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Der Mikrofonvorverstärker für 10000 Euro

Es ist kein Druckfehler: Der MIDAS 501 ist im Thomann-Shop mit 9949 Euro gelistet, auf dem US-Markt werden Preise bis zu 15000 Dollar aufgerufen.

(Quelle: Screenshot aus dem Webshop von www.thomann.de)
(Quelle: Screenshot aus dem Webshop von www.thomann.de)

Nein, dafür bekommt man kein Analogmischpult, sondern einen Mikrofonvorverstärker. Einen Mikrofonvorverstärker im API-Rackformat “Series 500“, für den man also noch einen Modulträger und eine Spannungsversorgung benötigt.
Über die Hintergründe und Intentionen der Preisgestaltung lässt sich nur spekulieren. Sinnvoller ist es da, sich einmal die Faktenlage anzusehen. Ausstattungsseitig ist der MIDAS ordentlich, mit regelbaren Filtern, Phantomspeisung, einer “Warm”-Schaltung, DI-Input, Übertragern und sowohl Gain als auch Output Trim. Damit lässt sich sicher das Mikrofonsignal so weit in Spektrum und Obertonverhalten regeln, wie man es von einem charaktergebenden Mikrofonvorverstärker erwarten kann.
Die zur Verfügung stehenden technischen Daten lesen sich ordentlich, soweit angegeben. Wirklich ausführlich sind sie nicht. Auch die Angabe über die tatsächliche Schaltung sowie die verwendeten Bauteile sind eher zurückhaltend. Warum das nun so viel Geld kosten soll, erklärt sich mir nicht.
Die teuersten mir bekannten aktuellen Mikrofonvorverstärker pro Kanal sind fast durchweg Röhrengeräte, die mit aufwändig selektierten Röhren, Kondensatoren, Widerständen und weiteren Bauteilen aufgebaut sind, manche davon NOS (“New Old Stock”). Meist in teuren Gehäusen, mit makelloser Verarbeitung, externen, speziell konstruierten Netzteilen und einem “Mastermind” im Hintergrund, der sich Schaltungen erdacht oder beliebte und bekannte weiterentwickelt hat. Ich denke spontan an D.W. Fearn, an Retro mit ihrem Nachbau des OP-6, an den Chandler REDD.47, natürlich an die diversen Neve (die nebenbei noch einen superben EQ mitbringen), an Tube-Tech mit MP-2A und dergleichen. Das sind alles absolute Top-Geräte. Mit Historie, Made in USA oder Made in Europe mit deutlich geringeren Preisen als der MIDAS 501 – und mit eigenen Netzteilen.
Historie bringt MIDAS tatsächlich mit. Das im Livesegment großgewordene Unternehmen hat auch nach dem Kauf durch die Music Group noch tolle Produkte auf den Markt gebracht. Beispielsweise die “Edelvariante” des Behringer-Digitalputs X32, das MIDAS M32, den Achttfach-Preamp MIDAS XL 48 oder den Microphone Preamplifier MIDAS 502. Kostenpunkt: 150 Euro pro Stück. 66 Kanäle 502 kosten so viel wie ein Kanal 501. Andere Berechnungen, was man mit dem Geld anstellen könnte, kann jeder gerne selbst durchführen.
Vielleicht klingt der MIDAS ja einfach absolut umwerfend? Auf einen Blindtest wäre ich durchaus gespannt! 
Andererseits: Es gab mal eine sehr teure App im Apple App-Store. Sie konnte nichts, außer einen Diamanten anzeigen. Und sie wurde tatsächlich verkauft. Wenn diese Leute auch einen Mikrofonvorverstärker brauchen, greifen sie ja vielleicht zum MIDAS 501. Im Gegensatz zur App wird dieser ganz sicher seinen Job sehr gut machen. Und vielleicht ist es ein Argument für Studiokunden, wenn dort “der teuerste Mikrofonvorverstärker der Welt” verbaut ist. 

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(Quelle: Screenshot aus dem Webshop von www.thomann.de)

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HM sagt:

#1 - 05.03.2019 um 14:20 Uhr

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Ist ein Test der günstigen 500er-Module von Midas (502, 512, 522) geplant? Diesen Test würden sicher viele Leser wünschen! ... ich auch ;-)

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