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Beyerdynamic TG D71c Test

Bei der Abnahme von Bassdrums gibt es viele unterschiedliche Philosophien. Die einen schwören auf die klassische „Ein-Mikrofon-Lösung“, bei welcher ein (meistens dynamisches) Mikro in oder vor der Bassdrum platziert wird.

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Andere wiederum schätzen es besonders im Studio, sich den passenden Sound aus vielfältigen Optionen zusammensetzen zu können, die sie durch den Einsatz mehrerer Schallwandler erhalten. Beliebt ist die Kombination aus einem dynamischen und einem Kondensatormikrofon, manche verwenden auch umfunktionierte Lautsprecher als Subbass-Fänger, sofern sie kein Geld für fertig konfektionierte Produkte wie den Solomon LoFreQ ausgeben mögen. Und dann gibt es die „Grenzfläche rein und fertig“-Fraktion. Besonders im Live-Betrieb schätzen Tonleute den konkreten Anschlags-Kick dieses Mikrofontyps, großartige Bearbeitung mit dem Equalizer ist manchmal kaum noch nötig.
Obwohl Grenzflächenmikrofone auch in anderen Anwendungsbereichen funktionieren können, beispielsweise als Konferenz- oder Theatermikrofone, gelten sie als „One Trick Ponys“, also Geräte, die nur eine Sache wirklich gut können. Daran ist nichts schlecht, ob unser Testpony den Trick, durchsetzungsstarke Bassdrums und Cajons aufzunehmen, beherrscht, lest ihr auf den folgenden Zeilen. 

Details

Wie funktioniert ein Grenzflächenmikrofon eigentlich?

Das allgemeine Konstruktionsprinzip eines Grenzflächenmikrofons besteht – sehr verkürzt erklärt – darin, dass es nicht frei im Raum aufgehängt, sondern eben auf eine direkt angrenzende Fläche gelegt oder darauf befestigt wird. Die Größe dieser angrenzenden Fläche bestimmt dabei, wie weit der Frequenzgang des Mikrofons hinab reicht. Mit der mechanischen Begrenzung des Schalleinfallswinkels soll zudem eine deutliche Verringerung von Phasenproblemen einhergehen, als Richtcharakteristik besitzen Grenzflächenmikrofone die Form einer halben Kugel oder einer halben Niere. Ein weiterer Vorteil der in Kondensatortechnik ausgelegten Konstruktion stellt der Druckstau zwischen Membran und Grenzfläche dar, welcher zu einer Verstärkung des Schalldrucks um bis zu 6 dB führen kann. Dieser Wert wird bei der Montage auf Platten oder an Wänden oft nicht erreicht, in der „Druckkammer“ Bassdrum allerdings schon. Deswegen ist es eben gerade dort so beliebt. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das Grenzflächenmikrofon der Heilbronner eignet sich insbesondere für den Einsatz in der Bassdrum – live wie im Studio.

Das TG d71s ist sehr solide und kompakt gebaut

Dass Grenzflächenmikrofone viel Platz einnehmen, kann man nicht behaupten, dazu trägt schon die Plattfisch-artige Form bei. Trotzdem legt das TG d71c noch einen drauf, oder besser: einen drunter: es ist noch einmal deutlich kleiner als die Konkurrenten aus dem Hause Shure, Sennheiser und Audio Technica. Dabei liegt es extrem solide in der Hand, das Ganzmetallgehäuse wirkt, als könnte man versehentlich drauf treten, ohne damit nennenswerten Eindruck zu hinterlassen. Mehr dazu lest ihr unten im Praxisteil, ich habe das nämlich ausprobiert. Formal erinnert es mit seinem runden Rücken an eine Art Wall, statt eines Gitters sorgen kleine Löcher auf der Oberseite des Gehäuses dafür, dass der Schall seinen Weg zur Membran finden. 148 dB Grenzschalldruck soll das Beyerdynamic vertragen, es liegt damit unterhalb des Konkurrenten Shure Beta 91A, welches 155 dB verdauen kann, wirklich relevant ist der Unterschied allerdings in der Praxis nicht. Neben einem Transporttäschchen findet sich in der Verpackung auch noch ein Zettel mit der Aufschrift „Produktinformation“. Dreht man ihn um, wird man breit angelächelt. Die aufgedruckte Frequenzkurve entspricht nämlich dem klassischen „Smiley“, zumindest, wenn man das Gerät verwendet, wie es die meisten tun werden: in naher Aufstellung zur Schallquelle. Wir haben es hier also mit einer starken Bass- und Höhenpräsenz zu tun, die ihre Maximalpegel bei etwa 50 beziehungsweise 5500 Hertz findet. Als Kondensatormikrofonbenötigt das TG d71c Phantomspeisung, liegt diese an, leuchtet ein kleines LED-Lämpchen neben der XLR-Buchse. Bedienelemente befinden sich keine am Testobjekt, auf die Option, das Mikrofon technisch an unterschiedliche Anwendungsbereiche anzupassen (wie sie beispielsweise das Shure bietet) muss der TG-User verzichten. 

Steht für gute Produkte: Beyerdynamic-Logo auf dem Mikrofon
Steht für gute Produkte: Beyerdynamic-Logo auf dem Mikrofon
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Praxis

Beim Betrieb ist Plug’n’Play angesagt

Im Internet habe ich ein Video gefunden, in welchem kräftig auf das arme Beyerdynamic TG d71c getreten wird, sogar ein Auto soll das Gerät aushalten. Beides habe ich spaßeshalber umgesetzt, und siehe da: die Eisenscholle bleibt tatsächlich unbeeindruckt, zumindest mechanisch müsste man ihr massiv Gewalt antun, um sie zu beschädigen. Nun aber Schluss mit der Brutalität, wir wollen schließlich wissen, wie das Mikro klingt. Dazu schliesse ich es an meinen Preamp an und aktiviere die Phantomspeisung. Die Kontroll-LED erweist sich dabei als praktisch, gerade im Live-Betrieb ist jedes Gerät nützlich, was seinen Betriebszustand eindeutig anzeigt. Dadurch wird nicht nur die Suche nach eventuellen Fehlern in der Signalkette vereinfacht, im Fall unseres Testkandidaten dient die Lampe auch als schnelle Lokalisierungshilfe, beispielweise innerhalb einer großen Bassdrum auf dunkler Bühne. 

Fotostrecke: 2 Bilder So “installiert” man eine Grenzfläche: Reinlegen – fertig.

Als Kondensator-Mikrofon liefert das TG einen kräftigen Output, welcher deutlich über jenem der meisten Standard-Bassdrum-Mikrofone liegt. Und auch klanglich hebt es sich ab. Ein befreundeter Toningenieur hat Grenzflächenmikrofone mal als Karikaturen von typischen Bassdrum-Mics bezeichnet und obwohl das vielleicht etwas salopp ausgedrückt ist, muss ich ihm zumindest im Grundsatz beipflichten. Wie es das Frequenzdiagramm schon erahnen liess, gibt es mit dem TG D71c in beiden getesteten Bassdrums – einer Wahan 24×13 Acryl- sowie einer Drummers Project 22×18 Ahorn-Bassdrum – ordentlich Attack und einen deutlichen Schub im Bassbereich. Im Gegensatz zu manchen Konkurrenzprodukten klingt das Beyerdynamic allerdings nicht zu hart oder knallig, besonders in der eher offen gestimmten, Acryl-Bassdrum zeigt sich, dass unser Testkandidat auch den Mittenbereich recht natürlich rüber bringt. Hier kann es allerdings mit dem gleichzeitig als Referenz verwendeten Sontronics DM1-B nicht ganz mithalten. Wer das Beyer also als einziges Mikrofon verwenden möchte und einen möglichst natürlichen Kesselton der Bassdrum mag, wird vermutlich nicht ganz glücklich werden.
Anders sieht es aus, wenn es in Kombination mit weiteren Mikros verwendet wird. Zum Beispiel mit dem genannten Sontronics, einem EV ND 868 oder einem „Subkick“-artigen Modell wie dem Solomon LoFreQ. Auf diese Weise sind mir im Verlauf des Tests ganz großartig klingende Aufnahmen mit verschiedenen Bands und Drummern gelungen. Das Beyerdynamic fällt in der Bearbeitung durch einen sehr gutmütigen Umgang mit dem EQ-Einsatz auf, von sehr aggressiv bis „ploppend-schmatzig“ sind viele Anpassungen an den persönlichen Geschmack möglich. Auch für Metaldrummer, die den Einsatz von Triggern vermeiden möchten, dürfte das TG D71c gut geeignet sein. Hier hört ihr paar Klangbeispiele, ich habe euch sowohl das Referenz Sontronics als auch das Beyer jeweils solo, im Kontext mit den anderen Mikros am Kit, sowie in Kombination mit meinem Solomon-Subkick-Verschnitt aufgenommen. 

Audio Samples
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Beyerdynamic TG D71c, 24-Zoll-Acryl-BD im Kontext Beyerdynamic TG D71c, 24-Zoll-Acryl-BD im Kontext + Subkick Beyerdynamic TG D71c, 24-Zoll-Acryl-BD solo Sontronics DM-1B, 24-Zoll-Acryl-BD im Kontext Sontronics DM-1B, 24-Zoll-Acryl-BD im Kontext + Subkick Sontronics DM-1B, 24-Zoll-Acryl-BD solo
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Beyerdynamic TG D71c, 22-Zoll-Ahorn-BD im Kontext Beyerdynamic TG D71c, 22-Zoll-Ahorn-BD im Kontext + Subkick Beyerdynamic TG D71c, 22-Zoll-Ahorn-BD solo Sontronics DM-1B, 22-Zoll-Ahorn-BD im Kontext Sontronics DM-1B, 22-Zoll-Ahorn-BD im Kontext + Subkick Sontronics DM-1B, 22-Zoll-Ahorn-BD solo

Nicht nur in der Bassdrum liefert das Beyerdynamic interessante Ergebnisse

Als Cajon-Mikrofon ist es besonders aufgrund seiner Bauart interessant, der Verzicht auf Stative erleichtert den Job des Live-Mischers erheblich. Im Studio ist jedoch der Einsatz eines weiteren Mikrofons ratsam, alleine eingesetzt fehlen hier einfach die wichtigen Mittendetails. Experimentierfreudig wie ich bin, habe ich euch unten auch ein Klangbeispiel als eine Art FOK (front of kit) Mikrofon aufgenommen. Hier gefällt mir der schmatzige Bass, von Vorteil ist auch, dass eventuelles Tom-Gebrumme nicht so stark in den Vordergrund tritt. Zu guter Letzt habe ich mir den Spaß erlaubt, das Test-Exemplar auf mein Snarefell zu legen. Das Ergebnis ist spannend, der leicht komprimierte Anschlag in Verbindung mit dem Umstand, dass das Mikrofon die Hi-Hat sehr präsent abbildet, erzeugt einen leicht künstlichen Touch, der durch fleissigen Kompressor- und Transientdesigner-Einsatz aufs Schönste modelliert werden kann. Dass wir mit derartigen Eskapaden die alte Schule der Tontechnik verlassen, versteht sich aber hoffentlich von selbst. 

Audio Samples
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Beyerdynamic TG D71c, 22-Zoll-Ahorn-BD FOK im Kontext Beyerdynamic TG D71c, 22-Zoll-Ahorn-BD FOK solo Beyerdynamic TG D71c, Cajon Beyerdynamic TG D71c, Snare im Kontext Beyerdynamic TG D71c, Snare solo
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Fazit

Mit dem TG D71c ist Beyerdynamic eine sehr gut klingende Alternative im Bereich der Grenzflächenmikrofone gelungen. Es klingt rund und recht natürlich, ohne seine Bauart klanglich zu verleugnen. In Bassdrums mit gelochten Resonanzfellen fühlt es sich am wohlsten, allerdings lohnt es sich durchaus, es auch einmal in anderen Anwendungen wie beispielsweise Raummikrofonierungen auszuprobieren. Im Cajon gefiel die einfache Anwendung ebenso wie der druckvolle und präsente Sound. Als echter Allrounder taugt es, aufgrund seiner Mittenarmut, allerdings trotzdem nicht. Wem das bewusst ist, bekommt mit dem Beyer eine sehr praxistaugliche, extrem robust verarbeitete Sound-Option für Bassdrums und Percussion-Instrumente, die auch preislich interessant ist. Ein persönlicher Check sei hiermit also wärmstens empfohlen.  

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • moderner, höhen- und bassbetonter Sound in der Bassdrum
  • präsent im Klang und unkompliziert in der Anwendung als Cajon-Mikrofon
  • sehr kompakt gebaut
  • äußerst robuste Verarbeitung
Contra
Artikelbild
Beyerdynamic TG D71c Test
Für 269,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Beyerdynamic
  • Bezeichnung: TG D71c
  • Wandlerprinzip: Kondensator, Grenzfläche
  • Richtcharakteristik: halbe Niere
  • Impedanz: 200 Ohm
  • Frequenzgang: 25-20000 Hz
  • Finish: mattschwarz lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen (LxBxH): 9,0 x 8,6 x 2,7 Zentimeter
  • Zubehör: Tasche, Anleitung
  • Herkunftsland: Deutschland
  • Preis: € 249,– (UVP)
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