Anzeige

AMT SS-11 Test

Bisher gehörte Russland nicht gerade zu den Riesen auf dem Effektpedalmarkt, und Sibirien war in dieser Hinsicht ohnehin ein weißer Fleck auf der Landkarte. Im Moment allerdings ändert sich das Bild, denn mit AMT geht ein Hersteller ins Rennen, der auf jeden Fall einen Platz bei der Kür zum Newcomer des Jahres sicher hat. Einige Pedale aus seinem Angebot haben ihren bonedo-Test bereits hinter sich und durchweg alle gehörten zu den positiven Überraschungen in diesem Sektor.

AMT_SS11_008FIN Bild


Ein weiterer Preamp für Gitarre im Pedalformat ist der SS-11, der mit zwei Röhren und drei Kanälen recht eindrucksvoll daherkommt. Vielleicht kann er die noch junge, aber durchaus positive Reihe an Testergebnissen weiter ausbauen.

DETAILS

Der erste Eindruck ist absolut positiv. Das Teil ist äußerst stabil gebaut, wiegt runde 800 Gramm und sein Gehäuse besteht vollständig aus Metall. Es ist schlicht schwarz lackiert, sodass sich die weiße Beschriftung sehr gut ablesen lässt. Alle Potis wirken hochwertig, beim Drehen stellt sich das (bei mir so) beliebte Löffel-im-Honig-Gefühl ein. Die Kappen sind gummiert, was für einen guten Grip sorgt, und der ist auch nötig, denn die vielen Regler stehen recht dicht beieinander. Eine weiße senkrechte Zeigermarkierung bei jedem Poti zeigt die aktuelle Position an.
Die zwei stabilen Fußschalter arbeiten mit angenehm spürbarem Einrasten, der linke wählt zwischen Clean und Drive, der rechte zwischen Crunch und Lead.Zwischen Potis und Schaltabteilung schützt ein Metallbügel vor versehentlichen Fehltritten. Gut mitgedacht!

AMT_SS11_049FIN Bild

Hier ein kleiner Überblick über die zahlreichen Potis:Der Clean-Kanal besitzt eine eigene Klangregelung, die standardmäßig aus Low, Mid und High besteht, und natürlich fehlen auch Level- und Gain Regler nicht. Crunch und Lead teilen sich eine Klangregelung, verfügen aber über unabhängige Level- und Gain-Potis. Damit der Sound für die beiden Zerrkanäle trotzdem noch etwas verändert werden kann, befinden sich zwei kleine Kippschalter mit der Aufschrift T.Shift On/Off auf der Oberseite. Dieser Toneshift hebt Mitten und Höhen an.
Im Inneren des SS-11 glühen zwei 12AX7 (ECC83) Röhren, die durch die Luftschlitze in der Abdeckung aus gebürstetem Metall gut zu sehen sind. Diese ist für einen schnellen Röhrenwechsel mit vier Schrauben befestigt. Den kann man daher leicht selbst vornehmen, aber natürlich sollte man die beiden Glaskolben vorher erst abkühlen lassen, denn sie können sehr, sehr heiß werden.

Ein Blick auf die rechte Seite zeigt eine Eingangs- und eine Send-Buchse. Richtig, das SS-11 besitzt einen seriellen Effektweg. Die linke Seite offenbart dann, wie erwartet, die passende Return-Buchse und den Output. Hier lässt sich auswählen, ob der Preamp mit dem Return des eigenen Topteils oder Combos, also direkt in die Endstufe, oder aber mit einem Mischpult o.ä. verbunden werden soll. Es ist leider nicht beides gleichzeitig möglich, da der Ausgang zum Mischer frequenzkorrigiert ist und ein Kippschalter den jeweiligen Modus bestimmt. Schade eigentlich, denn das wäre im Live-Betrieb eine echte Erleichterung, da man sich dann das Mikro vor der Box sparen könnte. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Mix-Sound auch gut klingt. Aber dazu später mehr.
Das mitgelieferte 12 Volt Netzteil wird an der Vorderseite eingestöpselt. Fehlt nur noch der Blick auf die Unterseite. Auch hier finden sich Lüftungsschlitze zur Wärmeabfuhr. Den nötigen Abstand zum Boden garantieren vier rutschfeste Gummifüße.
Wie schon erwähnt, ist die Verarbeitung sehr gut und wertig. Die verbauten Teile machen einen professionellen Eindruck und man hat das Gefühl, das sich die Entwickler sehr viele Gedanken über das Design gemacht haben. Die Bedienung ist intuitiv und trotz der zahlreichen Einstellmöglichkeiten leicht verständlich. Zwar ist die beigefügte Anleitung nicht viel mehr als ein Merkblatt, aber das tut in diesem Falle der Bedienbarkeit und dem Verständnis keinen Abbruch.

Anzeige

PRAXIS

Ich schalte in den Amp-Mode und nutze die Return-Buchse meines TSL 100 Marshalls. Der wiederum schickt das Signal in eine Marshall 2×12 Box, die ganz klassisch mit einem SM57 abgenommen wird. Um möglichst wenig zu „färben“, kommt zusätzlich ein Avalon M5 Mikrofon-Vorverstärker zum Einsatz.

Audio Samples
0:00
Clean, Strum

Mit dem Hals-PU bekomme ich einen soliden Cleansound, der natürlich je nach Endstufe und Box etwas unterschiedlich ausfallen wird. Aber in unserem Fall zeigt sich das Klangbild ausgewogen und der SS-11 selbst geht sehr direkt zur Sache.
In den nächsten Beispielen habe ich eine Funk-Linie gespielt und zunächst den Toneswitch deaktiviert, im zweiten Soundfile ist er mit von der Partie.

Audio Samples
0:00
Clean ohne Switch Clean mit Switch

Oha, der Schalter verbiegt aber ordentlich! Der Sound wird glasiger, fast schon grell, was manchmal durchaus gern genommen wird.
Jetzt geht’s in den Crunch-Kanal, und zwar ohne jegliche Nebengeräusche oder Knacken – sehr gut! Auch hier zuerst ohne Toneswitch, dann mit. Der Gainregler befindet sich bei ca.1/4 Regelweg.

Audio Samples
0:00
Crunch, Humbucker 1/4 Gain ohne Switch Crunch, Humbucker 1/4 Gain mit Switch

Auch der Humbucker wird direkt und mit einer soliden Ansprache in die Endstufe gepumpt. Der Toneswitch erweist sich dabei als nützliches Helferlein, da er den Sound etwas ausdünnt und die oberen Mitten betont. So rückt die Gitarre ein ganzes Stück weiter nach vorne und die Anschläge wirken nuancierter, obwohl ich die Linie mit den Fingern spiele.
Nun etwas mehr Gain, Poti also genau in die Mitte und mit Plektrum gespielt.

Audio Samples
0:00
Crunch, Humbucker 1/2 Gain ohne Switch Crunch, Humbucker 1/2 Gain mit Switch

Wirkt der Sound ohne den Toneswitch etwas behäbig, wird er mit seiner Hilfe tatsächlich leichtfüßiger und federt regelrecht beim Anschlag.
Natürlich warten wir gespannt auf die echte Reifeprüfung, deshalb ist jetzt auch Schluss mit lustig und es heißt Mitten raus, Bässe und Höhen rein, Gain auf Vollgas und los!

Audio Samples
0:00
Metal Gain ohne Switch Metal Gain ohne Switch

Auch hier gilt das zuvor Beschriebene: Der Toneswitch macht absolut Sinn und “entbasst“ den Sound auf eine nützliche Weise. Trotz alledem würde ich den Zerrer nicht unbedingt für diesen Einsatz verwenden, seine Stärken liegen klar in rockigen Gefilden.
Weiter geht es mit dem Lead-Kanal.

Audio Samples
0:00
Lead, 1/4 Gain ohne Switch Lead, 1/4 Gain mit Switch

Den Gainregler habe ich wieder in die 9-Uhr-Position gebracht und den Hals-Singlecoil aktiviert.
Deutlich ist zu hören, was der Toneswitch mit dem Sound macht. Natürlich ist es Geschmackssache, aber im Bandkontext wird sich höchstwahrscheinlich das zweite Beispiel besser durchsetzen.
Abschließend wird der Gainregler in die 15-Uhr-Position gedreht und eine Achtelfigur gespielt.

Audio Samples
0:00
Lead, 3/4 Gain ohne Switch Lead, 3/4 Gain mit Switch

Crunch- und Lead-Kanal sind in ihrem Gaingehalt recht ähnlich, lediglich der Lead-Kanal besitzt mehr Mittenanteile. Wird der Toneswitch umgelegt, ändern sich die Mitten auch hier und verjüngen den Sound gehörig.
Gespannt sind wir auf den frequenzkorrigierten Ausgang, der sein Signal über eine Avalon U5 DI-Box schicken darf. Von dort geht es dann direkt in den Wandler.
Hoppla, da brummt es aber gehörig! Trotz Umstellen des Ground-Lift-Schalters an der DI-Box ist leider nichts zu ändern. Das geht natürlich nicht und geht leider als fetter Minuspunkt in die Wertung ein.

Audio Samples
0:00
Mix, Clean ohne Switch Mix, Clean mit Switch

Auch hier ist der Cleansound solide, für meinen Geschmack aber etwas zu harsch. Mit aktiviertem Toneswitch läuft er dann leider etwas aus dem Ruder. Ich habe natürlich wie immer die Klangregelung in der Mittelposition.
Und wie sieht es im Crunch Channel aus?

Audio Samples
0:00
Crunch 1/4 ohne Switch Crunch 1/4 mit Switch

Nun ja, das ist leider gar nicht mein Fall. Der Sound ist zu schrebbelig und auch der Bassbereich ist nicht mein Ding. Sucht man jedoch Garbage-mäßige Industrial-Gitarren, ist man hier definitiv an der richtigen Adresse. Hat auch was. Aber mit realistischem Ampsound hat das nicht viel gemeinsam.

Anzeige

FAZIT

Der SS-11 der Firma AMT besticht durch ein in sich rundes Konzept, sehr guter Fertigung und gutem Sound, zumindest in Verbindung mit einem Verstärker. Direkt in den Mischer hat mich das Resultat leider nicht überzeugt. Die Bedienung ist intuitiv und man kommt schnell zum gewünschten Resultat. Für alle, die aus ihrem Ein- einen Dreikanaler machen wollen, sehr zu empfehlen. Der Preis ist leider wegen des nicht überzeugenden Mix-Ausgangs meiner Meinung nach zu hoch. Leider ist es nicht möglich, beide Ausgänge, also Mix und Amp, gleichzeitig zu nutzen. Dazu kommt, dass der Mix-Betrieb ein unüberhörbares Brummen erzeugt. Daher “nur“ 4 Punkte.

AMT_SS11_043FIN-1014775 Bild
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: AMT
  • Herstellungsort: Omsk, Sibirien, Russland
  • Beschreibung: Gitarren Preamp
  • Material: Metall
  • Größe: 119 x 57 x 103mm
  • Gewicht: 0,8 kg
  • Kanäle: 3
  • Netzteil: DC 12V inklusive
  • Preis: € 298,- (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Konzept
  • Sound
  • Bedienung
  • Verarbeitung
  • Details (Metallbügel, gummierte Potis)
Contra
  • Amp und Mix Ausgang nicht gleichzeitig möglich
  • Brummen im Mix Betrieb
Artikelbild
AMT SS-11 Test
Für 299,00€ bei
Hot or Not
?
AMT_SS11_008FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Subtle Compressor Tones with the Wampler Mini Ego 76 Compressor!
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?