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„Ultimate 2“ Beckenset von Anatolian Test

Erinnert ihr euch an einen gewissen Herrn Baumgartner, der das bis dato schier Unmögliche schaffte. Er sprang mit einem Fallschirm aus 39 Kilometern Höhe aus der Stratosphäre in Richtung Erdoberfläche und durchbrach nebenbei aktuellen Messungen zufolge auch noch die Schallmauer. Herr Baumgartner ist jetzt wohl so etwas wie ein Held. Wäre Herr Baumgartner kein Extremsportler, sondern Beckenschmied und würde seine Sucht nach Empirie auf klingende Rundmetalle projizieren, dann könnte man das Ergebnis wohl mit dem hübschen Wörtchen “Ultimate” versehen. Plötzliche wären die Dinger nicht mehr rund, sondern eckig und riesengroß und würden Frequenzen “from outer space” produzieren. Die Jungs von Anatolian haben sich wahrscheinlich genau das gedacht und von einem derart waghalsigen Plan immerhin die Produktbezeichnung übernommen. Denn die Testbecken sind rund, aus Metall und sehen sonst auch eher “usual” als “ultimate” aus.

Anatolian_Ultimate2_Set_1


Aber muss man immer mit der ultimativen Innovation um die Ecke kommen? Anatolian, die schon längst etablierte und in türkischen Gefilden angesiedelte Beckenschmiede, nahm just eine Grundsanierung ihrer kompletten Angebotspalette vor. Die Becken werden aus einer B20-Legierung gegossen, kommen mit neuem Logo daher und werden laut Hersteller wie gewohnt in reiner Handarbeit gefertigt. Anatolian möchte ab jetzt eine umfassende Auswahl an Beckentypen anbieten, die jegliche Klangvorstellungen abdeckt und keine Wünsche offen lassen soll. Der Frage, welchen Platz hierbei speziell die gegossenen Genossen der “Ultimate 2”-Serie einnehmen, gilt es in diesem Test auf den Grund zu gehen.

Details

Das mir hier vorliegende Beckenset der “Ultimate 2”-Serie gehört zu den insgesamt sechs Serien, die Anatolian derzeit im Angebot führt. Auf den einschlägigen Internetseiten wirbt der Hersteller mit einer akribischen Material- und Soundkontrolle im Zuge aller Produktionsschritte vom Gießen über das Walzen, Hämmern, Abdrehen und Polieren bis hin zur Reifelagerung seiner Becken. Preislich gesehen ist die “Ultimate 2”-Serie im Mittelfeld der gesamten Palette von Anatolian zu finden. Alle Becken besitzen das Prädikat “hand hammered” und bestehen aus einer neuartigen B20-Legierung, die sich aus 80% Kupfer, 20% Zinn und Spuren von Silber zusammensetzt.
Im Zuge der Neuauflage der “Ultimate”-Serie wurde der einstige Schriftzug durch ein auffälligeres und wesentlich größeres Logo ersetzt. Jedes einzelne Becken ist sauber verarbeitet und kommt edel, wenngleich nicht weiter aufregend, in einem Brilliant-Finish daher. Wer mit individuell oder gar wie-aus-dem-Dreck-gebuddelt aussehenden Becken liebäugelt, wird hier mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf seine Kosten kommen, es sei denn, er vergräbt diese Becken für ein halbes Jahr im Garten – klar.

Anatolian_Ultimate2_Detail_Logo

Bei der Herstellung dieses Beckensets muss eine Devise maßgeblich ganz oben auf der Liste gestanden haben: “Je kleiner das Becken, desto spärlicher die Hämmerung!”. Demnach weist das Ride die stärkste Bearbeitung auf, wobei das Splash lediglich abgedreht wurde und – wenn überhaupt – nur ein “Hämmerchen” zu spüren bekam. Genauso verhält es sich auch zwischen den beiden Crashes, kommt das 18″-Modell doch wesentlich lädierter als sein kleineres Pendant daher. Nun ja, von “lädiert” kann hier allerdings im allgemeinen auch nicht unbedingt die Rede sein. Augenscheinlich wurde auf dem Amboss nämlich weniger nach Gutdünken, sondern vielmehr mit penibelster Präzision gearbeitet – getreu dem Motto “less is more”. Lediglich das China stellt in diesem Zuge eine Besonderheit dar. Dies geschieht durch das gröbere Hämmerungsmuster auf der hochgestellten Krempe. Das China ist für mich der heimliche Augenschmaus des gesamten Beckensets! Alle Exemplare besitzen feine, eng aneinander gesetzte Klangrillen, die sich dezent ihren Weg vom Rand der Kuppe bis zum äußeren Ende des Beckens bahnen.

Das Profil der mir hier vorliegenden Testobjekte fällt insgesamt relativ flach aus. Das Größenverhältnis von Kuppe zum Body lässt keinerlei Experimente vermuten und trägt umso mehr zu dem eher unauffälligen Antlitz der Becken bei.

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Praxis

Nachdem ich mir das schillernde Sechserpack ausgiebig angeschaut habe, juckt es mich natürlich schon in den Fingern, diese schmucken Teile auch mal anzuspielen. Normalerweise bin ich eher Minimalist, was die Quantität der Kupfer-Zinn-Fraktion am Schlagzeug betrifft. Umso mehr freue ich mich nun meiner ersten Tage als Trommelheini zu frönen, als einfach gar nicht genug Blech vor meiner Nase baumeln konnte! Los geht’s!
Der erste Eindruck auf der klanglichen Ebene deckt sich schon mal komplett mit dem auf der visuellen: Die Dinger passen wirklich gut zusammen! Die Klangeigenschaften der einzelnen Becken harmonieren makellos miteinander. Man kann von Glück sprechen, wenn willkürlich zusammengestellte, handgefertigte Becken zueinander passen. Aber in diesem Fall ist mein Eindruck, dass man auch bei einem übermütigen Kauf “von der Stange” klanglich keine bösen Überraschungen zu befürchten hat, dafür sind diese Becken einfach zu brav behandelt worden. Neben dem homogenen Gesamtsound fällt mir zudem ein sehr angenehmes Spielgefühl auf. Das mag daher rühren, dass jedes Becken einen sehr eindeutigen Klangcharakter besitzt, von dem es – egal ob sanft oder härter gespielt – partout nicht abweichen will. Böse Zungen würden an dieser Stelle vielleicht kritisieren, die Becken hätten nichts zu erzählen! “So mancher sagt jedoch mit wenigen Worten umso mehr”, denke ich und lasse mich gerne auf diesen eindimensionaleren Plausch ein.
Das Ride besticht in erster Linie durch einen sehr klaren Anschlag, der für meine Ohren trotz des tendenziell flachen Profils eher hell als dunkel wirkt, was wohl der relativ hohen Masse des Beckens geschuldet ist. Die Kuppe setzt sich im Klang sehr deutlich vom Body ab, was schnell zu wilden Patterneskapaden einlädt. Gibt man dem Becken etwas mehr “Pfund”, so entfaltet sich ein angenehm dunkles Grundrauschen, ohne den eigentlichen Anschlagston zu überrumpeln. Wer allerdings das Ride auch mal gerne für längere Strecken in Deftones-Manier zum Crash umfunktioniert, der sollte sich entweder nach einem sehr guten Gehörschutz, überaus toleranten Mitmusikern oder gleich nach einem etwas dünneren Modell umsehen.

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Anatolian Ultimate2 20 Ride

Die beiden Crashes verstehen sich sowohl äußerlich als auch klanglich nahezu perfekt. Das 18″-Modell besitzt einen tiefen Grundton und einen gesunden Crash-Charakter. Logischerweise besitzt das 16″-Modell einen durchaus helleren Grundton, kommt aber insgesamt nicht so ausgewogen wie sein größerer Bruder daher. Im direkten Vergleich wirkt es sogar etwas schüchterner und ich bin drauf und dran, es zu ermutigen: “Na komm schon!”.

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Anatolian Ultimate2 18 Crash Anatolian Ultimate2 16 Crash

Die 14″-Hi-Hat hat durch ihre zwei relativ dicken Becken ordentlich Saft. Den Grundcharakter würde ich als sehr projizierend, eher hell und – wie heißt es noch so schön… – “crisp” beschreiben. Dieses relativ massige Pärchen verschluckt auf jeden Fall keinen einzigen Schlag, lässt einem dadurch aber auch bei wilderen Figuren keinerlei Ausrutscher durchgehen, wie es größere und dünnere Modelle manchmal tun. Man sollte noch hinzufügen, dass diese Hi-Hat leider nicht nur gewichtstechnisch ein echter “Brummer” ist: Bei einer geschlossenen bis halboffenen Spielweise mischt sich – wenn auch leise – oft eine undifferenzierte, tiefe Frequenz unter die sehr klaren Anschlagsounds, was im Studio wohl jeden Engineer sofort zum EQ greifen lassen würde.

Anatolian_Ultimate2_Hihat_14
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Anatolian Ultimate2 14 Hi Hat

Das 10″-Splash bedarf nicht nur aufgrund seiner Größe weniger Worte. Es bringt für mich alles mit, was man von einem Becken dieser Art erwartet: schnelle Ansprache, klarer Sound, genügend Biss.

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Anatolian Ultimate2 10 Splash

Wie schon vermutet, ist das 18″-China klanglich gesehen natürlich der Klassenclown in dieser Riege. Ich hänge es zunächst aus Gewohnheit mit der Krempe nach oben zeigend auf das Stativ und ignoriere einfach, dass das “Ultimate”-Logo nun auf der Unterseite gedruckt steht. Die ersten Anschläge entlocken dem güldenem Zauberhut vor allem eins: “GOOOOONG”. Dieser tiefe Ton klingt in meinen Ohren latent penetrant und weniger angenehm. Natürlich ist auch ganz klar das für Chinas typisch bissige Fauchen wahrzunehmen. Gerade dies könnte für meinen Geschmack jedoch in diesem Fall gerne dominanter sein. Daraufhin drehe ich das Becken und hänge es nun verkehrt herum – oder richtig rum?! – auf das Stativ. Plötzlich scheint das Verhältnis zwischen tiefem Ton und dem gewünschten Fauchen ein stückweit ausgewogener zu sein. Ich schaue hinab auf das “Ultimate”-Logo, und bilde mir nun ein zu wissen, warum es genau auf dieser Seite des Beckens zu finden ist.

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Anatolian Ultimate2 18 China Logo unten Anatolian Ultimate2 18 China Logo oben
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Fazit

Stellen wir uns einfach mal vor, Herr Baumgartner wäre nun für die Entwicklung von “Ultimate 2” verantwortlich. Es läge auf der Hand, dass er in diesem Fall weder Heldentaten noch den neusten Schrei im Sinn gehabt hätte. Die Becken der “Ultimate 2″-Serie bestechen nämlich weniger durch Extravaganz als vielmehr durch eindeutige Klangeigenschaften, einer schnieken Optik und sehr guter Verarbeitung mit viel Know-how und einer gewissen Liebe zum Detail. Diese hätte einerseits nicht viel deutlicher (Ride, 18″-Crash, Splash), dafür aber stellenweise etwas ausgeprägter (Hi-Hat, 16”-Crash, China) ausfallen können. Mit diesen Becken im Gepäck lassen sich wahrscheinlich nahezu alle Situation im Pop- und Rock-Getümmel meistern. Dass sie dabei preislich gesehen in ihrer Gewichtsklasse deutlich unter dem Durchschnitt liegen, sollte hier natürlich auch nicht unerwähnt bleiben. Sucht man jedoch die Symbiose aus traditioneller Handwerkskunst, guter Qualität und einem unschlagbaren Preis, dann sollte man die Becken der “Ultimate 2”-Serie unbedingt mal ausprobieren!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • homogenes Klangverhalten
  • klare Sounds
  • sehr gute Verarbeitung von Hand
  • Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • teilweise störende Frequenzen bei Hi-Hat und China
Artikelbild
„Ultimate 2“ Beckenset von Anatolian Test
Für 620,00€ bei
Anatolian_Ultimate2_Set_2
SPEZIFIKATIONEN
  • Größen: 20“ Ride, 18“ Crash, 16“ Crash, 18“ China, 14“ Hi-Hat, 10“ Splash
  • Material: neuartige B20-Legierung
  • Verarbeitung: handgehämmert
  • Finish: Brilliant
  • Gewicht: medium-thin (Crashes, China, Splash) bis medium (Ride, Hi-Hat)
PREIS (UVP)
  • Ultimate 20“ Ride: 308,20 €
  • Ultimate 18“ Crash: 248,70 €
  • Ultimate 16“ Crash: 201,10 €
  • Ultimate 18“ China: 279,65 €
  • Ultimate 14“ Hi-Hat: 332,00 €
  • Ultimate 10“ Splash: 117,80 €
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