Offenbar hat der branchenübergreifende Lockruf, dass mit Zubehör für den hübschen Reigen an i-Mobilrechnern der eine oder andere Goldbarren zu verdienen ist, auch im Hause Numark Gehör gefunden. Und prompt steht nun mit dem iDJ Live ein brandneuer iPad-Controller an der Startlinie der heiß umkämpften Einhundert-Euro-Bahn und will um die Gunst aller Hobby-DJs fighten.
Ob es bei dem niedlichen DJ-Arbeitsplatz für 119 UVP Euro nur zum Geschenk von Patenonkel an Patenkind reicht oder ob er sich auch für höhere Aufgaben empfiehlt, haben wir für euch getestet.
Die Verpackung des iDJ Live ist robust und die umgebenden Styropor-Formteile sollten dafür sorgen, dass das Gerät auch bei grobem Transport unbeschadet ankommt. Dem spielt natürlich auch die Physik zu, da es bei dem Leichtgewicht schon außerordentlicher Fliehkräfte bedarf, um es bis zu einer kritischen Aufprallenergie zu beschleunigen. Dem Karton entnehme ich: den Controller selbst, ein Y-Stereo-Miniklinke auf Mono-Mini-Klinke-Kabel, das mehrsprachige Handbuch sowie zwei Kunststoff-Formteile, die zu einem iPad-Aufsteller zusammengefügt werden. Eine Software liegt dem iDJ Live nicht bei, auch wenn es beim ersten Blick auf die Verpackung den Anschein macht. Im Kleingedruckten liest man vielmehr, dass Numark das Gerät lediglich in Zusammenarbeit mit der Firma Algoriddim entwickelt hat – die dazugehörige und empfohlene App „djay“ muss man noch separat im App-Store erstehen. Sie schlägt dann zusätzlich mit – im Vergleich zu gängigen App-Preisen – satten 15 Euro zu buche.
1/2 Jetzt mal ehrlich: auf den ersten Blick sieht das doch nach einem All-Inclusive-Angebot aus …
2/2 … erst das Kleingedruckte belehrt einen eines Besseren
Aufbau Der visuelle Kontrollgang über die Bedienoberfläche zeigt ein aufgeräumtes Bild: An den äußeren Schenkeln residieren die 15cm-Jogwheels, welche sich geräuschlos und leichtgängig, allerdings mit leichtem Spiel in ihren Achsen drehen. Dazwischen wartet die Klang-, Transport- und Mix-Sektion auf ihren Einsatz. Der Mastervolume-Regler, der Push-Dial-Encoder, der Scratch/Search-Taster und der 45mm-Crossfader bilden die optische Mittelachse. Sie werden zu den Seiten hin von den Kanal-Bedienelementen flankiert. Von Norden nach Süden sind dies: zwei Pitch-Taster (+/-), Lautstärke-, Höhen- und Bass-Potis sowie Cue-Taster. Dabei verfügen die beiden Potis der Klangsteuerung über eine Mittenrasterung, die Laustärkeregelung sinnigerweise nicht. Darunter folgen die hintergrundbeleuchteten Transport-Taster mit den Funktionen: Sync, Cue-Set, Cue-Play, Play/Pause. An der Rückseite wird das iConnector-Kabel aus dem Gehäuse geführt. Für die Preisklasse leider nicht unüblich, wird es nur durch eine Plastik-Manschette zugentlastet. Dadurch sind Kabelbrüche, die durch das häufige Abknicken beim Transport entstehen, fast schon vorprogrammiert. Eine Stecker-Lösung hätte mir an dieser Stelle folglich weitaus besser gefallen. An der Unterseite sorgen acht Kunststoff-Noppen für einen rutschfreien Stand des Controllers.
2/2 Erfahrungsgemäß ist so eine Konstruktion allerdings ein höchst beliebter Nistplatz für den gemeinen Kabelbruch
Der beiliegende iPad-Aufsteller ist mit zwei Handgriffen montiert. Er bietet dem Apple-Mobilrechner einen ausreichend sicheren Stand und schrägt gleichzeitig den Betrachtungswinkel auf angenehme 30-Grad an. Ein nützliches Detail sind dabei die Aussparungen zu Kabeldurchführung am Fuß des Ständers.
1/2 Aus zwei Kunststoffteilen wird mit einem Handgriff ein schmucker iPad-Ständer
2/2 mit sinnvollen Aussparungen zur Kabeldurchführung
Y-Adapter Trotz des immensen Angebotes im Bereich Musiksoftware ist das iPad in Hinblick auf die Audio-Konnektivität ja nach wie vor eine Insellösung (da macht auch das Alesis I/O Dock keine Ausnahme, denn im Kern ist es nichts anderes als eine Breakthrough-Box, die die vorhandenen Ausgänge nur auf professionelle Buchsen verteilt). Somit muss sich auch der Numark-Controller mit dem begnügen, was ihm das iPad an Audioausgängen zur Verfügung stellt. Und das ist eben nur ein lumpiger Stereo-Out. Um das unverzichtbare Vorhören zu ermöglichen, bleibt also nur der Ausweg, das Stereo-Signal in zwei Mono-Kanäle zu splitten. Der beiliegende Y-Adapter ( „Y“ beschreibt symbolisch die Kabelführung von einem Strang in zwei) erledigt genau diese Aufteilung. Im Ergebnis disqualifiziert die Mono-Wiedergabe das iPad leider als Plattform für den professionellen Einsatz (wohlgemerkt: das liegt am iPad und nicht am iDJ Live). Und das gar nicht mal so sehr wegen der fehlenden Stereo-Abbildung, sondern vielmehr deshalb, weil es beim Mischen von zwei Stücken schnell zu extremen Phasen-Auslöschungen und Additionen im Bassbereich kommen kann.
Dank „Y“-Adapter wird aus einem Stereo- ein zweikanaliges Mono-Signal
Irgendwie beschleicht einen beim Gang in den App-Store, um auf der Seite von Algoriddim die djay-App für sportliche fünfzehn Euro zu kaufen, das ungute Gefühl einer Mogelpackung. Steht nicht in großen Lettern auf der Verpackung: „DJ System für iPad, iPhone und iPod-touch“? Ja, das steht da und ein System ist per Definition eine „Einheit aus technischen Anlagen, Bauelementen, die eine gemeinsame Funktion haben“ (Duden). Und eben nicht eine Komponente, die erst durch das Dazukaufen einer weiteren Komponente funktionsfähig wird. Mir mag das als Tester egal sein – als Patenonkel oder -tante steht man aber erstmal da wie eine halb volle Packung Schoko-Bons und überlegt, ob man den Rackern wirklich seine Kreditkarte anvertrauen soll, um das gut gemeinte Geschenk komplettieren zu können.
Zugegebenermaßen ist Algoriddims „djay“ (hier übrigens im Test mit Vestax Spin) neben „Sonorasaurus Rex“ von Pajamahouse Studios die wohl beste DJ-Applikation, die es derzeit für das iPad gibt und für sich genommen eine durchaus sinnvolle Investition. Nicht ohne Grund hat sie den Apple-Design-Award bekommen, steht in den Top-10 der meistgekauften Apps und huscht an prominenter Stelle im Apple-Werbespot durchs Bild. Trotzdem oder gerade deshalb würde es einen wesentlich runderen Eindruck machen, hätte man sich bei Numark und Algoriddim auf einen Bundle-Deal geeinigt und dem iDJ Live eine entsprechende Lizenz beigelegt.
Hat die App ihren Platz im Speicher des iPad gefunden, gestaltet sich die Kommunikation mit dem Numark-Controller kinderleicht: Einstöpseln und Sekunden später zeigt ein kurz eingeblendetes Numark-Logo, dass die Verständigung zwischen iDJ Live und Software klappt. Das funktioniert sogar im laufenden Betrieb!
Algoriddims „djay“ hat alles an Bord, was ein zünftiges DJ-Set so braucht
Die Bedienelemente des iDJ Live repräsentieren eins zu eins die Funktionen der Software und sind komplett vorgemappt. Eine Änderung durch den Benutzer ist dabei zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen. Das ist schade, denn für bestimmte Funktionen (wie zum Beispiel das Vorhören eines Kanals) muss man dann doch auf die Glasscheibe tippen, um sie zu aktivieren. Hier liegt ein weiterer Kritikpunkt, den ich anbringen muss: Die konzeptionelle Daseinsberechtigung des iDJ Live steht auf recht wackeligen Füßen, da sich im Kern alle Bedienvorgänge bestens über das iPad selbst erledigen lassen. An drei Stellen ergeben sich durch die vom iDJ Live bereitgestellten Bedienelemente dann allerdings doch Vorteile gegenüber der reinen Touch-Bedienung. Allen voran sind das die beiden Jogwheels: Sie liefern eine im Vergleich zum Scratchen am Bildschirm geringfügig feinere Auflösung. Auch die EQ-Sektion profitiert von den dedizierten Reglern. Möchte man sie nämlich in der Software bedienen, ist jeweils ein zusätzlicher Tastendruck erforderlich, um in das EQ-Untermenü zu gelangen (mal ganz abgesehen davon, dass dann das Einblendmenü die Hälfte des virtuellen Plattentellers verdeckt). Nicht zuletzt bietet der reale Crossfader nach wie vor eine präzisere Kontrolle als der virtuelle Slider am Bildschirm – hier ist das Prinzip des manuellen Wechselspiels zwischen Daumen und Zeigerfinger einfach unschlagbar.
1/2 Das Areal rund um den Crossfader im Detail und
2/2 die Navigation und Klangregelung
Wenn ich mal einen Blick über den Tellerrand werfen darf, sehe ich dort beispielsweise einen Gemini Firstmix oder einen Herkules DJ Control MP3 E2. Letzter hat nicht nur doppelt so viele Bedienelemente an Bord, sondern versteht sich dank USB-Schnittstelle auch mit jeder DJ-Software dieser Welt. Zusätzlich bringt er quasi eine Vollversion von Virtual DJ 3 mit und das zu einem günstigeren Kurs als iDJ Live – aber eben nicht auf dem iPad. Dass der Peripheriemarkt für das hübsche Apfel-Flachbrett aus Edelleuten Bettler machen kann, weiß man spätestens dann, wenn man für die Neoprentasche – die bei Wald- und Wiesen-Netbooks für sieben Euro zu haben ist – fünfundzwanzig Taler aus dem Säckel kramen muss.
So viel Spaß das Spielen mit dem niedlichen iDJ Live und der knuffigen Software auch macht – am Ende steckt der Käufer für das komplette Bundle (App+Controller) über einhundert Euro in die Daddelei. Und mehr als semiprofessionelle Auftritte im halbprivaten Rahmen sind wegen der prinzipbedingten Mono-Wiedergabe nicht drin – auch wenn sich mit dem Set recht ordentliche DJ-Sets abfeuern lassen. Ich möchte jedoch klarstellen, dass dies nicht an Numarks Konsole liegt, sondern am Anschluss-Autismus von Apple. Aber da iDJ nun einmal ausdrücklich die Apple-Mobilrechner verwendet, muss er sich entsprechend daran messen lassen. Ein ganz anderes Bild hätte sich ergeben, wäre dem Gerät einfach eine USB-Buchse spendiert worden. Damit nämlich wäre der Weg frei gewesen, ihn auch auf anderen Rechnerplattformen zu nutzen. Dies könnte ihn durchaus als Rivalen zum Gemini Firstmix oder Herkules MP3 E2 ins Spiel bringen.
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
gute Verarbeitung
praktischer Klapp-Ständer
kein Mapping erforderlich
Contra
wird ohne DJ-Software ausgeliefert
etwas hoher Preis
keine Konnektivität zu anderen Rechnern
Anschlusskabel fest integriert (Gefahr von Kabelbruch)
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