Anzeige

Allen & Heath ICE-16 Test

Der Allen & Heath ICE-16 ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass es nicht immer bahnbrechende Erfindungen sein müssen, die viel Aufmerksamkeit bekommen. Eine Hardware, die es ermöglicht, analoge Signale zu wandeln und auf einen Datenspeicher aufzunehmen, ist nun wirklich weder neu noch besonders. Der Funktionsumfang ist mit dem vorangegangenen Satz zwar schon fast erschöpfend erklärt, doch haben wir von bonedo es uns nicht nehmen lassen, einen der ersten greifbaren 19″-HD-Recorder in die Redaktion kommen zu lassen und einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.

Allen_and_Heath_ICE-162014-1010032 Bild


Schon der flüchtige Blick auf das Gerät zeigt: Auf einer Höheneinheit liefert der Allen & Heath Eingänge für Line-Level-Signale, sodass das Einsatzfeld aufgrund des Fehlens (teurer) Mikrofonvorverstärker recht deutlich wird: Zum Mitschneiden von Audiosignalen in einer Livesituation per Direct-Outs aus dem FOH-Pult oder als Backup-System im Recording-Studio. Auch der mobile Recording-Einsatz kommt durchaus in Frage, will man beispielsweise keinen Rechner mit eventuell lautem Lüfter, großem Platzbedarf, umständlicher und langwieriger Bedienung und tendenziell hoher Absturzgefahr mitschleppen.

Details

Ein großer Teil des Platzes auf der Frontplatte wird für die zweiteiligen Meter der 16 Eingänge und je einen Button pro Input verwendet, der das Signal zur Kontrolle auf den (Mono-)Kopfhörerbus routet. Die Buchsen und das Level-Poti sind ganz rechts beheimatet. Mittig wohnt eine USB-A-Buchse, die eine Festplatte oder einen Stick aufnehmen kann, auf welche dann die Wave-Files (nur .wav, kein .mp3 oder ähnliche) mit bis zu 96 kHz und 24 Bit aufgezeichnet werden können. Allerdings kann der ICE-16 auch als Firewire/USB2-Audio-Interface verwendet werden. Die Input-Buchsen (symmetrisch, kein Gain) sind rückseitig, FW kann bei Bedarf auch dem Daisy-Chaining mehrerer Einheiten dienen – vielleicht möchte man ja mehr als 16 Spuren zur Verfügung haben. Die Verknüpfung über die 9pin-Sync-Buchsen wird allerdings erst in Kürze mit einem Firmware-Update möglich sein, die entsprechenden Stellen im Manual sind momentan noch geweißt.

Fotostrecke: 6 Bilder Monitoring und Metering am A&H ICE-16

Ausgangsseitig hat der ICE eine Überraschung parat: Alle Outs sind als Cinch (!) ausgeführt. Somit wird wohl deutlich, dass bei Allen & Heath nicht damit gerechnet wird, dass diese Outs häufig und professionell genutzt werden. Eine seitens A&H empfohlene Anwendung ist der “virtual Soundcheck”, bei welchem im Livebetrieb mit den mit unsymmetrischen -10dBV-Outputs des ICE-16 eine auf der Bühne stehende Band simuliert werden soll, für die FOH und Monitoring dann eingerichtet werden können. So ganz überzeugt hat mich dieses Szenario allerdings noch nicht so richtig, muss ich gestehen…  Insgesamt ist die Connectivity sehr dünn, vor allem, wenn man auf die Idee kommen sollte, die gleichen Maßstäbe wie bei Audio-Interfaces anzulegen: Digitale Ein- und Ausgänge gibt es ebenso wenig wie eine etwas umfangreichere Monitoring-Architektur. MIDI wäre hilfreich gewesen, um etwa ein paar Recording- und Play-Funktionen per Digitalpult-Softkeys steuern zu können. Wie man auf den Fotos unweigerlich erkennt, ist der Recorder mit Bedienelementen nicht gerade üppig ausgestattet.

Anzeige

Praxis

“Weniger ist mehr” stimmt eben nicht immer!

“Duuu, Mischer!? Du hast da doch ein Gerät, mit dem du unsere Signale beim Gig aufzeichnen kannst. Wir haben so einen USB-Stick mit.” So oder ähnlich könnte eine Unterhaltung zwischen Livemischer und eines Vertreters der Band lauten. Allerdings können aus dieser zunächst schön klingenden Option durchaus Probleme erwachsen: Nicht jeder Stick ist schnell genug für eine Aufzeichnung, gerne mangelt es auch an Platz darauf. Zwar wird vorher in einem Testdurchlauf die Schreibgeschwindigkeit des Mediums überprüft und bei geringerer Durchsatzgeschwindigkeit die Quantisierung von 24 auf 16 Bit heruntergesetzt, doch wer glaubt, mit weiteren Einstellungen auch einem langsameren Medium oder wenig verfügbarem Speicherplatz beikommen zu können, der täuscht sich: Ein Umschalten der Samplerate bewirkt nur, dass sich die Spurenzahl ändert. Im 96- (und natürlich 88,2-)kHz-Modus können nur acht Spuren aufgezeichnet werden, bei normalen Samplerates sind es immer genau sechzehn. Richtig gelesen: Einzelne Inputs lassen sich nicht aktivieren oder deaktivieren! Will man also nur die sechs Signale des kleinen Kneipengigs aufnehmen oder – vielleicht in Ermangelung einer ausreichenden Anzahl von Ausgängen am Pult oder sogar nur geeigneter Kabel – nur den Stereoausgang abgreifen, müssen trotzdem alle Spuren aufgenommen werden. Dass es sinnvoll ist, 14 ungenutzte Inputs mit auf USB-Stick oder HD aufzunehmen, mit 16 statt 24 Bit arbeiten zu müssen, eventuell nicht ausreichend Platz auf dem Datenträger zu haben (sodass von den 14 Songs nur drei aufgenommen werden) und dass das Kopieren eines Mediums am Rechner dadurch eventuell länger dauert als die Umbaupause auf der Bühne, das muss mir jemand von Allen & Heath mal bei einer Tasse Kaffee erklären. Ich bin ganz Ohr.

Zu asketisch

Ausgangsseitig gilt das ebenfalls. Viele Musiker wollen auf der Bühne Systeme einsetzen, deren Wegezahl jenseits des Stereo-Standards liegt, also beispielsweise Loop L, Loop R, Mono-Samples, Clicktrack. Trotzdem werden 16 Files gestreamt.

Ein neues Device wird vom ICE-16 erst einmal auf Geschwindigkeit geprüft.
Ein neues Device wird vom ICE-16 erst einmal auf Geschwindigkeit geprüft.

Shortcut-Lotto

Dass es keinen separaten Stop-Button gibt, sondern sich diese rudimentäre Funktion ihre Hardware mit Play teilen muss, ist zu verschmerzen. Auch gegen Doppelbelegungen ist nichts einzuwenden, denn eine One-Knob-Per-Function-Philosophie hat bekanntlich auch Nachteile. Bei wechselnden Bedienern – wie es im Livebetrieb häufig vorkommt – ist es aber notwendig, die wesentlichen Einstellungen ohne Kenntnisse eines spezifischen Geräts und ohne Manual vornehmen zu können. Das gilt erst recht bei einem konzeptionell so simplen Gerät wie dem Multitrackrecorder von Allen & Heath. Wenn Einstellungen wie jene für Bit-/Samplerate und die Formatierung von Speichermedien nur durch Press&Hold von teilweise mehreren Buttons gleichzeitig realisieren lassen, dann wäre auch das noch akzeptabel – wenn es denn auf der Frontplatte dokumentiert wäre. Einige meiner USB-Medien beispielsweise sind im Test dann meist mit höherer Bandbreite ansprechbar gewesen (oder waren überhaupt erst vom ICE-16 zugelassen worden), wenn sie durch das Aufnahmegerät selbst formatiert wurden. Und wie formatiert man? Ich weiß es (mittlerweile): Del und Rec für eine Sekunde gedrückt halten und mit Play/Stop konfirmieren. Wer da ohne Handbuch von alleine drauf kommt, ist ein Held.

Geschwindigkeit vor allem vom Datenträger abhängig

Mir ist der Allen & Heath ICE-16 in vielerlei Hinsicht also weitaus zu rudimentär, das wird wohl deutlich. Doch gibt es auch positive Aspekte? Natürlich: Die Bedienung geht schnell vonstatten, hat man sich einmal mit dem Konzept vertraut gemacht. Wie schon im Preview zu diesem Gerät angemerkt, muss das im tumultigen Live-Betrieb auch so sein, denn sonst wird man bei Zeitdruck eher auf die Aufnahme verzichten denn auf Sorgfalt bei der Hauptaufgabe, dem Mischen. Dass das Metering aus nur zwei Werten pro Spur besteht, wird durch das einfache, schaltbare Monitoring wieder wettgemacht. Hören ist schließlich besser als Messen.

Der Allen & Heath als Audio-Interface

Ebenfalls vorbildlich verläuft der Hookup am Mac, wenngleich sich danach Vergleiche des A&H-Recorders mit den ausstattungsseitig klar im Vorteil liegenden Audio-Interfaces des Marktes quasi aufdrängen. Zu mehr als einem Recording-Backup reicht die Ausstattung des ICE-16 nicht, doch selbst für hochwertige, simple Mitschnitte wird man bei Bedarf digital auf das Medium wollen – Digitaleingänge, möglichst noch mehrkanalig, gibt es jedoch nicht. Klanglich kann man über den Neunzehnzöller nicht schimpfen, die Multiplex-Wandler verrichten unaufgeregt ihren Dienst und erinnern qualitativ an die, “normaler” Audio-Interfaces. Mein MotU 896mkIII lag eine eigentlich kaum wahrnehmbare Qualitätsstufe darüber, der Lavry AD-11 erwartungsgemäß eine weitere – hier wurden die Höhen deutlich besser aufgelöst, das Signal war etwas knackiger und konkreter. Rauschen und Klirr sind sehr gering, allerdings sollte man das natürlich Level-to-tape regeln können – und das dann auch tun!

Audio Samples
0:00
Allen & Heath ICE-16 MotU 896mkIII Lavry AD-11

Sind 1000 Euro viel oder wenig?

Das Preis/Leistungsverhältnis erscheint auf den ersten Blick ordentlich. Die Geräteklasse des ICE-16 ist zudem generell schwach bis gar nicht besetzt. Kann man eine im stressigen Livebetrieb deutlich komplexer zu bedienende Lösung akzeptieren, sollte man jedoch ein paar Alternativen überdenken. Für den doppelten Preis des Allen & Heath kann man sich zum Beispiel mit dem sehr umfangreich ausgestatteten und notorisch sicheren und gutklingenden RME Fireface UFXauseinandersetzen. Wer es zudem bewerkstelligen will, für Live-/Proberaum- und Studioarbeit ständig ein Gerät neu zu verkabeln, der hätte damit nämlich die eierlegende Wollmilchsau.

Anzeige

Fazit

Wenn Bahnchef Grube eine neue ICE-Generation mit dermaßen wenigen Features vorstellen würde, dann müssten als Rechtfertigung die Ticketpreise schon verdammt gering sein. Beim Allen & Heath ICE-16 ist es ähnlich, denn dieser lässt einige Ausstattungsmerkmale schmerzlich vermissen, doch kostet der Recorder nun auch wirklich nicht die Welt. (Dass man keine aufzunehmende Spurenzahl wählen kann, ist vergleichbar mit einem Hochgeschwindigkeitszug, der genau alle 100 Kilometer einen Halt macht – unabhängig davon, wo das gerade ist.) Ist das Anwendungsfeld des Allen & Heath klar und passt das Gerätekonzept in das Anforderungsprofil, erhält man ein zuverlässiges und in der Bedienung leicht zu erlernendes Werkzeug. Aus diesen Gründen sehe ich den A&H ICE-16 am ehesten in Festinstallationen in kleinen Clubs, Jugendzentren, Musikschulen und als MTK-Zuspieler beispielsweise im Bereich Audio-Education.

Pro
  • Standardfunktionen einfach zu bedienen
  • sehr betriebssicher
Contra
  • zeichnet bei 88,2 / 96 kHz nur acht Spuren auf
  • kein Record Ready: zeichnet bei 44,1 / 48 kHz immer 16 Spuren auf
  • kleines Display
  • zu wenig Bedienelemente
Allen_and_Heath_ICE-162014-1010053 Bild
Technische Spezifikationen
  • 16 Eingänge TRS
  • 16 Ausgänge Cinch
  • regelbarer Kopfhörerausgang TRS und Miniklinke, mono
  • USB-Recorder
  • Metering: Signal und Clip pro Track (-42 und -6 dBFS)
  • Wortbreiten Wandler: 24 Bit, bei nicht ausreichender Bandbreite Truncation auf 16 Bit
  • Samplerates: 44,1, 48, 88,2 und 96 kHz
  • Audio-Interface-Funktion über USB 2.0 und FireWire 400 (CoreAudio, ASIO, WDM, 32 und 64 Bit)
  • zukünftig Synchronisation mehrerer ICE-16 über 9pin-I/O
  • maximale Filegröße: 4 GB
  • maximale Größe eines USB-Mediums: 8 TB
  • 19″/1HE
  • Preis: € 1069,81 (UVP)
Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Standardfunktionen einfach zu bedienen
  • sehr betriebssicher
Contra
  • zeichnet bei 88,2 / 96 kHz nur acht Spuren auf
  • kein Record Ready: zeichnet bei 44,1 / 48 kHz immer 16 Spuren auf
  • kleines Display
  • zu wenig Bedienelemente
Artikelbild
Allen & Heath ICE-16 Test
Für 815,00€ bei
Hot or Not
?
Allen_and_Heath_ICE-16-14 Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • The Ultimate Guide to Record Professional Audio at Home in 15 Minutes!
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!