niedriger Latenz (Verzögerungen durch Analog/Digitalwandler und interne digitale Signalverarbeitung) zu erreichen, belegt ein solches Wireless-System aufgrund des hohen Datendurchsatzes häufig zwei WLAN-Kanäle. Werden mehrere Systeme gleichzeitig benutzt, ist das Frequenzband schnell ausgelastet und es kommt zu Konflikten mit aktiven WLAN-Netzen. Daher ist professionelles Arbeiten in diesem Frequenzbereich nur bedingt möglich. Maximal sechs Funkstrecken lassen sich gleichzeitig nutzen  – falls man es schafft, alle WLAN-Aktivitäten in den 5-GHz-Bereich zu verlagern. Auf größeren Veranstaltungen ein nahezu aussichtloses Unterfangen! Mittlerweile benötigen fast alle Gewerke (Licht, Ton, Video) eigene Funknetze zur Steuerung ihres Equipments. Kommt man dann als Band mit einem Schwung 2,4 GHz-Drahtlos-Equipment auf die Bühne, ist Ärger vorprogrammiert. Vorreiter bei digitalen Funksystemen dieser Art lange die amerikanische Firma Line 6, mittlerweile haben viele Hersteller nachgezogen.

Verboten, kostenpflichtig, kostenlos - Was ist zu tun? (Bild: Fotolia/ Credits: afxhome)
Verboten, kostenpflichtig, kostenlos – Was ist zu tun? (Bild: Fotolia/ Credits: afxhome)

Was ist zu tun?

Für welche Alternative man sich entscheidet, hängt in erster Linie vom Einsatzzweck ab. Professionelle Dienstleister können nicht riskieren, durch unzuverlässige Technik Kunden zu verlieren. Folglich lohnt die Investition in professionelles Material inklusive des Erwerbs von Funklizenzen im unteren UHF-Bereich, in dem man dann primärer Anwender ist.
Wer nicht so viel ausgeben mag und den behördlichen Aufwand scheut, dem bleiben die allgemein zugeteilten, kostenfreien Bereiche (823 – 832 MHz, 863 – 865 MHz, 1G8 oder 2,4 GHz). Der Bereich 1G8 ist exklusiv für die Audioübertragung freigegeben. Bei den kostenfreien Bereichen kann es passieren, dass Funkstrecken wegen Überbelegung oder anderer Störungen nicht zuverlässig funktionieren. Dieses Risiko ist aber vertretbar, solange immer ein kabelgebundener Ersatz bereitsteht. Für semiprofessioneller Musiker ein guter Kompromiss. 
Und was macht die Mittenlücke? Wie Versuche zeigen, ist dieser Bereich störbehaftet. Eine im Seminar begutachtete Messung einer LTE-Teststrecke zeigte besonders in den Randbereichen starke Überschwinger. Je nach Abstand zum nächsten LTE-Funkmast und Anzahl der Dauer-Onliner im Publikum werden die Musiker dort mehr oder minder schwere Probleme bekommen, zumal die hier häufig genutzten Low-Budget-Systeme nicht mit superber Filterselektivität glänzen.
Hier geht es übrigens zu unserem Testmarathon Funkstreckensysteme und hier findet ihr 5 Wireless-Systeme unter 300 Euro.
Herstellerinformationen und weitere Links zum Thema  http://de-de.sennheiser.com/ddready http://www.shure.de/supportdownload/frequenzen 

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