Baldringer Dual Drive Test

KONZEPT UND AUFBAU
Die analoge Röhrensimulation kam zunächst in einem selbst entwickelten Dreikanalamp zum Einsatz, von dem Baldringer nur drei Modelle baute. Der Verstärker besaß einen cleanen, Fender-typischen Kanal und zwei Kanäle, die sich im Sound an einen getunten JCM 800 anlehnten. Obwohl wir von einer Röhrensimulation reden, handelt es sich hier nicht um eine digitale Simulation a la Line6, sondern um ein voll analoges und superdirektes Gerät. Vorteil des Ganzen: im Gegensatz zu ihren gläsernen Pendants altern die emulierten Röhren nicht, noch gehen sie bei Erschütterung kaputt.
Der Dual Drive ist also kein normaler Verzerrer, sondern ein kompletter Preamp. Deshalb wird er auch vor einen absolut clean eingestellten Amp geschaltet, und nicht, wie viele andere Pedale, vor einen angezerrten Gitarrenverstärker. Das Gerät besitzt zwei Kanäle, die aus einem cleanen Verstärker (zählt man den cleanen Kanal hinzu) somit einen dreikanaligen Amp machen. Die beiden Kanäle werden mit den beiden Fußschaltern angewählt. Jeder Kanal besitzt neben Gain- und Volumeregler eine komplett autarke Klangregelung, bestehend aus Treble, Mid, Bass und Presence; etwas, was man so sonst nur von Gitarrenamps kennt.
Dazu kommt ein Miniswitch, mit dem sich die Klangreglung zwischen 70er und 80er Schaltung umschalten lässt. Dabei verändert sich vor allem der für die Gitarre so wichtige Mittenbereich. Der Dual Drive kann zusätzlich mittels interner Jumper und Trimmpotis an den persönlichen Geschmack angepasst werden – dies geht übrigens für jeden Kanal einzeln. Selbst die einzelnen Zerrstufen kann man hier für beide Kanäle separat justieren. Vielseitiger gehts kaum noch. Dem ersten Kanal könnte man beispielsweise nur eine Zerrstufe zuweisen, während Kanal B für das Solospiel mit zwei Zerrstufen mehr Gain und Lautstärke erhält. Mit den Jumpern für den Treble Boost wird für jeden Kanal einzeln eingestellt, ab welcher Frequenz die Höhen angehoben werden. Der Jumper mit der Bezeichnung „Warm“ kann dazu genutzt werden, die obersten Höhenanteile in Kanal B oder in beiden Kanälen abzusenken, und liefert dann sehr fette Sounds. Die beiden Trimmpotis für die Resonanzfrequenz reagieren ganz feinfühlig auf die individuelle Anpassung des Mittenspektrums, welches sich ja bei jedem Amp anders darstellt. Mit diesen Trimmern kann der Dual Drive auf den persönlichen Geschmack im Zusammenspiel mit dem eigenen Amp-Setup abgestimmt werden. Hier sind wir aber schon im Bereich des Graswachsenhörens angekommen.

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Der Dual Drive besitzt neben Ein- und Ausgang natürlich einen DC-Netzteilanschluss, der von 9 bis18 Volt DC alles ohne Verdauungsprobleme frisst. Ein einfahrbares Batteriefach für eine 9 Volt Blockbatterie sorgt für Freiheit, wenn es einmal ohne Netzadapter zur Sache gehen soll. Ein weiterer Anschluss ist für die Fernbedienung des Dual Drive zuständig – falls dieser im Rack eingebaut ist und per Midi geschaltet wird. Wer noch mehr Sounds abrufen möchte, der hat die Möglichkeit, diese Buchse stattdessen als Kaskadenbuchse zu verwenden. So können zwei Dual Drives mit einem Stereo-Klinkenkabel zu einem Verbund geschaltet werden, wodurch sich die Schalterfunktionen untereinander perfekt verstehen und man so einen vierkanaligen Dualdrive erhält.
Die Verarbeitung des Gerätes ist erstklassig und vorbildlich. Im Inneren befindet sich eine sehr aufwändige Platine, die mit nichts zu vergleichen ist, was ich bisher in analogen Distortionpedalen gesehen habe. Die Geräte werden komplett in Deutschland gefertigt und eine chinesische Billigserie wird es nicht nur aus Qualitätsgründen nicht geben.
Dirk Baldringer bietet eine Reihe unterschiedlicher Modifikationen für den Dual Drive an, um das Pedal an den persönlichen Geschmack und das persönliche Setup anpassen zu können. Die Grundausführung, der UR – Dual  also, könnte man als einen solide modifizierten Marshall bezeichnen, ausgestattet mit dem bekannten Klangcharakter, für den diese Gitarrenverstärker bekannt sind. Pate stand ein sehr gutes Topteil aus Dirks persönlicher Sammlung.
Es gibt eine Mesa Boogie Rectifier – Version, die ein fetteres und gemeineres Klangbild bietet und speziell auf die Belange von tiefer gestimmten Gitarren geeicht wurde. Die High Gain Bogner Variante erinnert an den Bogner Extasy und an Aerosmith und High-Gain Metal-Sounds a la Dimebag und Konsorten. Für Leute, die sich nicht zwischen diesen nachempfundenen Metal-Variationen entscheiden können, gibt es eine High-Gain-Universalschaltung ohne eigene Färbung. Sie eignet sich sehr gut dazu, den “eigenen“ Sound zu finden. Eine weitere Schaltung orientiert sich an Fender-Sounds, die sowohl den Sweet Spot eines cleanen oder leicht in die Knie gehenden Deluxe oder Bassman nachahmen können, als auch die volle Breitseite eines dampfenden Fender Verstärkers liefern. Die Modifkationen sind für jeden Kanal individuell, können also auch gemischt werden. Man kann also einen Dual Drive ordern, der im Kanal A wie ein Vox Ac 30 klingelt und im Kanal B wie ein High-Gain Rectifier Monster grollt.

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Profilbild von Michael Boesen

Michael Boesen sagt:

#1 - 25.07.2011 um 16:36 Uhr

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dem was hier geschrieben steht kann ich nur vollstens zustimmen. Überragende Begeisterung mir steht ein Marble Club Reverb und ein JTM 45 für diese Anwendung zur verfügung, letzterer wird gerade von Dirk gemoddet.
Auch zusätzliche liebl. Zerrer arbeiten potimal zusammen, wenn man will, davor oder dahinter, was nochmal unterschiede für die Zusaätzlichen ausmacht,ich kann nur sagen Bingo, das Teil ist der absolute Knaller.

Profilbild von Gerhard Mayer

Gerhard Mayer sagt:

#2 - 28.03.2013 um 15:05 Uhr

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Kann ebenfalls den Autor bestätigen- 2 DD haben die jahrelange Suche nach dem perfekten sound ad acta gelegt; Dank der mods ist ALLES drin; Dirk ist ein guter Typ, der sich wirklich reinhängt, die persönlichen Vorlieben umzusetzen; An den Soundbeispielen fällt mir der etwas brazzelige Bass auf- ist wohl Geschmacksache des Autors- meine DD klingen offener und wesentlich tighter im Bass!

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