Isovox Isomic Test

Das Isovox Isomic wird vom schwedischen Unternehmen als perfekter Mitspieler zur mobilen Vocal Booth Isovox 2 beworben.

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Es soll die typischen Nachteile dieser Aufnahmeform ausgleichen. Die Frage, ob das klappt, hat uns genauso zu einem Test bewogen wie diese merkwürdige Membranform.

Details

Ist das ein Dreieck?

Richtig geschaut: Die Kondensatorkapsel des Isovox Isomic besitzt eine dreieckige Membran. Wer jetzt schon abwinkt und die Form als krampfhaften Versuch des Herstellers abtut, irgendwie aufzufallen, der irrt. Der eigentliche Hersteller des Isovox Isomic ist Ehrlund, der wie andere schwedische Mikrofonhersteller wie Milab, die jüngst mit Milab wiedervereinigten Pearl und mittlerweile auch Thuresson und Golden Age Premier hervorragende Qualität Made in Europe liefert. Ehrlund baut tatsächlich nur Mikrofone mit dreieckiger Membran. Interessant ist übrigens, dass Pearl und Milab für Recheckmembranen bekannt sind, Membranformen scheinen also ein großes Thema in Schweden zu sein. Der Grund für nichtrunde Membranformen ist vor allem, das Ausschwingen selbiger so kurz wie möglich zu halten und Resonsanzspitzen zu vermeiden. Bei einem aufschlussreichen Interview, das ich mit Mikrofonbau-Ingenieur Shioto Okita in Tokyo führen konnte, kam unter anderem die Membranform von AT5045 und AT5040 zur Sprache.

Fotostrecke: 5 Bilder Nein, kein Knick in der Optik: Die Membran ist dreieckig.

Ehrlund schafft es mit der Nierenkapsel, bei großer Membranfläche einen Frequenzgang von 7 Hz bis 87 kHz zu erreichen. Allerdings sind keine Abfallwerte angegeben. Für das Ehrlund-Mikrofon EHR-M, welches dem Aussehen und den technischen Daten nach bis auf die Gehäuseform mehr als ähnlich ist, ist im grafischen Frequenzgang aber zu erkennen, dass der Abfallwert zumindest im Bass bei 12 dB liegt statt wie sonst üblich bei 3 dB. Doch auch wenn die Höhen nicht mehr mit so viel Pegel übertragen werden sollten wie etwa beim Sanken CO-100 oder beim Sony C-100, ist das dennoch ein guter Wert.

Das Mikrofon besitzt den Daten nach ein breites Spektrum.
Das Mikrofon besitzt den Daten nach ein breites Spektrum.

Rauscharm und leicht

Das Mikrofon ist recht rauscharm mit 7 dB(A) Eigengeräusch. Den maximalen Schalldruckpegel für 0,5% THD+N gibt Isovox mit 116 dB SPL an. Das ist ohne zuschaltbares Pad vergleichsweise früh, für die Anwendung als Vocal-Mikrofon auch bei naher Besprechung ist das Dynamikfenster aber genau richtig austariert.

Kondensatormikros aus Schweden sind zu Unrecht nicht so bekannt.
Kondensatormikros aus Schweden sind zu Unrecht nicht so bekannt.

55 Millimeter misst der Durchmesser des Mikrofons, 135 ist es hoch. Weil es aus Aluminium ist, wiegt es sage und schreibe nur 206 Gramm! Die Oberfläche ist mit Glaskügelchen gestrahlt, die Materialien, die Oberflächenbearbeitung und die Verarbeitung sind absolute Spitzenklasse und muss den Vergleich mit hochwertigen deutschen oder japanischen Mikrofonen nicht scheuen. Isovox stellt dem eigentlichen Mikrofon eine Schiene mit Stativanschluss und Poppfilter zur Seite. All dies kommt in einem Karton, der zwar die Einzelteile, nicht jedoch ein fertig montiertes System aufnimmt.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein formschöner Poppfilter gehört zum Lieferumfang.

Praxis

Nahbesprechungsmikrofon?

Das zumindest größtenteils von Ehrlund gefertigte Isovox Isomic erstaunt mit dem ersten Ton, den man hört. Warum? Nun, das Signal ist frisch. Sehr frisch sogar. Mein erster Eindruck war, dass das klingt wie eine drahtige, diffusfeldentzerrte Kleinmembran-Kugel. Nicht nur das Nutzsignal, auch sämtliche Raumrückwürfe und der diffuse Nachhallanteil erscheinen stark überhöht. Bei üblicher Mikrofonierungsart würde man sofort zu dem Entschluss kommen, dass dort Informationen im Signal sind, die man nun wirklich nicht benötigt. Bei Vocalaufnahmen in einem typischen Studio oder einer nicht allzu kleinen Vocal Booth würde ich ganz ehrlich sofort zu einem anderen Mikrofon greifen wollen, das mir wie gewohnt Höhen auf der Mikrofonachse liefert und zur Off-Axis hin höhenärmer wird. Aber vielleicht ist das auch nur die Gewohnheit. Außerdem hat das Isomic ja einen Auftrag zu erfüllen. Und diesen erfüllt es sehr gut: Zunächst einmal ist es wichtig, das Mikro wirklich aus nächster Nähe zu besprechen. 20 oder 30 Zentimeter sind mit dem Isomic in eigentlich jeder Umgebung zu viel für eine Stimme. Wenn dann noch die Reflexionen in den Höhen stark bedämpft werden, wie es schon bei Reflection-Filtern, ganz besonders aber bei der Isovox der Fall ist, passt das Signal absolut. Und anders als mit „normalen“ Mikrofonen wirkt das Direktsignal weiterhin frisch und lebendig, anstatt erstickt zu klingen. Mehr noch: Die Eigenschaften des Isovox Isomic können dann ihre klanglichen Vorteile ausspielen: Das Mikrofon gibt Transienten atemberaubend schnell und trocken wieder, zudem ist es tatsächlich rauscharm und ausreichend pegelfest. Trotz seines Höhenreichtums ist es nicht scharf und bissig, sodass auch der User, der nicht so bewandert im Umgang mit dem EQ und De-Esser ist, zu guten Ergebnissen kommt. Mir ist in den Höhen allerdings zu viel “Weißanteil”. Im Vergleich mit den anderen Mikrofonen drängt sich eine sehr deutliche “ch”-Komponente (wie in “deutlich”, nicht wie in “Nacht”) im Klangbild auf. 
Folgende Files, wie üblich in einem Aufnahmeraum aufgezeichnet, sind also mit gewisser Vorsicht zu genießen: Ihnen “fehlt” quasi die Absorption abseits der Hauptachse.

Audio Samples
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Isovox Isomic, 10 cm Isovox Isomic, 30 cm, 0 Grad Isovox Isomic, 30 cm, 45 Grad Isovox Isomic, 30 cm, 90 Grad Isovox Isomic, 70 cm Audio-Technica AT5045, 10 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm, 0 Grad Audio-Technica AT5045, 30 mc, 90 Grad Audio-Technica AT5045, 70 cm Mojave Audio MA-201FET, 10 cm Mojave Audio MA-201FET, 30 cm Mojave Audio MA-201FET, 70 cm Warm Audio WA-87, Kugel, 30 cm Isovox Isomic, 30 cm, leicht bearbeitet Isovox Isomic, Song

Mikrofon für besondere akustische Situationen

Allerdings muss ich sagen, dass das Isomic wohl nur die beste Lösung eines Problems ist, das man ohne akustisch enorm tote Umgebung gar nicht hätte. Aber in manchen akustischen Sondersituationen bleibt einem kaum eine andere Wahl, als mit etwas wie Isobox, Bettdecken oder dergleichen zu arbeiten. Allerdings sind dann auch sehr nahe Mikrofonierungen mit einem eher bassarmen Tauchspulenmikrofon oder sogar Coles 4104 eine Überlegung wert (die dann aber eine ganz ander Klangsignatur mit sich bringen). Wollte ich „böse“ argumentieren, würde ich behaupten, dass das Isomic wohl bewusst so höhenreich ausgelegt ist, damit es dann in der Isovox noch vernünftig klingt und der Unterschied mit Isovox/ohne Isovox möglichst eklatant ist. Außerhalb von Reflection Filtern, Mini-Kabinen wie der Isovox 2 oder gar dem Kaotica Eyeball ist das Isomic ebenfalls ein Spezialist. Dort, wo bewusst höhenreiche Reflexionen gewünscht sind, etwa als Drumroom-Mikrofon, oder wo ein etwas schaler Grundklang spritziger gestaltet werden soll.

Wirklich gut klingt das Isomic in sehr trockener Umgebung und mit Sprache:

Audio Samples
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Isovox Isomic, Sprache in trockener Umgebung

Vorsicht vor ungewollten Reflexionen und Popps

Vorsichtig sollte man sein mit in absoluter Nähe positionierten reflektiven Dingen, die oftmals nicht so stark Probleme verursachen. Ein leicht hinter dem Mikro abgestelltes Tablet oder sogar nicht eine kleine Kladde mit Texten sind aufgrund des Spektrums des nicht-axialen Schalls schnell störend wahrzunehmen.

Der Poppschutz ist auffallend klein.
Der Poppschutz ist auffallend klein.

Der mitgelieferte Poppschutz sieht wirklich toll aus. Allerdings scheint er etwas zu klein zu sein für seine wesentliche Aufnahme. Im Testzeitraum waren häufiger Popps zu hören, ein handelsüblicher Textilpoppschutz hat bessere Ergebnisse geliefert. Ein Hochpassfilter gibt es nicht, angesichts der klanglichen Ausrichtung ist es als ästhetisches Mittel auch nicht notwendig. Und da das Mikrofon trotz Verzicht auf eine ausladende Spinne nicht sehr trittschallempfindlich ist, ist auch seine Aufgabe als Rumpelfilter nicht zwingend erforderlich.

Fazit

Ein Fehler wäre es, vom Produkt oder dem Produkttyp der Isovox auf die Qualität dieses Mikrofons zu schließen. Das Isovox Isomic ist nämlich technisch herausragend gut! Wer wirklich absolut gar keine andere Möglichkeit hat, auch nur ein paar Quadratmeterchen Umgebung so zu gestalten, dass er darin Stimme aufnimmt und daher auf das Konzept der Mini-Booth zurückgreifen muss (oder wirklich unter Bettdecken aufnehmen muss), der findet mit dem Isovox Isomic die beste, weil passendste Mikrofonbestückung. Und dieses Mikrofon wirft ein positives Licht auf den eigentlichen Hersteller Ehrlund, dessen Mikrofone zu sehr unter dem Radar der Audiowelt laufen. Das Isovox hat gegenüber den Ehrlund-Mikrofonen den Vorteil, dass es zumindest etwas preiswerter ist. Andere technisch und klanglich sehr gute, einfach ausgestattete Großmembran-Nierenmikrofon aus Produktion in einem Industrieland mit hiesigen Standards, man denke an das Microtech Gefell M930, das Neumann TLM 103 oder auch das Audio-Technica AT5045, rufen einen ähnlichen Preis auf. Allerdings ist das Isomic außerhalb sehr toter Umgebungen überdurchschnittlich frisch und spritzig ausgerichtet, weshalb es als Allrounder nicht direkt überzeugen kann. Als sehr agile Alternative würde es jedoch so manchen Mikrofonfundus sinnvoll erweitern.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr gute Feindynamik und Impulsdarstellung
  • hervorragende Material- und Herstellungsqualität
  • in Verbindung mit starker akustischer Dämpfung dennoch frisch und offen klingend
Contra
  • recht spezialisiert für einen Anwendungsfall
Artikelbild
Isovox Isomic Test
Für 1.199,00€ bei
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Features & Spezifikationen
  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik Niere
  • Dreiecksmembran
  • Eigenrauschen: 7 dB(A)
  • max. Schalldruckpegel: 116 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Frequenzgang: 7 Hz – 87 kHz (-12 dB)
  • Empfindlichkeit: 23 mV/Pa
  • Gewicht: 206 Gramm
  • Lieferumfang: Mikrofon, Halter, Poppschutz
  • Hergestellt in Schweden
  • Preis: € 1350,– (Straßenpreis am 23.2.2021)
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