Aphex Project Channel Test

Aphex Project Channel im Test: Das Prinzip des Exciters kennt man schon seit über einem halben Jahrhundert, und es gab auch mal eine Zeit, in der Aphex Studiogeräte für diese Art der Klangbeeinflussung exklusiv zu hohen Mietpreisen anbot. Das ist allerdings längst Geschichte, und so gehört die gezielte Hochfrequenzverzerrung mittlerweile zum Standardrepertoire eines jeden Musikproduzenten, wenn er denn nicht gerade ein „Ultra“ in Sachen Klassik oder Jazz ist.

Aphex_ProjectChannel_01_Aufmacher


Exciter-Überraschungen fand man in letzter Zeit aber eher im Software-PlugIn-Bereich, wie zum Beispiel beiiZotope Ozone´s „Enhancer“ vor. Hardware-mäßig ging es hingegen in den letzten Jahren eher ruhig zu, der Aphex 204 Aural Exciter und der Behringer X3040 Sonic Exciter wären da eventuell zu nennen. Doch uns geht es heute um die eierlegende Projektstudio-Wollmilchsau „Project Channel“, den ich zuletzt auf der Musikmesse 2013 begutachten konnte.

Details

Der Aphex Project Channel ist ein Mono-Channelstrip mit Class-A Vorverstärker, einfachem Opto-Kompressor und weiteren psycho-akustischen Extras. Auf einer Höheneinheit und im klassischen, schwarzen 19-Zoll Aluminium-Gewand stemmt der Kanalzug mit seiner äußerst robust wirkenden, silberfarbenen Metall-Frontplatte gerade einmal 2,73 kg an Gewicht auf die Waage.

Das Processing erfolgt didaktisch äußerst sinnvoll von links und „rein“ zu rechts und „raus“
Das Processing erfolgt didaktisch äußerst sinnvoll von links und „rein“ zu rechts und „raus“

Rückseitig bietet der Aphex einen XLR-Mikrofoneingang und an der Vorderseite einen Instrumenteneingang an. Der Instrument-In besitzt die höchste Priorität, sprich Mics können permanent angeschlossen bleiben und werden entsprechend im Fluss unterbrochen, sobald in die Frontbuchse für D.I.-Zwecke eingesteckt wird.
Ausgangsseitig geht es für Studio- und PA-Freunde über XLR mit +4dBu raus, Instrumentalisten mit Racks auf der Bühne dürfen sich hingegen über TRS, sprich symmetrische und unsymmetrische Klinke freuen. Diese ist im Bezugspegel mit einem kleinen Schiebeschalter sogar zwischen -10dBV und +4dBu umschaltbar. Die beiden analogen Ausgänge sind dabei gleichzeitig nutzbar, aber auch der koaxiale S/PDIF ist permanent aktiv.
Richtig gelesen, es gibt hier auch noch einen eingebauten A/D-Wandler. Er arbeitet mit 44,1/48/88,2/96 kHz, nutzt zum Clocking aber nur den eigenen, internen Takt, wobei diese auf der Frontseite mit dem kleinen Taster SELECT gewählt werden kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Audio-Verbindungen befinden sich auf der Rückseite.

Doch kommen wir zu den wichtigeren Sachen, dem Vorverstärker. Dieser arbeitet im Class-A Betrieb, ist übertragerlos und entsprechend elektronisch symmetriert. Am XLR-Eingang kann er 2 kOhm und am Instrumenten-Eingang 10 MOhm Eingangsimpedanz vorweisen (High-Z). Weiterhin bietet er einen ausreichenden Gain von 20dB bis 65dB, was über das leichtgängige INPUT-Poti links eingestellt werden kann.
Selbstverständlich gibt es eine 48Volt-Phantomspannungsversorgung für Kondensator-Mikrofone, eine Pad-Schaltung – welche mit -20dB zulangt und besonders Freunde der „heißen“ Pick-Ups glücklich stimmen sollte – sowie eine Phasenumkehrfunktion und ein Trittschallfilter bzw. Low-Cut, das wiederum alles unter 70 Hz „weg-filtert“.
Die entsprechenden Druckschalter befinden sich rechts vom Gain und leuchten bei Aktivität gelb oder grün, genau wie das grün hinterleuchtete Aphex-Logo links im eingeschalteten Betriebszustand („POWER“). Nicht zu vergessen die kleine LED namens CLIP, links von INPUT, die entsprechend rot leuchtet, wenn man den Vorverstärker zu sehr übersteuert. 

Der Instrument-Eingang und die Preamp-Settings.
Der Instrument-Eingang und die Preamp-Settings.

In der Mitte befindet sich dann die puristische Kompressor-Sektion, welche dank Opto-Verfahren relativ geschmeidig and Programm-abhängig agiert. Es gibt dabei einen Ein-Schalter bzw. Bypass, und im aktiven Zustand leuchtet dieser auch grün. Mit dem RATIO-Poti wird die Intensität der Gegen-Regelung beeinflusst und kann zwischen 1,5:1 und 10:1 eingestellt werden. Die Ausgangsstufe vom OUTPUT dient dann als Make-Up, was pragmatisch gewählt ist. Ähnlich verhält es sich mit dem nicht vorhandenen Threshold, was man aber wiederum mittels INPUT-Poti simulieren kann. Und das war es.
Es ist hilfreich, die digitalen Aussteuerungselemente im Auge zu behalten, welche sich direkt neben dem Kompressor befinden und Gain-Reduction sowie Ausgangspegel mit jeweils 10 Segmenten visualisieren. Wie bereits erwähnt, wird in dieser Anzeige auch die Taktfrequenz des digitalen Ausgangs eingestellt.

Das Display und die "Aphex Seite" rechts.
Das Display und die “Aphex Seite” rechts.

Rechts befindet sich dann die „Aphex“ Seite, was soviel heißen soll wie, hier wird der Big Bottom und der Aural Exciter aktiviert sowie konfiguriert. Im Prinzip funktionieren beide Effekte gleich: Es wird eine Grenzfrequenz ausgewählt und ab dieser wird „verzerrt“, um Obertöne hinzuzufügen, was den Sound entsprechend „fetter“ oder „crisper“ macht. 
Der Big Bottom arbeitet dabei unterhalb dieser Grenzfrequenz, der Exciter entsprechend oberhalb. Selbstverständlich können beide Grenzfrequenzen unabhängig voneinander eingestellt und jeder dieser Anteile getrennt dem Original hinzugefügt werden, was dann jeweils mit AMOUNT eingestellt wird. Witzig finde ich dabei die Markierungen innerhalb der Poti-Skalen, welche einem visualisieren, dass auch hier weniger durchaus mehr sein kann, gerade beim Tracking.
And last but not least befindet sich noch ganz rechts außen der kurz angesprochene OUTPUT-Regler, welcher die letztendliche Ausgangslautstärke einstellt, welche auch im mittleren Display angezeigt wird und vor allem in Bezug zu dem A/D steht.
Soviel zur grauen Theorie der kleinen Kiste, wie sie im Detail klingt, hören wir uns im Praxisteil an!

Praxis

Eigentlich braucht man für den Aphex Project Channel kein Handbuch, denn hier erklärt sich trotz reichlich Reglern prinzipiell alles von selbst. Ich stehe auf solch ein pragmatisches und reduziertes Design der Übersichtlichkeit. Alle Potis sind angenehm griffig, groß, sitzen mittig und drehen sauber. Die Taster sind auch alle schön groß und sitzen etwas unterhalb der Mitte, wodurch man die Hand gut mit einem anderen Finger abstützen kann. 
Wenn man sich allerdings eher weniger mit solchen Gerätschaften beschäftigt, dann hilft einem das gedruckt vorliegende Manual aber nur bei ausreichenden Englisch-Kenntnissen weiter. Es ist dennoch sehr nett aufgemacht, kurz und kompakt geschrieben, und vor allem kommt es auf seinen gerade mal 10 Seiten auf den Punkt, ohne einen mit unnötigen Gefahrenhinweisen oder langweiligen Reinigungstipps zu nerven.
Genug der Randinformationen, lasst uns endlich hören! Den Namen der Audiobeispiele könnt ihr dabei eigentlich alles Wesentliche entnehmen. Natürlich kam der eingebaute Wandler zum Einsatz, sprich es ging per SPDIF aus dem Aphex raus, dann in einen Impedanzwandler und anschließend in mein RME UFX.

Audio Samples
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Shaker mit Brauner VM1 – Mic Preamp ohne Effekte Akustik Gitarre mit Brauner VM1 – Mic Preamp ohne Effekte Akustik Gitarre mit Brauner VM1 – Mic Preamp mit Low-Cut DI E-Gitarre – Preamp ohne Effekte DI Bass – Preamp ohne Effekte DI Bass – Preamp mit Compressor Ratio 4:1 und max. 6dB GR DI Bass – Preamp mit 65 Hz Big Bottom DI Bass – Preamp mit 65 Hz Big Bottom und 750 Hz Exciter DI Bass – Preamp mit 65 Hz Big Bottom und 2,5 kHz Exciter Vocals – ohne Exciter Vocals – mit viel Exciter

Das klingt doch alles äußerst nett! Färbung darf man bei dem neutralen Class A Verstärker nicht erwarten, aber das war auch nicht im Sinne des Erfinders. Der Aphex Preamp ist somit flexibel einsetzbar und grundsätzlich für jedes Signal zu haben. Die prinzipbedingte Trägheit der Opto-Kopplung (Leuchtdiode>Fotodiode) des Compresors garantiert bei Bedarf ein unaufgeregte und musikalische Kompression, die sich durch Programm-abhängigen Attack- und Release-Zeiten auszeichnet. Bei dem hohen Dynamikumfang heutiger Aufnahmesysteme würde ich beim Tracking dennoch auf Kompression verzichten und mir alle Optionen bis zum Schluss offen halten. Live ist diese Funktion natürlich ohne Frage Gold wert.
Auch bei dem Hinzufügen von Exciter-Effekten sollte man behutsam vorgehen, hier ist definitiv weniger mehr, gerade weil man sich sehr schnell an diesen Effekt gewöhnt, siehe das etwas drastischere Vocal-File. Vor allen Recording-Anfänger, die beim Tracking noch nicht wissen, wie das Signal Mix-ideal zu klingen hat, neigen deshalb zu schwerlich umkehrbaren Übertreibungen. Sollte man im Besitz einer vernünftigen Monitoring-Situation sein, dürfte das allerdings kein Problem sein, und selbst im hektischen Tracking-Prozess mit allen Effekten findet man sicher und schnell passende Settings.
Etwas schade finde ich es allerdings dennoch, dass es hier keinen Direct-Out oder aber +4dBu Line-In gibt, um etwa einen externen Wandler zwischenschalten zu können bzw. um Preamp/Kompressor und Exciter-Effekte getrennt oder in Teilprozessen nutzen zu können.
Der eingebaute Wandler löst hingegen überraschend ausgewogen, detailliert und fein auf. Vorausgesetzt man hat „Sync”, denn ein externer Word-Clock-Eingang findet sich hier leider nicht… Zum Vergleich gibt es hier deshalb noch ein paar Audiobeispiele des eingebauten Wandlers (SPDIF) und des Budget-Interfaces M-Audio M-Track Plus (Line-In), wobei der Aphex eindeutig sauberer zeichnet. Im Bassbereich “mumpf” es folglich weniger und auch die Höhen der Vocal-Files sind entsprechend detaillierter.

Audio Samples
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Bass – Line In M-Track Plus Bass – SPDIF APHEX Vox – Line In M-Track Plus Vox – SPDIF APHEX

Weiterhin frage ich mich, ob das Gerät eher für das Live/PA- oder Studio-Klientel konzipiert wurde. Sicherlich macht das Gerät in beiden Fällen eine äußerst günstige Figur, die Extras, wie ich sie oben beschrieben habe, hätte man dann aber eher gebrauchen können, als den, sagen wir mal suboptimalen S/PDIF ohne externe Clock-Optionen. Dennoch erhält man hier einen äußerst flexiblen Kanalzug, der meiner Einschätzung nach besonders bei der Produktion durchsetzungsfähiger und präsenter Vocal/Mikrofonaufnahmen überzeugen kann, sowie als tolle D.I.-Box mit „fetten Big Bottom und crispen Exciter Effekten“ für Bassisten punkten kann. Bei Gitarrenaufnahmen würde ich hingegen keine Exciter-Effekte benutzen.

Fazit

Der Aphex Project Channel enthält in der Tat alles, was ein einkanaliges Project-Studio so benötigt: Angefangen bei einem vernünftigen, sauberen und neutralen Vorverstärker für Mikrofone und Instrumenten/DI-Signale, hin zu einem einfachen und unkompliziert zu bedienenden, musikalischen Opto-Kompressor, welcher Einzelsignale vor der Wandlung hervorragend vorbereitet. Darüber hinaus sollte man die Möglichkeiten, diese Signale mit den von subtil bis hin zu drastisch wirkenden Excitern zu veredeln, nicht unterschätzen, um Einzelsignalen ohne weiter Umschweife eine vernünftige Durchsetzungsfähigkeit verpassen zu können, welche keinesfalls unnatürlich klingt. Dass dies vor allem aufgrund der schnellen Bedienbarkeit auch Tugenden sind, die ein Gerät für den Live- oder PA-Betrieb prädestinieren, sollte vor allem Bassisten einleuchten.

PRO:
  • Transparenter Preamp
  • Unkompliziertes Gesamt-Bedienkonzept
  • Einfacher, musikalischer und pragmatischer Kompressor
  • Wirkungsvoller, „fetter“ oder subtiler Bass Enhancer „Big Bottom“
  • Durchsetzungsfähigkeit oder subtiler Sparkle dank „Aphex Exciter“
CONTRA:
  • kein Direct-Out/Line-In
Aphex_ProjectChannel_01_Aufmacher
FEATURES:
  • Class A Preamp
  • optischer Kompressor
  • Aural Exciter und Big Bottom – Schaltung
  • XLR in/out
  • Klinke Out +4 dBu und -10 dBV
  • Sampleraten 44.1 kHz 48 kHz, 88.2 kHz und 96 kHz
  • 24-Bit
  • S/PDIF Out
  • 19″ / 1 HE
  • 2,73 kg
PREIS:
  • EUR 593,81 (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Transparenter Preamp
  • Unkompliziertes Gesamt-Bedienkonzept
  • Einfacher, musikalischer und pragmatischer Kompressor
  • Wirkungsvoller, „fetter“ oder subtiler Bass Enhancer „Big Bottom“
  • Durchsetzungsfähigkeit oder subtiler Sparkle dank „Aphex Exciter“
Contra
  • kein Direct-Out/Line-In
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