Aston Element Test

Aston Element ist ein neues Mikrofon des britischen Unternehmens. Wer in den letzten Jahren beobachtet hat, womit sich Aston sein Portfolio aufgebaut hat, der ahnt schon, dass auch das Element nicht einfach ein Produkt sein wird, das sich brav in die Masse anderer auf dem Markt erhältlicher Mikros einreiht.

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Ein Aston-Mikrofon beschritt neue Pfade, indem es eine Tauchspulenkapsel mit einer ausgeklügelten Elektronik kombinierte, wieder ein anderes wurde mit einem Laser ausgestattet. Anstatt nun ein Mikrofon zu bauen, mit dem man aus Meerwasser Trinkwasser herstellen kann, das für den Käufer selbständig Steuererklärungen erstellt oder das zumindest eine Vocal-Pitch-Correction integriert hat, kommt das Aston Element mit anderen Vorzügen und Eigenheiten. Obwohl: Das mit dem Vocal-Pitch-Correction ist ja vielleicht eine Idee für die Zukunft.

Details

Große Tauchspulenkapsel

Anders als das Aston Origin, einem für seine Leistung bereits sehr günstigen Großmembran-Kondensatormikrofon, setzt das Element auf die preiswertere, robustere, aber im Vergleich zur Bändchen- und Kondensator- prinzipiell etwas trägere Tauchspulentechnik. Allerdings ist nicht einfach eine banale Standardkapsel verbaut. Ganz im Gegenteil hat Aston Microphones nach eigenen Angaben aufwändig geforscht und entwickelt. Eineinhalb Zoll misst die Membran mit der aufgeklebten Schwingspule, ist also nicht nur groß, sondern schlichtweg sehr groß. Zudem ist sie das, was im Lautsprecherbau „Long Travel“ genannt wird, kann also stark ausgelenkt werden. Eine sehr dünne Membran, ein leistungsstarker Topfmagnet und die phantomgespeiste Class-A-Verstärkung, die im Mikrofonbody stattfindet, lassen die Unterschiede zu anderen Wandlertypen zusammenschrumpfen. So ist das Aston Element nach A-gefilterter Messung mit unter 4 dB Rauschen im Datenblatt ausgewiesen, der numerische Frequenzgang mit den allgegenwärtigen 20 Hz – 20 kHz.

Nein, den Elektrorasierer-Witz mache ich hier nicht.
Nein, den Elektrorasierer-Witz mache ich hier nicht.

Diffusor als Designelement

Ein Blick in den gemittelten und offenbar geglätteten grafischen Pegelfrequenzgang zeigt, dass im Bass dort schon ein Abfall im zweistelligen Dezibel-Bereich stattfindet. Allerdings werden solche Messungen üblicherweise mit einem Meter Abstand zu Schallquelle durchgeführt. Bei näherer Mikrofonierung werden richtende Empfänger wie die hier verwendete Nierenform bekanntlich bassstärker. Die 20 kHz werden ohne signifikanten Abfall durchlaufen, um die 3 kHz gibt es einen leichten, weichen Einbruch. Dass für das Tuning der Höhen vor der Membran akustische Elemente angebracht werden, ist nicht unüblich. Der große Diffusor aus Metall ist beim Aston Element zeitgleich ein gestaltendes Designelement des im zweiteiligen Plastikgehäuse gewandeten Mikrofons.

Aston Element Bundle

12 mV/Pa gibt das Aston Element im passiven Modus aus, der Pegel, ab dem das Nutzsignal 0,5% Verzerrungen (und Rauschen) beinhaltet, ist, ist bei 132 dB SPL erreicht. Unter diesem Umstand wäre ein Pad vielleicht keine verkehrte Idee gewesen, hätte aber das Konzept konterkariert, aus klanglichen wie ökonomischen Gründen den Signalpfad möglichst simpel aufzubauen. Bei Blechbläsern und sehr lauten Schlaginstrumenten muss man im Nahbereich also das Signal auf überbordende Verzerrungsprodukte hin kontrollieren – wird aber im Zweifel aufgrund des Nichtvorhandenseins einer Hochpassfilterung vielleicht auch dort lieber ein Stückchen entfernter mikrofonieren wollen. Und die Tatsache, dass das Aston Element als Aston Element Bundle mitsamt Spinne und magnetisch fixierbarem Poppschutz verkauft wird, ist ein Hinweis auf das angedachten Hauptanwendungsgebiet: Sprache und Gesang.

Fotostrecke: 2 Bilder Metall-Poppschutz mit Magnetfixierung

Interessenten haben den Sound bestimmt

Aston haben nicht einfach am Schreibtisch ein Mikrofon entworfen und dann zu bauen begonnen. Dass eine breite Gruppe von Experten mit Audiofiles die tonale Ausrichtung eines neuen Mikros mitbestimmten konnten, wurde schon bei anderen Mikros durchgeführt. Neu beim Element war allerdings, dass jeder Interessent auf der ganzen Welt mitbestimmen konnte, wie das neue Mikrofon klingen soll. Das hat Aston dazu hinreißen lassen, das Element mit der Unterzeile „People’s Microphone“ zu versehen. Hier ist unsere damalige Ankündigung zu lesen.

Fotostrecke: 3 Bilder Am Boden findet man die XLR-Buchse. Schalter hat das Mikrofon nicht.

Lange Garantie

10 Jahre Garantie gibt es für das Mikrofon des britischen Unternehmens. Anders als etwa bei Spirit und Origin erfolgt seine Herstellung jedoch nicht auf der größten Insel Europas, sondern dort, wo heute der überwiegende Teil der preiswerten Elektronik der Welt hergestellt wird, in China.

Praxis

Spinne ist notwendig

Das Aston Element Bundle aus Mikrofon, Spinne und Poppschutz ruft einen Preis auf, der deutlich unter dem Preis für manche Spinnen für Premium-Mikrofone liegt. Dafür erhält man mit der Aston-Halterung ein recht simples, aber funktionelles Konstrukt. Es ist zu hoffen, dass der Kunststoff nicht irgendwann spröde wird und die Nuten, mit denen das Mikrofon in die Spinne eingeclipt wird, irgendwann nicht mehr eine so feste Verbindung eingeht. Ich bin ein Freund davon, wenn Mikrofone immer auch ohne elastische Halterung funktionieren. Zu schnell geht eine solche kaputt, wird irgendwo liegen gelassen, verlegt oder vertauscht. Allerdings ist das Aston Element ziemlich empfindlich gegenüber Körperschallübertragungen, da ist die Spinne eine fast schon notwendige Abhilfe. Das Mikrofonkabel ist aber weiterhin eine mögliche Trittschallbrücke.

Mit zwei dieser Clips wird die Spinne in die Nuten eingesetzt.
Mit zwei dieser Clips wird die Spinne in die Nuten eingesetzt.

Kleine, starke Magneten halten die Poppfilterkonstruktion an ihrem Platz. Das Metallfilter funktioniert ganz ordentlich und beeinflusst die Höhen weniger stark, als man befürchten musste. Dennoch sind Stoff- oder Schaum-Poppfilter etwas weiter im Vorteil (sehen aber auch einfach nicht so toll aus). Ohne Filter ist das Aston Element genau so empfindlich wie andere Mikrofone auch.

Das Poppfilter wird einfach an die richtige Stelle gehalten – und hält.
Das Poppfilter wird einfach an die richtige Stelle gehalten – und hält.

Nicht „picky“, was Preamps angeht

Als aktives Tauchspulenmikrofon ist es notwendig, dass Phantomspeisung anliegt. Dass dies der Fall ist, erkennt man am dann illuminierten Aston-Logo auf der Vorderseite. Vielleicht ist an dieser Stelle angebracht mitzuteilen, dass das Aston Element mit wirklich allen Preamps gut klarkommt, auch mit wirklich einfachen, die in preiswerte Audio-Interfaces eingebaut sind.

Springt mich nicht an – muss es auch nicht

Die ersten Töne aus dem Aston offenbaren, dass das Signal aus dem Mikro sehr breitbandig und fehlerlos klingt, aber in jedem Fall eigenständig ist. Es ist gar nicht so, dass ich sagen könnte, dass mir der Klang des Aston Element wirklich gefallen würde. Er springt mich nicht an, das Mikrofon klingt nicht edel oder atemberaubend detailliert. Das muss aber auch gar nicht jedes Mikrofon liefern, im Gegenteil. Edler Klang wird meist erreicht durch bestimmte Klangfärbungen, das Element ist hier sehr nüchtern. Der Detailreichtum eines typischen, hochwertigen Groß- oder gar Kleinmembran-Kondensatormikrofons wird nicht erreicht. Allerdings ist auch das kein wirklich ausschlaggebendes Kriterium, denn sonst würde wohl niemand mehr auf die Idee kommen, Vocals beispielsweise mit einem SM7B

Audio Samples
0:00
Aston Element, 30 cm Aston Element, 5 cm Aston Element, 50 cm Aston Element, 30 cm, 45 Grad Aston Element, 30 cm, 90 Grad Shure SM7B, 30 cm Shure SM7B, 5 cm Electro-Voice RE20, 30 cm Electro-Voice RE20, 5 cm Presonus PD-70, 30 cm Presonus PD-70, 5 cm
Kleiner Hinweis: Im ersten File ist ein Versprecher: Es sind auch dort 30 cm Abstand, nicht 10 cm. 

Keine künstlichen Höhen

Als „luftig“ kann man die Höhenwiedergabe nicht beschreiben, wenngleich das Element keinesfalls höhenarm ist. Auch das oberste Frequenzband ist mit ausreichend Pegel vorhanden, spielt sich aber nicht in den Vordergrund und klingt nicht so künstlich, wie man es bei einigen anderen Mikrofonen (durchaus auch Kondensern) beobachten kann. Bei der Verwendung mit der Stimme lässt sich gut erkennen, dass das Aston Element kein Stückchen kratzt und beißt. Auch scharfe Aussprache wird meist gelassen und eher zahm übermittelt, außer. Dadurch, dass der Präsenzbereich etwas verhalten ist, können manche Signale eine anschließende Erhöhung der Durchsetzungsfähigkeit vertragen, wenn das gewünscht ist. Die Ausrichtung des Element kann in vielen Anwendungen sehr vorteilhaft sein, vor allem als Gegenspieler zu den vielen auf „In your face“-Präsenz getrimmten Mikrofone im unteren Preissegment. Und wenn man bedenkt, dass viele Menschen sich diese Tonalität explizit gewünscht haben, scheint ja definitiv Bedarf für ein derartig getrimmtes Mikrofon vorhanden zu sein.

Erstaunlich knackiger Bass

Besonders im Vergleich zum Shure SM7B fällt auf, wie stark dieses in den Mitten den Brustton betont. Diese Eigenschaft ist treffend mit „kernig“ beschrieben. Das Aston Element hingegen setzt mehr auf ein solideres Bassfundament, was ihm gut gelingt: Selbst bei geringem Abstand und entsprechender Basserhöhung durch den Nahbesprechungseffekt entsteht kein überbordender und verschwimmender Anteil tiefer Frequenzen. Das Element ist im Bass knackig, präzise und trocken, dabei aber nicht von hohem Pegelanteil. Damit ist das Aston ganz anders als die meisten Bändchen, die die hohen Bassanteile im Signal bisweilen stark harmonisch anreichern. Toll ist das Element auch für eher brave und wohlige Bass-Signale beim Cabinet-Miking.

Zurückhaltend – das ist aber nicht schlecht!

In seiner Gesamtheit wirkt das Aston Element zwar warm und etwas zurückhaltend, aber weder höhenarm noch schwammig oder anreichernd. Es klingt damit einerseits natürlich, aber eben auch eigenständig. Das Lob, hier eine wirklich spannende Grundausrichtung gewählt zu haben, geht der Entwicklungslogik zufolge allerdings nicht an Aston, sondern an die vielen User, die mehrheitlich ein so klingendes Mikrofon ihr Eigen nennen wollten.

Grobdynamik in Ordnung

Feindynamisch ist das Mikrofon absolut in Ordnung, die meisten vergleichbaren kosten mehr, etwa das EV RE-320. Grobdynamisch kann das Element geradezu begeistern: Die aktive Elektronik ist sehr gelungen, das Mikrofon ist im Betrieb tatsächlich sehr leise und wird erst bei wirklich hohen Pegeln kratzbürstig.

Pattern schmal in den Höhen

Bei bewegten Schallquellen – und damit sind vor allem Stimmen bei Sprach- oder Gesangsaufnahmen gemeint – sollte der Bereich möglichst begrenzt bleiben und den Hochmitten und Höhen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Nierenpattern ist dort, wohl als Konsequenz der großen Membran, recht eng, wodurch besonders auf den Zischlauten eine Klangfarbenänderung eintritt, wenn sich der Schalleintrittswinkel zum Mikrofon ändert.

Das Mikro in seiner Spinne, aber ohne Filter
Das Mikro in seiner Spinne, aber ohne Filter

Fazit

Es gibt keine Zweifel daran, dass auch das Element zeigt, dass Innovationsdrang und Ideenreichtum bei Aston noch immer in Großbuchstaben geschrieben werden. Das Aston Element ist ein spannendes Tontechnik-Werkzeug, das technologisch, entwicklerisch und klanglich einen eigenen Spin hat. Das erfreut absolut. Und tatsächlich stellt es eine interessante Alternative zu den allgegenwärtigen Großmembran-Kondensern dar, die man aufgrund seiner beachtlichen tontechnischen Leistungen auch als Einsteiger zugunsten des Elements vielleicht liegen lassen kann. Das Aston Element Bundle gibt es für recht wenig Geld, was es bezüglich des Preis-Leistungsverhältnisses sehr gut dastehen lässt. Ich persönlich sehe seine Aufgabe eher als klanglichen Gegenentwurf, der einem vielleicht vorhandenen, klassischen Studiomikrofon einen häufig nutzbaren Kontrast hinzufügt, der weder besser noch schlechter ist, sondern einfach anders. Allerdings will ich niemandem ein Aston Element als Allrounder, als erstes und vielleicht einziges Mikrofon ausreden – das wird durchaus funktionieren! Wer vielleicht ein ebenfalls aktives dynamisches Mikrofon sucht, aber eine größere Palette an Klangeigenschaften benötigt, der sollte sich übrigens mal das Aston Stealth ansehen. Als Abschluss möchte ich aber erneut etwas nennen, was ich bei wohl schon inflationär häufig geäußert habe, das aber nicht oft genug genannt werden kann: Die Audiowelt muss froh sein, in Aston einen Hersteller zu haben, der ständig etablierte Dinge hinter– und Menschen aus der Praxis nach ihrer Meinung befragt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hochwertiger Klang
  • interessante Produktentwicklung
  • rauscharm
  • im Bundle mit Spinne und Poppschutz
  • eigenständiges Design
  • knackiger Bass, auch bei naher Besprechung
  • sehr preiswert
Contra
  • frühe Höhenfärbung abseits der Hauptachse
Artikelbild
Aston Element Test
Für 59,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • phantomgespeistes Tauchspulenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Eigenrauschen: 3,8 dB(A)
  • Empfindlichkeit: 12 mV/Pa
  • max. Schalldruckpegel: 132 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Bundle mit Poppschutz und Spinne
  • Garantie: 10 Jahre
  • Herstellungsland: China
  • Preis: € 179,– (Straßenpreis am 20.1.2021)
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