Anzeige

Beyerdynamic TG V50d Test

Die Auswahl an Gesangsmikrofonen um die 100 Euro ist groß. Fast zu groß sogar, um den Überblick behalten zu können. Das hält den deutschen Traditionshersteller aber natürlich nicht davon ab, weiterhin seinen Teil dazu beizutragen. Mit dem TG V50d schickt Beyerdynamic sich an, einen “neuen Bühnenstandard” anzubieten, so zumindest die Verlautbarung der Marketingabteilung. Dass trotz großspuriger Ankündigungen Produkte enttäuschen können, wissen wir eigentlich aus allen Bereichen – es gibt aber genauso die Möglichkeit, dass hier wirklich ein grandioses Stück Technik für recht wenig Geld erhältlich ist.

beyerdyn_TG_V50d204-1017994 Bild


Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, was das V50d jetzt von all den anderen Mikrofonen abheben soll, die für diesen Einsatzzweck entwickelt und gebaut werden. Auch in den technischen Daten liest man wenig Spektakuläres. Nun soll ein Allround-Bühnengesangsmikro nicht spektakulär sein, sondern Signale hochwertig und zuverlässig wandeln, sich klanglich unterordnen und den vielzitierten rauen Bühnenalltag möglichst lange unbeschadet überstehen.

Anzeige

DETAILS

Es ist schon schwierig, für einen Testbericht über ein derartiges Mikrofon eine Coverstory aus Textgarn zu spinnen, irgendwelche Wortspielchen zu entwickeln, zu informieren und gleichzeitig ein wenig zu unterhalten. Das V50d ist halt ein Mikro: Korpus, Korb, unten die XLR-Buchse – hmm, keine einfache Aufgabe. Ach ja, ich hab´s schon schwer, bemitleidet mich doch bitte mal. Nein, im Ernst, so schwer kann es nicht sein, ich beschränke mich wie unser Testproband selbst eben auf das Wesentliche. Also: Vor mir liegt ein Mikrofon mit metallenem Korpus und offensichtlich stabilem Gitterkorb. Schraubt man diesen ab, erkennt man die hervorragende Verarbeitung des Gewindes und die Kapsel des Mikrofons. Über der Membran sitzen die übliche Gaze und der Höhenresonator, der in erster Linie kompensieren soll, dass die darunterliegende Membran – welcher durch die angeklebte Tauchspule ein die Schwingung beeinträchtigendes Gewicht aufgebürdet ist – prinzipbedingt im Höhenbereich recht schwach überträgt. Die Öffnungen für das Laufzeitglied liegen etwas tiefer, nicht zuletzt aus diesem Grunde hat so ein Mikrofonkorb bei richtenden Schallwandlern auch seitlich noch luftdurchlässige Gitter.

Ein Blick in den grafischen Frequenzgang des TG V50d legt die Vermutung nahe, dass Beyerdynamic die gleiche Kapsel wie beim namensverwandten, aber auf Instrumentalabnahme hin optimierten TG I50d verwendet hat (die Eignung wird dort durch das “I” in der Produktbezeichnung verdeutlicht). Wie die I-Version auch, handelt es sich beim V50d (“V” wie “Vocal”, schon klar, oder?) um einen Druckgradientenempfänger, aufgrund dessen die untere Grenzfrequenz bei naher Besprechung von 80 auf 50 Hz sinkt. Die Rutschpartie gen 20 kHz wird numerisch mit einer Grenze von 17 kHz definiert, in der Kurve sieht man, dass es oberhalb der beiden Peaks bei 5 und 10 kHz ordentlich steil nach unten geht. Diese Eigenschaften sind auch beim Instrumenten-Geschwisterchen zu erkennen. Wegen der “fehlenden Höhen” sollte jetzt aber niemand weinen: Das Mikrofon wird auch für so gut wie alle Vocals im Höhenbereich trotzdem sehr gut aufgestellt sein – schließlich handelt es sich um ein Live-Mikro, ein Boost bei 10 kHz ist schon wirklich “sehr weit oben”, unser Tonhöhenempfinden ist ja logarithmisch. Das TG V50d gibt für 1 Pascal übrigens 2,4 mV aus und verfügt über eine Nennimpedanz von 600 Ohm. Wer es benötigt, erhält das TG auch als V50d S, wobei das “S” für Switch steht. Laut Angabe von Beyerdynamic arbeitet dieser Schalter knacksfrei, dieses Mikrofon hatten wir aber nicht zum Test. Meine Meinung zu diesem “Feature” ist in Granit gemeißelt: Schalter sind oft für die ersten auftretenden Defekte bei Mikrofonen verantwortlich, außerdem ist es erstaunlich, wie sehr dieses einzige einfache Bedienelement manche Benutzer eines solchen Mikrofons schon massiv überfordern kann. Ihr versteht: Nicht anschalten und so lange eifrig und unbeeindruckt von der Publikumsreaktion weiterreden oder -singen, bis der Tontechniker auf die Bühne gespurtet kommt, um dieser Technik-Nulpe im gleißenden Scheinwerferlicht vor dem Gesicht herumzufuhrwerken und zwischen den verkrampften Fingern das Mikro anzustellen. Für so eine Aktion habe ich einst meinen ersten Applaus als Techniker bekommen!

Anzeige

PRAXIS

Das robuste und wirklich hervorragend fabrizierte Mikrofon liegt schwer und sicher in der Hand, das XLR-Kabel meldet mit einem saftigen Klacken, bombenfest mit dem Mikro verbunden zu sein. Dann kann es ja losgehen: Das TG V50d liefert ordentlich Output, der erste Klangeindruck bestätigt sich im folgenden ausgiebigen Test. Die Gesangsstimme wird nicht übertrieben scharf und präsent dargestellt, ist also tendenziell etwas weicher. Dafür läuft man keine Gefahr, mit dem unbearbeiteten Signal blechernen oder beißenden Klang – vielleicht sogar Ohrenschmerzen – zu erzeugen. Dennoch ist die Stimme nicht zu wenig präsent. Manche kleinere Anlagen, ich denke da an solche in Proberäumen, haben nur einen schwach ausgestatteten oder grauenhaft arbeitenden Equalizer. Gut, dass das V50d auch ohne EQ hervorragend funktionert, so hatte ich auf keiner Anlage das Gefühl, “S”- und “T”-Laute entschärfen zu müssen oder mehr als übliche Änderungen in den Mitten vorzunehmen – Kosmetik, ohne die das Mirko auch immer gut “funktioniert” hätte.

Audio Samples
0:00
V50d Gesang fern V50d Gesang nah V70d Gesang fern V70d Gesang nah V71d Gesang fern V71d Gesang nah SM58 Gesang fern SM58 Gesang nah

Im Vergleich zeigen die beiden Mikrofone aus Beyerdynamics 70er-Serie, dass diese weitaus stärker klangbeeinflussend sind als das 50er – was natürlich positive und negative Aspekte hat. Die im Vergleich zum kantigeren SM 58 wirkt das V50d weitaus gutmütiger. Diese Gutmütigkeit gilt auch für die Rückkopplungen, für die das TG wenig anfällig ist. Luftgeräusche ignoriert das Bühnenmikro nicht so erstklassig, das machen die Kollegen aus gleichem Hause etwas besser. Die Poppanfälligkeit bewegt sich auf gesundem Mittelmaß.
Beyerdynamics Bühnenmikrofone klingen generell mit etwas Abstand besungen besser, das gilt auch für das V50d. Im Nahbereich macht sich der Nahbesprechungseffekt deutlich bemerkbar, das Mikrofon verliert etwas von seiner Luftigkeit. Dröhnig wird es zum Glück nicht, doch dürfte es für meinen Geschmack im Bass noch ein klitzekleines Bisschen verhaltener zur Sache gehen.

Audio Samples
0:00
V50d Sprache fern V50d Sprache nah

Insgesamt wirkt das V50d etwas charakterlos, was aber nicht negativ aufgefasst werden sollte. Es hat zwar nicht diese edle Klasse, die die teureren Vertreter aus gleichem Hause aufweisen, doch kann man sich sicher sein, dass es immer seinen Zweck zuverlässig erfüllt. Der Höhenresonator bewahrt das Mikrofon davor, fahl und eindimensional zu klingen, ist aber auch nicht übertrieben herauszuhören, so dass das Signal nicht zu drahtig klingt. Die Natürlichkeit im Höhenbereich erreicht nicht ganz das Niveau eines V70 oder V71, ist aber immer noch sehr gut. Die Damen und Herren von Beyerdynamic verstehen ihr Handwerk eben!

Anzeige
beyerdyn_v50d Bild
TECHNISCHE SPEZIFIKATIONEN
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger (mit Laufzeitglied)
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: dynamisch (Tauchspule)
  • Frequenzgang (ohne Nahbesprechungseffekt): 80 Hz (-10 dB) – 17 kHz (-10 dB)
  • Übertragungsfaktor: 2,4 mV/PA
  • Ausgang: XLR male
  • Preis V50d: Euro 120,- (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • solide Verarbeitung
  • Preis-Leistungsverhältnis
  • sanfte Vocal-Optimierung wird zu einer Vielzahl an Stimmen passen
Contra
  • Strömungsgeräusch- und Poppanfälligkeit mittelmäßig
Artikelbild
Beyerdynamic TG V50d Test
Für 94,00€ bei
Hot or Not
?
beyerdyn_v50d Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Exploring the NUX Amp Academy Stomp | Sound Demo with Various Playing Styles
  • dreadbox Artemis Sound Demo (no talking)
  • Korg MiniKorg 700Sm Demo (no talking)