Apple Logic Pro X 10.4 Update Test

Über eine mangelnde Produktpflege können sich Logic User in letzter Zeit nicht beklagen. Das aktuelle Update 10.4 hat mal wieder so einige tontechnische und kreative Features mit an Bord, welche den DAW-Klassiker von Apple aufwerten und für Musikschaffende attraktiver machen. 

Apple_Logic_Pro_X_10_4_B01_Aufmacher


Als ich über die üblichen Kanäle von der neuen Version erfuhr, war ich zunächst überrascht, dass mir als Logic User vom App Store kein Update angeboten wurde. Das lag allerdings daran, dass die Aktualisierung das Betriebssystem macOS 10.12 (Sierra) zum Download voraussetzt und ich in meiner „Never-change-a working-system-es-sei-denn-es-ist-notwendig“- Manier bisher mit El Capitan (macOS 10.11) gearbeitet habe. Im App Store von Apple findet man, zumindest spontan, allerdings nur das aktuelle Betriebssystem High Sierra (macOS 10.13), welches laut Gerüchteküche offenbar zu eventuellen Problemen mit Programmen und Plug-ins von Drittherstellern führen kann.
Nach einer kurzen Suche fand ich diesen Link, welcher den Download und die Installation vom Betriebssystem Sierra (12.6) ermöglicht. Somit stand meinem (risikoärmeren) Update auf Logic Pro X 10.4 nichts mehr im Wege. Was gibt es über die neue Logic Version zu berichten? Was ist neu, was ist gut?

Details

Neu und nur mit OS-Update

Abgesehen von der Notwendigkeit des Updates meines Betriebssystems erfolgte die Installation ohne nennenswerte Zwischenfälle. Ältere Projekte lassen sich problemlos öffnen, sodass der Erkundung der Neuerungen nichts im Wege steht. 

Viele Änderungen

Neben zahllosen Detailverbesserungen und Bug-Fixes, die im Detail hier nachzulesen sind, finden sich im Wesentlichen die folgenden, neuen Features in der Version 10.4:

  • Smart Tempo: Automatische Tempoerkennung von Audiofiles 
  • ARA2-Kompatibilität: Nahtlose Integration des kommenden Updates von Celemony Melodyne
  • ChromaVerb: Algorithmischer Hall
  • Vintage EQ Sammlung: Vintage Graphic EQ, Vintage Console EQ, Vintage Tube EQ
  • Step FX: Multieffekt mit Fokus auf rhythmischen Modulationen
  • Phat FX: Multieffekt mit Fokus auf Sättigung und Verzerrung
  • Retro Synth: 18 neue Filtertypen
  • Alchemy: Neue Soundbibliothek mit 150 Sounds
  • Studio Strings: Streicher-Plug-in mit Artikulationssteuerung
  • Studio Horns: Bläser-Plug-in mit Artikulationssteuerung
  • Mellotron: Eigenständiges Instrumenten-Plug-
  • Drummer/Drum Kit Designer: 2 neue Styles (Besen, Roots)
  • 800 neue Apple Loops
  • Undo für Mixer und Plug-in-Aktionen
Dem Großteil der soeben genannten Neuerungen werden wir im folgenden Praxisteil dieses Testberichts Beachtung schenken. In Bezug auf die heißersehnte ARA-Kompatibilität herrscht zu diesem Zeitpunkt allerdings lediglich Vorfreude.
ARA steht für Audio Random Access und ist eine Schnittstelle zur verbesserten Integration der Korrektur- und Kreativsoftware Celemony Melodyne in DAWs. Logic ist mit der kommenden ARA2-Schnittstelle kompatibel, die sich derzeit noch in der Beta-Testphase befindet und in Kürze erwartet wird. Aus diesem Grund kann diese Neuerung wohlwollend zur Kenntnis genommen, aber noch keinem Test unterzogen werden. Mutmaßlich werden sich u.a. die folgenden Workflow-Vorteile ergeben:
  • kein Transfer von Audiomaterial notwendig
  • mit Melodyne bearbeitete Audioregions lassen sich ohne Rendering problemlos arrangieren und bearbeiten
  • Melodyne kann während des Compings auf allen Takes genutzt werden 
  • polyphones Audiomaterial folgt den Änderungen der Akkordspur
Belastbare Details des Funktionsumfangs liegen allerdings noch nicht vor. Laut Celemony kann die ARA-Integration von DAW zu DAW Unterschiede aufweisen. Wer mehr zu Melodyne und ARA (1) erfahren möchte, wird übrigens in unseren Workshops „Celemony Melodyne Essential“ und Celemony Melodyne Studio fündig. 
Zurück zu Apple Logic Pro X 10.4! Wie schlagen sich die neuen Features in der Praxis?

Praxis

Studio Strings und Studio Horns

Diese neuen Softwareinstrument-Plug-ins beinhalten erstklassige Streicher- und Bläsersounds inklusive einer umfassenden Artikulationssteuerung und realistischen Tonübergängen, wie man es bereits von Drittanbietern kennt. Im Gegensatz zu den mir bekannten Libraries geht die Artikulationssteuerung sogar noch einen Schritt weiter, indem die MIDI-Editoren eine separate Artikulation für jede einzelne Note ermöglichen, sodass beispielweise bei Akkorden jeder Ton eine eigene Spielweise triggern kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Artikulationen können per Keyswitch gesteuert werden.

Die Studio Strings beinhalten sowohl gemischte als auch die folgend genannten separaten Sections:

  • Violins 1
  • Violins 2
  • Violas
  • Cellos
  • Double Basses

Bei den Bläsern gibt es neben einigen gemischten Sections die folgenden Soloinstrumente:

  • Alto Sax 1, 2
  • Tenor Sax 1, 2
  • Baritone Sax
  • Trumpet 1, 2, 3, 4
  • Trombone 1, 2, 3
  • Bass Trombone
Die Studio Horns beinhalten erstklassige Soloinstrumente.
Die Studio Horns beinhalten erstklassige Soloinstrumente.

Hören wir doch mal rein! Die beiden folgenden Audiobeispiele der Bläser bestehen aus einer Section sowie verschiedenen Soloinstrumenten, die sich bereits ohne jegliche Artikulationswechsel sehr ausdrucksvoll spielen lassen. Am Schlagzeug ist im Übrigen einer der neuen „Besen-Drummer“ zu hören.

Audio Samples
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Studio Horns (2 of 4 Trumpets) Studio Horns (Trombone & Tenor Sax)

Im Folgenden hören wir ein kurzes Arrangement mit den Studio Strings und unterschiedlichen Artikulationen. In den Wiederholungen habe ich das neue ChromaVerb bereits ausprobiert, einmal dezent und dann in einer plakativen Einstellung.

Audio Samples
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Studio Strings (dry/wet)

Mellotron

Das Mellotron liegt nun als eigenständiges Plug-in vor, in welchem man zwei Layer stufenlos ineinander überblenden kann. Die Parametrisierung, welche in der folgenden Abbildung zu sehen ist, ermöglicht weitere Klangformungsmöglichkeiten und Lautstärken-Hüllkurven.

Insgesamt stehen zehn Samples je Layer zur Auswahl bereit.
Insgesamt stehen zehn Samples je Layer zur Auswahl bereit.

Soundmäßig klingt Logics Mellotron absolut authentisch, allerdings sind mir von Drittherstellern viele weitere Sounds der Mutter aller Sampler bekannt, über welche ich mich in einem kommenden Update freuen würde.

Audio Samples
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Mellotron auf Apple Loop

Step FX und Phat FX

Die Funktion der beiden neue Plug-ins lässt sich gut aus dem Namen ableiten. Es handelt sich um Multieffekte mit umfangreicher Parametrisierung und einem enormen Kreativpotenzial. Beiden Plug-ins gemeinsam ist die beliebige Anordnung der enthaltenen Effektbausteine, welche durch ein simples Verschieben der Reihenfolge am unteren Rand des GUI erreicht wird.

Fotostrecke: 2 Bilder Der neue Phat FX

Im folgenden Audiobeispiel ist der Einsatz des Step FX auf zwei Synthesizer-Spuren (Alchemy) zu hören. Zunächst ist das unbearbeitete Signal zu hören, gefolgt von verschiedenen Effekteinstellungen.

Audio Samples
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Step FX (dry/wet)

Der Fokus der Klangformungsmöglichkeiten des Phat FX liegt auf dem Impact, der Sättigung und Verzerrung von Spuren. Im Audiobeispiel hört man verschiedene Einstellungen auf einer Drum Loop.

Audio Samples
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Phat FX (dry/wet)

ChromaVerb

Der algorithmische Hall ist aus meiner Sicht ein weiteres Highlight dieses Updates. Allerdings war es auch schon etwas überfällig, dass Apple dem Faltungshall Space Designer ein erstzunehmendes algorithmisches Pendant zur Seite stellt, welches entsprechenden Hall Plug-ins von Drittanbietern ebenbürtig ist. Der Klang ist vielfältig, groß und absolut edel. Darüber hinaus ist das GUI übersichtlich und intuitiv sowie sehr zielgerichtet zu bedienen – ein Vorteil gegenüber manch einer Emulation, deren Parametrisierung und Bedienung einen Blick ins Manual erfordert. Besonders gut gefällt mir die Möglichkeit der Koppelung von Predelay/Decay und Metrum, was in einigen Fällen musikalisch sehr sinnvoll sein kann. Die CPU-Last des ChromaVerb entspricht in etwa den Werten meiner nativen Hall-Plug-ins RC24 und RC48 von Softube.

Übersichtliches GUI
Übersichtliches GUI

Im folgenden Audiobeispiel sind verschiedene Einstellungen auf einer kurzen Gesangsphrase zu hören.

Audio Samples
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ChromaVerb (dry/wet)

Vintage EQ Sammlung

Die drei neuen EQ-Plug-ins zollen dem Trend zur Emulation legendärer Hardwaregeräte Tribut. Auch wenn der Name aus lizenzrechtlichen Gründen die Vorbilder nicht preisgibt, so ist es doch unschwer zu erkennen, dass hier Equalizer aus dem Hause API, Neve und Pultec Pate standen. Allerdings geht die Funktionalität der neuen Logic EQs über eine starre Emulation hinaus. Auffällig ist die stufenlose Auswahl des Frequenzbereichs der Pultec- (Vintage Tube EQ) und Neve-Nachbildungen (Vintage Console EQ). Letzterer zeichnet sich zudem durch eine vergleichsweise bessere Bedienbarkeit gegenüber anderen Emulationen aus, indem er separate (statt kombinierter) Regler zur Frequenzauswahl bereitstellt.

Fotostrecke: 3 Bilder Inspired by Neve

Weiterhin lassen sich jedem EQ die Ausgangsstufe eines anderen Kollegen der Vintage EQ Sammlung sowie unterschiedliche Phasenverhalten (natural, linear) zuweisen. Einen Labor-Vergleichstest zu meinen UAD-Emulationen habe ich mir an dieser Stelle mal verkniffen, denn alle Plug-ins vermitteln mir den Charme und die Musikalität, die ich aufgrund des GUI erwarte, außerdem bietet die stufenlose Regelung der Frequenzen ganz neue Möglichkeiten. In den folgenden Audiobeispielen habe ich spontan versucht, das etwas muffige und unbearbeitete Mellotron Audiobeispiel mit dem jeweiligen Vintage EQ etwas aufzufrischen.

Audio Samples
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Mellotron Vintage Console EQ Mellotron Vintage Graphic EQ Mellotron Vintage Tube EQ

Smart Tempo

Dieses neue Feature analysiert das sowohl statische als auch dynamische Tempo eines importierten oder aufgenommenen Audiofiles und überträgt diese Informationen automatisch in den Tempotrack von Logic Pro X. Das funktioniert sogar ganz gut, wobei man allerdings keine Wunder erwarten soll, wenn flächiges Material mit einem Mangel an rhythmischen Bezugspunkten oder sehr freie/dynamische Tempi im Ausgangsmaterial vorliegen. In solchen Fällen ist eine manuelle Nachbearbeitung erforderlich. Somit ist die Smart Tempo Funktion aus meiner Sicht in erster Linie ein nützliches Tool zum Tempoabgleich bei Beat-bezogener Musik, z.B. bei der Erstellung von Remixes.

Fotostrecke: 4 Bilder Per Rechtsklick lässt sich das erkannte Tempo auf die Tempospur übertragen.

Plug-in-Pflege

Einige der bereits bestehenden Logic Plug-ins haben eine auffällige Frischzellenkur erhalten. Im Wesentlichen wurden dem Space Designer neue Kleider verpasst und dem Retro Synth hat man neue Filtertypen spendiert. Eine Vielzahl weiterer Detailverbesserungen sind in den Release Notes aufgelistet.

Fotostrecke: 2 Bilder Das neues GUI des Faltungshall-Plug-ins Space Designer

Der Synthesizer Alchemy und der Drum Kit Designer wurden mit neuen Sounds ausgestattet. Letzterer hat zwei zusätzliche und äußerst gelungene Drummer bzw. Loops mit Besen-dominierter Spielweise erhalten, die eine Lücke füllen, die ich persönlich bisher vermisst habe. Hören wir mal rein!

Audio Samples
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Drummer Pop Brush Drummer Roots Brush

Die neuen Sounds des Alchemy zielen auf cineastische, eher düstere Klangcollagen ab. Der Sound ist „groß“ und absolut druckvoll. Im folgenden Audiobeispiel hören wir eine Collage aus insgesamt fünf Instanzen des virtuellen Synthesizers ohne den Einsatz weiterer Effekte oder Plug-ins.

Audio Samples
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Alchemy New Sounds

Fazit

Das Logic Pro X Update 10.4 läuft auf meinem System (MacBook Pro, Intel Core i7, macOS 10.12.6) stabil, ohne dass ich bisher irgendwelche Bugs ausmachen konnte. Weiterhin sind die inspirierenden Neuerungen der umfassenden DAW absolut gelungen und lassen die „Notwendigkeit“ des ein oder anderen Dritthersteller-Plug-ins weiter in den Hintergrund treten. Melodyne klammern wir da mal aus und ich bin schon äußerst gespannt, wie die konkrete ARA2-Einbindung aussieht, sobald das kommende Update von Melodyne verfügbar ist. Sofern man bereits Mac User ist, kann man das Preis-Leistungs-Verhältnis von Logic Pro X inklusive aller Soundinhalte und Plug-ins als beispiellos bezeichnen. Für User, die bereits Logic nutzen, ist das Update kostenlos – vorbildlich!

PRO
  • überzeugende Studio Strings und Studio Horns
  • ARA2-Kompatibilität
  • Smart Tempo
  • fantastischer Hall (ChromaVerb)
  • endlich Undo für Mixer und Plug-in-Aktionen
  • hervorragende neue Soundinhalte und Drummer
  • neue kreative Multieffekte und EQs
CONTRA
  • Update auf macOS 10.12 (Sierra) zwingend
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FEATURES
  • DAW Software
  • Auflösung von Audiodaten bis zu 24 Bit/192 kHz
  • Dithering-Algorithmen
  • 64 Bit Summing Engine
  • Notationseditor
  • kompatibles Plug-in-Format: AU (64 Bit Audio Unit Plug-ins)
  • ARA2-kompatibel
  • 69 Effekt-Plug-ins
  • 23 Softwareinstrument-Plug-ins
  • 9 MIDI Plug-ins
  • Surround-Unterstützung bei 18 Instrumenten- und Effekt-Plug-ins
  • Surround-Formate: Quadraphonic, LCRS, 5.1. 6.1, 7.1
  • 7238 Apple Loops
  • 991 EXS24 Sampler-Instrumente
  • Bis zu 255 Audio Channel-Strips
  • Bis zu 255 Softeware-Instrument Channel-Strips
  • Bis zu 256 Busse
  • Bis zu 99 externe MIDI Spuren
  • 15 Inserts
  • 8 Sends pro Kanal
  • 32 Gruppen
  • Apple Logic Remote für iPhone und iPad
  • Import/Export: AAF, XML (Final Cut Pro X), Music XML
  • Audio Import: AIFF, WAV (BWF), CAF, SDII, Apple Lossless, MP3, AAC
  • Audioaufnahme: AIFF, WAV (BWF), CAF
  • Audio Export: AIFF, WAV (BWF), CAF, MP3, M4A (Apple Lossless, AAC)
Kompatibilität: macOS 10.12 oder neuer, 64-Bit-Prozessor
Preis
  • Update kostenlos
  • EUR 229,99 im App Store
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • überzeugende Studio Strings und Studio Horns
  • ARA2-Kompatibilität
  • Smart Tempo
  • fantastischer Hall (ChromaVerb)
  • endlich Undo für Mixer und Plug-in-Aktionen
  • hervorragende neue Soundinhalte und Drummer
  • neue kreative Multieffekte und EQs
Contra
  • Update auf macOS 10.12 (Sierra) zwingend
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