Ampeg PF-800 Portaflex Test

Das Ampeg PF-800 Portaflex Bass-Topteil im bonedo-Test  –  Erstmalig in ihrer Geschichte wagte sich die Firma Ampeg im Jahr 2004 mit der damaligen „Portabass“-Serie an ein Konzept mit leichtgewichtigen Transistorverstärkern und Boxen. Die Ideen, die damals in die mittlerweile nicht mehr erhältliche Modellserie flossen, waren durchweg gut. Der Portabass 800als zweikanalige Powervariante war mit knapp zehn Kilo absolut im Trend der Zeit – schwer zu sagen, warum der große Erfolg ausblieb. Vermutlich war das Marketing zu sehr an die gleichnamige Boxenserie mit Neodymlautsprechern gebunden, die innerhalb der Ampeg-Fangemeinde nicht übermäßige Begeisterung hervorriefen, wenngleich auch hier sehr gute konzeptionelle Ansätze zu finden waren.

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2011 holte Ampeg erneut aus, und zwar zum Schlag gegen die immer erfolgreicher werdende Federgewichtskonkurrenz im Tieftonsektor. Man hatte aus der Vergangenheit gelernt, denn offensichtlich wurden die mutigen und modernen Vorstöße der Traditionsmarke von den Kunden mit Argwohn und Skepsis betrachtet. Also besann man sich auf die Kernkompetenz der Marke, die sich immer um Vintage-Sound und Vintage-Optik kombiniert mit satter Leistung drehte und verknüpfte sie mit den zeitgemäßen Attributen preiswert und leicht. Ergebnis dieser Strategie ist die Portaflex-Serie. Angelehnt an das Fliptop-Design des Ampeg B-15 entwickelte man auch für die Portaflex-Serie Fliptop-Boxen, deren Oberseite mit einem abnehmbaren Deckel versehen ist, auf dem passend entwickelte Topteile montiert und durch einfaches Umdrehen des Deckels im Inneren der Box sicher verstaut werden können. 2013 wurden die Fliptop-Boxen durch zwei leistungsstärkere Standardboxen (ohne Fliptop) ergänzt: Die PF-115LF und die PF-410HLF, die übrigens von bonedo bereits eingehend getestet wurden. Heute widmen wir uns dem neuesten und stärksten Topteil der Portaflex-Serie, das zu diesem Stack passt, dem Ampeg PF-800.

Details

Der Portaflex 800 ist ein Transistor Class-D Bassverstärker, der mit seinen 5,4 Kilo und einem Straßenpreis von runden 650 Euro eine leistungsstarke Ergänzung zu den PF-350 und PF-500 Modellen darstellt. Der Vollständigkeit haben wir den PF-800 in Verbindung mit dem Portaflex-Boxenstack PF-115LF und PF-410HLF getestet. Tatsächlich ist der PF-800 vergleichsweise federleicht, aber weit davon entfernt, ein Spielzeug zu sein. Trotz seiner geringen Maße wirkt er stabil und solide, auch sein schwarzes Metallgehäuse macht einen robusten und gut verarbeiteten Eindruck. Als Tragegriffe dienen zwei an dem abgeschrägten Frontpanel angebrachte Rackbügel, die sich optional auch entfernen lassen.
Das attraktiv gestaltete Frontblech besticht zu allererst durch einen sehr auffälligen blauen LED-Balken unterhalb des Ampeg-Emblems, der die Dienstbereitschaft des Verstärkers attestiert, sobald dieser eingeschaltet wird. Da wir es mit einem Transistorgerät zu tun haben, bei dem ein Standbyschalter obsolet ist, zeigt sich als erstes Feature neben der links sitzenden Klinken-Eingangsbuchse ein willkommener Mute-Schalter. Ist dieser aktiv, das Signal also stummgeschaltet, wird das von einer roten LED angezeigt. Die übernimmt als weitere Funktion auch die Peakanzeige und hilft dabei, den Eingangspegel mit dem Gainregler optimal zu justieren. Gleich unterhalb des Muteschalters sitzt eine -15 dB Absenkung für aktive Bässe. Alle Druckschalter am PF-800 sind in gewohntem Ampeg-Design, so wie man es von allen Modellen kennt – Ampeg-Jünger befinden sich also in vertrauter Umgebung.

Fotostrecke: 5 Bilder Trotz seiner geringen Maße wirkt das Topteil stabil und solide

Die Rückseite

Das integrierte Schaltnetzteil wird per Kaltgeräteanschluss mit dem Netz verbunden. Ein Volt-Selector-Schalter gestattet die Wahl zwischen 220-240 V und 100-120 V Netzspannung. Gleich darunter befindet sich ein roter, beleuchteter Netzschalter. Ein erfreulich geräuscharmer, temperaturgesteuerter Lüfter sorgt für ausreichende Kühlung, die zusätzlich durch Lochblechöffnungen an den Gehäuseseiten unterstützt wird.
Lautsprecherboxen erhalten ihr Signal wahlweise über einen 6,3 mm Klinken- oder einen Speakon-Ausgang. Die minimale Last beträgt 4 Ohm, an denen der PF-800 seine volle Ausgangsleistung von 800 Watt abruft, wie es auch mit dem Boxenpaar der Fall war, das in diesem Test Verwendung fand.

Ein XLR/DI-Ausgang bietet zusätzliche Optionen via Druckschalter:
1.     post/pre EQ – Bass Signal vor oder hinter der Klangregelung.
2.     0 dB/-40 dB – wahlweise ohne oder mit Pegelabsenkung.
3.     Groundlift – zur Beseitigung von eventuell auftretenden Brummschleifen.

Der Stereoklinkenanschluss für einen optional anschließbaren Doppelfußschalter ermöglicht die Fernbedienung der Funktionen Mute und FX Loop.

Weitere Anschlüsse als 6,3 mm Mono-Klinkenbuchsen sind:
•   Preamp out – steuert eine externe Endstufen mittels der Vorstufe des PF-800.
•   Poweramp in – Anschluss für einen externen Preamp an die Endstufe des PF-800.
•   Tuner out – Anschluss für ein Stimmgerät. Dieser Ausgang bleibt für geräuschloses Stimmen auch beim Aktivieren der Mute-Funktion aktiv.
•   FX Loop send/return – zum parallelen Einschleifen externer Mono-Effekte. Der Effektanteil lässt sich stufenlos über den FX Mix-Regler an der Vorderseite regeln.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass der PF-800 eine Thermalschutzschaltung besitzt, die im Fall einer möglichen Überhitzung den Verstärker so lange stummschaltet, bis wieder eine gefahrlose Betriebstemperatur erreicht ist. Sollte dieser Fall eintreten, wird dies durch eine gelbe LED neben dem Volumeregler am Frontpanel angezeigt.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite präsentiert sich ebenfalls sehr aufgeräumt

Praxis

Sind es nicht herrliche Zeiten, in denen man sein Topteil in einer Laptoptasche zum Gig mitschleppen kann? Irgendwie hat sich dieses Konzept ja besonders bei uns Bassisten stark etabliert. Und doch ist es etwas verwunderlich. Wie kaum ein anderer Hersteller wird Ampeg häufig mit dem Attribut „Gewicht“ assoziiert, und das mit einem durchaus positiven Beigeschmack, denn Masse verbindet man auch sehr gerne mit den Begriffen stabil und  solide. Und wer bekommt nicht nostalgische Gefühle beim Anblick von Fotos legendärer Rock‘n Roll Konzerte, bei denen Ampeg SVT-Türme an die Zinnen unzerstörbarer mittelalterlicher Festungen erinnern? Das Auge hört bekanntlich mit. Nur, was ist, wenn der Rücken nicht mehr will, das trendige Stadtfahrzeug nicht über die erforderliche Ladekapazität verfügt oder schlicht das leidige Budget versagt?
Der Ampeg PF-800 scheint wirklich eine adäquate Lösung für alle genannten Probleme darzustellen. Man kann ihn sich auch als gestandener Ampeg-User stolz auf seinen Turm stellen und das Staunen der neugierigen Umwelt genießen, spätestens, wenn bei den ersten Tönen dem einen oder anderen Zuschauer die Weisheit aus dem Gesicht fällt. Zwergen, denen es gelingt, sich Gehör zu verschaffen, zollt man im Allgemeinen besonders hohe Aufmerksamkeit.
Hören wir uns also das Soundverhalten des Portaflex 800 in Verbindung mit den von Ampeg empfohlenen Boxen PF-115LF und PF-410HLF an. Die Zielrichtung wurde von vornherein klar abgesteckt, Vintage ist angesagt und natürlich klassischer Ampeg-Ton. Und eines wird relativ schnell in der Testphase deutlich: Der Portaflex ist kein Alleskönner, dafür aber zu großer Leistung fähig. Er bleibt durchweg der Vintage-Soundästhetik verhaftet, egal, in welche Richtung man mit der Klangregelung den Sound auch verändert, er behält durchgehend seinen Charakter – Ampeg eben! Die gewählten Boxen potenzieren dieses Ergebnis noch. Gut möglich, dass moderne HiTech-Boxen dem Topteil weitere Charaktereigenschaften entlocken können. Bei unserer Testbestückung aber bleibt es bei dem Sound, den Bassisten bevorzugen, die sich vorrangig in den Bereichen Blues, Rock, Rhythm‘n Blues, Soul, Country, Early Funk bewegen. Bei modernen Fusion-, Funk- und Pop-Sounds könnte die deutliche Klangkolorierung mitunter nicht so gut funktionieren.
Hier hören wir ein Beispiel im Blues-Stil mit drei unterschiedlichen Mittenvarianten. Wie so häufig bildet sich der Sound im Raum etwas deutlicher ab als bei einzeln abgenommenen Speakern. Dennoch kann man auch bei der Aufnahme die Klangunterschiede wahrnehmen.

Audio Samples
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1) Bässe und Höhen angehoben, Mitten neutral 2) Bässe und Höhen angehoben, Mitten bei 800 Hz abgesenkt 3) Bässe und Höhen angehoben, Mitten bei 450 Hz abgesenkt

Im nächsten Beispiel kommen Akkorde und Walking Bass zum Einsatz. Die Akkorde klingen nicht brillant nach HiFi und eher etwas „muddy“, was aber den bluesigen Charakter dafür umso mehr unterstreicht und wie es auch dem eines SVT entspräche.

Audio Samples
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4) Bässe und Höhen angehoben, Mitten bei 450 Hz angehoben

Wenn wir mit einem passiven Jazzbass in den Slapstyle gehen, lassen sich dem PF-800 gewaltige und attackreiche Sounds entlocken, hier ist er gegenüber seinen schwergewichtigen Röhrenkollegen klar im Vorteil. Den eingebauten Kompressor allerdings – und das muss ich leider anmerken – hätte man auch hier einfach weglassen können, wie es so häufig bei integrierten Kompressoren der Fall ist. Er ist nicht sinnvoll verwendbar und macht den Sound lediglich indirekt, drucklos und leiser. Für einen reinen Limitereinsatz empfinde ich seine Ansprache bzw. Attack zu langsam. Fazit: einfach ignorieren.

Audio Samples
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5) Ultra Lo & Hi, Bässe angehoben, Höhen neutral, Mitten bei 1,6 kHz abgesenkt 6) Bässe angehoben, Höhen voll auf, Mitten bei 220 Hz angehoben

Um die Wirkung der Mittenreglung etwas näher zu beleuchten, verwenden die nächsten Klangbeispiele einen Fretlessbass, bei dem die Nuancen der unterschiedlichen Mittenfärbungen sehr deutlich erkennbar werden.

Audio Samples
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7) Mitten bei 220 Hz angehoben 8) Mitten bei 450 Hz angehoben 9) Mitten bei 800 Hz angehoben 10) Mitten bei 1,6 kHz angehoben 11) Mitten bei 3 kHz angehoben

Der regelbare Monoeffektweg funktioniert tadellos. Ich habe den Sound mit diversen Effekten getestet und das Ergebnis war stets zufriedenstellend. Wenn man sich entscheidet, ihn zu verwenden, sollte man allerdings Gebrauch von der Möglichkeit machen, einen externen Fußschalter für die Fernsteuerung anzuschließen. So kann man ihn bequem zuschalten, wenn er gebraucht wird. Mein Eindruck beim Test des PF-800 war überwiegend positiv. Der Klangcharakter wird jeden Ampeg-Kenner überraschen und auch überzeugen. Allerdings muss ich fairerweise anmerken, dass man trotz der mannigfaltigen Bassanhebungsmöglichkeiten nicht die Wärme und Fülle eines Vollröhren-SVTs erzeugen kann. Das wäre wohl auch etwas zu viel des Guten. Einerseits ist die direkte und schnelle Ansprache, bedingt durch die Class-D Transistortechnologie, ein Vorteil, wenn es um attackreiche Spielweisen wie Slap oder Pick geht. Andererseits fehlt einem eventuell die „gefühlte Obertonfülle“ der Röhren, die man nicht durch Bearbeitung der Klangregelung simulieren kann. Die Klangregelung hat sinnvolle Regelbereiche, für Extremeinstellungen ist sie aber etwas zu zahm ausgelegt. Das soll heißen, dass man den Sound zwar verändern, aber kaum „kaputtmachen“ kann – was viele Bassisten durchaus als positive Eigenart empfinden werden.
Wer sich erhofft, der Vorstufe des PF-800 eine angenehme Verzerrung oder gar einen pfundigen Röhrengrowl zu entlocken, den muss ich leider enttäuschen. Jeder Versuch, den Gain in ein mögliches Overdrive zu fahren, wird mit brutaler digitaler Verzerrung quittiert. Und das ist nur logisch, denn es befindet sich weder eine Röhre an Bord, noch ein Schaltkreis, der ein solches Zerrverhalten simulieren könnte. In diesem Fall wird man also externe Tretminenhilfe in Anspruch nehmen müssen. Dennoch ist es Ampeg gelungen, diesen kleinen Burschen nicht steril klingen zu lassen, sondern ihm einen ausgewachsenen Charakter einzupflanzen. Wie man den Hörbeispielen entnehmen kann, klingt er auch nicht vollends clean, wenngleich auch nicht verzerrt. Ich denke, man hat hier einen gut funktionierenden Mittelweg gefunden. Die Leistung ist für die meisten Anwendungen voll ausreichend – ich jedenfalls konnte sie in keiner Testsituation bis zum Limit ausreizen.

Das PF-800 Top klingt wie ein waschechter Ampeg
Das PF-800 Top klingt wie ein waschechter Ampeg

Fazit

Mit dem Portaflex 800 Topteil ist Ampeg im Preis-, Platz- und Gewichtdilemma einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Der Ampeg PF-800 wiegt keine sechs Kilo, kostet knapp 650 Euro und liefert eine satte Leistung. Darüber hinaus klingt er wie ein waschechter Ampeg, ist also deutlich im Vintage-Sektor beheimatet. In puncto Wärme und Fülle kann man ihn nicht mit einem Vollröhrentop wie dem SVT vergleichen, da sind definitiv noch einige Meter Transistorlandschaft zu überwinden. Aber für jeden, der sich keinen SVT leisten kann oder will oder auch den, der schon einen hat, aber nach einer sinnvollen Alternative oder Ergänzung für die Tour sucht, ist der Portaflex 800 definitiv eine Überlegung wert.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • gutes Preis-Leistungsverhältnis
  • gute Verarbeitung
  • hohe Leistung
  • geringes Gewicht
  • ansprechendes Vintage-/Retro-Design
  • in Verbindung mit Portaflex Fiptopboxen verwendbar, montierbar
  • sehr guter Sound mit starkem Vintagecharakter
  • temperaturgesteuerter, relativ geräuscharmer Lüfter
  • regelbarer Mono-Effektweg
Contra
  • Kompressor nicht sinnvoll einsetzbar, langsamer Attack, kein Gain-Makeup
Artikelbild
Ampeg PF-800 Portaflex Test
Für 749,00€ bei
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Facts
  • Transistor/Class-D Bassverstärker
  • Herstellungsland: China
  • Leistung: 800 Watt RMS an 4 Ohm; 400 Watt RMS an 8 Ohm
  • Preamp: MOSFET
  • Power Amp: Class D
  • Rauschabstand: 74 dB (20 Hz – 20 kHz, ungewichtet)
  • Maximum Gain: 71 dB, Klangregelung in Mittelposition
  • Klangregelung:
  • • Bass: +/- 12 dB @ 40 Hz
  • • Midrange: +10/-20 dB @ 220 Hz, 450 Hz, 800 Hz, 1,6 kHz, 3 kHz
  • • Treble: +15/-20 dB @ 4 kHz
  • Stromversorgung:
  • • ~100–120 VAC, 50–60 Hz, 200W
  • • ~200–240 VAC, 50–60 Hz, 200W
  • Maße in cm (HxBxT): 8 x 38,1 x 27,2 cm
  • Gewicht: ca. 5,4 kg
  • Preis: 772,00 Euro (UVP)
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