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Washburn WD-10SCE NT Test

Die Washburn WD-10SCE NT – eigentlich ist es ein Gebot für jeden Hersteller von Akustikgitarren, wenigstens eine Dreadnought im Programm zu haben. Oder wenigstens eine Gitarre, die in dieser Bauform ihren Ursprung hat. In den Jahrzehnten, in denen sie auf ihrem Siegeszug die Bühnen eroberte, erlebte sie zum Teil erhebliche Modifikationen, überlebte aber auch im klassischen Design.

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Eine der Gitarren, die im Großen und Ganzen den Vorgaben der D-18 von Martin aus den 30er Jahren folgt, ist die Washburn WD-10SCE NT, die wie das Original mit Zargen und Boden aus Mahagoni ausgestattet ist. Auf den ersten Blick jedenfalls macht unsere Kandidatin einen hervorragenden Eindruck, wir sind gespannt, was hinter der attraktiven Fassade steckt.
Lyon & Healy gründeten 1864 in Chicago die Firma, die den Namen des Ladens trug, in dem die von P. J. Healy handgebauten Unikate verkauft wurden. Washburn selbst datiert die eigentliche Firmengründung ins Jahr 1883, wobei man schon sehr früh auch hochwertige Gitarren in Serie fertigte. Andererseits blieb man gleichzeitig dem Anspruch treu, auch preiswertere Gitarren mit Fichtendecken und einem Korpus aus Rio-Palisander auszustatten. In den 1920er Jahren wurde die Firma schließlich verkauft und die Produktion als Folge der Weltwirtschaftskrise in den 30ern vollständig eingestellt. 1976 übernahm die Firma Fretted Industries mit Sitz in Illinois den Namen Washburn und mit ihm sämtliche Patente und ließ fortan Washburn-Gitarren zunächst in Japan, später auch in Korea, China und Singapur produzieren, woran sich bis heute nichts geändert hat. Heute bietet Washburn neben elektrischen und akustischen Gitarren, E-Bässen sowie Banjos und Mandolinen auch Gitarrenamps an.

Details

Die Abmessungen unserer WD-10SCE NT wurden im Maßstab 1:1 vom Original übernommen, der seit 1934/35 serienmäßig als D-18 im Hause Martin hergestellten Gitarre. Mit einer Breite von 39,7 cm am Unterbug, einer Breite von 29,7 cm am Oberbug und einer Länge von 50,5 cm präsentiert sich der Korpus mit einer schmalen Taille und allen Rundungen. Ein sanft geschwungener Cutaway ermöglicht auch den Zugriff in den oberen Lagen und rundet das Design ab.
Die fein gezeichnete, dünne Decke aus massiver Alaska Sidka-Fichte ist aus zwei symmetrischen Hälften „gebookmatched“ und mit einem hochglänzenden Finish hauchdünn versiegelt. Ein Schlagbrett ist nicht angebracht, aber mit einer selbstklebenden Variante problemlos nachzurüsten. Die hölzerne Rosette im ansprechenden Design umrundet das Schallloch und bei genauerer Betrachtung erkennt man einen breiten, schön verzierten Mittelstreifen mit zwei schmaleren Begleitern an der Innen- und Außenseite. Das gleiche Motiv findet man auch bei den Schwestern der WD-10SCE aus der Heritage- und Harvest-Serie. Auf glänzendes Abalone wurde hier vollkommen verzichtet. Ein dreifacher schwarzer Herringbone-Streifen ziert den Deckenrand, wobei das cremefarbene (cream) Multi-Lam Binding die dünne Decke mit den beiden Zargen verbindet und als Kantenschutz dient.
Gehalten werden die Saiten von einem  aufgeleimten Saitenhalter im Dreadnought-Stil, der aus einem Stück matt lackiertem Palisander besteht und sie über einen einteiligen, diagonal eingelegten Knochensteg führt. Mit einer „Nase“ wird die B-Saite, die dadurch weiter hinten aufliegen kann als die anderen, zusätzlich kompensiert. Optisch macht die Decke einen hervorragenden Eindruck. Ob das gelblich schimmernde Holz aber auch unseren gehobenen Klangvorstellungen entsprechen kann? Der Boden der WD-10SCE NT aus leichtem, verwindungssteifen Mahagoni ist aus zwei schön gemaserten Hälften zusammengesetzt und mit einem schlichten weißen Bodenmittelstreifen stabilisiert. Das Mahagoni besitzt einen rötlich-braunen Farbton mit schnurgeraden ebenmäßigen Maserungen – aus welchem Teil dieser Erde dieses Baumaterial stammt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.

Fotostrecke: 5 Bilder WD-10SCE: Das Cutaway erleichtert das Spiel in den hohen Lagen ungemein

Ein cremefarbenes Binding sorgt rundherum für den Übergang der Bodenhälften in die beiden Zargen aus Mahagoni. Mit einer Zargentiefe zwischen minimal 9,8 cm am Hals und maximal 12,3 cm am Knopf bringt der Resonanzkörper der WD-10SCE NT ein vergleichsweise überdurchschnittliches Luftvolumen mit, was Druck und die Lautstärke erhöht- grundsätzlich kann mit einer Dreadnought normalerweise nur noch die Jumbo mithalten. Der Korpus ist glänzend klar (natur) lackiert, sodass die Strukturen durchschimmern.
Ein Blick durch das Schallloch zeigt, dass der Hersteller sich auch hier an sämtliche Vorgaben der Dreadnought von Martin gehalten hat, was ein direkter Vergleich bestätigt. Man erkennt einen leichten, aber massiven Halsblock, der Decke, Hals und die beiden Zargen stabil verbindet. Seine kleinen Abmessungen sollen zur Verminderung des Gesamtgewichts (hier 1900 Gramm) beitragen. Der mit vier kräftigen Querverstrebungen verstärkte Boden bildet ein stabiles Fundament, sämtliche Reifchen, die ihn mit den Zargen verbinden, sind sauber und regelmäßig nebeneinander aufgereiht und verleimt.
Unter der Decke kann man zwei gekreuzt verstrebte Leisten ertasten, die sich zwischen dem Schallloch und der Stegvorderkante schneiden, der Saitenhalter sitzt zwischen den unteren Ausläufern der beiden Streben. Das bewährte Balkensystem (X-Bracing) stabilisiert die dünne Decke und vermeidet so ihr Aufwölben durch die Zugkraft der Stahlsaiten. Obwohl die Leisten eine stabilisierende Wirkung ausüben, soll der Decke ein Höchstmaß an Elastizität  und damit ein gesteigertes Schwingungsmoment belassen werden. Der Gitarrenbauer wandelt bei dieser Konstruktion immer auf dem schmalen Grat zwischen Stabilität und Elastizität und muss eine Lösung für diese „Quadratur des Kreises“ finden. Und die gibt es offensichtlich , denn die beiden Deckenleisten sind am Deckenrand angespitzt bzw. verjüngen sich dort. Die Decke, die wie die Membran eines Lautsprechers schwingt, bewegt dadurch weniger Masse und kann so mehr Hub entwickeln. Das X-Bracing ist das gängigste Beleistungsmuster für die Decken von Stahlsaitengitarren und hat sich in der Vergangenheit auch bei den Gitarren der Firma Martin bewährt.

Fotostrecke: 5 Bilder WD-10SCE: Palisander-Brücke mit Knochen-Steg

Das leicht gewölbte Griffbrett aus Palisander ist sauber mit dem schmalen Hals aus Mahagoni verleimt und mit 20 tadellos abgerichteten Bünden mit eher robusten Kronen bestückt. Helle Punkteinlagen aus Kunststoff im 3., 5., 7., 9., 12., 15. und 17. Bund sorgen für die visuelle Orientierung, und das nicht nur auf einer schlecht beleuchteten Bühne.  Die kleinen schwarzen Punkteinlagen auf der Sichtkante bilden eine entsprechende Ergänzungen und können dem Spieler auch im Stehen das Leben und Spielen erleichtern. Die sechs Saiten laufen über einen sorgfältig gearbeiteten Knochensattel, der mit einer Breite von 4,3 cm dem Standard entspricht. Halsfuß und Hals aus Mahagoni bestehen nicht aus einem Stück, sondern sind miteinander verleimt. Der Übergang vom Hals zum Korpus, der sogenannte Neck Joint, befindet sich am 14. Bund, wo das Griffbrett mit der Normalmensur von 648 mm eine Breite von 5,5 cm aufweist. 
Der eingelegte Stahlstab gibt dem schmalen Hals eine gewisse Festigkeit, der sonst (wie die Decke) unter der Spannkraft der Stahlsaiten leiden würde. Mit ihm kann außerdem die Halskrümmung graduell in die eine oder andere Richtung verändert werden, die Stellschraube befindet sich unter dem Halsansatz im Schallloch und kann dort mit einem gewinkelten Inbusschlüssel bequem gedreht werden, ohne dass die Saiten entfernt werden müssen. Mit dem Stahlstab wird zwar nicht in erster Linie die Saitenlage verändert, doch nach dem Aufziehen von neuen Saiten mit einer anderen Stärke muss man ihn unter Umständen justieren, und so Veränderungen in der Saitenspannung kompensieren.
Der angesetzte Halsfuß aus Mahagoni ist mit der Zarge und dem Halsblock im Inneren des Korpus verleimt und mit einem Schwalbenschwanz verzapft. Diese altbewährte Konstruktion lässt sich, einmal ineinandergefügt, nur schwer wieder lösen und könnte auch ohne zusätzlichen Holzleim jahrelang überleben. Eine weiße Halsfußabdeckung präsentiert sich mit einem stilisierten W (für Washburn). Die seidenmatte Lackierung des Halses schmeichelt nicht nur dem Auge, sondern macht auch Lagenwechsel und das Spielen insgesamt ohne Widerstand möglich. Auf der mit Palisander verblendeten Oberseite der geschlossenen Kopfplatte ist das Logo der Firma Washburn aus funkelndem Abalone eingefaßt. Im Zentrum prangt eine Einlage aus dem gleichen Material, die ein stilisiertes W darstellt. Mit einem dekorativen polierten Kopfplattenfurnier können inzwischen auch Instrumente im unteren Preissegment aufwarten. Drei geschlossene Mechaniken an jeder Seite sorgen geschmeidig und gleichmäßig für eine stabile Stimmung. Die ansprechende Kopfplatte mit drei Rundungen an der Oberseite zeigt ein eigenständiges patentiertes Design.

Fotostrecke: 9 Bilder WD-10SCE: Auch die Kopfplatte wurde mit Palisander belegt

Die WD-10SCE wird mit einem Fishman Isys+ 301 T Preamp-System in der oberen Zarge auf die Reise geschickt. Ein EQ mit zwei Bändern (Bass und Treble) leistet einen nicht zu unterschätzenden Beitrag bei der Feinabstimmung. Mit zwei griffigen Potis wird der Sound eingestellt, ein drittes justiert die Lautstärke. Darüber hinaus bietet der Pre-Amp einen Phasenumkehrschalter und einen Tuner, der mit einer kleinen Digitalanzeige zusammenarbeitet. Eine rote LED zeigt den Zustand der 9V-Batterie an, die übrigens nicht im Lieferumfang enthalten ist. Der piezokeramische Tonabnehmer ist unter der Stegeinlage versteckt, während im Gurtknopf an der unteren Zarge der Anschluss für ein Klinkenkabel wartet. Direkt daneben befindet sich auch das Batteriefach.

Fotostrecke: 2 Bilder WD-10SCE: Die obere Zarge beherbergt das Fishman Isys+ 301 T Preamp-System
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Praxis

Die Washburn WD-10SCE produziert einen angenehmen Ton und ein ausgewogenes Soundbild mit schimmernd glänzenden Höhenanteilen und durchsetzungsfähigen Mitten. Bassfrequenzen werden durchaus druckvoll umgesetzt, allerdings darf man in diesem Bereich nicht mit der Güte rechnen, die eine teure Dreadnought von Martin bietet – Rhythmen mit Plektrum können manchmal hart und kalt klingen.
Auch „trocken“ braucht sich die WD-10 nicht zu verstecken und es kann sich durchaus lohnen, ihren Klang mit einem Mikrofon einzufangen. Die folgenden Aufnahmen wurden mit einem Neumann TLM 103/AVID MBox/Pro Tools gemacht:

Audio Samples
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Rhythmus Mikro Picking Mikro

Der eingebaute Fishman-Pickup punktet zwar nicht mit einer hohen Ausgangsleistung, liefert aber über meine Aktivboxen einen akzeptablen Klang.  Allerdings ist im Studio das typische „Piezo-Knarzen“ unüberhörbar, das ich bei den Aufnahmen per Notchfilter entfernt habe. Wegen ihres guten Naturklanges bietet sich die Kombination mit einem Mikrofon an und bei der folgenden Aufnahme kam mit dem SM-58 ein Raummikrofon hinzu.

Audio Samples
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Picking Mikro und Pickup

Zusammenklänge werden transparent aufgelöst und vollklingende Akkorde lassen sich auf der kompletten Skala sauber intonieren. Stärkere Anschläge verursachen keine Nebengeräusche und die Saiten bleiben auch bei stärken Up- und Downstrokes sicher in den Kerben. Dead-Notes gibt es auf der kompletten Länge keine.
Mit dem leicht gewölbten schmalen Hals gelingen auch Spieltechniken, bei denen der Daumen die dicke E-Saite greift. Während in den ersten Bünden das Greifen sehr leicht gelingt, wird es ab dem 7. Bund durch den zunehmenden Saitenabstand deutlich schwerer. Einzeltöne, mit dem Plektrum angeschlagen, kommen laut und mit Sustain, artistische Beiträge und Kunststücke kann man in den oberen Lagen aber nicht mehr abliefern. Den letzten Bund auf der dünnen E-Saite kann man nur mit Mühe erreichen, da der Cutaway nicht sehr tief ausgeschnitten ist und der spitze Halsfuß lediglich eine „verkrampfte“ Haltung zulässt. Virtuosen und Flitzer sollten dünnere Saiten aufziehen und sie tieferlegen. Mit der Werksbespannung (12er Satz von D’Addario) kommt die Gitarre momentan mehr dem Picker und dem Strummer entgegen. Die Gitarre bringt ca. 1900 Gramm auf die Waage. Nach einem dreistündigen Konzert bedanken sich Rücken und Schulter. Die ausbalancierte Konstruktion bewährt sich sowohl im Stehen als auch im Sitzen.
Die Washburn WD-10SCE gibt es auch in Schwarz (WD-10SCE B) und Sunburst (WD-10SCE ATB) sowie als Linkshänder-Modell und in einer 12-saitigen Ausführung.

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Fazit

Die attraktive Washburn WD-10 SCE produziert einen runden, obertonreichen und angenehmen Ton. Insgesamt bietet sie ein ausgewogenes Soundbild mit schimmernden Höhenanteilen und durchsetzungsfähigen Mitten, Bässe werden druckvoll umgesetzt. Die Gitarre ist mehr als ein Einsteigermodell. Ausgestattet mit Pickup und Preamp ist sie auch für die Bühne geeignet und mit Einschränkungen auch im Studio nutzbar. Dort bietet es sich an, den Klang der WD-10 SCE mit einem guten Mikrofon einzufangen und vielleicht auch mit dem eingebauten Pickup zu mischen. Das Preis-Leistungsverhältnis ist in Ordnung, wer seinen Anwendungsbereich in diesem Test wiederfindet, sollte sich die Gitarre durchaus einmal näher anschauen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Optik
  • Verarbeitung
  • Naturklang
  • Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • typische Piezo-Nebengeräusche
Artikelbild
Washburn WD-10SCE NT Test
Für 275,00€ bei
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Facts
  • Form: Dreadnought-Stil mit Cutaway
  • Decke: massive Alaska Fichtendecke
  • Boden und Zargen: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni mit 2-Wege-Einlegestab
  • Griffbrett und Brücke: Palisander
  • Sattel und Stegeinlage: Knochen
  • Mensur: 648mm
  • Sattelbreite: 43mm
  • Bünde: 20
  • Mechaniken: Chrome Diecast
  • Preamp: Fishman Isys+ 301 T mit Tuner
  • Preis: 265,00 Euro
Hot or Not
?
WD-10SCE: Eine gute Kombination, Decke aus massiver Alaska-Fichte und Boden und Zargen aus Mahagoni

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Kommentieren
Profilbild von Phil

Phil sagt:

#1 - 22.03.2013 um 14:59 Uhr

0

Lieber Herr Strohm,
vielen Dank für diesen äußerst professionellen und ausführlichen Testbericht.Ich würde mich über weitere Berichte in diesem Segment freuen.Vielleicht sagen Ihnen ja die folgenden Modelle zu und es kommt Lust auf, auch diese zu testen:Fender CD-60 CE All Mahogany
Fender CD-140SCE NAMich würde besonders interessieren, ob die Mahogany besser in den Tiefen ist, als die beschriebene Washburn WD-10 SCE NT.Viele Grüße
Phil

Profilbild von Viktor

Viktor sagt:

#2 - 24.03.2013 um 15:21 Uhr

0

womit unterscheiden sich:
Washburn WD10SCE,
Washburn WD20SCE,
Washburn WD30SCE
kann mich nicht enscheiden, bitte um Hilfe.

Profilbild von Bernd Strohm

Bernd Strohm sagt:

#3 - 28.05.2013 um 11:44 Uhr

0

Vielen Dank für die positive Rückmeldung. Ich
habe aber (leider) jetzt erst die Kommentare gelesen. Sämtliche Anfragen werden an die Redaktion weitergeleitet. Dort wird entschieden, ob es zu den oben erwähnten Modellen Testberichte geben soll.

Profilbild von Martin

Martin sagt:

#4 - 17.12.2013 um 22:51 Uhr

0

In welchem Land wird die Gitarre gefertigt?

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